Beenschäfer - Kurt David - E-Book

Beenschäfer E-Book

Kurt David

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Beschreibung

Peter ärgert sich wieder einmal über die großen Jungs auf dem Rodelberg. Peterchen oder Peterlein wird er genannt. Dabei ist er ganz mutig und rodelt sogar den Steinbruch hinunter. Aber das erkennen die Jungen nicht an, es sei denn, er ruft ganz laut „Humpelheinrich“ zu Herrn Schäfer mit dem steifen Bein. Die Erwachsenen nennen ihn Beenschäfer, aber nur, um ihn von den anderen Schäfers im Dorf zu unterscheiden. Beenschäfer ist ein freundlicher alter Mann, der ehrenamtlich Bäume pflanzt und pflegt. Er wohnt direkt neben Peter und ihn soll er so ärgern! Schließlich ruft er das Schimpfwort zweimal und kann sich gar nicht freuen. Nun versucht er, dem Alten aus dem Weg zu gehen, aber einmal gelingt es ihm nicht.

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Impressum

Kurt David

Beenschäfer

ISBN 978-3-96521-852-9 (E-Book)

Das Buch erschien erstmals 1964 in: Der Kinderbuchverlag Berlin (Band 45 der Reihe „DIE KLEINEN TROMPETERBÜCHER“).

Für Leser von 6 Jahren an.

© 2023 EDITION digital Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.edition-digital.de

Beenschäfer

Die Geschichte erzählt von einem alten Mann und einem kleinen Jungen. Beide wohnen in einem Dörfchen der Oberlausitz.

Der alte Mann heißt Heinrich Schäfer.

Der kleine Junge Peter.

Es gibt aber drei Familien mit dem Namen Schäfer im Dorf.

Um sie besser auseinanderhalten zu können, gaben die Einwohner den drei Schäfers schon vor vielen Jahren treffende Beinamen.

So heißen die einen Pappelschäfer, weil eine hohe Pappel vor ihrem Hause steht, die anderen Bornschäfer, weil der einzige Brunnen in ihrem Garten liegt, und zu unserem Heinrich Schäfer, dem alten Mann, sagen sie Beenschäfer, weil er ein steifes Bein hat.

Beenschäfer wohnt im gegenüberliegenden Hause von Peter.

Es war Winter.

Die Kinder freuten sich, freuten sich über den vielen, vielen Schnee. Die Erwachsenen seufzten unter der grimmigen Kälte.

Der Frost biss um sich, färbte die Gesichter rot. Und rot glühte auch die Sonne, wenn sie morgens aus dem verschneiten Walde stieg. Eine glitzernde Schneedecke ruhte auf Häusern und Feldern, Gärten und Wegen. Aus Schornsteinen wehten schmutzige Rauchsträhnen.

An solch einem Morgen trat Peter aus der Haustür und ließ den kleinen Schlitten die Stufen hinunterhopsen. Tripp – trapp – trupp, unten war er und bumste gegen das Gartentor.

In diesem Augenblick trat aber auch Beenschäfer aus seinem Haus. Ebenfalls mit einem Schlitten.

Nanu, dachte Peter, will der alte Mann vielleicht auch Schlitten fahren? Peter lächelte. Das geht doch gar nicht, dachte er, das kann ja gar nicht gehen. Beenschäfer hat ein steifes Bein. Und Opas fahren überhaupt nie Schlitten. Wie würde das bloß aussehen, wenn der Alte mit seinem Schnauzbart auf dem Schlitten den Rebhuhnhügel hinunterführe. Alle würden lachen.

Heinrich Schäfer lud einen prallen Sack auf. Danach zündete er sich seine Hängepfeife an, blies den Rauch hoch in die Luft. Der feine Rauch war so blau wie der blanke Winterhimmel.

Peter nahm seinen Schlitten und zog ihn über den Schnee.

Beenschäfer nahm auch seinen Schlitten und zog ihn über den Schnee.

Beide fuhren auf ein und demselben Weg, wenn auch weit voneinander entfernt.

Der schmale Weg führt hinaus ins offene Feld. Und der Weg gehört zur Genossenschaft. Die Genossenschaft trägt einen schönen Namen. Sie heißt: „Goldene Ähre“. Aber das sagt keiner. Würde jemand Peter fragen, wo er wohne, so erwiderte er bestimmt: „Neben der Drei!“ Alle Leute im Ort sprechen von der „Drei“. Niemand sagt: „Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft Goldene Ähre.“ Das ist den Leuten zu umständlich. Sie sagen: „Ich arbeite auf der Drei.“ Und „Drei“ heißt die Genossenschaft, weil sie vom Typ III ist.

Peter hatte den Schweinestall erreicht. Hinter dem Schweinestall dehnte sich das weite Feld, erhoben sich die Hügel, leuchtete fern der Winterwald. Peter sah schon die Kinder auf dem Rebhuhnhügel. Dorthin wollte er mit seinem Schlitten. Er drehte sich um und blickte zurück ins Dorf. Wirklich, der alte Schäfer kam denselben Weg heraus. Ich möchte wissen, wo er mit dem großen Sack hin will, dachte Peter.

Auf dem Hügel waren auch größere Jungen, Jungen mit Schneeschuhen. Und Peter wusste, sobald sie ihn sehen, rufen sie: Peterchen, Peterlein, Peterchen!

Das mochte er nicht. Das ärgerte ihn. Und weil sie wussten, dass er nicht Peterchen gerufen werden mochte, riefen sie ihn Peterchen. Peter wollte Peter gerufen werden oder auch Pjotr. Pjotr sagten jene Kinder, die Russisch in der Schule lernten. Peter oder Pjotr, das klang kräftig, stark. Peterchen und Peterlein, das machte ihn noch kleiner, als er ohnehin war.

So dachte und überlegte er, als er zum Rebhuhnhügel stapfte.

Hier draußen blies ein schneidender Wind. Das Geschrei der Kinder flatterte schallend durch die frische Luft, glitt über die verschneite Weite.

„Peterlein!“

„Das Peterchen kommt! Peterchen!“

„Der ist ja noch kleiner geworden. Sooo ein Peterlein! Seht doch mal hin, dort kommt er!“

Schon war es passiert. Wenn es nicht größere Jungen gewesen wären, hätte Peter die Zunge herausgesteckt. Aber das traute er sich nicht. Die Großen schubsen und hauen gleich, dachte er. Langsam, ohne sie zu beachten, zog er seinen Schlitten den Berg hinauf, tat so, als habe er ihre Rufe nicht gehört.

„Mit der Käsehitsche kommt er, Peterlein mit Käsehitsche, nein so was!“, schrie einer und verstellte seine Stimme, piepste noch höher als Mädchen.

Was? Zu meinem Schlitten sagen sie auch noch Käsehitsche? Das ist gemein.

„Lass dich ja nicht von den Großen ärgern, Peter“, meinte Monika, die den Berg heraufkeuchte.

„Ärgern? Pu – ärgert mich gar nicht“, antwortete er. Das stimmte aber nicht. Es ärgerte ihn nämlich mächtig.

Peter schaute hinunter zum Bäumchenweg. Der alte Schäfer hinkte durch den Schnee und zog seinen Schlitten mit dem Sack obenauf über den verschneiten Weg. Plötzlich blieb er vor dem ersten Apfelbäumchen stehen und holte aus dem Sack eine alte Maurerjacke. Die Jacke war mit Kalk vollgespritzt. Beenschäfer zerriss sie in Streifen. Und die Streifen wickelte er um den dünnen Stamm des Bäumchens.

Jetzt weiß ich Bescheid, dachte Peter. Lumpen sind in dem Sack, Lumpen und Fetzen. Er wickelt sie um die Bäumchen. Wegen dem großen Frost und so.

Peter fuhr, da er nun wusste, was in dem Sack drin war, den Hang hinunter.

Dabei hatte er nicht recht, wenn er dachte, Beenschäfer umwickle die Bäumchen nur wegen des Frostes. Der alte Mann tat es der Hasen wegen, die der Hunger ins Dorf trieb. Und die Hasen fraßen die Rinde von den Bäumchen. Aber ein Bäumchen ohne Rinde kann nicht mehr atmen und muss sterben.