Blut klebt am Karlspreis - Kurt Lehmkuhl - E-Book

Blut klebt am Karlspreis E-Book

Kurt Lehmkuhl

4,2

Beschreibung

Studenten als Hausbesetzer, ein ehemaliger Berufssoldat als Hausbesitzer, ein englischer Premierminister als mögliches Attentatsopfer bei der Verleihung des Aachener Karlspreises an ihn - und mittendrin der Rechtsanwalt Tobias Grundler. Er soll den Konflikt zwischen Studenten und Hausbesitzer lösen und als Helfer von Kommissar Rudolf-Günther Böhnke das Attentat verhindern. Zu spät erkennt er die Zusammenhänge. Grundler ist auf eine perfide Täuschung hereingefallen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 278

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,2 (16 Bewertungen)
9
1
6
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Kurt Lehmkuhl

Blut klebt am Karlspreis

Kriminalroman

Impressum

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.gmeiner-digital.de

Gmeiner Digital

Ein Imprint der Gmeiner-Verlag GmbH

© 2015 – Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 0 75 75/20 95-0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

E-Book: Mirjam Hecht

Umschlagbild: © rclassenlayouts – istock.com

Umschlaggestaltung: Simone Hölsch

ISBN 978-3-7349-9346-6

Budenzauber

Ich konnte nur noch verständnislos mit dem Kopf schütteln, nachdem ich beim Morgenkaffee in meinem Büro in der Aachener Zeitung und in den Aachener Nachrichten die Berichte über die gewalttätigen Auseinandersetzungen von angeblichen Fußballfans am Vorabend an der niederländisch-deutschen Grenze gelesen hatte.

Ein meiner Ansicht nach belangloses Fußballspiel zwischen Roda Kerkrade und Borussia Mönchengladbach im Halbfinale des UEFA-Cups hatten einige hirnlose Idioten aus beiden Ländern zum Anlass genommen, sich gegenseitig die hohlen, kurz geschorenen Schädel kräftig zu polieren. Ausgerechnet am Symbol der friedlichen Vereinigung beider Staaten, an der gemeinsamen Grenzstraße von Kerkrade und Herzogenrath, wo schon lange vor der Idee des vereinten Europas das schrankenfreie Miteinander über Staatsgrenzen hinweg gelebt wurde, waren die Schlägertrupps aufmarschiert. Da wollten es die Niederländer den Moffen einmal deutlich zeigen, was man von ihnen hielt, und da wollten die Deutschen im Gegenzug den Kaasköppen lauthals den Hass entgegen brüllen.

Offensichtlich unbemerkt von der Polizei, die wegen des Fußballspiels und der nicht gerade zart besaiteten Fanatiker aus Mönchengladbach ohnehin im Stadion in Kaalheide in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden war, hatten sich die Schläger an der Nieuwstraat am Kreisverkehr versammelt, an dem die Josefstraße und die Kokelestraat mit der Grenzstraße zusammentrafen. Nach dem verbalen Schlagabtausch waren die Randalierer auch körperlich aufeinander losgegangen. Über eine Stunde dauerte es, ehe die Ordnungshüter die wüste Prügelei unter den Augen zahlreicher Schaulustiger unterbinden konnten und sich die internationalen Schwachköpfe mit Gejohle und gegenseitigen Schmähgesängen voneinander verabschiedeten.

Erstaunlicherweise war es bei der Keilerei bei wenigen Leichtverletzten geblieben, die nach ambulanter Behandlung ihren dummköpfigen Kameraden folgen durften. Festnahmen gab es bis auf eine Ausnahme keine; lediglich ein volltrunkener Skin aus Richterich musste die Nacht in Polizeigewahrsam verbringen. Die Rädelsführer waren unbemerkt entkommen. Die Polizei hatte zwar die Personalien einiger Beteiligten aufgenommen und einige ihrer Bekannten wiedergesehen, aber es bei den üblichen Aktennotizen belassen.

»Ist es nicht schlimm, dass nach einer solchen Prügelei die Affen wieder frei herumlaufen dürfen?«, fragte ich verärgert meine Sekretärin Sabine, die mit der Kaffeekanne ins Zimmer gekommen war. »Die haben das mit den Frühlingsgefühlen wohl ziemlich falsch verstanden.« Ich zeigte ihr die Fotos in den Zeitungen, auf denen die Typen mit ihren hasserfüllten Gesichtern abgelichtet waren. Die Kerle schwangen ihre Keulen und Ketten oder droschen aufeinander ein.

»So ist halt das Leben, mein lieber Tobias«, antwortete Sabine lakonisch und hauchte mir einen feuchten Kuss auf die Stirn. »Frühlingsgefühle habe ich übrigens auch.« Sie füllte den Kaffee in die Tasse. »Mit oder ohne Zucker?«, fragte sie mich. »Oder etwa doch wieder Süßstoff?«

Darauf konnte ich wahrlich verzichten, von Süßstoff hatte ich nach meinen Erlebnissen beim Alemannen-Sponsor und Printenkönig Noppeney gründlich die Nase voll. »Weder Zucker noch Süßstoff«, antwortete ich, »ich brauche nur dich.« Ich zog Sabine zu mir auf den Sessel und drückte sie an mich.

»Nicht während der Dienstzeit«, schnurrte sie, »was soll nur unser Chef denken?« Dennoch schmiegte sie sich eng an mich und küsste mich erneut.

»Was euer Chef denkt, ist euch wohl einerlei«, tönte es sofort in meinem Rücken. Unbemerkt hatte sich unser Brötchengeber ins Büro geschlichen. »Ihr tut sowieso, was ihr wollt«, brummte er mit gespieltem Zorn.

»Wir fördern das Betriebsklima«, lachte Sabine ungeniert, und prompt musste unser Boss schmunzeln. Wenn Sabine beim Lachen ihre niedlichen Grübchen zeigte, konnte ihr niemand widerstehen. Ich kann es nicht und Dr. Dieter Schulz ebenfalls nicht; eigentlich kein Wunder, ist er doch mit Sabines Zwillingsschwester Do verheiratet.

Sabine und ich sind längst nicht so weit. Ob wir allerdings noch einmal vor den Traualtar treten würden, ließen wir beide offen. Momentan stand uns jedenfalls nicht der Sinn danach. Wir konnten ausgesprochen gut und harmonisch mit unserem gemeinsamen Singledasein auskommen, zumal Dieter und Do, Sabine und ich ohnehin eine große Familie waren, zu der auch noch Tobias junior, der Nachwuchs meines Chefs und Freundes gehörte.

»Wenn ihr mit eurem Speichelaustausch fertig seid, habe ich eine Aufgabe für dich«, sagte Dieter zu mir, »du kannst dadurch dazu beitragen, dass zum Teil deine Ausbildungskosten wieder hereinkommen.« Er grinste mich an.

Noch vor einigen Wochen hätte ich wahrscheinlich mit spitzer Zunge gekontert, doch nachdem ich meinen Job als Bürovorsteher in der Anwaltskanzlei von Schulz hatte aufgeben müssen, um in Vorbereitung auf das zweite Juristische Staatsexamen als Referendar bei ihm arbeiten zu können, hatte ich keine passenden Argumente mehr. Meinen bisherigen Job machte nun ein junger Mann, der sich auf unser Stellenangebot beworben hatte und der auf den traditionsreichen Aachener Namen Jerusalem hörte. Das war neben den guten Noten für den Uröcher Schulz Grund genug gewesen, den Mann einzustellen. Matthias Jerusalem wollte nach einer Ausbildung zum Rechtspfleger die Zeit bis zum Beginn eines Jurastudiums praxisnah überbrücken.

Unser Umgang miteinander würde sich bald wieder ändern, wenn ich als Rechtsanwalt in die Kanzlei von Schulz eintrat. Das konnte nur noch einige Monate dauern, dann würde Dr. Dieter Schulz, Rechtsanwalt in Aachen, spezialisiert auf Familienstreitigkeiten aller Art, einen Kompagnon haben: meine Wenigkeit. Dann hatten wir endlich unser Ziel erreicht, das wir uns vor fast zehn Jahren gesetzt hatten, als er damals in einem Strafprozess meine Pflichtverteidigung übernommen hatte. Seitdem waren wir fast unzertrennlich gewesen und galten ebenso wie Sabine und Do als Zwillinge, fast gleich alt und noch lange nicht 40, fast gleich groß und schlank, beide kurzhaarig blond und ziemlich blauäugig.

Zwischen uns gab es nur selten ernsthaft Streit und dann allenfalls wegen der unterschiedlichen Auffassung über die angemessene Kleidung. Dieter fühlte sich nur wohl im grauen Anzug mit Hemd und Krawatte in Reinkultur, für mich hingegen gehören zum absoluten Lebensgefühl Jeans, Sweatshirt und Lederjacke.

»Daran kann man euch wenigstens noch auseinander halten«, hatte Do unlängst noch gemeint, als Dieter mich anlässlich eines Festaktes der Anwaltskammer in einen Anzug zwängen wollte.

Do und Sabine unterscheiden konnten eh nur Experten, also nur Dieter und ich, und vielleicht auch noch unser Rezeptionsdrachen in der Kanzlei, das ältliche Fräulein Schmitz. Sabine und Do sind halt beide schön, groß, schlank, blond, immer froh gelaunt und wahrlich nicht auf den hübschen Kopf gefallen. »Eine muss euch halt Paroli bieten können, sonst macht ihr nur Blödsinn«, hatte Sabine zuletzt auf ihre Kontrollfunktion und die ihrer Schwester für Dieter und mich hingewiesen.

Ohne unsere Frauen hätten Dieter und ich schon so manches Mal dumm im Regen gestanden, musste ich unumwunden zugeben, auch wenn ich es niemals laut in Gegenwart der beiden Holden ausgesprochen hätte.

»Hier!« Dieter holte mich in den Kanzleialltag zurück und warf einen dünnen Schnellhefter auf den Schreibtisch.

»Was ist das?«, fragte ich neugierig.

»Nicht Besonderes«, antwortete Dieter verdächtig gelassen. »Wohl so›ne Art Mietstreitigkeit. Ich weiß es auch nicht so genau.« Er schmunzelte. »Außerdem soll es doch deine Sache sein, herauszufinden, was das ist.«

›Das sind die Aufgaben, die ich liebe‹, knurrte ich in mich hinein. Ich lehnte mich in den Sessel zurück und öffnete den Hefter. Er enthielt gerade einmal ein Schreiben an unsere Kanzlei von einem Eduard Brandmann aus Gerolstein, in dem er uns bat, möglichst diskret für ihn eine Hausräumung vorzubereiten.

›Das wird doch nicht?‹, dachte ich ein wenig beunruhigt; aber leider wurde meine Befürchtung wahr.

Eines der alten Wohnhäuser an der Monheimsallee, das mehrere Monate leer gestanden hatte, war vor knapp vier Wochen von Studenten besetzt worden. In Anbetracht der Wohnungsnot hatten die Studenten kurzerhand das Haus in Beschlag genommen und sich dort eingenistet.

Brandmann beabsichtigte, so schrieb er jedenfalls, unverzüglich mit Umbauarbeiten an dem Gebäude zu beginnen. Er wollte dort Eigentumswohnungen errichten und hatte bereits zwei verkauft. Spätestens am Freitag, dem 15. Mai, müsste das Haus geräumt sein, weil am darauf folgenden Montag die erste Arbeitskolonne anrücken würde.

»Dieter, das mache ich nicht!«, war meine erste entrüstete Reaktion. »Nur weil ein feister Sack Profit abzocken will, sollen die armen Schweine raus aus der windschiefen Hütte? Nein, nicht mit mir!«, sagte ich heftig und gab Schulz den Brief.

»Sind wir hier in der Politik oder bei den Idealisten gelandet?«, fragte Dieter ironisch, nachdem er das Schreiben überflogen hatte. »Hier will jemand seine wirtschaftlichen Interessen durchsetzen, die allem Anschein nach juristisch begründet sind, und bittet uns um anwaltliche Hilfe«, antwortete er sich selbst. »Das ist unser Job, mein Freund.« Jetzt kam wieder die alte Leier: »Wenn wir ihn nicht machen, macht ihn ein anderer.«

Ich schaute Schulz immer noch grimmig an. Ich wusste, wie es weitergehen würde.

»Wenn wir aber den Job machen, haben wir die Kontrolle über das Geschehen«, fuhr mein Freund und Chef fort.

»Solche hirnrissigen Hausräumungen sind doch gar nicht unsere Metier«, kramte ich ein zugegebenermaßen schwaches Argument hervor, das mein juristisch versierter Lehrherr sofort wegwischte.

»Herr Grundler, Sie sollen in meiner Kanzlei umfassend in allen relevanten Rechtsgebieten ausgebildet werden, dazu gehören auch derartige Streitigkeiten. Ich möchte Sie daher bitten, die Angelegenheit zu meiner Zufriedenheit zu erledigen!«

»Du denkst doch nur an die paar Kröten als Honorar«, maulte ich geschlagen.

»Nur mit Idealismus kommst du nicht weit«, konterte mein Vorgesetzter. »Machst du jetzt den Mist oder soll ich einen unserer Jungspunde dranlassen?«

Ich winkte ab. Bevor einer unserer angestellten Anwälte sich an dieser Geschichte die Finger verbrannte, wollte ich sie lieber selbst erledigen.

»Aber ich versuche, das Beste für die Studenten herauszuholen«, kündigte ich entschlossen an.

»Davon bin ich eigentlich immer ausgegangen«, sagte Dieter grinsend, bevor er schnell mein Zimmer verließ.

Das zweite Blatt im Schnellhefter war die Kopie eines Schreibens unserer Kanzlei an Brandmann, mit dem wir uns für die Übergabe des Mandates bedankten und ihn zugleich aufforderten, die beigefügte Vollmachtserklärung unterschrieben an uns zurückzusenden.

Wenig begeistert wählte ich die Telefonnummer, die Brandmann in seinem Briefkopf angegeben hatte. Ich wollte mich von ihm über den Sachverhalt aufklären lassen, bevor ich aktiv wurde, und war gespannt auf seinen Bericht.

Schon nach dem zweiten Klingelzeichen wurde am anderen Leitungsende energisch der Hörer abgenommen.

»Brandmann«, schnarrte eine Stimme im Kommandoton schmerzhaft ins Telefon, »was wollen Sie?«

Es fiel mir schwer, höflich und ruhig zu bleiben, die Stimmlage und die befehlende Frage gefielen mir überhaupt nicht. »Grundler von der Anwaltskanzlei Dr. Dieter Schulz aus Aachen«, meldete ich mich bescheiden. »Spreche ich mit Eduard Brandmann?«

»Ja, natürlich. Mit wem denn sonst?«, kam es ungehalten zurück. »Sie haben schließlich meine Rufnummer gewählt.«

Der Kerl regte mich auf. Gerolstein, Kommandoton, morgens auf Anhieb erreichbar; mir kam eine Vermutung, die ich bei passender Gelegenheit äußern wollte.

Aber zunächst bat ich Brandmann, mir die Situation rund um das Wohnhaus in Aachen zu schildern. »Dabei gehe ich einmal davon aus, dass es sich tatsächlich um Ihr Eigentum handelt.«

Für einen Moment schien es, als würde Brandmann implodieren. »Davon können Sie unbesorgt ausgehen«, bellte er dann ohrenbetäubend, »meinen Sie etwa, ich hätte sonst Ihre Kanzlei beauftragt?«

Meine Antwort wartete er nicht ab.

»Da gibt es nicht viel zu schildern«, fuhr er schnell und bestimmend fort. »Vor drei Monaten habe ich die Bruchbude von einer zerstrittenen Erbengemeinschaft gekauft, nachdem die alleinlebende Eigentümerin verstorben ist.«

Auch als passionierter Nicht-Aachener war ich entrüstet, wie Brandmann so emotionslos über das Schicksal eines der Häuser an der Monheimsallee reden konnte. Aber ich schwieg und hörte zu.

»Nachdem ich mehrere Interessenten für Eigentumswohnungen habe und die Finanzierung steht, möchte ich den Altbau möglichst schnell sanieren.« Die unfreundliche Stimme wurde noch eine Spur kälter. »Deshalb müssen die nichtsnutzigen Studenten auf der Stelle raus. Dafür haben Sie zu sorgen, Herr Krundlach!«

»Grundler«, korrigierte ich ihn verärgert, »Tobias Grundler.«

»Von mir aus auch Grundler«, erwiderte Brandmann interesselos, »Hauptsache, Sie räumen mir gefälligst schnell die Hütte.« Er habe keine Lust, sich von den Faulpelzen das Geschäft verderben zu lassen, als Immobilienmakler habe er verständlicherweise kein Interesse, das Haus nicht merkantil nutzen zu können.

Ob er schon lange als Makler tätig sei?, fragte ich vorsichtig.

Brandmann verneinte. »Erst seit meinem Ausscheiden als Offizier aus der Bundeswehr im vergangenen Jahr.«

Damit hatte er meinen Verdacht bestätigt. »Bei der FmAKp 911?«

»Woher wissen Sie das?« Brandmann fragte mich weniger verblüfft als vielmehr fordernd.

Bei dieser Fernmeldeausbildungskompanie sei ich auch einmal gewesen, antwortete ich bereitwillig, das sei aber fast 20 Jahre her.

»Wie dem auch sei, das spielt keine Rolle.« Brandmann kam wieder zum Thema. »Ich will an mein Eigentum und zwar so schnell wie möglich. Haben Sie verstanden, Herr Grundloch?«

Ich würde mein Bestes tun, versicherte ich, bevor ich das Telefonat beendete. Darauf könne sich Herr Bratpfann verlassen.

»So ein Arschloch«, ereiferte ich mich, als Sabine lächelnd ins Büro trat.

»Von solchen Arschlöchern leben wir, Tobias«, entgegnete sie sachlich. Sie hatte sich auf die Schreibtischkante gehockt und hielt Notizblock und Bleistift bereit.

»Willst du mir das Schreiben an die Hausbesetzer und ans Gericht diktieren?«

Ich wusste zwar vieles, was ich mit Sabine lieber täte, aber ich ergab mich stöhnend meinem beruflichen Schicksal. Die Forderung an die Studenten, rechtswidrig genutztes Eigentum unverzüglich freizugeben, war schnell formuliert. Ich kündigte den Besetzern eine gewaltsame Wiederherstellung des rechtlichen Zustandes für den Fall an, dass sie den berechtigten Ansprüchen des Hauseigentümers nicht freiwillig nachkommen würden.

»Hast du überhaupt die Namen der armen Socken?«, fragte mich meine Sekretärin.

»Nein«, antwortete ich vergnügt, »und das ist auch gut so. Wir schicken den Brief per Einschreiben an die Hausgemeinschaft. Dann fühlt sich niemand persönlich angesprochen und der Brief kommt postwendend als nicht zustellbar zurück.« Damit hätten die Studenten Zeit gewonnen, die ich ihnen allemal gönnte. Gleichzeitig konnte ich unserem Mandanten vermelden, ich hätte weisungsgemäß die ersten Schritte eingeleitet.

»Das klappt?«, fragte Sabine skeptisch.

Strohfeuer

Dieter hatte zumindest so viel Anstand, mit seinem Telefonanruf zu warten, bis Sabine und ich am Frühstückstisch in meiner Wohnung am Templergraben saßen.

»Da haben wir den Salat!«, schimpfte er statt einer Begrüßung.

›Das verhieß nichts Gutes‹, dachte ich mir. »Was gibt’s denn?«, fragte ich meinen Brötchengeber gelassen.

»Wir stehen am Pranger, Tobias!« Dieter konnte sich nicht beruhigen.

Ich verstand ihn nicht. »Wieso?«

»Du brauchst heute nur die Aachener Zeitung aufzuschlagen, dann weißt du, was ich meine. Das Blatt schreibt heute von einem auswärtigen Hausbesitzer, der Aachener Studenten die Wohnung entziehen wolle.« Dieter schnappte aufgeregt nach Luft, bevor er mit der Lektüre fortfuhr. »Eine renommierte Aachener Anwaltskanzlei mit Sitz an der Theaterstraße, die üblicherweise nur Mandanten aus der feineren Gesellschaft vertritt, sei auf die Studenten angesetzt worden, um sie zu vertreiben.« Er raschelte mit der Zeitung. »Garniert ist das Pamphlet mit einigen Zitaten von Studenten. Wir werden als skrupellose Vertreter kapitalistischer Interessen bezeichnet oder als Juristen ohne Menschlichkeit.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!