Buddha in 60 Minuten - Walther Ziegler - E-Book

Buddha in 60 Minuten E-Book

Walther Ziegler

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Beschreibung

Buddha gilt als Stifter einer der fünf Weltreligionen. Das ist umso erstaunlicher, als er niemals von sich behauptet hat, ein Prophet zu sein. Im Unterschied zu Mohammed, Moses oder Jesus verspricht er den Menschen kein Weiterleben im Paradies. Auch erzählt er nicht von Gott oder göttlicher Gnade. Stattdessen zeigt uns Buddha, wie wir uns aus eigener Kraft von Ängsten befreien und zur Erfahrung des 'Nirvanas' gelangen können. Ihm geht es um die Selbsterlösung des Menschen. Seinen Kerngedanken formuliert Buddha in der "Lehre von den vier edlen Wahrheiten". Leben bedeutet immer auch Leiden, lautet die erste edle Wahrheit, denn, so Buddha: "Alter ist leidvoll, Krankheit ist leidvoll, der Tod ist leidvoll, von Lieben getrennt sein, ist leidvoll." Die zweite Wahrheit erklärt dann die Ursachen dieses Leidens. Das sind vor allem unsere eigenen Wünsche und Bedürfnisse nach Lust, Jugend, Attraktivität, Gesundheit, ewigem Leben und Glück. Deren Erfüllung oder Nicht-Erfüllung nehmen wir mit unseren Sinnen wahr und beziehen sie dann auf unser Ego und unser Ich-Bewusstsein. Wenn es uns gelingen würde, dies nicht mehr zu tun, dann, so Buddhas dritte Wahrheit, hätte auch das Leiden ein Ende. Die vierte Wahrheit beschreibt schließlich den konkreten Weg, den berühmten "achtfachen Pfad", den wir beschreiten müssen, um zur "Befreiung", zum "Erwachen" und zur "Gelassenheit" gegenüber unseren Bedürfnissen zu kommen. Das Buch "Buddha in 60 Minuten" erklärt die faszinierende Lehre in nachvollziehbarer Weise, insbesondere den Schlüsselbegriff des "Nirvanas". Buddha ist zwar erst in der Meditation zu seinem Kerngedanken von den vier edlen Wahrheiten und zur Nirvana-Erfahrung gekommen. So gesehen können vielleicht nur diejenigen seine Lehre wirklich verstehen, die diese Erfahrung selbst gemacht haben. Aber auch für alle anderen lohnt es sich, den Buddhas Weg ein Stück weit mitzugehen. Der Kerngedanke Buddhas ist nämlich sehr wohl rational nachvollziehbar und kann auf seinen Nutzen hin befragt werden. Sind seine vier Wahrheiten richtig? Ist der achtfache Pfad für uns gangbar? Kann uns die Nirvana-Erfahrung tatsächlich zu einer erlösenden Gelassenheit verhelfen? Buddhas Kerngedanke wird anhand über hundert seiner wichtigsten Zitate dargestellt. Das Buch ist in der beliebten Reihe "Große Denker in 60 Minuten" erschienen, die inzwischen weltweit in sechs Sprachen übersetzt wird.

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Dank an Rudolf Aichner für seine unermüdliche und kritische Redigierung, Silke Ruthenberg für die feine Grafik, Angela Schumitz, Lydia Pointvogl, Eva Amberger, Christiane Hüttner, Walburga Allgeier, Dr. Martin Engler für das Lektorat und Dank an Prof. Guntram Knapp, der mich für die Philosophie begeistert hat.

Inhalt

Die große Entdeckung von Buddha

Buddhas Kerngedanke

Das Erwachen – wie Siddharta zum Buddha wurde

Die erste der vier edlen Wahrheiten: Leben heißt leiden

Die zweite der vier edlen Wahrheiten: Die Ursache des Leidens

Die dritte der vier edlen Wahrheiten: Die Aufhebung des Leidens

Die vierte der vier edlen Wahrheiten: Der achtfache Pfad

Was nutzt uns Buddhas Entdeckung heute?

Buddhas Antwort auf die wichtigsten Fragen der Menschheit – Anfang und Ende der Welt

Kann jeder den Weg des Buddha gehen? Das Gleichnis vom Floß

Das Geheimnis der Atem-Meditation: Nicht denken!

Nirvana und Alltag – das Zwei-Welten-Problem

Buddhas Vermächtnis: Gelassenheit als Befreiung und radikales Loslassen

Zitatverzeichnis

Die große Entdeckung von Buddha

Buddha (560 - 480 v. Chr.)2 ist zusammen mit Konfuzius der mit Abstand bedeutendste ostasiatische Philosoph und Wanderlehrer. Fünfundvierzig Jahre lang zieht er durch den Nordosten Indiens und unterweist die Menschen in guter Lebensführung. Er gilt als Stifter einer der fünf großen Weltreligionen. Dies ist umso erstaunlicher, als Buddha zu Lebzeiten niemals von sich behauptet hat, ein Prophet zu sein. Im Unterschied zu Mohammed, Moses oder Jesus verspricht er den Menschen kein Weiterleben im Himmel oder Paradies. Vor allem glaubt er nicht an Gott. Auch die zahlreichen hinduistischen Gottheiten seiner Zeit sieht er mit großer Skepsis. Solche Vorstellungen beruhen, so Buddha, auf Zufall oder menschlicher Willkür. In seiner berühmten Parabel „Von den Blinden und dem Elefanten“3 vergleicht er Indiens Hohepriester, die sogenannten Brahmanen mit Blinden, die ihre Gottheiten auf dieselbe Weise beschreiben, wie Menschen ohne Augenlicht einen Elefanten. Vor vielen Jahren, so erzählt Buddha seinen Mönchen, hätte einmal ein König von Geburt an sehbehinderte Menschen in seinen Palast bringen und um einen Elefanten herum aufstellen lassen:

Der erste Blinde versichert dem König, der Elefant gleiche einem Korbgeflecht, da er das faltige Ohr ertastete, ein anderer sprach von einem spitzen Pflug, da er zufällig den Stoßzahn berührte. Der nächste beschrieb einen Kornspeicher, denn er berührte den voluminösen Körper. Ein weiterer sprach von einem Pfosten, da er den mächtigen Fuß ertastete. Der letzte schließlich von einer Bürste, denn er hatte die Schwanzborste erwischt. Jeder beschrieb also einen anderen Aspekt und die Blinden gerieten in einen heftigen Streit über das wahre Wesen des Elefanten. Kein bisschen anders, so Buddha, verhalte es sich mit den Wahrheiten der Brahmanen und Asketen über die Götter:

Es gehe aber darum, das Ganze zu verstehen. Es sei beispielsweise falsch, so Buddha, für Teilaspekte der Welt verschiedene Gottheiten zu erfinden, also jeweils eine für Gesundheit, Fruchtbarkeit, Weisheit, Ernte- oder Kriegsglück und eine für die Entstehung der Welt. Die damals übliche Erklärung allen Anfangs durch einen Schöpfergott namens Brahma lehnt Buddha ebenso ab, wie die hinduistische Lehre von der ewigen Wiedergeburt und der Unsterblichkeit der individuellen Seele. Ganz besonders lehnte er den religiösen Brauch der Brahmanen ab, die Götter mit Tieropfern milde zu stimmen.

Verglichen mit den Vorstellungen seiner Zeitgenossen ist Buddhas Kerngedanke von einer solchen Radikalität und Nüchternheit, dass es verwundert, dass er von den Menschen überhaupt verstanden werden konnte. Denn für Buddha besteht das höchste Ziel des Menschen darin, in das Nirvana einzugehen und das heißt, ein für alle Mal zu ‚verlöschen‘. Seinen Mönchen und auch allen anderen, die sich ihm anschließen, empfiehlt er

‚Verlöschen‘ ist die wörtliche Übersetzung von ‚Nirvana‘. Dieser in den indischen Sprachen Sanskrit und Pali „Nirvana“ oder „Nibbāna“ genannte Zustand ist die erlösende Endform, die ein Mensch erreichen kann, wenn er den Sinn des Lebens in seiner ganzen Tragweite erkannt hat:

Buddha selbst benötigte viele Jahre, um den Sinn des Lebens zu entschlüsseln und die Dimension des Nirvanas zu erreichen. Er wurde unter dem Namen Siddharta Gautama als adeliger Sohn eines angesehenen Kriegerfürsten geboren und in einem Palast großgezogen. Mit sechsundzwanzig Jahren verließ er seine behütete Welt und zog als Sramane, als sogenannter „Hausloser“ umher. Er lebte als Bettler von Almosen und schloss sich verschiedenen brahmanischen Meistern und Asketen an. Doch weder deren Lehren noch die Askese durch anhaltendes Hungern brachten ihn ans Ziel. Erst nach sechs Jahren vergeblicher Bemühungen kam er mitten in der Natur unter einem Pappelfeigenbaum zu seiner erlösenden Erkenntnis, zur Entdeckung der „vier edlen Wahrheiten“.

Diese vier Wahrheiten bilden seither den Kern der buddhistischen Lehre. Sie sind von überwältigender Klarheit und Einfachheit. Erstens: Das Leben bedeutet Leiden. Zweitens: Dieses Leiden hat eine Ursache. Drittens: Die Ursache kann aufgehoben werden und viertens, es gibt einen konkreten Weg, der zur Aufhebung des Leidens führt:

Die erste edle Wahrheit, die Buddha zuteil wurde, handelt von der Existenz des Leidens. Sie ist kaum zu bestreiten, denn sie besteht schlicht und einfach darin, dass jedes menschliche Leben prinzipiell von den leidvollen Erfahrungen des Alterns, Erkrankens, Sterbens, und dem Verlust von Angehörigen und geliebten Menschen überschattet ist:

Kein Anti-Aging-Programm und keine Frischzellenkur können uns nachhaltig von den Zumutungen des Alterns befreien. Und nichts kann verhindern, dass wir im Leben auch liebgewonnene Menschen verlieren. Statt uns dagegen zu sträuben müssen wir uns, so Buddha, das Entstehen und die Ursachen des Leidens genauer anschauen. Und hier kommt die zweite der vier edlen Wahrheiten ins Spiel, die Frage nach den Ursachen. Die Ursachen des Leidens sind, so Buddha, letztlich nur unsere je eigenen Wünsche nach Jugend, Unversehrtheit, Gesundheit, Unvergänglichkeit und Glück. Doch das Leiden an diesen Bedürfnissen ist nur dadurch bedingt, dass wir ihre Erfüllung oder Nicht-Erfüllung mit unseren Sinnen wahrnehmen, fühlen und reflektierend auf unser Ich-Bewusstsein beziehen. Tun wir es nicht mehr, so Buddhas dritte Wahrheit, dann hat auch das Leiden ein Ende. Die vierte Wahrheit beschreibt dann den konkreten Weg, den berühmten „achtfachen Pfad“, den wir beschreiten müssen, um dahin zu kommen. Deshalb kann Buddha sagen:

In seinem vielzitierten „achtfachen Pfad“, also der vierten edlen Wahrheit, beschreibt uns Buddha detailliert, wie wir Stufe für Stufe vorankommen, um uns am Ende selbst vom Leid zu befreien. Dabei, und das ist wichtig, erlöst uns im Unterschied zu monotheistischen Religionen kein Gott, kein Erlöser und kein Priester, der uns Absolution erteilt. Es gibt im Buddhismus auch keine Erbsünde, keinen jüngsten Tag und keinen strafenden Gott, der am Ende des Lebens über uns richtet. Es sind einzig und allein wir selbst, die wir uns aus eigener Anstrengung vom Leid befreien müssen. Diese Befreiung erfordert allerdings in einem letzten Schritt die völlige Überwindung des Ich-Bewusstseins und jedweder Ich-Bezogenheit, sowohl der Gefühls- als auch der Verstandeswelt. Erst dann erreichen wir die erhellende Dimension des Nirvanas als dem Vollzug der vierten und letzten Wahrheit. Buddha beschreibt sein eigenes ‚Erwachen‘ folgendermaßen:

Das Teilhaftigwerden der ‚wahren Erkenntnis‘ erklärt auch seinen Namen. ‚Buddha‘ heißt in der indischen Sanskrit-Sprache ‚der Erleuchtete‘ oder wörtlich übersetzt ‚der Erwachte‘. Deshalb wurde er nach seiner Entdeckung der vier edlen Wahrheiten, die er im Gazellenpark von Benares erstmals der Welt verkündete, nicht länger mit seinem Geburtsnamen Siddharta Gautama angesprochen, sondern als ‚Buddha‘, als der Erwachte. Das zentrale Moment dieses Erwachens war die Nirvana-Erfahrung.

Man kann sagen, wer den Begriff Nirvana und somit das Ziel der vierten edlen Wahrheit versteht, hat auch Buddhas Kerngedanken verstanden. Aber genau darin liegt die große Herausforderung. Der Begriff Nirvana und das, was Buddha mit ihm verbindet, ist für unser – von Logik und Ausschluss geprägtes – westliches Denken nicht ganz so einfach zu verstehen. Wörtlich übersetzt heißt Nirvana, wie bereits erwähnt, ‚Erlöschen‘. Und tatsächlich geht es Buddha im Kern um das Erlöschen des Ichs, das Erlöschen der Sinne, das Erlöschen des Denkens, das völlige Aufgehen im Universum, jenseits jeder individuellen Selbstwahrnehmung.

Doch dieses Erlöschen ist eben in letzter Präzision nicht so einfach zu definieren. Es ist nämlich weder, wie man zunächst meinen könnte, der Zustand des Todes, also des totalen Nicht-Seins, noch des lebendigen Seins. In der westlichen binären Logik gibt es immer nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist etwas so oder es ist nicht so. Etwas hat eine Eigenschaft oder es hat diese nicht. Beides zugleich ist unlogisch und damit unmöglich.

Deshalb wurde Nirvana in Europa lange Zeit mit ‚Nichts‘ übersetzt, als a privativum oder logisches Gegenteil zu ‚Etwas‘ und infolgedessen der Buddhismus als Nihilismus etikettiert, dessen Ziel das Aufgehen im Nichts sei. Dieses Nirvana-Verständnis erfasst aber nur einen Teil seiner ursprünglichen Bedeutung. Der Begriff Nirvana beschreibt zwar einerseits das ‚Nichts‘ als einen Zustand des Nicht-Seins, insofern wir unser Ich-Bewusstsein, unsere Gefühle, unser Denken und unsere gesamte Selbstbezüglichkeit hinter uns lassen. Andererseits ist es aber kein totales Nichts oder Nicht-Sein im Sinne eines biologischen Todes.

Was also bedeutet konkret das Eingehen in das Nirvana? Sind wir noch da oder nicht? Ist der Meditierende, dem es gelingt, sich von seiner Singularität, seinem Ich-Bewusstsein komplett zu befreien, noch lebendig? Ist er noch ein erkenntnisfähiges Subjekt oder hat er mit seiner Subjektivität gleichzeitig auch jeden Boden möglicher Wahrnehmung und der Erinnerung verloren?

Buddha entdeckt und berichtet uns von der faszinierenden Möglichkeit, das Nirvana prämortal, also schon zu Lebzeiten zu erfahren, sich zeitweise von allen Bedürfnissen sowie dem Ich-Bewusstsein zu befreien und nach dieser tiefen spirituellen Erfahrung wieder in den Alltag zurückzukehren. Und, so Buddha, wenn es uns gelingt, diese Erfahrung des ‚Erlöschens‘ unserer Raum-Zeit-Wahrnehmung und unseres Bewusstseins zu machen, kann dies den Zumutungen des Lebens und der Unausweichlichkeit des Todes seine ganze Schwere nehmen:

Buddhas Kerngedanke ist letztlich von bestechender Klarheit. Leben bedeutet Leiden, aber aus diesem Leiden gibt es einen Ausweg. Indem wir unsere Bedürfnisse und unsere Singularität überwinden, können wir unser Dasein auf dreifache Weise neu erfahren und leben: Mit existenzieller Gelassenheit, in Anteilname und Verbindung mit anderen Wesen, bei einer gleichzeitig intensiveren und präsenteren Wahrnehmung der Welt. Der Buddhist führt angesichts der Ausrichtung auf das Nirvana im Alltag keineswegs nur, wie man zunächst meinen könnte, ein rein spirituelles oder lebensabgewandtes Leben, sondern gewinnt gerade durch die neue Perspektive eine ungetrübte und wache Haltung für das ihn Umgebende:

Daraus, so Buddha, ergibt sich die Richtschnur für das Zugehen auf die anderen Menschen und das Verhältnis zur Welt:

Buddha zeigt uns in seinem berühmten „achtfachen Pfad“, wie wir schrittweise zu dieser wachen Lebenshaltung und zur Befreiung von allen Abhängigkeiten gelangen können.