Christoffer V - Thomas Reich - E-Book

Christoffer V E-Book

Thomas Reich

0,0
3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

** Die Serienmörder-Reihe: Teil I Christoffer, Teil II Blutzoll, Teil III Kellergeschichten, Teil IV Der Lippensammler, Teil V Opferwald, Teil VI Kuckuckskind ** Auch Serienmörder müssen sich beruflich fortbilden! Christoffer besucht einen Bondagekurs an der Volkshochschule. Wahre Gentlemen verwöhnen ihre Frau durch Aufmerksamkeit und Ideenreichtum. Seile, Batteriekabel, Isolierband... Perverse Leidenschaften fesseln Christoffer und schlagen ihn in ihren Bann. Von seinen bedauernswerten Opfern ganz zu schweigen. Endlich kann er sein neu erworbenes Wissen am lebenden Objekt testen. Immer tiefer treibt er seine Beute in die Wälder und verlassenen Mietkasernen Dresdens. Ist das Schnürvieh einmal regungslos, packt er seine Messersammlung aus. DIE KLEINE MIT DEM SMARTPHONE Den letzten Satz brachte sie nicht zu Ende. Da hatte Christoffer sie am Kragen gepackt und gegen die Wand geknallt, dass eine Delle in der Wärmeverbundplatte blieb. Putz bröselte zu Boden. Das Styropor half nicht nur dabei, Energie zu sparen. Auch wenn man Brustvieh dagegen schlug, dämpfte es den Knall im Inneren. Aus ihrem Hinterkopf sickerte dickflüssiges Blut. Nicht genug, ihre Augenlider flatterten. "Frohe Weihnachten. Du bekommst die Rute." Christoffer zerrte sie zu Boden und knallte ihre Kopf auf den Asphalt. Der deutlich härter war im Vergleich zur gedämmten Wand. Ihr Smartphone flog zwei Meter weiter, das Display geteilt durch einen diagonalen Riss. Und immer noch sabbelte es aus diesem kleinen Kasten heraus. Unterhielten sich ihre Freunde mit ihr. Sie sprachen ins Leere ohne es zu ahnen. Ging es ums Reden, besaßen Mädchen endlose Energien. Das hörte erst auf, wenn man ihnen den Saft abdrehte. Dann aber endgültig. "Jenny? Der Empfang wird schlechter. Komm aus dem Funkloch, kleines Mädchen." Das Handy zermalmte er unter seiner Stiefelsohle, bis es keinen Pieps mehr machte. Jennys Freunde konnten ihr nun auch nicht mehr helfen. Es fehlte noch, das eines dieser Biester sie per Geo-App ortete. Wobei... Christoffer war Manns genug, es mit mehreren Weibern gleichzeitig aufzunehmen. An Potenz und Willen mangelte es ihm nicht, im Gegenteil. Bloß die Zeit war nicht sein Freund. Bald schon würde man ihn entdecken. Zitternd und stammelnd mit dem Finger auf ihn zeigen wie eine schwärende Wunde am Gesäß der Menschheit. Die Fenster zuknallen und eine dreistellige Nummer wählen. Wenn er sich nicht sofort auf seine schmutzige Arbeit konzentrierte. Im Schutz einer Hofeinfahrt machte er sich über sie her. Knopfjeans. Das blöde Aas trug Knopfjeans! Nichts hasste er mehr an einer Frau. Als dass ihre Kleidung sich der Schändung wie ein Bollwerk der Moral entgegen stellte. Wütend riss er das Kleidungsstück entzwei. Christoffer war erleichtert: Sie trug Schamhaare. Keine Ahnung wie alt genau sie war. Fragen konnte er sie nicht mehr. Aber wenigstens war ihr Kätzchen flauschig.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Thomas Reich

Christoffer V

Opferwald

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Christoffer V

Opferwald

 

Opferwald

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Thomas Reich

Text: 2015 © von Thomas Reich

 

Cover © http://www.publicdomainfiles.com/show_file.php?id=13548499219446 + https://www.maxpixel.net/Zombies-Trunk-Creepy-Horror-Scary-Forest-Hands-984032 mit Änderungen

 

Impressum: Thomas Reich

Bachenstr. 14

78054 Villingen-Schwenningen

Über das Buch:

 

Auch Serienmörder müssen sich beruflich fortbilden! Christoffer besucht einen Bondagekurs an der Volkshochschule. Wahre Gentlemen verwöhnen ihre Frau durch Aufmerksamkeit und Ideenreichtum. Seile, Batteriekabel, Isolierband... Perverse Leidenschaften fesseln Christoffer und schlagen ihn in ihren Bann. Von seinen bedauernswerten Opfern ganz zu schweigen. Endlich kann er sein frisch erworbenes Wissen am lebenden Objekt testen. Immer tiefer treibt er seine Beute in die Wälder und verlassenen Mietkasernen Dresdens. Ist das Schnürvieh einmal regungslos, packt er seine Messersammlung aus.

 

Gleisstränge

Unter ihm schwankte der Boden. Christoffer musste sich wie ein betrunkener Seemann an einer fremden Armlehne festhalten, um nicht in den Mittelgang zu stürzen. Schwungvoll setzte sich der Zug in Bewegung. Ruckend und schlingernd passierte er mehrere Weichen im Gleisbett. Bald würden die Schaffner auftauchen und nach zugestiegenen Gästen fragen. Auf seiner überstürzten Flucht hatte er vergessen gültige Tickets zu lösen. Selbst wenn, Agent Rutherford hätte sie ihm ohne zu zögern aus der Hand geschossen. Christoffer hatte die Wut in seinen Augen gesehen. Für die beiden Vögel war er kein gewöhnlicher Verbrecher mehr, sondern eine persönliche Blutfehde. Schiebt mich nur immer wieder den Hügel hoch. Werdet schon sehen was ihr von habt. Ich werde euch überrollen wie eine Dampfwalze. Die Landschaft zischte an Christoffer mit gewohnter deutscher Präzision vorbei. Wir sind ein Volk von Eisenbahnern und Ingenieuren, dachte er grimmig. Aus bunten Graffiti an mehrgeschossigen Mietskasernen wurden alte Industriebaracken. Diese wiederum wichen dem Grüngürtel Berlins. Dem bunten Flickenteppich der Schrebergärten. Marlene Dietrich hatte noch einen Koffer in Berlin. Christoffer seine Sammlung erbeuteter Lippenpaare, die er der Polizei zum Abschied schenkte. Es würden neue Frauen kommen mit saftigen Lippen. So wie Ebbe und Flut unseren Planeten in Bewegung hielten. Konnte er sich auf sein Jagdschema verlassen. Bald würde ihm das nächste Brustvieh in die Falle gehen.

Christoffer hatte genug gesehen. Er zwängte sich vorbei an genussvoll aufgeschlagenen Zeitungsbündeln und Orangenschmatzern in Richtung Speisewagen. Bei einem heißen Getränk wollte er seine Sorgen vergessen und Pläne schmieden für die Zukunft. Außerdem belästigten ihn dort die Kontrolleure nicht. Auf einer interaktiven Tafel wurde die Fahrtroute mit all ihren Zwischenstopps angezeigt. So wie es aussah, machte der Zug erst in Dresden wieder halt. Danach ging es schnurstracks weiter bis nach Bayreuth. Dazwischen steuerten sie nicht einen einzigen Provinzbahnhof an.

*

In allen Zügen herrschte striktes Rauchverbot. Da musste man sich das eine oder andere Begehren verkneifen. Was sollte Christoffer da erst sagen? Am liebsten hätte er der schüchtern lächelnden Bedienung seinen Zahnstocher ins Auge gerammt. Bis die Murmel Kraft und Saft verlor. Doch er konnte sich weder Schwäche erlauben, noch Begehren. Sie wussten wohin er fuhr. Spätestens in Bayreuth war das Spiel aus. Als Zugreisender wähnte er sich in trügerischer Sicherheit. Unbeschwert perlten die Kilometer von ihm ab. Christoffer häutete sich wie eine Schlange in die nächste Existenz hinein. In der freien Wildbahn hingegen verlor er deutlich an Tempo. War auf die Geschwindigkeit seiner Füße angewiesen. Bewegte sich auf fremdem Terrain, unkundig der Landschaft und Flüsse, ohne einen geheimen Schleichweg aus der Misere. Wie er sein Blatt auch wendete, sie hatten alle Trümpfe gegen ihn in der Hand. Er musste den Zug vorzeitig verlassen. Christoffer spielte auf Zeit. Was wusste der Gegner? Derzeit werteten sie die Bilder der Überwachungskameras aus. Sie kannten sein aktuelles Gesicht. Der Verdächtige war von schlanker Statur, mit einem leichten Bauchansatz. Sein Gesicht zierte ein üppiger Vollbart. Weiter oben sah es dürftiger aus, dort wuchs kein Haar. Zuletzt trug er ein albernes Shirt mit der Aufschrift „I love Berlin“ und anderen Touristenschnickschnack. Damit stand fest, dass er seine Klamotten loswerden musste. Seine auffällige Tarnung versagte auf freiem Feld. Punkt zwei auf seiner Agenda. Ganz oben auf der Liste stand eine Nummer, die Houdini in den Schatten gestellt hätte: Befreie dich aus einem fahrenden Zug.

*

In Berlin fuhren Agent Rutherford und Doktor Sommerberg zur Zentrale des BKA. Am Hauptbahnhof waren sie hoffnungslos überrumpelt worden.

„Gut gespielt, Herr Agent.“

Wütend schnaubte Rutherford. Sein Handy hing lag nutzlos in seiner Hand. Kein Anruf, keine SMS. Sie waren abgemeldet. Der Fall Christoffer den Bundesbehörden übergeben.

„Sie waren aber auch nicht schlecht.“

Agent und Psychiater warteten auf neue Nachrichten. Das Absteiggleis fühlte sich einsam an. In Bayreuth wartete eine Hundertschaft auf den Serienmörder. Und irgendwo wärmte eine Haftanstalt seine neue Pritsche vor. Man freute sich auf einen prominenten Neuzugang.

*

Träumerisch hing sein Blick an dem roten Hebel. Gleichermaßen verlockend für halbstarke Rowdys und Serienmörder auf der Flucht. Zuwiderhandlungen wurden mit hohem Bußgeld belegt. Christoffer trank seinen Kaffee aus. Er wollte sich nicht das Shirt versauen. Es gab Flecke, die gingen schwerer raus als Blut. Christoffer hatte mehr Vergleichsmaterial als eine erfahrene Hausfrau in ihrer Waschküche. Dann zog er die Notbremse.

*

Koffer und kleinere Gepäckstücke wurden durch die Luft geschleudert. Im zweiten Waggon stürzte eine alte Frau und brach sich den Oberschenkelknochen. Christoffers Ohren waren schärfer als bei einer Fledermaus. Er registrierte ihren Sturz. Spürte das dumpfe Knacken und den grellen Schmerz. Hörte das hohe Falsett ihrer meckernden Stimme durch das aufgeregte Geschrei der Passagiere hindurch. Irgendwo drückte ein Jugendlicher seinem Vordermann ein triefendes Vanilleeis in den Rücken. Vor ihm stritt sich ein altes Ehepaar mit Berliner Schnauze. Den Falten nach zu schließen alte Veteranen, die so manche Schlacht überstanden hatten. Ihre Frisur war in Unordnung geraten. Ansonsten hatte die alte Fregatte wenig an Schlagkraft eingebüßt.

„Hat jemand eine Ahnung was da los ist?“

„Bestimmt ein Selbstmörder.“

„Frag doch mal einen Mitarbeiter von der Bahn.“

„Keiner zu sehen.“

„Typisch. Wenn man seine Karte vergessen hat, sind sie sofort zur Stelle. Aber wenn man sie wirklich braucht, ist niemand da.“

Ihr Mann wirkte bemüht. Nicht, dass er es seiner Frau jemals recht machen konnte. Diesen Kampf hatte er vor Jahren verloren. Nun ging es darum, seine Würde bis zum letzten Aufbäumen zu verteidigen. Christoffer mischte sich frech in ihre Diskussion ein:

„Lassen Sie mich vorbei, ich gehe nachschauen.“

„Siehst du, der Mann tut wenigstens etwas. Ganz im Gegensatz zu dir.“

„Halts Maul, Elfriede.“

Im Notfall öffneten die hydraulischen Behälter bei leichtem Druck. Christoffer stemmte die Türen auf und trat hinaus in eine ungewisse Zukunft. Abseits der Bahnschwellen wuchsen dichte Haine aus Brennnesseln. Entnervt wählte er einen schnellen Weg direkt hindurch. Die Zackenblätter brannten ihm auf der Haut wie rote Feuerameisen. Er hatte nicht einmal ein Messer eingesteckt, um der Natur und seinen Verfolgern habhaft zu werden. Wie konnte er nur so schlampig vorbereitet sein? Freilich, seine Flucht begann unter wenig optimalen Bedingungen. Er hatte stark improvisieren müssen. Nun musste er zusehen, dass er einen sicheren Unterschlupf auftrieb. Und so viele Kilometer zwischen sich und die Notbremsung in der Wildnis brachte wie möglich. Dahinter lagen Bäume und Gebüsch. Gut um seine Spuren zu verwischen, schlecht wenn man zu lange nach Spuren der Zivilisation sucht.

*

Christoffer kletterte die Böschung hinauf und hielt sich an moosbewachsenen Baumstümpfen fest. Die Deutsche Bahn musste diesen Bereich regelmäßig roden. Sturmschäden schwächten den ohnehin angeschlagenen Baumbestand. Leicht wäre einer der hölzernen Kolosse ins Gleisbett gestürzt. Rennen kam nicht infrage. Wenn er jetzt über eine Wurzel stolperte, würden die Jäger das Kaninchen abknallen. Ihm mit der Schrotflinte eine Ladung Hasenpfeffer in den Arsch blasen. Sein blutiges Fell abgezogen und gegerbt, in der Villa eines Provinzbürgermeisters über dem Kamin. Während man seine sterblichen Überreste in Rotwein aufkochte und mit Petersilie abschmeckte. Nichts würde von ihm bleiben. Kein gespreizter Schenkel, keine salzigen Tränen, kein bitterer Kuss. Getilgt aus dem Gedächtnis der Gesellschaft und den Annalen der Polizei. Nichts fürchtete er mehr als in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Die Menschen sollten ihn fürchten wie einen rachsüchtigen Gott. Opfer mussten auf dem Altar zerschlagen werden, ihr Blut sollte fließen in seinem Namen, Amen.

Nach qualvollen Minuten unter grünem Himmel fand Christoffer einen ausgetretenen Feldweg, kaum mehr als platt gestampfte Dreckklumpen. Weiter vorne teilte sich das Dickicht zu einer gülden schimmernden Weggabelung wie man sie aus Märchen kannte. Er hatte keinen blassen Schimmer, wie weit der Wald reichte. Würde er als Goldmarie aus dem Wald treten, die Taschen voller Schätze? Oder als Pechmarie das Haupt in Teer getaucht und den Schwanz gefedert? Wohin würde ihn die Reise führen? Christoffer zweigte in südlicher Richtung ab. Spaziergänger kamen ihm grüßend entgegen. Eine freundliche Gegend mit freundlichen Menschen. Dumm wie Schlachtvieh und nichts dazugelernt. Christoffer lächelte sanftmütig zurück. Eine wohl studierte Geste, tausendfach geübt. Humanität war ein Mantel aus schwarzem Leder, den man überstreifte wie einen Schutzpanzer. Insgeheim bewunderte er Ed Gein für sein Talent an der Nähmaschine. Ein Kleidungsstück aus echter Menschenhaut hätte ihm auch gut zu Gesicht gestanden. Erntereifes Humanmaterial lief genügend herum. Ob roh oder in Scheiben, wer blutet der darf bleiben. Auch wäre eine Nähmaschine erschwinglich gewesen. Alle paar Monate wurde so ein Kasten für unter neunzig Euro in irgendeinem Discounter verschleudert. Doch Christoffer war ein schlechter Schneider. Manches vertraute man besser der erfahrenen Hand des Fachmanns an. Bei Serienmord hingegen rief man einen Spezialisten wie ihn. Christoffer beschleunigte seinen Schritt. Er musste aus diesem Wald herauskommen. Eine Joggerin sprintete an ihm vorbei. Christoffer drehte sich um, und speicherte eine neue Wichsvorlage in seiner Matrix ab. Klasse Hintern, knackig wie ein grüner Apfel. Da möchte man die Backen mit einer scharfen Klinge teilen, und sie bis zur Pförtnerklappe in den Arsch ficken. Damals in den Wäldern seiner Heimat hatte er eine Joggerin langsam erdrosselt. Wie eine Wasserleiche war ihr Bewusstsein immer wieder an die Oberfläche getrieben. Sie war ein schmutziges, kleines Flittchen. Dem er am Ende den Hals abgedreht hatte. Aus die Maus, auch wenn sie süß war. Minutenlang hatte er der Joggerin auf den Arsch gestarrt, bis sie hinter einer Reihe Bäume verschwand. Christoffer hatte sich ablenken lassen.

*

Baumkronen lichteten sich wie das Haupthaar eines müden Mannes. Der grüne Himmel brach auf und dahinter kam eine marode Landstraße zum Vorschein. Dem Flickenteppich aus Teer und Asphalt nach zu urteilen war Christoffer in der tiefsten Provinz gelandet. Wo leere Geschäftshäuser in der Innenstadt und brachliegende Industrieruinen von einer phänomenalen Landflucht zeugten. Wer freiwillig blieb, spülte wenig Geld in die Stadtkasse. Investitionen blieben aus und die Infrastruktur verrottete. Die Jugend drängte in die Stadt, und Christoffer mit ihr. Weil man dort anonymer blieb als ein katholischer Sünder im Beichtstuhl. Christoffer erhoffte sich wenig Hilfe in diesem kleinen Kaff. Busverbindungen endeten bereits am frühen Abend, und aus den klar umrissenen Gemeindegrenzen kam man nur mit dem Zug heraus. Diese Option hatte er gestrichen. Christoffer reiste lieber auf althergebrachte Art: per Anhalter. Nervös blickte er auf das Ziffernblatt seiner Armbanduhr. Bald schon würde die Dämmerung über ihn hereinbrechen. Und seine Chancen sinken, einen freundlichen Autofahrer zu finden, der ihn mitnahm. Bei Dunkelheit tummelten sich Verbrecher und Perverse auf den Schleichwegen der Zivilisation. So jedenfalls das gängige Vorurteil, generiert aus dutzenden Horrorfilmen und zu vielen Folgen Aktenzeichen XY. Der gemeine Mensch war informationsgesättigt. In seinem medialen Wohlstandsbauch rumorten diffuse Ängste. Insgeheim rechnete Christoffer damit, unter freiem Himmel schlafen zu müssen. Dann aber nicht hier. Er würde laufen soweit ihn seine Füße trugen. Bis er vor Erschöpfung am Wegesrand zusammenbrach und einem seligen Kinde gleich einschlummerte.

*

Rutherford fühlte sich elend. Man hatte ihm den Fall quasi entzogen. Die Kriminalbehörden mehrerer Bundesländer überwachten Schnellzug ICE1209. Sämtliche Zwischenhalte auf der Strecke wurden umstellt. Binnen maximal vier Stunden würden sie dem Mistkerl die Handschellen anlegen. Die Ewigkeit in staubigen Minuten. Verging nicht, wenn man vor Anspannung zitterte. Jahre der Saat, Jahre des Düngens waren ins Land gegangen. Vieh war verendet, Pflugscharen an der harten Krume gebrochen. Dunkle Wolken waren gekommen und mit ihnen der satte Regen. Im Bauernkalender markierte ein rotes Kreuz fette Ernte. Dieses Mal würde er ihnen nicht entkommen. Auf den Heuwagen würden sie ihn schnüren und ins Dorf treiben. Wo er an einem Ast baumelnd seiner gerechten Strafe zugeführt würde.

„Was machen Sie wenn das alles vorbei ist?“

„In die Normalität zurückkehren. Die Leute haben mich immer über Christoffer definiert. Der Mensch hinter dem medientingelnden Psychiater hat sie nie interessiert. Soll ich ihnen was verraten? Nichts davon war echt. Nur eine Maske, die ich ihnen vorspielte, jahrelang.“

„Aus Selbstschutz?“

„Man muss Beruf und Privatleben voneinander trennen können.“

„Wem sagen Sie das? Meine Ehe zerbrach an Nachtschichten und Auslandseinsätzen. Meine Frau füllte die Lücke im Bett mit anderen Männern auf. Vielen anderen Männern.“

„Das ist bitter.“

„Nun ja, Berufskrankheit. Polizisten sterben einsam.“

„Wann müssten ihre Kollegen anrufen?“

„In zwei Stunden etwa.“

„Nun also... das Leben steckt voller Entscheidungen. Wählen Sie weiß oder schwarz?“

Im Pariser Hauptquartier hatte sich der Psychologe als passabler Schachspieler entpuppt. Und ein Agent von Interpol als würdiger Gegner. Rutherford zog das zerkratzte Spielbrett aus seinem Schreibtisch und stellte die Figuren auf. Läufer, Springer und Bauern. Nur der Serienmörder fehlte.

„Wie endete unsere letzte Partie?“

„Sie haben haushoch verloren.“

„Dann wird es Zeit für eine Revanche.“