Closer to you (1): Folge mir - J. Kenner - E-Book
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Closer to you (1): Folge mir E-Book

J. Kenner

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Beschreibung

Nach Nikki und Damien das neue Traumpaar: Sylvia und Jackson

Sylvia Brooks ist klug, ehrgeizig, und sie liebt ihren Job: Für den millionenschweren Damien Stark und seine Frau Nikki soll sie eine unberührte Insel zu einem exklusiven Urlaubsresort umbauen lassen – gemeinsam mit dem aufstrebenden Star-Architekten Jackson Steele. Der attraktive Jackson ist nicht nur eigenwillig und dominant, sondern übt auch eine berauschende Anziehung auf Sylvia aus. Schon einmal hat sie ihrem Verlangen nachgegeben – mit gefährlichen Folgen für ihre Gefühle. Diesmal will Sylvia sich um jeden Preis von Jackson fernhalten. Bis sie ihm wieder in die Augen sieht …

Der heiße und gefühlvolle Auftakt zur Closer-to-you-Trilogie von New-York-Times- und SPIEGEL-Bestsellerautorin J. Kenner

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J.KENNER

Closer to you

FOLGE MIR

ROMAN

Aus dem amerikanischen Englisch von Janine Malz

 

 

Zum Buch

Sylvia Brooks ist klug, ehrgeizig, und sie liebt ihren Job: Für den millionenschweren Damien Stark und seine Frau Nikki soll sie eine unberührte Insel zu einem exklusiven Urlaubsresort umbauen lassen – gemeinsam mit dem aufstrebenden Star-Architekten Jack­son Steele. Der attraktive Jack­son ist nicht nur eigenwillig und dominant, sondern übt auch eine berauschende Anziehung auf Sylvia aus. Schon einmal hat sie ihrem Verlangen nachgegeben – mit gefähr­lichen Folgen für ihre Gefühle. Diesmal will Sylvia sich um jeden Preis von Jack­son fernhalten. Bis sie ihm wieder in die Augen sieht …

»Intensiv, emotional, heiß!« Romantic Times

Zur Autorin

J. Kenner wurde in Kalifornien geboren und wuchs in Texas auf, wo sie heute mit ihrem Mann und ihren Töchtern lebt. Sie arbeitete viele Jahre als Anwältin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Ihre Romane begeistern nicht nur die Leser in den USA, sondern wurden auch in Deutschland sofort nach Erscheinen SPIEGEL-Bestseller. Mit Closer to you kehrt sie nun in die Welt ihrer Erfolgsserie um Nikki Fairchild und Damien Stark zurück.

Eine Übersicht über alle liefer­baren Titel von J. Kenner im Diana Verlag finden Sie auf unserer Website unter www.diana-verlag.de oder direkt unter J. Kenner im Diana Verlag.

Zur Trilogie

Band 1: Closer to you. Folge mir

Band 2: Closer to you. Spüre mich

Band 3: Closer to you. Erkenne mich

 

Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel Say My Name

bei Bantam Books, an imprint of Random House, a division of

Penguin Random House LLC, New York

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Deutsche Erstausgabe 11/2015

Copyright © 2015 by Julie Kenner

This translation published by arrangement with Bantam Books, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2015 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Redaktion | Babette Mock

Umschlaggestaltung | t.mutzenbach design, München

Umschlagmotiv | © Lee Avison/Trevillion Images

Satz | Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-641-17592-4

www.diana-verlag.de

 

Für meine Familie,

die sich daran gewöhnt hat, dass ihre Mom

ständig mit Geschichten im Kopf

durch die Gegend läuft.

 

Kapitel 1

Das knatternde Rotorengeräusch des Hubschraubers füllt meinen Kopf wie ein Flüstern; eine geheime Botschaft, der ich nicht entrinnen kann. Bitte nicht er, bitte nicht jetzt. Bitte nicht er, bitte nicht jetzt.

Aber ich weiß verdammt genau, dass mein Flehen sinnlos, meine Worte vergeblich sind. Ich kann nicht davonlaufen. Ich kann mich nicht verstecken. Ich kann nur weitermachen wie bisher und mit halsbrecherischer Geschwindigkeit eine Hürde nach der anderen nehmen, auf Kollisionskurs mit einem Schicksal, von dem ich geglaubt hatte, ich sei ihm vor fünf Jahren entkommen. Mit einem Mann, den ich damals hinter mir gelassen hatte.

Ein Mann, von dem ich mir einrede, dass ich ihn nicht mehr will – nach dem ich mich jedoch in Wirklichkeit verzweifelt sehne.

Meine Finger klammern sich fester um die Ausgabe des Architectural Digest auf meinem Schoß. Ich muss gar nicht erst hinunterschauen, um den Mann auf dem Cover zu sehen. Sein Anblick ist mir noch heute genauso lebhaft vor Augen wie damals. Sein glänzendes schwarzes Haar, das in der Sonne leicht kupfern schimmert. Diese Augen, so blau und tiefgründig, dass man darin ertrinken könnte.

Die Abbildung auf dem Magazin zeigt ihn lässig auf der Ecke eines Schreibtischs sitzend. Die dunkelgraue Hose mit perfektem Faltenwurf. Das weiße Hemd frisch gebügelt. Die Manschettenknöpfe poliert. Hinter ihm ragt die Skyline von Manhattan empor, eingerahmt von einer Fensterwand. Er strahlt Selbstbewusstsein und Willenskraft aus, doch vor meinem geistigen Auge sehe ich noch mehr.

Ich sehe Sinnlichkeit und Sünde. Macht und Verführung. Ich sehe einen Mann mit geöffnetem Hemdkragen und locker sitzender Krawatte. Einen Mann, der sich in seiner Haut vollkommen wohlfühlt, der mit seiner Präsenz einen ganzen Raum füllt, sobald er ihn betritt.

Ich sehe den Mann, der mich wollte.

Ich sehe den Mann, der mir Furcht einflößte.

Jack­son Steele.

Ich erinnere mich an das Gefühl von seiner Haut auf meiner. Ich erinnere mich sogar an seinen Geruch; ein Duft von Holz und Moschus mit einer rauchigen Note.

Vor allem aber erinnere ich mich daran, wie er mich mit seinen Worten verführte. Wie ich mich bei ihm fühlte. Und selbst jetzt, da ich über dem Pazifik dahingleite, kann ich nicht leugnen, dass mich allein die Vorstellung, ihn womöglich wiederzusehen, geradezu elektrisiert.

Und genau das macht mir Angst.

Wie um das zu unterstreichen, macht der Hubschrauber plötzlich eine scharfe Drehung, sodass sich mir der Magen umdreht. Während ich mich mit einer Hand am Fenster abstütze, blicke ich auf das tiefblaue Indigo des Pazifiks unter mir und die gezackte Küstenlinie von Los Angeles in der Ferne.

»Wir befinden uns im Landeanflug, Miss Brooks«, teilt mir kurz darauf der Pilot mit, dessen Stimme kristallklar in meinen Kopfhörern ertönt. »Nur noch wenige Minuten.«

»Danke, Clark.«

Ich reise nur äußerst ungern mit dem Flugzeug, und noch weniger mag ich Hubschrauber. Vielleicht besitze ich eine zu lebhafte Fantasie, aber ich habe dabei ständig Horrorszenarien von irgendwelchen wichtigen Schrauben und Kabeln im Kopf, die sich unter der ständigen Bewegungslast dieser vibrierenden Maschinen lösen.

Ich habe mittlerweile akzeptiert, dass es sich nicht vermeiden lässt, ab und an mit dem Flugzeug oder dem Hubschrauber zu fliegen. Doch obwohl ich mich damit abgefunden und sogar einigermaßen meinen Frieden gemacht habe, bekomme ich bei Start und Landung immer noch Herzklopfen. Ich empfinde es nach wie vor als extrem beunruhigend und unnatürlich, wie die Erde immer höher zu steigen scheint, während man eigentlich auf den Boden zurast.

Nicht, dass ich den Boden sehen könnte. Soweit ich das beurteilen kann, befinden wir uns immer noch über offenem Meer. Doch als ich gerade Clark auf diesen Umstand hinweisen will, taucht im Fenster ein schmaler Streifen der Insel auf. Meine Insel. Allein der Anblick bringt mich zum Lächeln, und ich atme tief ein und aus, bis ich mich einigermaßen ruhig und gefasst fühle.

Natürlich gehört die Insel nicht wirklich mir – sondern meinem Boss, Damien Stark. Beziehungsweise der Ferien­immo­bilienfirma Stark Vacation Properties, die Teil des Bauunternehmens Stark Real Estate Development ist, welches wiederum zu Stark Holdings gehört, einer hundertprozen­tigen Tochter­gesell­schaft von Stark International – einem der erfolgreichsten Unternehmen der Welt, das von einem der mächtigsten Männer der Welt geführt wird.

In meiner Vorstellung jedoch gehört die Insel Santa Cortez mir. Die Insel, das Projekt und das ganze damit verbundene Potenzial.

Santa Cortez ist eine der kleineren Kanalinseln, die die kalifornische Küste säumen. Die kurz hinter Catalina gelegene Insel diente viele Jahre zusammen mit San Clemente als Stützpunkt der US-Marine. Anders als die Insel San Clemente jedoch, die noch heute von der Navy verwaltet wird und einen Armeestützpunkt, Baracken und diverse andere Einrichtungen beherbergt, ist Santa Cortez völlig unbebaut, da hier lediglich das Nahkampftraining und die Ausbildung an der Waffe stattfand. Zumindest hat man mir das erzählt. Die Navy ist nicht gerade für ihre offene Informationspolitik bekannt.

Vor einigen Monaten war ich in der Los Angeles Times auf einen kurzen Artikel über die Militärpräsenz in Kalifornien gestoßen. Der Verfasser erwähnte darin beide Inseln, merkte aber an, dass das Militär gerade dabei sei, seine Stellung auf Santa Cortez aufzugeben. Mehr stand nicht darin, aber ich hatte Stark den Artikel trotzdem mitgebracht.

»Vielleicht steht sie zum Verkauf. Falls ja, dachte ich, wir sollten rasch handeln.« Mit diesen Worten überreichte ich ihm den Zeitungsausschnitt, nachdem ich ihn zum weiteren Tagesablauf gebrieft hatte. Wir eilten gerade den Flur zum Konferenzraum hinunter, wo nicht weniger als zwölf Bankvorstände aus drei Ländern in Anwesenheit von Charles Maynard, Starks Anwalt, auf den Beginn eines seit Langem geplanten Steuer- und Investitionsstrategietreffens warteten.

»Ich weiß, dass Sie nach einem passenden Standort für ein Paar-Resort auf den Bahamas suchen«, fuhr ich fort, »aber da wir bislang keine geeignete Insel gefunden haben, dachte ich mir, dass ein gehobenes Feriendomizil für Fa­milien unmittelbar vor der Küste Kaliforniens unter Umständen ein durchaus interessantes Geschäftsmodell sein könnte.«

Daraufhin hatte er das Papier genommen, es im Gehen überflogen und war vor dem Konferenzraum stehen geblieben. In den fünf Jahren, die ich für ihn arbeitete, hatte ich seine Gesichtsausdrücke zu deuten gelernt, aber in diesem Moment hatte ich nicht die leiseste Ahnung, was er dachte.

Wortlos gab er mir den Artikel zurück, bedeutete mir mit erhobenem Finger, dass ich auf ihn warten solle, und richtete beim Betreten des Raums sogleich das Wort an seine Geschäftspartner: »Meine Herren, ich muss mich entschuldigen, aber es ist etwas dazwischengekommen. Charles, wenn Sie so freundlich wären zu übernehmen?«

Ohne eine Antwort von Maynard oder ein zustimmendes Zeichen der Bankdirektoren abzuwarten, war er wieder zu mir auf den Flur hinausgetreten, absolut davon überzeugt, dass das Treffen auch ohne ihn reibungslos und nach seinen Vorstellungen verlaufen würde.

»Rufen Sie Nigel Galway im Pentagon an«, sagte er, als wir zurück zu seinem Büro gingen. »Sie finden ihn unter meinen persönlichen Kontakten. Sagen Sie ihm, dass ich erwäge, die Insel zu kaufen. Danach rufen Sie Aiden an. Er ist zu der Baustelle in Century City gefahren, um Trent bei einigen baulichen Problemen zu helfen. Fragen Sie ihn, ob er Zeit hat, sich mit uns zum Mittagessen im The Ivy zu treffen.«

»Oh«, rief ich aus und versuchte mich zu ordnen. »Mit uns?«

Aiden hinzuzuziehen leuchtete mir ein. Aiden Ward war der Vizepräsident von Stark Real Estate Development und betreute derzeit den Bau des Stark Plaza – drei Bürotürme unweit des Santa Monica Boulevard im Geschäfts- und Wohnbezirk Century City. Was mir jedoch nicht einleuchtete, war, weshalb Stark mich dabeihaben wollte, wenn er mich doch sonst einfach im Nachhinein über die wichtigsten Punkte informierte, die ich zur Nachbereitung eines Meetings brauchte.

»Wenn Sie die Projektleitung übernehmen wollen, fände ich es sinnvoll, wenn Sie beim ersten Meeting dabei wären.«

»Die Projektleitung?« Mir schwirrte der Kopf.

»Wenn Sie sich für Immobilienentwicklung und insbesondere kommerzielle Projekte interessieren, gibt es keinen besseren Mentor als Aiden. Natürlich wäre das mit Mehr­arbeit verbunden, denn ich brauche Sie trotzdem im Büro. Aber Sie können so viel wie möglich delegieren. Ich glaube, Rachel würde ohnehin gerne ihre Stunden aufstocken«, fügte er in Bezug auf Rachel Peters, seine Wochenend-Assistentin, hinzu.

»Verwenden Sie Trents Geschäftsplan für das Bahamas-An­ge­­bot als Vorlage und erarbeiten Sie einen eigenen Entwurf samt Zeitplan.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Bis Mittag werden Sie das nicht schaffen, aber Sie können uns zumindest ein paar Ideen präsentieren.« Als seine Augen meine trafen, schien ein Lächeln darin auf. »Oder liege ich falsch mit meiner Annahme? Ich dachte, Immobilien zählen zu Ihren besonderen Schwerpunkten, aber falls Sie kein Interesse haben, in eine Managerposition zu wechseln …«

»Nein!«, platzte es förmlich aus mir heraus, während ich meine Schultern straffte und den Rücken durchstreckte. »Nein. Ich meine, ja. Ja, ich möchte an dem Projekt arbeiten, Mr. Stark.« Vor allem wollte ich nicht hyperventilieren, allerdings schien das gerade fast unmöglich.

»Gut«, hatte er sich zufrieden gezeigt. Mittlerweile waren wir bei meinem Schreibtisch im Empfangsbereich vor seinem Büro angelangt. »Rufen Sie Nigel an. Arrangieren Sie das Mittagessen. Und dann sehen wir weiter.«

Dieses »Und dann sehen wir weiter«hatte mich mehr oder weniger direkt hierhergeführt. Und nun bin ich die offizielle Projektmanagerin für The Resort at Cortez, a Stark Vacation Property. Zumindest bin ich das heute.

Hoffentlich bin ich es morgen immer noch. Denn genau das ist die entscheidende Frage. Die Frage, ob die Neuigkeiten, die ich vor zwei Stunden erfahren habe, das Santa-Cortez-Projekt zu Fall bringen oder ob ich es doch noch retten kann – und damit auch meine aufstrebende Karriere im Immo­biliensektor.

Der einzige Haken an der Sache ist, dass ich dazu Jack­son Steeles Hilfe brauche. Mein Magen verkrampft sich, und ich versuche mir zu sagen, dass es keinen Grund zur Sorge gibt. Jack­son wird mir helfen. Er muss, denn im Moment geht es mir einzig und allein um das Projekt.

Angesichts meiner ohnehin strapazierten Nerven bin ich dankbar, dass wenigstens unsere Landung glatt verläuft. Ich stecke das Magazin in meine Leder-Tote-Bag und warte. Sobald Clark die Tür öffnet, atme ich die frische Meeresluft tief ein und halte mein Gesicht in die Brise. Sofort geht es mir besser, als seien meine Sorgen und meine Reiseübelkeit in Anbetracht der überwältigenden Schönheit dieses Ortes wie weggeblasen.

Denn diese Insel ist eine wahre Schönheit. Schön und unberührt, mit heimischen Gräsern und Bäumen, naturbelassenen Dünen und perlweißen Stränden.

Was auch immer das Militär hier gemacht hat, hat offenbar keine Schäden an der Natur hinterlassen. Tatsächlich finden sich an dieser Stelle die einzigen Spuren menschlicher Zivi­lisation. Neben dem Landeplatz für zwei Hubschrauber gibt es noch eine Bootsanlegestelle, eine kleine Blechhütte zu Lagerzwecken und ein kleines Häuschen mit zwei Chemietoiletten. Außerdem einen Bobcat-Bagger, einen Generator und verschiedene Maschinenteile, die bereits verladen wurden, um alles für die Räumung der Insel vorzubereiten. Nicht zu vergessen die zwei Sicherheitskameras, die installiert wurden, um sowohl Stark International als auch der Versicherung Genüge zu tun.

Neben dem Hubschrauber, den Clark soeben gelandet hat, steht ein zweiter Hubschrauber, hinter dem ein provisorischer Weg von diesem Gelände in das unberührte Innere der Insel führt. Und vermutlich zu Damien, seiner Frau Nikki und Wyatt Royce, dem Fotografen, den Damien engagiert hat, um Porträts seiner Frau am Strand sowie Fotos von der Insel vor Baubeginn zu schießen.

Während Clark bei dem Hubschrauber bleibt, gehe ich den Weg entlang. Bereits nach wenigen Schritten bereue ich, meinen Rock und meine High Heels in der Eile nicht wie geplant gegen Jeans und bequemere Schuhe eingetauscht zu haben. Der Boden ist felsig und uneben, und meine Schuhe sind am Ende bestimmt zerkratzt und ramponiert. Aber ich schätze, falls es mir gelingt, das Projekt zu retten, sind meine marineblauen Lieblings-High-Heels ein vergleichsweise geringer Preis.

Während der Boden sanft ansteigt und ich den kleinen Hügel erklimme, blicke ich hinab auf die Bucht, die sich an eine Felsgruppe schmiegt. Die Wellen schmettern gegen den Fels und lassen Wassertropfen hoch in die Luft stieben, die in der Sonne funkeln wie Diamanten. Am Strand sehe ich Damien Arm in Arm mit seiner Frau Nikki, die ihren Kopf an seine Schulter lehnt, und beide schauen auf das weite Meer hinaus.

Nikki und ich sind mittlerweile gut befreundet, und es ist nicht so, als ob ich die beiden noch nie zusammen gesehen hätte. Aber dieser Moment ist auf eine Art so liebevoll und intim, dass ich am liebsten umdrehen würde, um sie ungestört zu lassen. Doch ich habe keine Zeit zu verlieren und räuspere mich stattdessen laut, während ich weitergehe.

Mir ist natürlich klar, dass sie mich nicht hören können. Das tosende Geräusch der Brandung ist so laut, dass sie nicht einmal die Ankunft unseres Hubschraubers bemerkt haben; umso unwahrscheinlicher ist es, dass sie mein Räuspern bemerken.

Wie zum Beweis drückt Damien seine Lippen auf Nikkis Schläfen. Diese Geste berührt mich. Ich muss an das Magazin in meiner Tasche denken – und an das Bild des Mannes auf dem Cover. Dieser Mann hatte mich einst genauso geküsst, und bei der Erinnerung an das schmetterlingsgleiche Gefühl seiner Lippen auf meiner Haut fühle ich ein Brennen in den Augen. Ich rede mir ein, dass es vom Wind und der salzigen Gischt kommt, aber das stimmt natürlich nicht.

Es ist das Gefühl von Verlust und Bedauern. Und ja, auch Angst.

Die Angst, dass ich gerade die Tür zu etwas öffne, das ich mir sehnlichst wünsche, mit dem ich aber nicht umgehen kann.

Die Angst, dass ich es vor vielen Jahren ganz gewaltig vermasselt habe.

Und die bittere Gewissheit, dass wenn ich nicht ganz, ganz vorsichtig bin, die Mauer, die ich um mich herum aufgebaut habe, zu bröckeln beginnt und meine furchtbaren Geheim­nisse ans Licht kommen.

»Sylvia?«

Erschrocken fahre ich zusammen und bemerke erst jetzt, dass ich einfach dagestanden und abwesend aufs Meer gestarrt habe, während ich in Gedanken weit, weit weg war.

»Mr. Stark. Entschuldigen Sie, ich …«

»Geht es dir gut?« Es ist Nikki, die mit besorgter Miene auf mich zugeeilt kommt. »Du siehst etwas wacklig auf den Beinen aus.« Nun steht sie neben mir und nimmt meinen Arm.

»Danke, mir geht’s gut«, lüge ich. »Mir ist nur ein wenig schlecht vom Flug. Wo ist Wyatt?«

»Er hat sich unten am Strand postiert«, antwortet Stark. »Wir dachten, es sei das Beste, wenn er schon vorgehen und mit den Aufnahmen für die Broschüre beginnen würde.«

Ich zucke zusammen, denn tatsächlich bin ich über eine Stunde zu spät. Ursprünglich war geplant, dass ich den Morgen über in Los Angeles bleibe, während Nikki, Damien und Wyatt gleich in der Früh zur Insel fliegen. Ich sollte dann direkt im Anschluss an ihr privates Fotoshooting am Strand nachkommen und den restlichen Vormittag zusammen mit Wyatt Bilder für die Marketingmaterialien für das Resort machen.

Damien sollte mit dem Heli zurück in die Stadt fliegen, und später wären Wyatt, Nikki und ich mit Clark zurückgeflogen. Nikki und ich hatten kürzlich entdeckt, dass wir uns beide für Fotografie interessieren, und Wyatt hatte sich ­angeboten, uns nach getaner Arbeit ein paar Tipps und Tricks zu zeigen.

»Du hast deine Kamera gar nicht dabei«, stellt Nikki stirnrunzelnd fest. »Also stimmt doch irgendetwas nicht.«

»Nein«, beginne ich und lenke ein. »Na gut, ja. Vielleicht.« Ich blicke Stark in die Augen. »Ich muss mit Ihnen reden.«

»Dann gehe ich mal zu Wyatt rüber«, sagt Nikki.

»Nein, bleib ruhig. Ich meine, falls Mr. Stark – Damien – nichts dagegen hat.« Es fällt mir immer noch schwer, ihn während der Arbeitszeit beim Vornamen zu nennen. Aber wie er mehrfach erklärt hat, komme ihm die förmliche Anrede nach all den Cocktails, die ich bei ihnen zu Hause mit seiner Frau am Pool geschlürft habe, albern vor, wenn wir allein sind.

»Natürlich habe ich nichts dagegen. Was ist passiert?«

Ich hole tief Luft und rücke mit der schlechten Nachricht heraus, die ich bis jetzt für mich behalten habe.

»Martin Glau hat heute Morgen seine Mitarbeit am Projekt aufgekündigt.«

Ich sehe sofort die Veränderung in Damiens Gesicht. Das kurze Aufblitzen von Schock, gefolgt von Wut, die sich sofort in stahlharte Entschlossenheit wandelt. Nikkis Reaktion ist bei Weitem nicht so beherrscht.

»Glau? Aber er war doch völlig begeistert von dem Projekt. Wieso sollte er plötzlich hinwerfen wollen?«

»Er wollte nicht nur«, stelle ich richtig. »Er hat es bereits getan. Er ist weg.«

Einen Augenblick lang starrt Damien mich an. »Weg?«

»Offenbar ist er nach Tibet ausgewandert.«

Damiens Augen weiten sich beinahe unmerklich. »Ist er das?«

»Er hat sein Grundstück verkauft, seine Firma dichtgemacht und lässt seinen Kunden über seinen Anwalt ausrichten, dass er beschlossen hat, sich den Rest seines Lebens in Gebet und Meditation zu versenken.«

»Dieser Idiot«, presst Damien in einem unterdrückten Wutausbruch hervor, den ich bei ihm im Berufsalltag selten erlebe, auch wenn ihm die Presse ein hitziges Temperament nachsagt. »Was denkt der sich dabei?«

Ich verstehe ihn. Ich bin selber wütend. Immerhin ist das mein Projekt, und Glau hat uns hängen lassen. Das Resort Cortez ist zwar eine Stark-Immobilie, aber das heißt nicht, dass sie vollständig von Damien oder seinen Firmen finanziert wird. Vielmehr haben wir uns die letzten drei Monate den Arsch aufgerissen, um namhafte Investoren ins Boot zu holen. Und jeder, den wir für das Projekt gewinnen konnten, nannte uns zwei Gründe für seine Entscheidung: Glaus Ruf als Architekt und Damiens Ruf als Geschäftsmann.

Damien fährt sich mit den Fingern durchs Haar. »Okay, wir kriegen das hin. Wenn sein Anwalt heute seine Kunden informiert, kriegt die Presse bald Wind davon, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die ganze Sache wie ein Kartenhaus zusammenfällt.«

Ich schlucke. Allein bei dem Gedanken bricht mir der Schweiß aus, immerhin bin ich für das Projekt verantwortlich. Ich habe es entworfen, es gepitcht und mich voll reingehängt, um es auf den Weg zu bringen. Für mich ist es mehr als nur ein Resort: Es ist das Sprungbrett für meine Karriere.

Ich muss dieses Projekt unbedingt am Leben erhalten. Und, verdammt noch mal, ich werde es am Leben erhalten. Selbst wenn ich dafür den einzigen Mann ansprechen muss, von dem ich mir geschworen hatte, dass ich ihn nie wiedersehen will.

»Wir brauchen einen Plan B«, sage ich. »Einen konkreten Maßnahmenplan, den wir den Investoren vorlegen können.«

Trotz der Umstände blitzt in Damiens Augen Belustigung auf. »Und Sie haben bereits eine Idee. Gut. Dann lassen Sie mal hören.«

Ich nicke und klammere mich an meine Tote Bag. »Für die Investoren waren Glaus Ruf und sein Portfolio ausschlaggebend. Wir können ihn nicht durch irgendeinen beliebigen Architekten ersetzen.« Als kreativer Kopf hinter einigen der beeindruckendsten und innovativsten Bauwerke der Moderne, genoss Glau als Stararchitekt einen enormen Vertrauensvorschuss. Ein Architekt, dessen Können und Bekanntheitsgrad allein schon als Erfolgsgarant gelten konnten.

»Deshalb würde ich vorschlagen, dass wir den Mann als Nachfolger präsentieren, der Glau ebenbürtig ist und ihn sogar zu übertreffen vermag.« Ich greife in meine Tasche und ziehe das Magazin hervor, das ich Damien überreiche.

»Jack­son Steele.«

»Er besitzt Erfahrung, Stil und Renommee. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass er nicht nur ein aufsteigender Stern der Branche ist, sondern – nun da Glau raus ist – der Kronprinz, der ihn beerbt. Und damit nicht genug. Denn viel mehr noch als Glau besitzt Steele die Art von Strahlkraft, die dieses Projekt gebrauchen kann. Die Art von Publicity, die nicht nur die Investoren überzeugt, sondern auch bei der Vermarktung des Resorts ein Riesenplus ist.«

»Ist dem so?«, fragt Damien merkwürdig tonlos. Der kurze Blickwechsel zwischen Damien und Nikki ist mir nicht entgangen, und ich frage mich, was es damit auf sich hat.

»Lesen Sie den Artikel«, bitte ich ihn mit Nachdruck. »Es gibt Gerüchte, wonach die Geschichte rund um eines seiner Bauwerke fürs Kino verfilmt werden soll. Außerdem gibt es bereits eine Dokumentation über ihn und das Museum, das er letztes Jahr in Amsterdam gebaut hat.«

»Ich weiß«, sagt Damien. »Die Premiere findet heute Abend im Chinese Theater statt.«

»Genau!«, sage ich begeistert. »Gehen Sie hin? Sie könnten dort mit ihm sprechen.«

Damiens Mund verzieht sich zu einem ironischen Lächeln. »Seltsamerweise bin ich nicht eingeladen. Ich habe nur davon erfahren, weil Wyatt erwähnt hat, dass er engagiert wurde, um auf dem roten Teppich zu fotografieren und ein paar Schnappschüsse von den Gästen zu machen.«

»Aber genau das meine ich«, beharre ich. »Es ist ein Riesen­event. Dieser Mann hat Charisma und Glamour, er ist ein echter Star. Wir brauchen ihn unbedingt in unserem Team. Und dem Artikel zufolge plant er die Eröffnung einer Niederlassung in Los Angeles, was bedeutet, dass er an der Westküste Fuß fassen will.«

»Jack­son Steele ist nicht der Einzige, der infrage kommt«, gibt Damien zu bedenken.

»Nein«, stimme ich zu. »Aber momentan ist er der Einzige, der im Fokus steht. Mehr noch. Ich habe mir bereits die anderen Architekten angesehen, auf die die Investoren anspringen könnten, und keiner ist aktuell verfügbar. Steele schon. Ich hatte ihn im ursprünglichen Entwicklungsplan nur nicht berücksichtigt, weil er sechs Monate für ein Projekt in Dubai eingespannt war.« Insgeheim war ich damals sogar froh, weil ich genau diese Situation hatte vermeiden wollen. Doch nun liegen die Dinge völlig anders.

»Dann platzte das Dubai-Projekt. Politische und finanzielle Schwierigkeiten, nehme ich an. Steht alles im Artikel. Ich habe kurz recherchiert und soweit ich weiß, stehen bei Steele derzeit keine Projekte an, doch das wird sicher nicht lange so bleiben. Steele kann das Cortez-Resort retten. Bitte glauben Sie mir, dass ich ihn nicht vorschlagen würde, wenn ich nicht überzeugt wäre, dass er der Richtige ist.«

Und war das nicht die volle Wahrheit?

»Das glaube ich auch«, sagt Damien. »Und ich stimme mit Ihrer Einschätzung überein. Falls wir Jack­son Steele nicht sofort für das Projekt gewinnen können, verlieren wir unsere Investoren. Die einzige andere Möglichkeit wäre, die Finanzierung komplett selbst zu übernehmen. Entweder mit Firmenmitteln oder meinem privaten Vermögen.« Er holt Luft. »Aber Sylvia«, sagt er in freundlichem Ton, »so mache ich keine Geschäfte.«

»Ich weiß. Das weiß ich natürlich. Deshalb schlage ich ja vor, dass wir Jack­son fragen. Steele, meine ich«, korrigiere ich mich schnell, als ich meinen Versprecher bemerke. »Das Resort ist ein Prestigeobjekt – genau das, worauf er sich mittlerweile spezialisiert. Er wird unterzeichnen. Das Projekt ist genau nach seinem Geschmack.«

Erneut beobachte ich, wie Damien und Nikki einen kurzen Blick wechseln, und Zweifel beschleichen mich.

»Entschuldigt die Frage«, sage ich. »Aber gibt es irgend­etwas, das ich nicht weiß?«

»Jack­son Steele hat kein Interesse daran, für Stark Inter­national zu arbeiten«, sagt Nikki nach kurzem Zögern.

»Er … was?« Es dauert ein paar Sekunden, bis die Worte zu mir vordringen. »Woher weißt du das?«

»Wir haben ihn auf den Bahamas getroffen«, erklärt Nikki. »Damien bot ihm an, ihn von Anfang an in das Bahamas-Projekt einzubinden, noch bevor Stark International das Objekt gekauft hatte. Er hätte volles Mitspracherecht in allen Bereichen gehabt. Aber er hat unmissverständlich klargemacht, dass er weder für Damien noch für eine seiner Firmen arbeiten will. Er sagt, Damien werfe einen langen Schatten und er wolle nicht, dass das auf ihn oder seine Arbeit zurückfalle.«

»Mit anderen Worten, wir werden Steele nicht für uns gewinnen können«, sagt Damien. Er blickt auf seine Uhr und dann zu Nikki: »Ich muss zurück.« Dann wendet er sich wieder mir zu. »Rufen Sie die Investoren persönlich an. Diese Angelegenheit duldet keinen Aufschub. Es tut mir wirklich leid, Syl.« Als ich meinen Spitznamen höre, wird mir der Ernst der Lage bewusst. Das Projekt ist tot. Mein Projekt ist tot.

Ich rede mir ein, dass ich erleichtert sein sollte, weil ich keine Erinnerungen heraufbeschwöre. Dass es töricht war zu glauben, ich sei stark genug, um mich meinen schlimmsten Albträumen zu stellen. Dass ich das Projekt aufgeben sollte, anstatt zu all dem zurückzukehren, vor dem ich einst weggerannt bin.

Nein.

Nein. Ich habe so hart dafür gearbeitet, und das Projekt bedeutet mir zu viel. Ich kann jetzt nicht einfach kampflos aufgeben.

Und ja, vielleicht will ein Teil von mir Jack­son Steele wiedersehen. Um mir selbst zu beweisen, dass ich es kann. Dass ich ihn sehen, mit ihm sprechen, so verflucht eng mit ihm zusammenarbeiten kann – und es trotzdem schaffe, nicht unter dieser Last zusammenzubrechen.

»Bitte«, sage ich mit geballten Fäusten und rede mir ein, dass der Grund für mein Herzrasen und den Schweißfilm auf meiner Haut meine Angst ist, das Projekt zu verlieren, und nicht der Gedanke daran, Jack­son wiederzusehen. »Lassen Sie mich mit ihm reden. Wir müssen es zumindest versuchen.«

»Es wird neue Projekte geben.« Damiens Stimme ist freundlich, aber bestimmt. »Das ist nicht Ihre letzte Gelegenheit.«

»Das glaube ich Ihnen. Aber ich habe noch nie erlebt, dass Sie ein gefährdetes Projekt einfach so sausen lassen, wenn die Chance besteht, es doch noch zu retten.«

»Basierend auf dem, was ich über Steele weiß, gibt es keine Chance.«

»Ich denke schon. Bitte, lassen Sie es mich versuchen. Alles, worum ich Sie bitte, ist ein Wochenende«, füge ich schnell hinzu. »Nur so viel Zeit, wie ich brauche, um mit Mr. Steele zu sprechen und das Projekt zu pitchen.«

Einen Moment lang sagt Damien nichts. Dann nickt er. »Ich kann die Investoren nicht im Dunkeln lassen. Aber wir können die Tatsache ausnutzen, dass bereits Freitag ist. Rufen Sie sie an. Sagen Sie, dass wir ihnen ein Update zum Projekt mitteilen müssen und beraumen Sie für Montagmorgen eine Telefonkonferenz an.«

Ich nicke, schnell und geschäftsmäßig. Aber innerlich mache ich Luftsprünge vor Freude.

»Ihnen bleibt also dieses Wochenende. Montagmorgen müssen wir entweder verkünden, dass wir ab sofort Jack­son Steele mit an Bord haben, oder das Projekt steht auf der Kippe.«

»Er wird mit an Bord sein«, sage ich mit einer Gewissheit, die mehr auf Hoffnung denn auf Fakten beruht.

Damien neigt seinen Kopf ganz leicht nach links, als ob er meine Worte abwäge. »Was macht Sie da so sicher?«

Ich lecke mir über die Lippen. »Ich … Ich habe ihn kennengelernt. Vor fünf Jahren in Atlanta. Direkt bevor ich bei Ihnen anfing. Ich weiß nicht, ob er einwilligt, aber ich glaube, er wird mir zumindest zuhören.« Wenigstens dachte ich das, bis ich eben von seiner Absage für das Stark-Projekt erfuhr.

Nun ist die Situation völlig anders. Ich dachte, dass ich ihm ein Traumprojekt auf dem Silbertablett präsentiere. Dass ich ihm einen Gefallen tue. Dass ich es in der Hand habe.

Aber nun weiß ich, dass das Gegenteil der Fall ist.

Er kann mich auflaufen lassen und Nein sagen. Er kann mir den Mittelfinger zeigen und mich zur Hölle schicken.

Ich denke über unser letztes Gespräch nach – ein Gespräch, das mir fast das Herz zerriss.

Ich muss dich um etwas bitten, hatte ich gesagt.

Alles, was du willst.

Keine Fragen. Keine Widerrede. Bitte, es ist wichtig.

Was auch immer du willst, Baby, ich verspreche es dir. Du musst mich einfach nur fragen.

Er hatte sein Wort gehalten und meine Bitte erfüllt, auch wenn es uns beide schier umbrachte.

Jetzt muss ich ihn wieder um etwas bitten.

Und ich hoffe inständig, dass ich ihn auch diesmal einfach nur zu fragen brauche.

 

 

Kapitel 2

»Wann immer es ihm heute möglich ist«, sage ich, während ich das Telefon ans linke Ohr und meine andere Hand aufs rechte Ohr gepresst halte. Trotzdem habe ich ­Mühe, Jack­sons in New York sitzende Sekretärin unter dem ohren­betäubenden Lärm des langsam zum Stillstand kommenden Hubschraubers zu verstehen.

»Es tut mir leid, Miss Brooks. Mr. Steeles Dokumentarfilm hat heute Abend in Los Angeles Premiere und ich fürchte, er ist komplett ausgebucht.«

Ich befinde mich auf dem Dach des Stark Towers, und obwohl es sich anfühlt, als würde ich im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Dach der Welt stehen, fühle ich mich alles andere als überlegen. Am liebsten würde ich im Aufzugsturm Zuflucht suchen, aber dort riskiere ich einen schlechten Empfang, und ich befürchte, dass ich diese Frau nie wieder an den Hörer kriege, wenn die Verbindung jetzt unterbrochen wird.

Also bleibe ich im Wind stehen, während die Sonne unerbittlich auf mich und den Asphalt ringsum niederbrennt, und ich habe das Gefühl, nicht nur den Elementen, sondern auch Jack­son Steele, seiner Sekretärin und sogar dem verdammten Handyanbieter ausgeliefert zu sein.

»Und wie sieht es morgen aus?«, frage ich. »Mir ist bewusst, dass morgen Samstag ist, aber falls er nicht sofort nach New York zurückfliegt …«

»Mr. Steele bleibt mindestens eine Woche in Los Angeles.«

»Perfekt!« Ich bin erleichtert und entspanne mich etwas. »Wann würde es ihm denn am besten passen?«

»Einen Moment, bitte. Ich schaue mal, ob ich ihn auf dem Handy erreichen kann.«

Ich stehe da und komme mir ein wenig albern vor, während aus dem Hörer fröhliche Warteschleifenmusik dröhnt. Als ein Klicken anzeigt, dass die Dame wieder in der Leitung ist, nehme ich sofort eine Habachtstellung ein und verdrehe die Augen angesichts meines lächerlichen Verhaltens.

»Ich fürchte, ich kann Ihnen keinen Termin anbieten, Miss Brooks.«

»O nein, bitte. Ich bin zeitlich flexibel, wirklich. Ich kann auch in sein Hotel kommen oder er in mein Büro, falls ihm das besser passt. Ich richte mich da ganz nach ihm.«

Ich höre, wie sie lang und tief seufzt, und beiße mir auf die Unterlippe, als sie sagt: »Nein, Sie missverstehen mich. Mr. Steele hat mich gebeten, Ihre Anfrage abzulehnen. Und sein Bedauern zum Ausdruck zu bringen, natürlich.«

»Sein Bedauern?«

»Er sagte, Sie würden es verstehen, und dass Sie das bereits besprochen hätten. In Atlanta.«

»Wie bitte?«

»Es tut mir wirklich leid, Miss Brooks. Aber ich kann Ihnen versichern, dass das Mr. Steeles letztes Wort ist.«

Mein Mund ist ganz trocken. Nicht, dass das eine Rolle spielt. Ich würde etwas entgegnen, aber es ist zu spät. Die Leitung ist tot.

Ungläubig starre ich mein Handy an und kann nicht fassen, was ich gerade gehört habe.

Jack­son hat Nein gesagt.

»Scheiße.« Ich fahre mir durch die Haare und sehe hoch zu Clark, der den Hubschrauber abgeschlossen hat und in meine Richtung gelaufen kommt.

»Probleme?« Er wirft mir einen prüfenden Blick zu.

»Nicht, wenn ich noch ein Wörtchen mitzureden habe.« Denn ich habe nicht vor, Damien anzurufen und ihm mitzuteilen, dass ich es dermaßen vermasselt habe, dass ich nicht einmal einen Termin bekommen habe. Was heißt, dass ich dringend einen Plan B brauche. Einen anderen Stararchitekten. Eine schicksalhafte Fügung. Ein gottverdammtes Wunder.

Ich will Clark gerade zum Fahrstuhl folgen, als ich abrupt stehen bleibe. »Ein schönes Wochenende«, rufe ich ihm zu. »Mir fällt gerade ein, ich muss noch jemanden anrufen.«

Ich suche nach der Nummer von Wyatt, dem Fotografen, und rufe ihn an. Vielleicht kann er das Wunder vollbringen.

»Dir ist schon klar, wie cool das ist, oder?«, fragt Cass, als sie in die Limousine steigt und mir gegenüber Platz nimmt. Sie sieht wie immer fantastisch aus in ihrem hautengen, ex­trem hochgeschlitzten schwarzen Kleid. Es wird von einer einfachen Schleife über ihrer linken Schulter zusammengehalten und von jener Art von Kurven gefüllt, von denen ich nur träumen kann. Ihr Haar, das diese Woche rot ist, hat sie hochgesteckt. Außer einem kleinen Diamantstecker in der Nase trägt sie keinen Schmuck, wodurch das Tattoo mit dem exotischen Vogel auf ihrer Schulter, dessen Schwanzfedern sich in prachtvollen Farben über den Arm erstrecken, umso beeindruckender wirkt.

Sobald sie sitzt, schließt Edward die Tür und kehrt zum Fahrersitz zurück. Wir sehen ihn nicht, weil wir hinter der Trennscheibe sitzen, aber ich merke, wie sich die Limousine vor Cass’ kleinem Haus in Venice Beach in Bewegung setzt.

»Ganz ehrlich, Syl. Deine Job-Connections sind der Hammer.«

»Ja, so lässt es sich arbeiten«, stimme ich zu und reiche ihr ein Glas Wein. Die Limo gehört zur Flotte von Stark Inter­national, und Edward ist Damiens persönlicher Chauffeur, den ich mir für den Abend ausleihen durfte. Mit etwas Glück sorge ich dafür, dass sich Edwards Überstunden auszahlen.

»Ich finde, wir sollten einen Moment innehalten und dankbar sein«, sagt Cass. »Du dafür, welche enormen Vorteile dein Job mit sich bringt. Und ich dafür, dass du so asozial bist, dass du nur mich als Begleitung für heute Abend eingeladen hast.«

»Du Bitch«, sage ich lachend, als sie ihre Augen schließt und »Ommm« summt, als wäre sie bei einem Yoga-Kurs und nicht auf dem Rücksitz einer Stretchlimo auf dem Weg zu einer Hollywood-Premiere.

Ich habe kurz abgewogen, ob ich sie mitnehmen sollte, mich aber dafür entschieden, weil sie sich bestimmt nicht nur köstlich auf dem roten Teppich amüsieren wird, sondern auch, weil ich ihre Unterstützung gut gebrauchen kann.

Cass ist meine beste Freundin, seit ich im reifen Alter von fünfzehn in das Tattoo-Studio ihres Vaters marschiert bin. Er hatte mich postwendend rausgeworfen und mir unmissverständlich klargemacht, dass er nicht seine Lizenz aufs Spiel setzt für irgend so eine dahergelaufene Brentwood-Göre, die Mommy und Daddy eins auswischen will.

Ich hatte nicht geweint – ich habe seit meinem vierzehnten Lebensjahr nicht mehr geweint –, aber mein Gesicht war vor Wut und Frustration hochrot angelaufen. Ich hatte ihn angeschrien, dass er nichts über meine Eltern wisse und erst recht nichts über mich. Ich kann mich zwar nicht erinnern, aber Cass beschwört, dass ich ihn einen blöden Wichser genannt habe.

Ich erinnere mich aber, wie ich aus dem Laden gestürmt und blindlings losgerannt bin, bis zum Strand. Ich hatte den Radweg überquert, dabei beinahe ein Kleinkind umgerannt, war gestolpert und mit dem Gesicht in den Sand gefallen. Und so lag ich einfach blöd da, die Stirn auf meinem Arm, die Augen zusammengekniffen. Ich wollte weinen, meinen Tränen freien Lauf lassen, aber sie kamen nicht. Es ging einfach nicht.

Ich weiß nicht, wie lange ich dort lag und flach atmete, um den Sand nicht einzuatmen. Alles, was ich weiß, ist, dass sie da war, als ich hochschaute. Langbeinig, gebräunt, mit kurzem, zu Stacheln hochgegeltem schwarzem Haar. Sie hockte da, die Ellenbogen auf den Knien, das Kinn auf einer Hand abgestützt, und starrte mich an. Wippte leicht nach vorn und nach hinten und beobachtete mich.

»Geh weg«, hatte ich sie aufgefordert.

»Es ist nicht seine Schuld. Meine Mom ist abgehauen, und jetzt passt er auf mich auf. Ich meine, wenn sie ihm die Lizenz wegnehmen, schließen sie den Laden und nehmen ihm das Haus weg. Zum Schluss leben wir auf dem Rücksitz seines Buicks und ich muss in Hollywood anschaffen gehen, damit wir uns wenigstens noch Snickers und Cola light leisten können.«

Mein Magen drehte sich bei ihren Worten um und eine Sekunde lang dachte ich, ich würde mich übergeben. »Hör auf«, sagte ich. »Das ist nicht witzig.«

Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete sie mich eingehend. Dann stand sie auf, sie war groß und schlaksig, und hielt mir ihre Hand hin, um mir aufzuhelfen. »Er kann es nicht machen, aber ich kann es.«

»Kannst was?«

»Du willst ein Tattoo. Ich kann dir ein Tattoo stechen.« Sie zuckte mit den Achseln, als sei es das Normalste von der Welt, dass ein Teenager mit der Tätowiernadel umzugehen weiß.

»Verarschen kann ich mich selbst.«

»Wie du meinst.« Sie entfernte sich langsam.

Ich drückte mich hoch und sah ihr im Sand kniend nach, wie sie fortging, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzu­sehen, ob ich es mir anders überlegt hatte.

Das hatte ich. »Warte!«

Sie hielt an. Eine Sekunde verstrich, dann noch eine, dann drehte sie sich um. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wartete.

»Wie alt bist du?«, fragte ich.

»Sechzehn. Und du?«

»Ich bin gerade fünfzehn geworden. Und du kannst das echt?«

Sie kam auf mich zu und drehte ihr Bein zur Seite, sodass ich eine schwarze Rose auf ihrem Knöchel zu sehen bekam. »Jap, kann ich.«

»Wird es wehtun?«

Sie schnaubte spöttisch. »Ja, klar, was glaubst du denn? Aber nicht mehr, als wenn er es dir stechen würde.«

Ich nehme an, dass das stimmt, aber ich werde es nie sicher wissen. Denn Cass ist bis heute die Einzige, die mir je Tattoos gestochen hat, und zwar inzwischen schon mehrere. An jenem Tag hingen wir so lange am Strand herum, bis ihr Vater den Laden schloss. Dann schlichen wir uns hinein, und sie verpasste mir ein wunderschönes goldenes Schloss, das fest verschlossen und mit Ketten festgebunden mein Schambein ziert.

Sie fragte mich, warum ich ausgerechnet dieses Motiv ausgewählt hatte, aber ich gab keine Antwort. Nicht damals. Und selbst später erzählte ich ihr nicht alles. Nur in groben Zügen, aber nicht die ganze Wahrheit. Und obwohl sie meine beste Freundin ist, glaube ich nicht, dass ich sie ihr jemals erzählen werde.

Diese Tätowierung – und all die anderen, die folgten – sind nur für mich bestimmt. Sie sind Ausdruck von Geheimnissen und Triumphen, Stärken und Schwächen. Sie sind wie eine Landkarte meines Lebens, und sie sind Erinnerungen.

Vor allem aber gehören sie mir.

»Also, wer wird da sein?«, fragt Cass nach einer Weile. »Immerhin gibt es doch einen roten Teppich, oder nicht?«

»Das habe ich zumindest gehört. Aber freu dich nicht zu früh. Am Ende ist es ein Dokumentarfilm, kein Blockbuster. Ich schätze, es kommen ein paar Studio-Bosse, ein paar Film­agenten, vielleicht ein paar C-Promis.«

»Das ändert nichts an der Tatsache, dass wir einen verdammten roten Teppich hinunterlaufen werden. Ich schätze, das kann ich schon mal von meiner To-do-Liste streichen.«

»Sieht ganz danach aus. Das Kleid ist übrigens der Hammer. Wo hast du das her?«

»Vom Goodwill in der Nähe von Beverly Hills, das ist momentan meine Lieblingsfundgrube.« Cass ist mittlerweile die Inhaberin von Totally Tattoo und verdient damit gutes Geld, aber das war nicht immer so und ich glaube, ich habe kein einziges Mal erlebt, dass sie sich in einem Laden etwas Neues gekauft hat.

»Normalerweise sahne ich eine 7-For-All-Mankind-Jeans für zehn Dollar und ein paar coole T-Shirts ab. Aber diesmal hatten sie einen ganzen Kleiderständer mit Abendkleidern. Ich sag’s dir, ich versteh’ diese Frauen nicht. Tragen es nur ein einziges Mal und spenden es dann«, philosophiert sie. »Aber was soll’s. Ich profitiere gerne vom Shoppingwahn anderer.«

»Und siehst in deiner Sparsamkeit unglaublich heiß aus.«

»Aber so was von. Du siehst aber auch echt top aus«, fügt sie hinzu.

»Das möchte ich auch hoffen. Immerhin habe ich zwei Stunden damit verbracht, mir die Spitzen schneiden und mich schminken zu lassen.« Ich trage meine Haare kurz, seit ich fünfzehn bin. Damals hatte ich mir mein langes, welliges Haar abschneiden und mir eine Frisur irgendwo zwischen Pixie und Bob verpassen lassen. Alles, was ich zu diesem Zeitpunkt wollte, war eine Veränderung, je drastischer umso besser. Aber die Haare komplett abrasieren zu lassen war mir selbst in meiner damaligen Verfassung zu radikal, also hatte ich mich für einen Kurzhaarschnitt entschieden.

Mittlerweile mag ich meine kurzen Haare aber wirklich gern. Laut Kelly, meiner Friseurin, passen sie gut zu meinem ovalen Gesicht und bringen die Wangenknochen zur Geltung. Ehrlich gesagt sind mir solche Überlegungen völlig egal. Die Hauptsache ist, dass ich mag, was ich im Spiegel sehe.

»Die roten Spitzen sind besonders cool«, sagt Cass.

»Finde ich auch. Echt super, was?« Ich habe dunkelbraunes Haar mit einem leichten goldenen Schimmer. Eigentlich mag ich meine Haare so, wie sie sind, sodass ich nie versucht war, Cass nachzueifern und meine Haare abwechselnd pink, lila oder auch einfach nur rot zu färben.

Heute Abend wollte ich aber mal etwas anderes ausprobieren und hatte Kelly gefragt, ob sie mir farbige Strähnen machen könnte. Sie war sogar noch einen Schritt weiter gegangen und hatte die Spitzen von einigen Haarbündeln eingefärbt, was nicht nur cool, sondern auch richtig elegant aussieht.

»Ja, echt super, aber ich meinte eigentlich, dass die Farbe gut zu deinem Kleid passt. Das übrigens fabelhaft aussieht.«

»Das sollte es, schließlich hat es ein Vermögen gekostet.«

Ich durchstöbere zwar nicht wie Cass sämtliche Second-­hand-Läden, aber ich gebe selten so viel Geld für ein Kleid aus wie für dieses hier. Es ist knallrot, und obwohl ich mich für ein Cocktailkleid entschieden habe, finde ich es genauso elegant und sexy wie Cass’ bodenlanges Abendkleid. Und ich gebe zu, dass ich mir vor dem Spiegel in der Umkleidekabine vorgestellt habe, wie Jack­son mich darin sieht. Nicht, weil ich sexy aussehen wollte – oder zumindest nicht nur –, sondern weil ich erfolgreich aussehen wollte. Kompetent.

Stark.

»Und du findest, es geht?«, frage ich Cass. »Nicht zu nuttig? Oder noch schlimmer, zu businessmäßig?«

»Es ist perfekt. Du siehst aus wie eine sehr attraktive, selbstbewusste Geschäftsfrau. Und du hast offensichtlich meinen Rat beherzigt und in einen guten Push-up-BH investiert, denn du hast sogar ein Dekolleté.«

»Bitch«, erwidere ich, aber mit größter Zuneigung. Ich ­habe einen athletischen Körperbau und bin sehr schlank. Das ist super, wenn man Klamotten sucht, aber weniger super, wenn man in einem Kleid eine gute Figur machen will.

Ich hatte eine bissige Retourkutsche erwartet, aber stattdessen herrscht Stille. »Was ist?«, frage ich, als ich es nicht länger aushalte.

»Bist du dir sicher, dass du das tun willst?«

Es ist die Behutsamkeit in ihrer Stimme, die mich wie ein Messer durchbohrt. Cass ist laut und frech, und so kenne ich sie. Diese plötzliche Sanftheit bricht mich schier entzwei.

Ich nicke. »Ich habe mein ganzes Herzblut in dieses Projekt gesteckt und werde nicht einfach dabei zusehen, wie es in die Brüche geht, wenn ich es retten kann.«

»Selbst wenn es dich verletzt?«

Ich zwinge mich, nicht zusammenzuzucken. »Wird es nicht.«

»Verdammt, Syl, das hat es doch bereits. Glaubst du, ich merke nicht, was los ist? Niemand kennt dich besser als ich, und falls du es vergessen hast: Ich bin diejenige, die dir das Tattoo am Rücken verpasst hat, als du aus Atlanta zurück nach L.A. kamst. Ich weiß, wie fertig du warst, und ich schwöre, wenn du nicht so euphorisch über den Job bei Stark gewesen wärst, hätte es dich völlig zerstört.«

»Cass, bitte nicht …«

»Was nicht? Soll ich mir etwa keine Sorgen um dich machen?«

»Das ist fünf Jahre her. Ich habe es hinter mir gelassen.«

»Und jetzt ist es wieder da und zwar genau vor deiner Nase.«

»Nein«, beginne ich, aber sie hat recht. »Okay, vielleicht. Ja. Ich bekenne mich schuldig. Es ist, als ob ich mich direkt in die Höhle des Löwen begebe. Aber das ändert nichts an der Tatsache. Ich muss das durchziehen.«

»Aber warum?«

»Meinst du die Frage wirklich ernst?«

Sie lässt die Schultern hängen. »Nein. Ich versteh schon. Ich weiß, wie viel Arbeit du hineingesteckt hast. Wie viel dir daran liegt. Es ist wie bei mir und dem Studio. Ich habe gern für meinen Dad gearbeitet, aber jetzt, wo es mir gehört, ist es trotzdem anders. Ich fühle mich, ich weiß auch nicht, so verantwortungsvoll und erwachsen.«

»Ja, das trifft den Nagel auf den Kopf.«

»Es ist nur; er hat bereits Nein gesagt, richtig? Erst hat er Stark gegenüber das Projekt abgelehnt, und dann hat er es sogar abgelehnt, sich mit dir auch nur zu treffen. Glaubst du wirklich, dass er seine Meinung ändern wird?«

»Ich muss daran glauben«, sage ich. »Momentan ist unbegründeter Optimismus alles, was ich habe.«

ENDE DER LESEPROBE