Cypher - ein schicksalhafter Blick - E. M. Holland - E-Book

Cypher - ein schicksalhafter Blick E-Book

E. M. Holland

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Beschreibung

Die Hölle ist im Umbruch, denn die Prophezeiung der Verdammnis hatte diese erschüttert. Cypher, ein Kommandant unter dem Höllenfürsten Lucifer, ist verantwortlich für den schlimmsten Teil des Reichs der Verdammten Seelen – das Inferno. Dort fristen die Seelen mit den schlimmsten Sünden ihre Strafen, bis sie von ihrer Schuld gereinigt ist. Jahrzehnte lang erfüllte er seine Aufgabe, doch eines Tages blickt er in zwei granatrote Augen, die alles verändern.

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Seitenzahl: 424

Veröffentlichungsjahr: 2024

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E. M. HOLLAND

Cypher

Ein schicksalhafter Blick

Band 4

Geschichten von E. M. Holland

Die Schicksal-Reihe

1. Belial – eine schicksalhafte Nacht

2. Zackory – eine schicksalhafte Berührung

3. Nix – ein schicksalhafter Kuss

4. Cypher – ein schicksalhafter Blick

The Devil-Reihe

1. The Devil’s Nemesis

Love & Desire (Kurzgeschichtensammlung)

Band 1 – Liebe neu definiert

E. M. Holland

Cypher

 Ein schicksalhafter Blick

Band 4

Roman

Cypher – ein schicksalhafter Blick Copyright © 2024 E. M. Holland

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Illustrationen von J. Bühler

1. Auflage

Prolog

Das Feuer raste durch seine Brust. Der Schmerz raubte ihm den Atem und seine Lunge rebellierte. Unaufhörlich lief das Blut aus seinem Körper, nahm die Wärme mit sich, sodass sich die Kälte, beginnend bei den äußersten Gliedmaßen, weiter zum Zentrum seines Körpers vorarbeitete. Mit jeder Sekunde, die verging, wurde sein Herzschlag langsamer, sein Atem flacher. Die Geräusche um ihn herum wurden dumpf und ein Pfeifen ertönte in seinen Ohren.

„Es tut mir leid, aber es musste sein, Меньший“, erklang die weiche Stimme, die ihn verraten hatte.

Bis zum Schluss blieb sein Gesicht ausdruckslos, denn er würde dieser Person nicht die Genugtuung lassen, seinen Schmerz zu sehen.

Schwarze Ränder breiteten sich in seinem Sichtfeld aus und er wusste, dass sein Ende nahe war. So ist es also zu sterben. Vor dem Tod hatte er keine Angst, denn er würde ihn befreien. Befreien von diesem Leben, in das er gezwungen worden war.

Was wird mich erwarten? Zahlreiche Religionen sprachen vom Leben nach dem Tod, doch er hoffte einfach, dass er verschwinden würde. Für immer. Seine Existenz hatte nie einen Grund gehabt und der, der ihm aufgezwungen wurde, hatte keinerlei Bedeutung. Nicht einmal Reue empfand er, denn er ließ nichts zurück. Es gab niemanden, der ihn liebte oder dem er etwas bedeutete – niemanden, der ihn vermissen würde.

Ein letztes Mal atmete er ein, dankbar, dass er keinen Schmerz mehr empfand. Stattdessen empfand er so etwas wie Frieden, denn er fühlte sich leicht, jegliche Last war abgefallen. Daraufhin schloss er die Augen und ließ ein letztes Mal seinen Atem entweichen. Wie auch sein Atem begann sein Herz stillzustehen.

Ruhe überkam ihn. Endlich ist es vorbei, war sein letzter Gedanke, bevor der Soul Reaper seine Seele holte.

Eine gefühlte Ewigkeit war er in der Schwebe, bewegte sich im Nichts. Dann befiel ihn eine unsägliche Schwere. Ein Gewicht, das er nicht mehr zu tragen gewohnt war, ergriff ihn. Keuchend riss er die Augen auf und tat einen Atemzug.

Heißer Wind blies ihm ins Gesicht und er sah den Himmel – blau, ohne eine Wolke. Nach und nach kehrten die Empfindungen in seine Gliedmaßen zurück. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er die Finger bewegen konnte, oder auch nur den Kopf drehen. Steine bohrten sich in seine Haut, die Hitze brannte auf seinem nackten Körper.

Bin ich am Leben? Wo ist meine Kleidung? Verwirrung stieg in ihm auf. Mühsam schaffte er es, seinen Oberkörper zu heben, sodass er – angelehnt an einen Felsen – aufrecht saß. Konzentriert sondierte er die Umgebung. Überall waren Steine und Felsen in der Landschaft. Er befand sich in einer Art Kessel – einem riesigen Loch im Boden, angekettet mit einer Halsfessel um den Hals, die zu dem Felsen verlief, an den er lehnte.

Erst jetzt nahm er die Schreie wahr, den Geruch von Blut. Sein Kopf schoss in die Richtung, aus der die Geräusche gekommen waren. Dort sah er sie, etwa zwanzig Meter von sich entfernt. Er sah zwei Wesen und einen nackten Gefangenen, der blutend in seine Richtung geschleift wurde. Das linke Wesen hatte schwarze Kleidung, doch sein Kopf war der einer Hyäne. Die Kleidung war mit Blut bespritzt und er trug eine Peitsche mit Stacheldraht an der linken Hüfte.

Das andere war eine Frau mit Haut, die völlig aus Stein zu bestehen schien, grau und mit leichten Rissen überzogen. Ihre Augen waren lila – nicht menschlich. Sie zog den Gefangenen an der Halsfessel zu dem Felsen, der etwa drei Meter von ihm entfernt war, und kettete ihn an.

Bevor sie ging, trat sie dem Mann – Mitte vierzig und hellbraune Haare mit grauen Strähnen – noch einmal ins Gesicht, sodass er gegen den Stein geschleudert wurde. Blutend blieb er liegen, doch er sah, wie das Blut langsam begann, rückwärtszulaufen, zurück zu dem Mann, der vor ihm lag.

In diesem Moment wusste er, wo er war. Mit ruhigem Blick schaute er zum Himmel. Ich bin also in der Hölle. Ein leichtes Schmunzeln entkam ihm. Wie passend.

Kapitel 1

Für drei Tage blieb Aaron an diesen Felsen angekettet. Niemand kam, niemand interessierte sich für ihn. Er hielt die Augen geschlossen, nur ab und zu schaute er nach rechts zu dem Mann, dessen Zustand von Stunde zu Stunde besser wurde. Sein Körper heilte und bald war er auch in der Lage zu sprechen.

Mit mitleidigen Augen schaute dieser ihn an. „Hallo, mein Name ist Andrew. Wer bist du?“, waren die ersten Worte, die dieser zu ihm sagte.

Aaron schaute ihn nur kurz an. Sollte er mit ihm reden? Er war sich unsicher, doch er brauchte Informationen. Wenn er wusste, was kam, konnte er sich wappnen, sich darauf vorbereiten. „Aaron. Kannst du mir erzählen, wo wir sind und was hier passiert?“, fragte er ruhig, auch wenn er wusste, was dieser Ort war.

Andrew schaute mitleidig zu dem jungen Mann vor ihm. Er war vielleicht Anfang oder Mitte zwanzig.Sein Körper war trainiert und muskulös und sein Gesicht – attraktiv, anziehend, exotisch. Die kurzen, dunkelbraunen Haare hingen diesem leicht ins Gesicht, doch am faszinierendsten waren dessen auburnbraune, ja fast rötliche Augen, die einen Blick trugen, der viel zu alt für sein wahres Alter war. Was hat dieser junge Mann erlebt, bevor er hergekommen ist?

„Wir sind in der Hölle, genauer gesagt im Inferno – dem Bereich für die Seelen, die die schlimmsten Verbrechen begangen haben. Wir werden hier gefoltert, bis wir unsere Strafe verbüßt haben und das Recht auf Wiedergeburt erlangen. Unsere Folterknechte sind Dämonen.“ Das war die Kurzfassung, doch er sah zu seiner Verwunderung keine Angst in den Augen des Jungen.

Was hast du getan, um hier zu landen? Er konnte sich nicht vorstellen, was Aaron passiert war, denn er war ruhig, schien nicht psychotisch oder verrückt.

„Was tun sie einem an?“, fragte die leicht rauchige Stimme des jungen Mannes.

Für einen Moment zögerte Andrew. Sollte er ihm die Wahrheit sagen? Ein Schauer ging durch seinen Körper. Er wollte nicht lügen und noch mehr Schuld auf sich laden. „Sie foltern dich körperlich. Je nachdem, welchen Dämon du erwischst, fügen sie dir auf unterschiedliche Weise Schmerzen zu. Der Dämon mit dem Hyänenkopf peitscht dich meist mit der Stacheldrahtpeitsche aus, die graue Frau aus Stein schneidet dich mit ihren Messern und wenn sie besonders schlecht drauf ist, teilweise die Haut vom Körper.“ Und so erzählte er weiter.

Aaron blieb ruhig. Nun wusste er immerhin, was ihn erwartete.

„Junge, was hast du getan, um hier zu landen?“, fragte Andrew, doch Aaron schwieg. Er hatte sein Leben hinter sich gelassen und würde nicht mehr darüber sprechen. Es ist endlich vorbei, ich werde nur nach vorne sehen. Er würde seine Strafe hier absitzen und seine zweite Chance nutzen.

Der Mann wartete auf eine Antwort, merkte aber, dass er keine bekommen würde. „Ich habe den Mann meiner Exfrau umgebracht. Für dieses Verbrechen sitze ich nun schon über zwanzig Jahre hier“, sagte dieser und Aaron konnte die Reue hören.

Zwanzig Jahre für einen Mord. Wie lange würde er dann hier sitzen? Es machte keinen Sinn, sich darüber Gedanken zu machen. „In welchen Abständen erfolgt die Folter?“ Der Mann war seit drei Tagen hier und niemand hatte ihn seitdem geholt. Es gab also eine Totzeit dazwischen, damit die Gefangenen heilen konnten.

„Einmal in ein bis zwei Wochen, je nachdem, wie beschäftigt sie sind. Doch bei Neulingen eher öfter, da sie … da sie sie brechen wollen.“

Das hatte er sich schon gedacht. Er sah, dass Andrew bereits aufgegeben hatte. Er wehrte sich nicht mehr, leistete keinen Widerstand. Sein Wille war bereits gebrochen. Wille. Das Einzige, was jemals nur Aaron gehört hatte, war sein Wille. Sie werden mich nicht brechen.

Wie Andrew angekündigt hatte, kamen schon bald die Folterknechte zu ihm. Es waren der Hyänendämon und die Steindämonin, die ihn musternd anschaute, während sie einen neutralen Gesichtsausdruck behielt.

„Wie ist dein Name, Seele?“, fragte dieser und schaute erwartungsvoll zu Aaron. Dieser schaute nicht auf, schaute sie nicht an. Das ärgerte ihn. „Nicht zu schüchtern“, sagte der Dämon, riss das Kinn des Menschen nach oben, sodass er ihn anschauen musste. Er schaute in diese Augen, die ihn an Granatsteine erinnerten – sah den kalten, ruhigen Blick. Er arbeitete schon lange hier, doch noch nie hatte ihn eine Seele so angeblickt.

Er wich einige Schritte zurück zu seiner Partnerin. „Er besitzt einen starken Willen. Ich gebe ihm drei Tage, Kloe“, sagte der Dämon.

Seine Partnerin war eher nachdenklich. „Eine Woche, Iken, mehr nicht. Du darfst mit ihm anfangen, ich nehme ihn übermorgen“, erwiderte Kloe.

Immer wieder wunderte Iken es, wie kalt und gelassen sie war, und doch sah er etwas, was er schon seit langem nicht mehr gesehen hatte, so etwas wie Interesse. Interessanter junger Mann.

Aaron schaute die Dämonen ruhig an. Sie heißen also Iken und Kloe. Nun kannte er die Namen seiner Folterknechte und wusste, dass ihm diese Woche zwei Folterungen bevorstanden.

Der Hyänendämon löste die Eisenkette, die von seinem Halsband ausging, von dem Felsen und zog ruckartig daran. Unsanft wurde er nach vorne gerissen und stand auf. Er verzog nicht einmal das Gesicht, lief den beiden einfach hinterher. Gegenwehr war sinnlos, das wusste er.

Während sie durch diesen Höllentopf liefen, sondierte er die Umgebung und speicherte die Informationen ab. Bald schon sah er einen Bereich an einer großen Wand, an der mehrere Eisenringe hervorstanden. Blutspritzer bedeckten diese in jeglicher Höhe und erzählten die grausigen Geschichten derer, die dort gestanden hatten. Doch zuvor bogen sie nach links ab, zu einer kleinen Schmiede.

Laute Schmiedegeräusche, das Hämmern auf Metall und anderes drangen an seine Ohren. Er sah, wie ein Dämon mit langen, dunkelblauen Haaren und türkisfarbenen Augen an einem großen Schmiedeofen stand und sich den Schweiß abwischte. Er trug weiße Kleidung und eine graue Schürze, dazu dicke graue Handschuhe. Er war eher zierlich gebaut.

„Was braucht ihr?“, fragte dieser die zwei Wärter, ohne sich umzudrehen, und blies währenddessen Luft in das Feuer, um es heißer zu machen.

„Zwei Handfesseln“, sagte Kloe kurz angebunden.

Aaron hatte eine ungute Vermutung und diese sollte sich bestätigen. Der Dämon riss ihn nach vorne, packte ihn am Halsband und drückte ihn auf eine Bank. Unsanft schlug Aaron mit dem Kopf darauf auf und verlor kurz die Orientierung. Seine Arme wurden links und rechts ausgestreckt angebunden, während die Kette an einem Eisenhaken links neben der Bank eingehakt wurde, sodass er sich nicht aufrichten konnte. Er lag dort wie ein Opferlamm, konnte den Kopf nicht heben, nur nach links und rechts drehen.

Der Sylphdämon mit den blauen Haaren betrachtete den Gefangenen und vermaß mit den Augen dessen Handgelenke. Daraufhin schürte er das Feuer und nahm zwei Prototypen, die er bereits geschmiedet hatte, und passte sie an. Als der erste Ring fertig war, holte er das glühende Metall aus dem Ofen und ließ es etwas abkühlen.

Leider hatte Iken etwas anderes im Sinn. „Leg sie ihm direkt an.“

Der Dämon schaute ihn entsetzt an, dann zu dem Menschen. Er wusste, dass er keine Wahl hatte. Es war lange her, dass dieser so etwas von ihm verlangt hatte. Er war Schmied, kein Folterknecht. Der Blick in den Augen des Hyänendämons war eindeutig.

Aaron sah, wie das Metall zu seinem rechten Handgelenk geführt wurde, spürte die Hitze schon von weitem. Sie wollen mir glühendes Metall anlegen? Langsam schloss er die Augen, machte sich bereit. Das heiße Metall traf auf seine Haut und wurde angelegt. Die Haut zischte und der Geruch von verbranntem Fleisch stieg auf. Aarons Körper verkrampfte und er bäumte sich auf, doch gab er keinen Laut von sich. Er atmete gegen den Schmerz, was so gut wie unmöglich war.

Iken und Kloe waren mehr als erstaunt. Auch bei der zweiten Fessel hörten sie keinen Schrei. Unmöglich. Vielleicht war der Mensch stumm, konnte deshalb nicht schreien.

Kloe ging zu der zitternden Seele, löste die Kette vom Haken und zog ihn daran hoch, sodass sie sein Gesicht sehen konnte. Blut lief an dessen Kinn, denn er hatte sich die Lippe blutig gebissen. In seinen Augen stand kalte Wut. „Wie ist dein Name?“, fragte sie.

Aaron sagte nichts, spuckte das Blut aus. Ohne Vorwarnung wurde er nach oben gerissen und mitgeschleift, seine Hände hingen kraftlos neben ihm, während er hinter ihnen her torkelte. Sie liefen zu der Wand, die er zuvor gesehen hatte.

„Du willst ihn noch weiter foltern?“, fragte die Dämonin ihren Partner überrascht. Sie wusste nicht, warum Iken das tat.

Der Gefangene kratzte ihn auf und würde nun dafür leiden. Aaron wurde zu der Wand geführt, an der bereits Eisenketten an Haken von der Wand hingen. Anders als sonst kettete Iken ihn mit den neuen Handfesseln mit dem Rücken zur Wand an. Die Ketten an der Wand verbanden sich mit dem Metall an Aarons Armen, sodass seine Arme von ihm gestreckt waren.

Ruhig schaute er zu Boden, schloss kurz die Augen. Sie werden mich nicht brechen. Immer wieder sagte er sich diesen Satz vor. Sein Kopf driftete ab und er zog sich an einen Ort zurück, an dem der Schmerz nicht so schlimm war. Er hatte gelernt, dass es nur schlimm war, wenn man sich wehrte und ihn zuließ. Ihr könnt mir wehtun, es wird nichts bringen. Schmerz war ein fester Bestandteil seines alten Lebens gewesen.

Iken sah, dass der Mensch erneut die Augen schloss. „Sag mir deinen Namen und deine Strafe wird milder ausfallen“, sagte er. Der junge Mann schwieg und Wut stieg in ihm auf. Er packte seine Peitsche aus. Dann anders. Du wirst reden, so oder so. Daraufhin holte er aus.

Zwanzig Minuten später sah er zu dem Gefangenen, der bewusstlos an der Wand hing. „Er hat keinen Ton von sich gegeben.“ Iken konnte es nicht fassen, Kloe auch nicht.

Aarons Brust war aufgerissen, die Knochen waren zum Teil zu sehen und doch, der Junge hatte geschwiegen.

„Er muss stumm sein“, sagte Kloe. Eine andere Erklärung gab es nicht.

Die Dämonin machte Aaron los und trug ihn zu seinem Felsen zurück. Sie konnte das Entsetzen auf dem Gesicht der Nachbarseele sehen. „Was habt ihr dem Jungen angetan? Womit hat er das verdient?“, fragte dieser.

Andrew sah, wie sie ihn bewusstlos liegen ließen. In all den Jahren hatten sie ihn noch nie so zugerichtet. Was hast du getan, um sie zu so etwas zu treiben?

Der junge Mann wachte für die nächsten drei Tage nicht auf. Sein Körper regenerierte sich und am vierten Tag schlug er endlich die Augen auf.

Aaron erblickte den blauen Himmel und wurde ruhig. Er liebte den Himmel, denn er war rein, unberührt. Sie haben mich nicht gebrochen und das werden sie auch nicht. Das war sein Mantra.

Einen Tag später kam die Steindämonin, um ihn abzuholen. Als er blutend auf der Bank lag, stellte sie sich neben ihn. „Bist du stumm? Wenn ja, nicke mit dem Kopf.“ Kloe war neugierig, denn eine andere Erklärung machte keinen Sinn.

„Ich bin nicht stumm. Ihr werdet nur meine Schreie nicht hören“, erklang eine rauchige Stimme, die sie für einen Moment überrumpelte. Sie konnte es nicht glauben. Er kann sprechen. Er hat also die ganze Zeit geschwiegen. Unglaublich.

„Du wirst schreien. Das tun sie alle“, erwiderte sie und brachte ihn zurück, damit er heilen konnte. Dort würde er verweilen, bis er heilte, dann würden sie ihn wieder holen. Du wirst schreien, Kleiner. Das war so sicher, wie das Amen in einer menschlichen Kirche.

Cypher war schlecht gelaunt. Grund dafür war sein Fürst, der seiner schlechten Laune freien Lauf gelassen hatte. Lucifer ist wirklich gruselig, wenn ihm eine Laus über die Leber gelaufen ist.

Als General in Lucifers Armee hatte er die letzten Monate im Untergrund recherchiert und seinem Fürsten hatten die Ergebnisse nicht gefallen. Nun hatte er für ein paar Monate Ruhe, hielt sich bereit für den nächsten Auftrag. Währenddessen besuchte er das Inferno, das seine Angestellten für ihn leiteten. Er musste nur ab und zu nach dem Rechten sehen.

Cypher war eine männliche Furie, der Lucifer nun schon seit Jahrhunderten diente. Er hatte kinnlanges rotes Haar, was typisch für seine Rasse war. Auch sein linkes Auge hatte die typische rote Farbe, nur sein rechtes Auge wich von der Norm ab. Es war komplett schwarz und hatte eine gelbe Iris. Zahlreiche Piercings schmückten seine Ohren. Er trug einen schwarzen Kampfanzug und den passenden Mantel, dazu ein Paar schwarze Handschuhe. Um seinen Hals hing eine silberne Kette.

Seine Schritte hallten durch die kahle Landschaft des Infernos und jeder Dämon, an dem er vorbeilief, senkte ehrfürchtig sein Haupt; die Gefangenen senkten den Blick, wagten nicht, ihn anzuschauen. Er war schon fast mit seiner Runde fertig, als er an der Wand ankam, die Iken gerne benutzte. Dieser war gerade mitten in einer Bestrafung.

Eigentlich wollte Cypher nicht stören, doch dann sah er den Ausdruck in Kloes Gesicht. Sie war Ikens Partnerin und es war Jahrhunderte her, seit er so etwas wie eine Emotion auf ihrem Gesicht gesehen hatte. Das weckte sofort seine Neugier und er gesellte sich zu den beiden, die ihn noch nicht bemerkt hatten.

„Iken, hör auf. Wenn du weitermachst, stirbt er“, sagte sie aufgebracht. Er war ihnen nicht erlaubt, eine Seele zu töten, das würde schlimme Konsequenzen haben.

Iken fauchte aufgebracht und warf seine blutige Peitsche zu Boden. Er ging zu dem braunhaarigen Gefangenen, der keuchend an seinen Armen an der Wand hing, denn er hatte keine Kraft mehr, zu stehen. Er holte aus und schlug mit der Faust von rechts in dessen Gesicht, sodass sein Kopf zur Seite flog. „Rede endlich, Mensch“, schrie er.

Er wollte erneut ausholen, doch seine Faust wurde abgefangen. Iken sah eine schwarz behandschuhte Hand und drehte sich vorsichtig um. Ein rotes Auge und ein goldenes starrten ihn an. Ehrfurcht und Angst schossen ihm durch die Adern. „K-Kuro“, stotterte er. Doch bevor er weitersprechen konnte, wurde er selbst von einer Faust getroffen, sodass er nach hinten taumelte und auf die Knie sank. Er wagte es nicht, den General anzuschauen.

„Eine Seele zu töten, bedeutet ewige Verdammnis für dich. Ist es das, was du anstrebst?“, fragte die kalte Stimme der Furie vor ihm.

Zitternd schüttelte er den Kopf. „Ich bitte um Entschuldigung, ich habe die Beherrschung verloren. Das wird nicht mehr vorkommen“, stotterte der Hyänendämon.

Cypher sah zu diesem. Er konnte sich beim besten Willen nicht erklären, wie eine Seele zwei seiner besten Wärter so aus dem Konzept bringen konnte.

Aaron hatte die neue Präsenz sofort gespürt. Sie war mächtig. Er hatte nur aus dem Augenwinkel gesehen, wie ein rothaariger Dämon seinen Folterknecht fortgeschleudert hatte, als sei er eine Feder. Auch die Art, wie dieser dann vor ihm im Staub kroch, bestätigte seine Vermutung. Vor ihm stand ein weitaus mächtigeres Monster als die anderen zwei. Wer ist das?

Langsam hob Aaron den Kopf, atmete gegen den Schmerz, doch seine Neugier war stärker. Zuerst sah er zwei Beine, die in einer schwarzen Hose steckten. Die Person jedoch sank vor ihm in die Hocke und er blickte in zwei Augen. Das eine war rot, das andere vollständig schwarz mit einer goldenen Iris. Für einen Moment war er in diesen gefangen, denn er hatte noch nie so etwas Schönes gesehen. Sie ließen ihn seine Schmerzen für einen Moment vergessen.

Wildes rotes Haar umrahmte das schöne, männliche Gesicht. Ein silberner Plug war in jedem Ohr und an der Ohrmuschel hingen jeweils fünf silberne Ringe übereinander. An der inneren Ausbuchtung des Ohrs war noch ein kleines, knopfförmiges Piercing. Es sah wild aus und doch passte es. Die sinnlichen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.

„Wie ist dein Name, Lämmchen?“, fragte eine sinnliche Stimme.

Für einen Moment zuckten Aarons Mundwinkel. Faszinierend. Ich habe noch nie ein so schönes Wesen gesehen, doch letztendlich ist er auch ein Dämon. Ein Monster. Dieser Dämon war ebenso ein Folterknecht wie die anderen, auch wenn er das Gesicht eines Engels trug. Also schwieg er.

Cypher sah in das attraktive Gesicht des jungen Mannes vor sich, sah die aufgerissenen Lippen, die er sich blutig gebissen hatte. Er antwortet mir nicht. Doch er spürte keine Angst. Er sah diesem in die Augen und erblickte etwas, was seinen inneren Dämon zum Knurren brachte. In diesen Augen sah er Hass, Kälte und einen ungebrochenen Willen. Diese Augen sagten ihm, dass er sich nicht beugen würde, sahen auf ihn herab. Nun verstehe ich, warum Iken so aus der Haut gefahren ist.

Er drehte sich kurz zu den zwei Dämonen um. „Wie lange ist er schon hier?“ Als er die Antwort hörte, konnte er es nicht glauben, doch nicht weniger konnte er glauben, dass dieser Mensch keinen Laut von sich gegeben hatte.

„Ist er stumm?“, fragte er verwirrt.

„Ich bin nicht stumm, Arschloch. Ich werde euch nur nicht die Genugtuung lassen, meine Schreie zu hören“, erklang eine rauchige Stimme, die ihm unter die Haut ging.

Überrascht drehte er sich um, sah zu dem Menschen. „Sag das erneut“, erwiderte er und lief zu diesem.

Aaron schaute ihm in die Augen. Die Aura, die ihm fast den Atem nahm, flammte auf, doch er ignorierte sie. Ignorierte alles um ihn herum. Ein leichtes Lächeln überzog seine blutigen Lippen. „Versuch doch, mich zum Schreien zu bringen. Egal, was du meinem Körper antust, es wird dir nichts bringen. Aber versuch gerne dein Glück“, sagte er mit einem verächtlichen Ton. Du wirst mich nicht brechen. Niemand.

In diesem Moment spürte Cypher etwas, was er schon lange nicht mehr gespürt hatte. Etwas Wildes, Lebendiges erwachte in ihm. Sein innerer Dämon knurrte, streckte seine Finger nach dieser Seele vor sich aus. Er spürte Begehren. Es war, als würde sein Körper aus einem Schlaf zum Leben erwachen, denn die Langeweile, die ihn beherrscht hatte, verschwand auf einen Schlag.

„Ist das so? Nenne mir deinen Namen, Mensch, damit ich weiß, wer mich herausfordert. Mein Name ist Cypher“, sagte er freudig.

Der junge Mann schaute ihn an, hielt seinem Blick stand, wie es keiner in diesem Loch vermochte. „Aaron. ich habe ihn dir gesagt, sodass du nicht vergisst, welcher Mensch für deine Schmach verantwortlich sein wird.“

Diese Worte waren wie süßer Honig, reizten ihn. Cypher lachte und Kloe und Iken wichen ängstlich zurück. Er lief zu dem Menschen und legte seine rechte Hand an dessen Wange.

Aaron wappnete sich, doch es folgte kein Schmerz. „Du gefällst mir“, erklang die sinnliche Stimme. „Ich nehme deine Herausforderung an, Aaron. Ich werde dich persönlich zum Schreien bringen.“ Daraufhin leckte eine Zunge über seine blutigen Lippen. Er zuckte geschockt zurück, doch seine Gliedmaßen verloren die Spannung. Das Adrenalin in seinem Körper war gewichen und mit diesem folgte sein Bewusstsein. Keuchend ließ er zu, dass die Dunkelheit ihn übermannte.

Die Furie sah, dass der Mensch zusammensank. Es hatte ihn bereits gewundert, weshalb er noch bei Bewusstsein gewesen war. Faszinierend. Er schaute zu den beiden Wärtern. „Bringt ihn in mein Quartier“, befahl er diesen und drehte um.

Iken schaute zu seiner Partnerin. Zum ersten Mal hatte er Mitleid mit einer Seele. Dieser junge Mann hatte sich mit dem Falschen angelegt. Ohne viel Zeit zu verlieren, banden sie den jungen Mann los und trugen ihn zu dem Quartier ihres Vorgesetzten. Dort legten sie ihn auf einen Tisch und verließen dieses, so schnell sie konnten. Niemand wollte Cypher wütend machen, denn sie hingen an ihrem Leben.

Cypher hatte sich bequemere Kleidung angelegt und seinen Kampfanzug verstaut. Mit einem Zauber verschloss er die Türen seines Quartiers, sodass niemand es betreten oder verlassen konnte. Dieses bestand aus drei Räumen. Zwei davon waren sein Schlafzimmer und der daran angrenzende Waschraum. Der dritte war ein Wohn- und Besprechungszimmer. Es war nur eine Bleibe für seinen Aufenthalt hier, also nichts Pompöses.

Im Besprechungszimmer, dessen Wände in schlichtem Weiß gehalten waren, befanden sich ein großer dunkler Holztisch mit mehreren Stühlen und einigen Sitzgelegenheiten. Er traf sich hier alle zwei Wochen mit den Dämonen, die für ihn arbeiteten, und besprach mit ihnen den Status quo und das weitere Vorgehen.

Das Schlafzimmer hatte wie auch das vorherige Zimmer weiße Wände. Ein großes Bett stand an der Wand, welches grasgrüne Bettwäsche und einen dunklen Rahmen hatte. Zudem besaß er zwei Schränke in derselben Farbe wie das Bettgestell: einen Kleider- und einen Waffenschrank. Dem Bett gegenüber hing ein bodenhoher Spiegel.

Der Waschraum bestand aus einem großen weißen Becken und einem Waschbecken, an dem er sein Gesicht waschen konnte, und Handtüchern in einem kleinen Regal an der Wand. Alles schlicht.

Mit einem Zauber aktivierte er den Wasserfluss, sodass sich die Wanne etwas füllte. Er nahm den bewusstlosen Menschen von dem Tisch, auf den ihn die beiden Wärter gelegt hatten, und trug ihn zu der Wanne. Er ließ ihn vorsichtig hineingleiten, sodass der Dreck und das Blut abgewaschen wurden. Darauf bedacht, nicht direkt die Wunden zu berühren, wusch er Aaron so gut es ging. Anschließend beschleunigte er den Heilzauber, der in dem Halsband innewohnte, und verband die Wunden. Nachdem er ihn etwas abgetrocknet hatte, trug er ihn zu seinem Bett.

Als er sich neben diesen setzte, wurde er für einen Moment ruhig. Er fuhr mit den Fingerspitzen dessen feine Gesichtszüge nach. Er sieht verdammt jung aus. Was hast du nur getan, um hier zu landen, kleines Lämmchen? Er war fasziniert und sein innerer Dämon leckte sich über die Lippen. Du willst ihn, nicht wahr? Eine Zustimmung erfolgte.

„Wach auf, kleines Lämmchen. Ich will mit dir spielen.“

Kapitel 2

Aaron schlief für zwei Tage. Die Wunden heilten und bald war gesunde Haut unter den Verbänden zu sehen, sodass Cypher diese abnehmen konnte. Geduldig wartete er, dass der Mensch seine Augen öffnete. Immer wieder hallten dessen Worte in seinem Kopf nach.

Ein leichtes Lächeln überzog seine blutigen Lippen. „Versuch mich doch zum Schreien zu bringen. Egal, was du meinem Körper antust, es wird dir nichts bringen. Aber versuch gerne dein Glück“, sagte er mit einem verächtlichen Ton.

Er wollte gerade aufstehen, da hörte er, wie der Mensch einen tiefen Atemzug machte. Langsam erwachte dieser aus der Bewusstlosigkeit, in der er die letzten zwei Tage geschwebt hatte. Die Lider mit den langen, dunklen Wimpern flatterten und zwei haselnussbraune Augen kamen zum Vorschein. Nein. Haselnussbraun wird ihnen nicht gerecht. Granatrot passt besser.

Langsam lichtete sich der Nebel in Aarons Kopf. Er erwachte aus dem Schlaf, doch anstatt des blauen Himmels begrüßte ihn eine braune Holzdecke. Misstrauisch kniff er die Augen zusammen. Wo bin ich? Er drehte den Kopf und schaute sich um. Er sah, dass er auf einem Bett mit grasgrüner Bettwäsche lag, und erblickte einen dunkelbraunen Schrank an einer weißen Wand. Wo? Als er den Kopf in die andere Richtung drehte, sah er in ein grinsendes Gesicht mit einem roten und einem goldenen Auge. Cypher. Dieser Name schoss ihm in den Kopf und die Erinnerungen kamen zurück. Der mächtige Dämon, der die Folterknechte in Schrecken versetzt hat.

„Du bist in meinem Schlafzimmer, Lämmchen“, beantwortete er Aarons unausgesprochene Frage. Die sinnliche Stimme ging ihm unter die Haut, doch er schob das Gefühl beiseite, schaute den Dämon mit einem kühlen Blick an.

Eine Hand legte sich an seine Wange und mit dem Daumen fuhr er über seine Lippen. „Ich nehme deine Herausforderung an“, säuselte er. „Doch nicht so, wie du dir denkst. Ich werde dich zum Schreien bringen, jedoch nicht vor Schmerz.“

Aarons Körper wurde für einen Moment taub. Er brauchte, bis sein Kopf verarbeitete, was der Dämon gesagt hatte. Zum ersten Mal spürte er so etwas wie Angst. Was wird er mir antun, wenn er mir nicht wehtun wird?

„Keine Antwort?“, fragte dieser und er sah einen missmutigen Blick in dessen Gesicht. „Du hast drei Optionen, Aaron. Entweder du schreist für mich, bettelst mich an oder die dritte Option, du sagst meinen Namen.“

Niemals. Ich werde dich niemals anbetteln, noch schreien. Dieser Dämon würde ihn nicht brechen.

Cypher sah die Augen, die ihn stur anschauten, die seinen Widerstand ausstrahlten. Mit einer Wischbewegung steuerte er Aarons Handgelenke. Die Fesseln wurden nach oben gezogen und verbanden sich mit einer kleinen Eisenkette, die am Bett befestigt war. Diese befanden sich nun oberhalb seines Kopfes, sodass dieser sie nicht mehr bewegen konnte.

Er fesselt mir die Hände, das ist nichts Neues. Er hielt dem Blick stand. Was hat er vor?

Der Dämon hob seine rechte Hand und fuhr von seinem Kinn nach unten zu seiner nackten Brust. Langsam fuhr er jeden Rippenbogen nach. Die Berührung war sanft und nicht unangenehm, doch er wusste nicht, was der Dämon damit bezwecken wollte. Er wappnete sich gegen den Schmerz, der jeden Moment einsetzen konnte.

„Ich gehöre zur Rasse der Furien. Uns wird nachgesagt, ein feuriges Temperament zu haben. Wir töten unsere Feinde qualvoll mit unserem giftigen Rauchodem, den wir in deren Münder atmen. Sie ersticken unter Todesqualen, die wir minutenlang hinauszögern können.“ Cypher machte eine kurze Pause. „Die Dosis macht das Gift.“

Aaron ballte die Faust. Will er mich töten? Doch in diesem Moment erinnerte er sich an dessen Worte bei der Wand.

„Eine Seele zu töten, bedeutet ewige Verdammnis für dich. Ist es das, was du anstrebst?“

Wenn er mich nicht töten möchte, was hat er dann vor?

Cypher beugte sich über sein Gesicht, war ihm nahe. Ein Finger schob sich in seinen Mund und öffnete ihn. Bevor er diesen wieder schließen konnte, hauchte der Dämon ihm in den Mund. Daraufhin breitete sich eine leichte Hitze in seinem Körper aus. Sein Herzschlag beschleunigte sich.

„Wenn ich nur eine sehr kleine Dosis benutze, ist es mehr eine Art Aufputschmittel. Es sorgt dafür, dass man alles intensiver spürt“, sagte er und hob seine Hand.

Wie zuvor sah Aaron, dass er seine Finger auf seine Brust setzte und fuhr über seine Haut. Ein tiefes Gefühl rauschte durch seinen Körper und er bäumte sich auf. Die Empfindung war so intensiv, dass er zu keuchen anfing. Die Finger fuhren über seinen Körper, fuhren die Rippenbögen entlang. In Wellen breiteten sich diese Empfindungen aus.

„Du hast sehr weiche Haut“, flüsterte Cypher, genoss die Reaktionen des Menschen. Er sah, wie dieser sich auf die Lippe biss, um keinen Laut von sich zu geben. Lächelnd wanderte er nach unten, strich über die Innenschenkel und sah die Reaktion des Menschen. Ohne irgendwelche intimen Regionen zu berühren, fuhr er fort, bis Aaron völlig verschwitzt vor ihm lag. Das reicht für heute. Es sollte nur ein Vorgeschmack sein.

Der Dämon stand auf und sagte: „Morgen werden wir fortfahren, oder gibt es etwas, was du mir sagen möchtest, Lämmchen?“

Blitze schossen ihm entgegen, die ihn nur anfeuerten. Also ließ er ihn alleine.

Völlig erschöpft schloss Aaron die Augen. Ich bin so müde. Langsam driftete er in den Schlaf ab, doch er wusste, dass das, was ihm morgen bevorstehen würde, viel schlimmer sein würde.

Cypher kam erst am Mittag zurück in sein Schlafgemach. Der Mensch lag immer noch angekettet auf seinem Bett. Wie ein Geschenk, das ich auspacken kann. Er leckte sich über die Lippen. Wilde Augen schauten ihn an, warfen ihm den Blick zu, der seinen inneren Dämon reizte. Ruhig. Wir werden heute ein Stück von ihm kosten, beruhigte er diesen.

„Willst du mir etwas sagen, Lämmchen?“, fragte er diesen, doch er wurde nur mit eisiger Stille gestraft. Das hatte ich gehofft.

Die Wirkung seines Atems hatte bereits nachgelassen, also setzte er sich erneut neben den Menschen und zog sein Gesicht zu sich. Dieser wehrte sich und presste die Lippen zusammen. Noch einmal würde er ihn nicht so leicht betäuben.

Der Dämon lachte nur. „Du glaubst doch nicht, dass das irgendetwas bringt, oder?“ Er hielt ihm schlichtweg die Nase zu, denn Aaron würde unweigerlich den Mund öffnen müssen, um zu atmen.

Auch Aaron wusste, dass es sinnlos war, und doch versuchte er es. Er riss den Kopf zur Seite, um zu atmen, doch so schnell, wie dieser zurückgerissen wurde, konnte er nicht reagieren. Ein Paar heiße Lippen pressten sich auf die seinen und er spürte den feurigen Hauch in seinem Mund. Während dieser seine Wirkung entfaltete, drang eine Zunge in seinen Mund und streichelte die seine.

Tiefe Lust durchströmte Aaron und der Geschmack des Dämons besetzte seine Geschmacksknospen. Wütend riss er den Kopf weg, funkelte ihn an. „Arschloch“, presste er hervor.

„Na na, das ist nicht mein Name“, sagte dieser und kam nahe an ihn heran, direkt neben sein Ohr. „Sag meinen Namen, Lämmchen.“

Ein Schauer wanderte über Aarons Nacken. Niemals. Er würde ihm niemals gehorchen. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen richtete sich Cypher auf und schaute das Kunstwerk vor sich an. „Bist du bereit, meinen Namen zu schreien?“ Er erwartete keine Antwort. Ein letztes Mal beugte er sich vor und sagte: „Denk daran, Aaron, du hast mir diesen Freischein ausgestellt. Du hast mir die Erlaubnis erteilt, deinen Körper zu berühren.“ Heute würde er keine Gnade walten lassen.

Es war schlimmer, als sich Aaron ausgemalt hatte. Jedes Wort des Dämons hatte ihn getroffen, denn er hatte recht. Die Lust schoss in Wellen durch seinen Körper, als sich Lippen um seine Brustspitzen schlossen und an diesen saugten. Eine Zunge leckte darüber und umkreiste sie. Er keuchte, gab jedoch keinen Laut von sich. Er riss an seinen Fesseln, auch wenn es sinnlos war.

Finger und eine Zunge folterten ihn, reizten ihn. Sein Penis ragte hart auf und Erregung tropfte an diesem herunter. Er hatte noch nie solche tiefe Lust empfunden, konnte diese nicht wie den Schmerz verdrängen.

Cypher wurde von einem tiefen Duft von Klee und Nebel bei Morgengrauen eingehüllt. Er riecht so süß, wie er schmeckt. Seine Zunge wanderte weiter nach unten. Der Körper unter ihm zuckte und er sah die Erregung. Doch er entschied sich, zu Aarons Lippen zurückzukehren. Er saugte die Unterlippe in seinen Mund und schob seine Zunge hinein. Ein überraschter Laut erklang, doch er streichelte erneut dessen Brust, während seine Zunge um die seine tanzte.

Als er sich löste, sah er die Lust und den Hass in den granatroten Augen. „Ich werde dir auf eine Weise Lust bereiten, wie du es nie erlebt hast. Vielleicht wird das deine Zunge lösen.“

Aaron wappnete sich, doch auf das, was kam, hatte er sich nicht vorbereiten können. Der Dämon stieß mit zwei Fingern in seinen Eingang und glitt problemlos in ihn. „Du bist feucht und bereit für mich, Lämmchen“, säuselte die Furie.

Was? Er konnte es nicht glauben, doch der Dämon hatte recht. Als dieser seine Finger in ihn schob, unterdrückte er ein Stöhnen, und als dieser seine Finger krümmte, biss er sich erschrocken auf die Lippen. Die Finger erzeugten einen tiefen Schauer, der durch seinen Körper jagte. Sie rieben über einen Punkt, der ihm jegliche Kraft nahm. Sanft leckte Cypher über seine linke Brustspitze und rieb diesen Punkt rhythmisch.

Nach und nach spürte er den Druck, der sich in seinem Körper aufbaute. Die Erregung tropfte auf seinen Bauch. Nein. Er wusste, dass dieser Dämon ihn zum Höhepunkt bringen würde, und er konnte sich nicht wehren. Der Druck wuchs, doch die Finger zogen sich an einem Punkt einfach zurück.

Der Dämon spreizte seine Beine und kniete sich dazwischen. Mit seinen glühenden Augen schaute er ihn an. „Du weißt, was du tun musst. Ich werde dich nicht kommen lassen, bis du es tust“, sagte dieser mit einer tiefen Stimme, die Aaron einen Schauer über den Rücken jagte. Niemals.

Cypher sah den Widerstand, was seine eigene Erregung steigerte. Er leckte die Finger ab, die den Eingang des Menschen massiert hatten, und kostete dessen Honig. Süß. Ein wütender Blick traf ihn. Ohne zu zögern, öffnete er seine eigene Hose, holte seinen harten Penis hervor und begann, ihn vor den Augen des Menschen zu reiben. Dann ergriff er Aarons Härte und streichelte sie im selben Takt. Dieser wehrte sich, keuchte, biss sich auf die Lippen.

Die Lust staute sich erneut auf, doch der Dämon würde ihn nicht kommen lassen. Kurz davor ließ er von ihm ab. Mit wütenden Augen schaute er ihn an, wurde von dessen heißem Blick gefangen genommen. Er sah die Bewegungen, mit denen er sich selbst rieb. Sein Penis zuckte, sehnte sich nach Erlösung, die er nicht erhalten würde.

Für einen Moment sah Cypher, wie der Mensch sich über seine Lippen leckte. Das reichte und er kam. Er ergoss sich auf Aarons nacktem Körper und markierte ihn mit seinem Geruch. Ein letztes Mal beugte er sich über ihn. „Willst du mir etwas sagen, Lämmchen?“

„Fick dich“, antwortete der junge Mann und brachte Cyphers Herz zum Flattern.

„Nicht nötig, diesen Part wirst du übernehmen.“

Für einen Moment sah er Angst in dessen Augen. Nicht heute. Mit einer Wischbewegung löste er die Fesseln und schob seine Hände unter den Körper des Menschen. Er hob diesen hoch und trug ihn nach draußen. Ohne der Umgebung Beachtung zu schenken, trug er ihn zu dem Felsen, der für ihn reserviert war, und kettete ihn an. Aaron blieb liegen, zitterte.

„Hör mir gut zu. Du wirst hier brav auf mich warten, bis ich zurück bin. Solltest du es wagen, dich selbst anzufassen, werde ich dem Menschen neben dir eine Strafe zukommen lassen, die du dir nicht ausmalen kannst.“

Andrew schnappte ängstlich nach Luft und rollte sich zusammen. Der Dämon sah ein leichtes Nicken als Zeichen, dass Aaron es verstanden hatte. Daraufhin machte er kehrt und verließ das Inferno. Er hatte nun einen neuen Auftrag, den er zu erledigen hatte, doch er konnte es kaum erwarten, zu seinem Lämmchen zurückzukehren. Dann werde ich ausgiebig mit dir spielen.

Aaron lag zitternd auf dem Boden. Sein Körper pulsierte vor Verlangen, Cyphers Geruch trieb ihn in den Wahnsinn. Er roch nach Minze und Sandelholz und dieser Geruch klebte auf seinem Körper.

Andrew hatte Mitleid mit dem jungen Mann neben sich. Sie haben noch nie jemanden angefasst. Warum tun sie es bei ihm? Er konnte Aaron nicht helfen, konnte nur zuschauen. Mit der Zeit, die verging, sah er, wie sich dieser beruhigte und einschlief. Ruh dich gut aus. Ohne Hoffnung schaute er von dem Jungen zum Himmel und schloss ebenfalls die Augen.

Ein heißer Wind weckte ihn und wie jedes Mal begrüßte ihn der hellblaue Himmel, er wurde ruhig. Dieser Anblick war wie ein Ritual, denn er entspannte sich, betrachtete diesen. Vielleicht ist das der einzige Frieden, den wir hier bekommen. Langsam bewegte er sich und setzte sich auf, um sich an seinen Felsen zu lehnen.

Die Bilder des gestrigen Tages liefen durch seinen Kopf, zudem meldete sich sein Bauch, dass er Hunger hatte. Das Halsband sorgte zwar dafür, dass ihre Wunden heilten und sie nicht viel Nahrung brauchten, doch ohne ging es trotzdem nicht. Was er herausgefunden hatte, war, dass die Halsbänder noch eine weitere Funktion hatten – sie fungierten als eine Art Sender. Sie übermittelten, wenn ein Gefangener geheilt war oder Nahrung brauchte, denn es konnte kein Zufall sein, dass die Wärter immer in diesem Moment auftauchten, um diesen abzuholen oder Essen zu bringen.

„Andrew?“, fragte er nach rechts.

Der Mann lag auf der Seite, auf seinem Rücken neue Wunden. Also war Iken dran. Doch aus irgendeinem Grund schienen die Wunden im Vergleich zu vorher etwas humaner zu sein. Einbildung? „Ja, Aaron?“, fragte sein Nachbar.

„Glaubst du, die Dämonen hassen uns oder machen das, weil sie Spaß daran haben?“ Es klang seltsam, doch er war nun schon seit über drei, fast vier Wochen hier. Zwar hatten die Wärter ihn um einiges mehr drangsaliert, doch es sah nicht so aus, als würden sie sadistische Freuden daraus ziehen. Mehr, als müssten sie es tun, und Aaron machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Wie ein Stein, den man spalten soll, dieser aber zu hart war, also fuhr man stärkere Geschütze auf. Doch warum sollen sie einen Gefangenen brechen?

Andrew war überrascht über die Frage. Der Junge sollte die Dämonen doch hassen, nach dem, was sie ihm angetan hatten, doch er schien im Moment keinen tiefen Groll zu hegen. Also antwortete er: „Ich denke nicht, zumindest nicht alle. Ich denke tatsächlich, dass es einfach ihr Job ist und sie ihn gut ausführen wollen. Wir wissen nicht viel über diesen Ort, sehen nur das in unserer direkten Umgebung. Ich habe Gerüchte gehört, dass dies nur ein kleiner Teil der Hölle ist, dass der Rest vollkommen anders sei.“

Diese Gedanken hatte Aaron auch schon gehabt. Wie sollte ein System wie dieses funktionieren? Eine Hölle, in der Dämonen nur Seelen bestraften, war einfach nicht lebensfähig. Sie mussten wie jedes Lebewesen Energie aufnehmen, sehr wahrscheinlich essen – und das Essen, das die Gefangenen erhielten, musste ja auch irgendwoher kommen. Es musste Bauern geben, die dieses anpflanzten und ernteten; Schneider, die Kleidung herstellten; Bergarbeiter, die Rohstoffe abbauten. Im Endeffekt musste es auch hier ein System und eine Gesellschaft geben, doch diese war für die Seelen hier nicht zugänglich. Wir sind sehr wahrscheinlich nur ein kleiner Bereich, ein Gefängnis, in dem die Dämonen arbeiten, so wie die Menschen in der Menschenwelt.

Der ältere Mann war fasziniert von Aaron. Er hatte bisher noch mit niemandem gesprochen, der nicht in Verzweiflung, Angst und Hass vor sich hinsiechte. Er war auch jahrelang in diesem Zustand gewesen, doch ein Satz hatte das geändert. Nach einer Bestrafung vor etwa einem halben Jahr hatte Iken gesagt: „Bald hast du es geschafft.“ Es war nicht bösartig gemeint, mehr wie eine Aufmunterung, als wolle er ihm Hoffnung geben. Daraufhin hatte er sich Gedanken gemacht.

„Aaron, ich denke dasselbe. Sie machen einfach ihre Arbeit, denn jemand muss sie tun. Ich habe akzeptiert, dass ich für meine Vergehen büßen muss, habe es angenommen.“ Dieser Satz ging tiefer, als er dachte. „Das hast du schon von Beginn an, nicht wahr?“, fügte er hinzu.

Zum ersten Mal schaute Aaron überrascht zu dem Älteren. „Andrew. Du hast mir erzählt, weshalb du hier bist. Zwanzig Jahre für ein Leben, das ist mehr als fair, denn ein Leben ist kostbar. Ich habe niemals angezweifelt, dass ich hierhergehöre. Ich werde hier meine Zeit absitzen und Buße tun, für das, was ich getan habe. Doch das heißt nicht, dass ich meinen Willen abgebe, denn das war bisher das Einzige, was mir gehört hat. Ich bin nicht bereit, das aufzugeben.“

Andrew fühlte so etwas wie Ehrfurcht und Bewunderung. Er redet nicht wie ein junger Mann. „Wie alt bist du?“, fragte er ihn.

Granatrote Augen schauten ihn an und mit rauchiger Stimme antwortete er: „Dreiundzwanzig.“

Zwar hatte er es geahnt, doch die Bestätigung zu erhalten, war für Andrew doch schockierender als gedacht. So jung. „Was hast du getan?“, sprach er aus, bevor er es zurückhalten konnte. Was konnte ein so junger Mann getan haben, um am schlimmsten Ort der Hölle zu landen?

Ein leises Lachen erklang und eine Dunkelheit wallte in diesen Augen auf. „Andrew. Ich bin kein netter, unschuldiger Junge. Ich werde die nächsten Jahrhunderte diesen Ort nicht verlassen.“

Diese Worte ließen den älteren Mann erstarren, doch die darauffolgenden waren noch schlimmer.

„Doch das ist gut so. Es ist besser, dass ich hier bin, dann können sie mich nicht mehr dazu zwingen, anderen wehzutun.“

Nach diesen Worten hatte Andrew lange nachgedacht. Wer waren Sie? Was hatte er getan? Zahlreiche Ideen waren ihm durch den Kopf gegangen, doch er wusste, dass Aaron es ihm nicht sagen würde. Er wird nicht sprechen. Niemand wird es erfahren.

Ein weiterer Gedanke machte sich in seinem Kopf breit.

„Zwanzig Jahre für ein Leben, das ist mehr als fair, denn ein Leben ist kostbar. Ich habe niemals angezweifelt, dass ich hierhergehöre. Ich werde hier meine Zeit absitzen und Buße tun, für das, was ich getan habe. Doch das heißt nicht, dass ich meinen Willen abgebe, denn das war bisher das Einzige, was mir gehört hat. Ich bin nicht bereit, das aufzugeben.“

Wille. Diesen hatte er in der ersten Woche bereits verloren. Er hatte sich selbst aufgegeben. Doch was brachte es, sich zu wehren? Ich will es besser machen. Ich will ein aufrichtiges Leben führen, will stolz am Ende zurückblicken können und sagen, dass es gut war. Jeden Tag hatte er bereut, diesen Mord geplant und durchgeführt zu haben, sich dem Hass hingegeben zu haben. Doch die Reue hatte nur daher gerührt, dass er hier dafür leiden musste.

„Es ist besser, dass ich hier bin, dann können sie mich nicht mehr dazu zwingen, anderen wehzutun.“

In diesem Moment änderte es sich. Er spürte Reue nicht wegen der Folterungen, den Schmerzen, die man ihm zugefügt hatte. Er spürte Reue, weil er ihr Leben zerstört hatte, weil er anderen Leid zugefügt hatte. Es tut mir leid. Ich weiß, du wirst mir nicht verzeihen, und das ist in Ordnung. Ich werde es wiedergutmachen, das verspreche ich. Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, hörte er Schritte näherkommen.

Beide Gefangenen schauten zu dem Dämon mit dem Hyänenkopf, der vor Andrew hielt. Er schaute ihn an, ging vor ihm auf die Knie. Andrew bewegte sich nicht, ließ es geschehen. Die Hand des Dämons berührte seine Brust und sie begann zu leuchten, die Wunden schlossen sich. Warum?

Ohne zu warten, legte sich die Hand an das Halsband und ein Impuls ging hindurch. Mit einem Schnappen öffnete es sich und fiel klackernd zu Boden. Andrew atmete heftig ein und schaute in die schwarzen Augen des Dämons.

„Du hast es geschafft. Du darfst dich bei dem Kleinen noch bedanken, er hat dir einige Jahre erspart“, erklang dessen Stimme und Andrew begriff es. Das war der Grund, weshalb ich hier war. Ich musste einsehen, dass meine Fehler in mir lagen, und mich ändern. Der ältere Mann drehte sich zu dem jungen Mann. „Aaron. Der Grund, weshalb wir hier sind, ist …“

„Ich weiß. Ich weiß auch, wie ich entkommen kann“, erwiderte dieser, doch Andrew sah es in den Augen. Er sah es, dass dieser hierbleiben würde, bis er sich selbst verziehen hatte. Sein Herz zog sich zusammen. Er wird sich niemals selbst vergeben. Er wird sich selbst hier leiden lassen, weil er es für das Richtige hält. „Ich danke dir. Bitte lerne, dir selbst zu vergeben“, sagte dieser.

Ein ehrliches Lächeln erschien auf Aarons Gesicht. „Alles gut. Mach das Beste aus deiner zweiten Chance, Andrew.“

Mit diesen Worten schloss Andrew die Augen. Sein ganzer Körper wurde warm und begann zu leuchten. Er wurde zu einem hellen Licht, das einmal hell erstrahlte, dann war er fort.

Aaron lehnte sich zurück, der Dämon schaute ihn an.

„Wenn du es weißt, warum bist du noch hier?“, fragte Iken. Der Dämon hätte Andrew abgehalten, es der anderen Seele zu verraten, doch das war nicht nötig gewesen. Dieser Mensch war anders. Nicht nur, weil er seinen Willen nicht aufgab, er wusste ganz genau, was das für ein Ort war, wusste, wie er entkommen konnte, doch er tat es nicht. Wieso bleibt er hier?

„Ganz einfach, weil ich mir nicht selbst vergeben werde, bis ich das Gefühl habe, genug gebüßt zu haben.“

Diese Worte ließen den Dämon stutzig werden. Er hat die Einsicht bereits gewonnen. Er könnte jederzeit gehen, doch er tut es nicht. Dieser Mensch würde sich selbst hier festhalten, wäre sein eigener Kerkermeister. Was hast du getan, Junge, dass du dir nicht einmal selbst vergeben kannst oder willst? Iken wusste, dass er keine Antwort erhalten würde, und akzeptierte es. Er hob die Fessel auf und ging. Cypher, du hast dir einen Gefangenen ausgesucht, den nicht einmal du brechen kannst.

Mit einem Seufzer schloss Aaron die Augen. Er trauerte etwas um Andrew, denn er hatte ihn gemocht. Sie hatten zwar nicht viel gesprochen, doch er hatte sich zumindest nicht alleine gefühlt. Es ist gut, dass er gegangen ist. Wortlos hob er seine Hand und betrachtete diese. Diese Hand hat mehr Leid zugefügt, als sie die Hand eines anderen geschüttelt hatte. Daraufhin ballte er sie zu einer Faust.

Ich war schon immer alleine, wieso lasse ich mich davon nun betrüben? In diesem Moment kamen ihm ein Paar Augen in den Sinn. Wieso denke ich an ihn? Es machte keinen Sinn. Doch er wusste den Grund. Er tut mir nicht weh. Genau das war es, was ihn störte. Er war hier, um bestraft zu werden, doch Cypher hatte ihm keinen Schmerz zugefügt. Der Dämon hatte ihn sanft berührt. Das will ich nicht. Ich will keine Wärme spüren, auch wenn er mich damit brechen will.

Tief atmete er ein und aus. Ihm war bewusst, dass dieser Dämon gefährlich war. Er hatte ihn gewaschen und seine Wunden behandelt, ihn in ein weiches Bett gelegt. Aaron wusste, dass er ihn auf eine andere Weise brechen wollte, dass er sein Innerstes offenlegen wollte, doch das würde er nicht zulassen. Du wirst niemals Zutritt erhalten, denn er schützte dieses mit einer eisernen Wand.

In diesem Moment wusste er, dass der Dämon mit den feuerroten Haaren sein größter Feind war. Ich darf nicht vergessen, warum ich hier bin. Er war hier, um zu leiden, und dieser Dämon verhinderte es. Hass wallte in ihm auf. Wenn ich ihm nicht gebe, was er will, wird er das Interesse verlieren. Vielleicht hatte er das schon, immerhin saß er wieder hier. Hoffentlich.

Er öffnete den Mund, doch er sprach es nicht aus. Cypher.

Kapitel 3

Aaron saß tagelang an dem Felsen, der Dämon kam nicht. Die anderen aber auch nicht, denn niemand wagte es, ihn anzufassen. Warum? Trug er ein Schild über dem Kopf mit „Gehört Cypher, bitte nicht foltern oder du stirbst einen grausamen Tod“?

Nach vier Tagen war eine neue Seele neben ihm erschienen. Es war eine Frau Mitte Fünfzig, die von Wut und Hass zerfressen war. Als sie die Wärter zum ersten Mal abgeholt hatten, hatte sie geschrien und sich gewehrt. Zurückgekommen war sie als Häufchen Elend. Seitdem hatte sie nicht mehr gesprochen.

„Wieso haben sie dich noch nicht geholt?“, zischte sie voller Hass. Sie hatte dunkelbraune Augen, ihre gräulichen Haare hingen wirr an ihr herunter. Diese hatten nach einem Tag bereits die Farbe verloren, was ihn darauf schließen ließ, dass das ihre natürliche Haarfarbe gewesen war.

Er schaute sie an. „Mir steht weit Schlimmeres bevor, keine Sorge“, antwortete dieser. Kaum hatte er diese Worte gesprochen, traten Füße in sein Blickfeld und ein Schatten fiel auf ihn. Als er aufsah, sah er feuerrote Haare und ein leichtes Lächeln. „Hast du mich vermisst, Lämmchen?“

Aaron glühte den Dämon an. „Fick dich.“

Die Frau erstarrte, als sie sah, wie der junge Mann den mächtigen Dämon vor sich einfach so beleidigte. Wie kann er das tun? Hat er keine Selbsterhaltungsinstinkte?

Die Eisenkette an Aarons Halsband löste sich vom Felsen und schwebte in Cyphers Hand. „Dann wollen wir, Lämmchen. Folge mir.“

Wider Erwarten stand der junge Mann auf und folgte dem Dämon. Es half nichts, das wusste dieser, deshalb leistete er auch keinen Widerstand. Er wurde an den anderen Wärtern vorbeigeführt und erntete einen mitleidigen Blick, was die anderen Gefangenen zu verwirren schien. Wenn ein Dämon einen Gefangenen bemitleidete, musste diesem etwas wirklich Schlimmes bevorstehen.

Sie betraten Cyphers Quartier und Aaron wusste, was kommen würde. Er führte ihn in den Waschraum und sagte: „Wasch dich. Komm zu mir, wenn du fertig bist.“

Dass der Dämon ihn einfach ohne Bewachung gehen ließ, zeugte von dessen Macht. Aaron hatte keine Chance zu fliehen. Die Tür schloss sich und er stand vor dem dampfenden Bad. Er zögerte, stieg dann in die Wanne. Warmes Wasser umschloss ihn und entspannte ihn. Nein. Du darfst es nicht genießen. Du hast kein Glück verdient. Also wusch er sich schnell und effizient, rieb sich trocken.

Mit einem Handtuch um die Hüften kam er aus dem Waschraum in das Zimmer, in dem der rothaarige Teufel auf ihn wartete. Zwar war es nur eine bildliche Barriere, doch so war er nicht nackt. Du hast vielleicht Macht über meinen Körper, doch du wirst nicht meinen Willen brechen.

Cypher krümmte den Finger und deutete neben sich auf das Bett. Aaron blieb stehen, glühte ihn nur an. Der Blick in seinen Augen reizte ihn, denn er wusste, der Mensch würde sich nicht zu ihm legen. Er würde dort stehen bleiben, bis er ihn dazu zwang. Sein Blick wanderte über dessen Körper. Er hatte muskulöse Arme und Beine, eine klar definierte Brust und einen straffen Bauch, unter dem sich ein Sixpack abhob. Diese Muskeln waren durch jahrelanges Training geformt worden, machen ihn schnell und geschmeidig. Was hat er vor seinem Tod getan?

„Du kommst also nicht freiwillig, Lämmchen?“, fragte er herausfordernd. Wieder keine Antwort. Er spricht nicht mit mir, nur Beleidigungen. Dabei hatte er eine solch sinnliche und rauchige Stimme, die der Dämon hören wollte. Er wollte seinen Namen hören, wollte tiefe Lustlaute aus diesem Mund entlocken.

Er hob die Hand und die Kette flog in seine Hand. Mit einem Ruck zog er daran, sodass Aaron nach vorne gerissen wurde und sich auf dem Bett abstützte. Langsam zog er an dieser, zog den Menschen zu sich, der mit wütenden Augen zu ihm kommen musste, bis er vor ihm kniete. Das Handtuch hing nur noch locker an den Hüften und begann sich zu öffnen.

Mit einer Hand fuhr Cypher über die weiche Wange, beugte sich vor, um die untere Lippe in seinen Mund zu saugen. Überraschung machte sich auf Aarons Gesicht breit und er zog den Kopf zurück, kam jedoch nicht weit, da die Kette kein Spiel mehr hatte.

„Ich werde mich heute in deinem süßen Körper vergraben“, säuselte der Dämon.

Nein. Aaron wehrte sich, schlug nach dem Dämon. Seine Arme wurden wie von Geisterhand nach vorne gerissen und überkreuzten sich, sodass das Metall seiner Handfesseln sich berührte und eine Kette diese umschlang. Verdammt. Er hatte keine Chance gegen diesen Zauber. Er lag erneut auf dem Rücken vor dem Dämon.

„Wo wolltest du denn hin, Lämmchen?“, fragte dieser und schaute ihn mit glühenden Augen an.

„Lass mich gehen“, sagte er leise, aber mit wilden Augen, die den Dämon reizten.

„Du kennst die Bedingungen“, erwiderte dieser. Er kniete sich zwischen dessen Beine, sodass er diese nicht schließen, ihm nicht entkommen konnte. Langsam zog Cypher sein eigenes Oberteil aus und gab die Sicht auf seine muskulöse Brust frei. Rote Stammesmale zogen sich über seine Haut, bildeten Muster, die Aaron für einen Moment faszinierten.

Diesem folgte die Hose, sodass der Dämon nun ebenso nackt war, wie er selbst. Die Hitze seiner Haut strahlte bis zu ihm. Zwei Hände platzierten sich neben seinem Kopf und er beugte sich nach vorne, sodass er dessen Erregung an seinem Schenkel spüren konnte.

„Ich habe dich vermisst, Lämmchen“, sagte er mit einer sinnlichen Stimme. „Jede Stunde, die verging, wollte ich zu dir zurück, wollte deine weiche Haut spüren, deinen sinnlichen Geruch einatmen und diese herrlich wilden Augen betrachten.“

Diese Worte brachten Aaron aus dem Konzept. Der Dämon wirkte nicht so, als würde er lügen, und er hatte nichts davon, ihm zu schmeicheln. Was bezweckte er damit? Sanft beugte sich Cypher nach vorne und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.

„Wirst du heute meinen Namen sagen?“

„Nein“, erwiderte Aaron und sein Blick wurde fester. Er würde sich nicht täuschen lassen.