The Devil's Queen - E. M. Holland - E-Book

The Devil's Queen E-Book

E. M. Holland

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Beschreibung

Sunny ist wieder da und macht vor nichts Halt. Der charmanteste Reaper auf Erden hat sein Debüt als Königin der Hölle – eine, mit der niemand rechnen konnte. Doch nicht alle sind mit seiner Wenigkeit einverstanden. Während seiner Initiationsreise durch die Hölle muss er neben unzufriedenen Missgönnern, die den einen oder anderen Anschlag auf sein Leben ausüben, und ein paar Besuchen bei den Höllenfürsten auch noch mit etwas anderem kämpfen. Etwas, was lange verloren geglaubt war, möchte gefunden werden und Sunshine scheint der Schlüssel dazu zu sein. Der Ruf des Schicksals schlägt seine Wellen und bald schon beginnen goldene Fäden ihn in eine Richtung ziehen, die niemand erwartet hätte. Begleitet den charmantesten Reaper der Hölle und erlebt den ein oder anderen Ausraster derer, die trotz allem (mehr oder weniger freiwillig) an seiner Seite stehen und diesen Weg mit ihm gehen. Der zweite Akt beginnt. Band 2 der The Devil-Reihe

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Seitenzahl: 594

Veröffentlichungsjahr: 2024

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E. M. HOLLAND

The Devil’s Queen

A story of the loveliest reaper in hell

Band 2

Geschichten von E. M. Holland

Die Schicksal-Reihe

1. Belial – eine schicksalhafte Nacht

2. Zackory – eine schicksalhafte Berührung

3. Nix – ein schicksalhafter Kuss

4. Cypher – ein schicksalhafter Blick

The Devil-Reihe

1. The Devil’s Nemesis

2. The Devil’s Queen

Behind the scenes-Reihe

1. Dunkle Geheimnisse

Love & Desire (Kurzgeschichtensammlung)

Band 1 – Liebe neu definiert

E. M. Holland

The Devil’s Queen

A story of the loveliest reaper in hell

Roman

The Devil’s Queen Copyright © 2024 E. M. Holland

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Illustrationen von J. Bühler

1. Auflage

Prolog

Perfekt. Dieses Wort hatte Sunny schon lange nicht mehr in den Mund genommen. Wut, Schmerz, Einsamkeit. Das waren die Worte, die seine Kindheit bestimmt hatten. Er war ihnen entkommen, dank einer Hand, die er damals ergriffen hatte. Und doch … so lange hatte er nach einem Ziel gesucht. Einen Sinn, weshalb er damals entschieden hatte, nicht zu sterben. Oft hatte er sich gefragt: War es die richtige Entscheidung?

„Ich kann dich stark machen, deinem Leben einen Sinn geben. Wenn dir das nicht reicht, kannst du dich jederzeit vor einen Zug schmeißen, ich werde dich nicht aufhalten.“

Einst hatte er auf den Bahngleisen gestanden und in die Ferne geschaut. Was würde auf ihn warten? Seine Eltern? Der Himmel? Die Hölle? Er war ein Monster, also würden die Flattermänner ihm sicherlich kein Ticket nach oben ausstellen. Andererseits war dieses Himmel-Hölle-Zeug Quatsch, das hatte er schnell verstanden. Seelen wanderten nicht dorthin, wo die lieben Apostel geschrieben hatten.

Sauerkirschen.

Murrend drehte er sich um und spürte Wärme an seiner Hand. Ein leichtes Kribbeln wanderte über seine Haut und der Geschmack von Sauerkirschen legte sich auf seine Zunge. Der Hunger ließ ihn immer weiter zu der Quelle wandern, die diesen linderte. Mit einem Gähnen schob er sich auf den weichen Untergrund, der süßer schmeckte als jedes Gebäck in der Menschenwelt. Wie ein Schmarotzer bediente er sich an der Quelle und wurde ruhig. Ein Seufzer entkam ihm.

Ein leises Lachen erklang. „Kleiner Dieb“, hörte er die tiefe, rauchige Stimme, die ihm die Antwort auf die Frage geliefert hatte, die er sich, seit er denken konnte, gestellt hatte. Wofür war er geboren worden, am Leben geblieben?

Die Antwort war einfach – sie bestand aus sieben Buchstaben.

Ich wurde geboren, um ihn in den Wahnsinn zu treiben.

Das Schicksal war ein Arschloch. Es hatte den Mann, auf dessen Brust er gerade lag, mit dem Schlimmsten gestraft, das es sich hatte ausdenken können. Es hatte diesem Mann Sunshine geschickt. Damit war nicht Sonnenschein gemeint, sondern dieser charmante Reaper – nein, der charmanteste Reaper auf Erden.

Ihr dachtet, es wäre schon vorbei?

Nein, es hat gerade erst begonnen. Hier kommt die Fortsetzung der Geschichte des charmantesten Reapers der Hölle. Vorhang auf für den zweiten Akt.

Kapitel 1

Ein Lächeln trat auf Lucifers Gesicht. Er betrachtete den jungen Mann, der es sich auf seiner Brust gemütlich gemacht hatte. Das Licht schien auf das aschgraue Haar seines Gefährten, sodass die Strähnen in unterschiedlichen Grautönen leuchteten. Aus diesem stand ein spitzes Ohr hervor, welches seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Mit den Fingern fuhr er über die weiche Wange nach oben, in Richtung der Ohrmuschel.

„Wenn du mich ärgerst, beiß ich dich“, hörte er ein müdes Murmeln. Das Kribbeln auf seiner Brust nahm zu, als sein kleiner Teufel ihm weiter Magie entzog. Er nährte sich von ihm, denn die Wandlung, die er durchschritt, war langwierig und kräftezehrend. Jede Zelle in Sunshines Körper durchschritt die Wandlung vom Menschen zum Dämon. Ein Wesen, das die Spezies wechselte. So etwas hatte es noch nie gegeben.

Der Prozess würde laut Kaley noch mindestens ein Jahr dauern. In dieser Zeit musste Sunny nahe bei ihm sein, denn er lieferte ihm die Energie, die dazu nötig war. Sollte er zu lange von ihm getrennt sein, würde sein Körper in einen schlafähnlichen Zustand fallen, wie eine Raupe, die sich verpuppte, um zu einem Schmetterling zu werden.

Lucifer war im Himmel geflogen, hatte als Erzengel für Gott gekämpft. Dann war er gefallen, verurteilt von Abaddon, dem von Kālō korrumpierten Engel, der alles getan hatte, damit diese aus ihrem Gefängnis entkam. Abaddon hatte Experimente an Menschen durchgeführt, welche einen dämonischen Elternteil und damit eine tote DNA-Sequenz besaßen. An Kindern. Alle waren gestorben, nur eines hatte überlebt. Um zu überleben, hatte der Körper dieses Kindes das Dämonenblut angenommen und die DNA-Sequenz aktiviert. Es hatte begonnen, die Spezies zu wechseln. In diesem Prozess hatte es aufgrund weiterer Experimente Fähigkeiten entwickelt, welche sogar die vieler Dämonen übertrafen.

Dieses Kind war jedoch nach einem Jahrzehnt gestorben, das besagten zumindest die Aufzeichnungen. Abaddon war am Boden zerstört gewesen, denn die einzige Chance, ein Gefäß für Kālō zu erschaffen, war verloren. Nur war es ein Fehler. Das Kind war nicht gestorben, denn ein Reaper hatte es gerettet und ausgebildet. Es wurde zum besten Reaper, den es je gegeben hatte – erhielt den Namen Grim Reaper. Der Name drang bis in die letzten Ecken der Hölle, wurde mit Ehrfurcht geflüstert.

Der Grim Reaper war in die Hölle gekommen und hatte das getan, was niemand hätte ahnen können. Er hatte Lucifer unterworfen und das mit nichts weiter als den Worten, die er niemals zu hören geglaubt hatte.

„Du hast Angst, weil ich es sehe. Weil ich tief hinter deine Mauern dringe, alle deine Geheimnisse und Makel sehe, die du zu verbergen versuchst. Weil ich dir die nackte, ungeschönte Wahrheit aufzeige und die absolute Schwachstelle von dir bin. Weil ich jeden deiner Fehler kenne und dich so sehe, wie du bist. Doch am schlimmsten ist, dass ich der Einzige bin, der bereit ist, für dich zu sterben – einfach nur, weil du bist, wer du bist, und das macht dir Angst.“

Die Hand fuhr zu den Lippen seines Dämons. „Doch weißt du was, es ist mir egal. Es ist mir egal, ob tausende Dämonen mich jagen, eine Göttin mich als Gefäß will oder die Gilde mich sezieren wird. All das ist unwichtig, denn egal, wer versucht, mich von dir fernzuhalten, er wird scheitern. Ich werde immer wieder in dein Leben treten und es über den Haufen werfen. Ich werde immer wieder in deine Arme zurückkehren, denn das ist meine Aufgabe als deine Nemesis.“

Mit einem Lächeln fuhr Lucifer durch die aschgrauen Haare. Seine Nemesis hatte ihn in jeglicher Hinsicht unterworfen. Er hatte Sunny sein Herz, seinen Körper und seine Seele geschenkt, doch im Gegenzug hatte er so viel mehr erhalten.

Jeden Morgen neben dir aufzuwachen, ist das schönste Geschenk, welches das Schicksal mir hat machen können. Und er würde ihn nicht mehr gehen lassen. Sunny war seine Nemesis, sein Gefährte, seine Königin und nun würde die Hölle es erfahren. Die Hölle hatte eine Königin erhalten und eines war sicher, Sunny würde sie verändern. Ich kann es kaum erwarten.

Ein Knurren erklang. Der Kopf drehte sich und die Augen flatterten. Vollständig schwarze Augen mit einer silbernen Iris blickten in die goldenen Augen von Lucifer. „Du kannst es nicht lassen, oder?“ Sunnys Ohren waren empfindlich und sein Dämon hatte nichts Besseres zu tun, als ihn am Morgen zu ärgern.

„Nein, denn du bist so bezaubernd, dass ich niemals die Finger von dir lassen kann, Soare“, erwiderte er mit einer tiefen Stimme, die mehr als nur eine heiße Nacht versprach.

„Das war verdammt schnulzig. Hast du zu viel Rosamunde Pilcher geschaut?“, murmelte der Reaper. Dann machte er lustige Bewegungen, die der gefallene Engel neugierig mitansah.

„Was machst du da?“

Sunny zog die Knie etwas an, krallte sich mit den Händen in die Bettdecke, um sich etwas nach oben zu ziehen. Zu anstrengend. Millimeter für Millimeter robbte er nach oben, bis er endlich am Kinn seines Gefährten angekommen war. Das war genügend Sport für heute Morgen.

Fragend schaute Lucifer zu seinem Liebsten. Dieser hob mit einem letzten Anstrengungslaut den Kopf und ließ ihn nach vorne kippen, sodass seine Lippen auf Lucifers landeten. Die Berührung war sanft und sinnlich. Sanft begann er an diesen Lippen zu knabbern, fuhr mit seiner Zunge über sie. Lucifer ließ ihn ein, begrüßte ihn. Mit langsamen und liebevollen Berührungen streichelte Sunny die Zunge seines Gefährten, der dies erwiderte.

Lucifers Herz schlug etwas schneller und ein warmes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus. Liebe. Dieser Begriff war für ihn fremd gewesen, doch nun konnte er es spüren. Es waren kleine Gesten wie diese, die diesen Begriff greifbar machten.

Als sich Sunny von ihm löste und ihn mit einem verschlafenen Lächeln anlächelte, wurde das Gefühl stärker. „Ich muss nun aufstehen“, sagte der Dämon, doch Sunny ignorierte das und machte es sich wieder auf seiner Brust gemütlich. „Sunshine, es ist mein Ernst. Ich bin der König der Hölle. Ich kann nicht bis mittags im Bett liegen.“

Ein Murren war die Antwort. „Doch kannst du. Befehl der Königin.“

Ein Lächeln trat auf Lucifers Gesicht – etwas, das er erst seit seiner Begegnung mit Sunny regelmäßig tat. Er schloss die Arme um den Mann auf sich, dann drehte er sie, sodass seine Nemesis unter ihm lag. Sein Blick wanderte von dessen feinen Gesichtszügen über den Hals zu dessen Brust. Auf dieser stand direkt über dem Herzen sein Name – ihr Bindungsmal. Mit den Augen fuhr er Sunnys Stammesmale nach, die sich über dessen Oberarme und Bauch zogen. Es war, als wäre er für ihn geschaffen worden. Dieser Verführung hätte er in tausend Jahren nicht widerstehen können.

Sunny war müde und blinzelte. Zu früh. Doch er hatte noch Hunger, also griff er in die obsidianschwarzen Haare seines Gefährten und zog ihn an seine Lippen. Seine Magiesaugfähigkeit setzte ein und dieses Mal nahm er keine kleine Menge auf, denn das Brennen in seinem Bauch verkündete, dass seine Batterien dringend aufgeladen werden mussten.

„Wenn du mich verführst, werde ich mich nicht zurückhalten, Soare“, grollte Lucifer, als sich sein Reaper von ihm löste. Ein versautes Grinsen erschien auf Sunnys Gesicht und der Dämon wusste, dass sein Gefährte nicht mehr bei ihm war.

Oh ja, Dirty Housewifes Teil 3 wird einschlagen wie eine Bombe. Vielleicht sollte ich wirklich den Trick mit der Schürze und nichts drunter ausprobieren. Mich würde brennend Lucifers Reaktion interessieren. Weitere Pläne wurden geschmiedet. Ein Schnipsen holte ihn aus den Gedanken. Lucifer drückte ihm einen Kuss auf die Lippen und sagte: „Ich steh nun auf. Du hast noch eine Stunde, dann müsst ihr los.“

Seufzend nickte Sunny und beobachtete, wie sein Dämon aus dem Bett stieg. Gott hat sich wirklich bei ihm ausgetobt. Wie kann es sein, dass er nicht einmal hässliche Füße hat? Ich meine, Männer haben immer hässliche Füße. Aber er? Neeeein, nichts da. Brav im Tonunterricht geformt. Habe ich eigentlich hässliche Füße? Er zog die Decke nach hinten und schaute zu diesen.

„Was machst du da?“, fragte Lucifer belustigt, als er ein Oberteil anzog.

„Ich schau nach, ob ich hässliche Füße habe. Was denkst du?“

Lucifer schaute zu seinem Gefährten. Wirklich? Er beugte sich vor und biss in den großen Zeh, sodass Sunny zuckte. „Sie sind so bezaubernd wie der Rest von dir, Soare.“

„Bah. Mach dich vom Acker, du Perverser.“ Vielleicht sollte er sich das mit dem Zug nochmal überlegen. Seine Augen folgten dem gefallenen Engel, der den Raum verließ. „Eine Stunde. Zu wenig.“ Also drehte er sich noch einmal um und schlief ein.

Eligos hatte an die Tür geklopft, doch wie zu erwarten, hatte sich niemand gemeldet. Oh Mann. Er wollte nicht hinein, denn es konnte nur schiefgehen, immerhin ging es um Sunny. Wer hätte gedacht, dass ein Mensch die Hölle einmal über den Haufen werfen würde? Doch er war nicht der einzige Mensch, der seine Welt erobert hatte. Rote Haare und grüne Augen kamen ihm in den Sinn. Weiche Haut und ein sinnlicher Geruch. Sein Herzschlag beschleunigte sich für einen Moment. Reiß dich zusammen. Er wollte nicht an ihn denken. Es war besser so.

Seine Hand legte sich an die Klinke und er öffnete die Tür. War zu erwarten. Ein grauer Schopf Haare schaute unter einer Bettdecke hervor. „Sunny, aufstehen. Wir wollen bald los“, sagte er und lief zum Bett.

„Urlaub.“ Mehr hörte er nicht.

Eligos seufzte. „Eine Königin macht keinen Urlaub. Wir müssen heute die Garderobe für deinen Auftritt anfertigen lassen.“

„Keine Lust“, murmelte der Reaper.

Der Dämon verschränkte die Arme. „Wenn du nicht aufstehst, werde ich dafür sorgen, dass du eine Zeit lang nicht mehr in die Menschenwelt darfst. Das wird sich dann wohl negativ auf deinen Spielstand auswirken.“

Sofort saß Sunny aufrecht im Bett. „Das wagst du nicht.“ Die Haare standen in alle Richtungen, doch der Ausdruck in seinen Augen war gruselig. Was auch immer du mir da an die Hand gegeben hast, Jo, es ist Gold wert. Er hatte keine Ahnung, was er gesagt hatte.

Beleidigt ließ sich Sunny nach vorne fallen und krabbelte zum Rand des Bettes. Ein Fuß wanderte über die Kante, dann drehte er sich umständlich um neunzig Grad, sodass der andere folgte. Muss Lucifer jeden Morgen dieses Theater mitansehen? Eligos musste zugeben, dass es Unterhaltungswert hatte. Wieso steht er nicht einfach normal auf? Wieso stellte er sich diese Frage überhaupt? Sunny war nicht normal. Punkt.

Irgendwie hatte Sunny es geschafft, aufzustehen. Dann zog er sich ein schwarzes Oberteil und die passende Hose an. „Gut, Elisa, aber vorher gehen wir zum Friseur und Tätowierer“, sagte Sunny und gähnte. Nach der Teilwandlung hatte er alle Tattoos verloren, da die Farbe aus seiner Haut getreten und verdampft war. Tattooentfernung auf Dämonenart. Die Narbe, die er von dem Stempel erhalten hatte, war nur noch blass erkennbar. Schade, immerhin hat er mir den halben Arm abgerissen. Okay, nicht melodramatisch werden, Sun.

Er hört mir nicht zu. Sunny war schon wieder fort. „Gut, dann lass uns gehen“, antwortete Eligos.

Sunny nickte nur und zog seine Maske auf. Zwar hatte er dank des Magieaustausches seinen Geruchssinn besser im Griff, doch er war es gewohnt und er nahm nach wie vor alle Gerüche von Dämonen wahr. Lässig lief er mit den Händen in der Hosentasche der rechten Hand des Königs der Hölle, aka seinem Ehemann, hinterher. Der goldene Ring an seinem Ringfinger war der unwiderrufliche Beweis dafür. Na ja, fast. Bisher waren sie nur verlobt, also stand die Hochzeit noch aus. Diese würde jedoch warten müssen, bis die Hölle sich an ihre neue Königin gewöhnt hatte. Schade, Steuersparen muss warten.

„Alles klärchen, Elisa. Lass uns den Sunmaker aufhübschen.“

Neuer Haarschnitt, neuer Sunny. Zumindest waren sie nicht mehr so lang, dass sie sich auf seinen Schultern aufstellten. Dass er die ganze Zeit die Maske anbehalten hatte, hatte den Dämon, der ihm die Haare geschnitten hatte, zwar verwirrt, aber er hatte nichts gesagt. Anschließend wurden ihm zwei magische Zirkel in seine beiden Handflächen tätowiert. Weitere würden mit der Zeit sicherlich folgen.

Seine Hände waren bandagiert, doch mithilfe von Magie würde er diese nur ein, zwei Tage tragen. Nun kam der Teil, den er gerne von sich geschoben hätte.

Gemeinsam lief er mit Eligos durch die Straßen in Richtung des Geschäfts, in dem Lucifer seine Kleidung bestellte. Das wird bestimmt ein eins A Laden sein. Dann mime ich die einsame Prinzessin, die gerettet werden muss. Die Vorstellung widerstrebte ihm, vor allem der Stil. Doch er würde es seinem Gefährten zuliebe versuchen. Wow, das ist viel Liebe. Sehr viel Liebe. Vielleicht sollte ich doch etwas fordern … und er schweifte ab.

„Eligos?“, erklang eine weibliche Stimme.

Beide blieben stehen und eine Dämonin kam auf sie zugelaufen.

„Jella?“, fragte Eligos überrascht. „Das ist ja lange her.“

Sunny merkte sofort, dass Eligos gerne mit der Dämonin sprechen wollte. „Ich geh schon mal rein. Lass dir Zeit, Eligos“, sagte er und klopfte seinem Begleiter auf die Schulter. Immerhin nur einer, der das kommende Trauerspiel erleiden muss. Ich bin doch ein herzensgutes Wesen.

Eligos schaute überrascht zu Sunny, doch er konnte ihn nicht einfach alleine lassen.

„Mensch, ich geh direkt rein. Kein Stress. Wenn was ist, rufe ich dich.“ Mit diesen Worten dampfte der Reaper ab.

Vor dem Laden blieb Sunny stehen. Er schaute sich die Fassade an. Das sieht aus … wie so eine Edelboutique, in der Champagner serviert wird. Das mochte er nicht. Er war niemand, der einen Schritt in ein solches Geschäft setzen wollte. Muss ich mir einen Stock in den Arsch schieben, damit ich da rein darf? Das Bild stand ihm vor Augen – Sunny Schaschlik.

Es brachte nichts. Er wollte Zeit schinden, das wusste er, und er war verdammt gut darin. Für meinen heißen Dämon. Also brachte er es hinter sich und trat ein. Helles Licht, edle Gegenstände und verschiedene Kleidungsstücke. Wow. Das ist ja schlimmer als bei Barbie. Ist das hier das Ausstattungsteam eines Musicals?

Ein Mann in einem Pinguinfrack trat vor und verbeugte sich. „Verehrter Sunshine, ich werde dich für den Ball in eine Prinzessin verwandeln.“ Er nahm einen Zauberstab und Funken sprühten. Die Funken flogen in einem Wirbel um Sunny und ein blaues Prinzessinnenkleid bildete sich um Sunny. Blaue, gläserne Schuhe formten sich um seine Füße und ein blaues Haarband wickelte sich um seinen Kopf.

„Die Kutsche wartet, Prinzessin. Der Ball ruft, doch denkt daran, um zwölf Uhr verschwindet der Zauber.“

Zu viel Disney. Er lachte leise. Ein Mann in einem hochwertigen Aufzug stand vor ihm, schaute ihn an und er sah es – den Blick. Die Augen, die er schon so oft gesehen hatte.

„Habt Ihr Euch verirrt, mein Herr?“

Wow. Wie im Film „Der Teufel trägt Prada“. Mit diesem Blick kann er wirklich jede Sekretärin zum Weinen bringen. „Ich bin hier, um eine Robe anfertigen zu lassen“, erwiderte Sunny. Er wollte ihm eine Chance geben.

Der abschätzige Blick wanderte von oben nach unten und scannte Sunny. Er konnte förmlich hören, was er dachte. „Seid Ihr sicher, dass es Eure Preisklasse ist?“, fragte der Ladenbesitzer.

„Keine Sorge, ich habe genügend Geld.“ Letzte Chance, Miranda.

Doch der darauffolgende Satz entschied das Ganze. „Eventuell ist das Geschäft schräg gegenüber besser geeignet.“

Sunny winkte ab und drehte sich um. „Alles klar.“ Also ging er aus dem Laden. Seine Schritte trugen ihn einige Meter zu einem Geschäft, welches nicht so auffällig und schnieke war. Er öffnete die Tür und trat ein. Wahnsinn. Vor ihm waren Kleidungsstücke, die sich im Stil an der Mode der Menschen orientierten und er sah es. Schwarz. Die Farbe Schwarz. „Ja“, sagte er euphorisch und ballte die Faust.

„Kann ich Euch behilflich sein?“, erklang eine freundliche Stimme.

Ein etwas kleinerer Dämon trat in sein Blickfeld. Er hatte eine extrem lustige Frisur, die Sunny sofort ins Auge stach. Seine dunkelblauen Haare waren bolzengerade bis knapp unter seinem Kinn geschnitten, als hätte man ihm einen Topf auf den Kopf gesetzt und einmal um den Rand geschnitten. Seine Augen waren faszinierend, denn er hatte eine schimmernde, blaue Iris und über seine Haut zogen sich ebenfalls leicht schimmernde Schuppen, die zu seinen Ohren hin eine bläuliche Färbung hatten, wobei seine Hautfarbe hell, fast weiß war. Ohren sah er nicht, vielleicht waren sie unter den Haaren.

Er hatte ein enges, schwarzes Oberteil an, welches mit silbernen Stickereien überzogen war. Diese stellten ein schnörkeliges Muster dar, was extrem abgefahren aussah. Die Ärmel waren bis zur Mitte des Unterarms zurückgeschlagen und seine Arme waren an der Oberseite mit blauen Schuppen bedeckt. Die Hose dagegen war in einem hellen Blau und besaß einen modernen Schnitt.

„Mein Name ist Sunny und ich würde gerne einige Kleidungsstücke kaufen und eines anfertigen lassen.“

Der Dämon lächelte. „Mein Name ist Simmon und ich freue mich über Euer Interesse. Was ist Euch denn ins Auge gestochen?“

Sunny grinste nur, auch wenn man es unter der Maske nicht sah. „Können wir beim Du bleiben? Das macht es einfacher.“

Simmon lächelte nur und nickte. Dann begann die Shoppingtour. Nachdem Sunny einiges eingepackt hatte, begann der Pflichtteil. Er seufzte. „Ich brauche noch eine Art Robe. Aber nichts mit Rüschchen oder Ähnlichem. Es soll elegant sein und Wiedererkennungswert haben. Farbe Schwarz“, sagte Sunny.

Nachdenklich schaute Simmon an die Decke, dann lief er in ein Hinterzimmer und kam mit einem Oberteil wieder, das Sunny die Sprache verschlug. Es war schwarz – natürlich – und aus einem festen, aber doch elastischen Stoff. Es schmiegte sich an den Körper, bedeckte die Arme, konnte aber zurückgeschoben werden, wie es Simmon tat. Es wurde mit goldenen Knöpfen an der Front geschlossen und reichte bis zu den Kniekehlen, wobei es knapp über dem Schritt zur Seite fiel. Wow.

„Das ist ein Prototyp. Ich plane, ihn noch zu besticken. Wäre das etwas, das dir gefallen könnte?“

Ein Grinsen schlich auf Sunnys Gesicht. Das wird abgefahren. Er konnte es vor sich sehen. Es fehlen nur ein paar Details. Lucifer wird ausrasten. Ob das im positiven Sinn sein würde, stand noch aus. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. „Das ist es und ich hätte gerne noch etwas aufgestickt.“

Als er dem Dämon beschrieb, was er wollte, notierte er es sich. Überraschung stand auf dessen Gesicht. „Bist du sicher, dass du das möchtest?“ Es war mehr als ungewöhnlich, doch er würde die Wünsche seines Kunden erfüllen.

Eligos betrat das Geschäft und sah … nichts. Sunny war nicht hier. Der Inhaber kam herbeigetreten.

„Lord Eligos, es erfreut mich, Euch zu sehen. Wie kann ich Euch dienlich sein?“, sagte dieser mit einer respektvollen Verbeugung.

„Hast du einen Dämon mit grauen Haaren und schwarzer Gesichtsmaske gesehen?“, fragte er ungeduldig.

Dieser nickte und ein seltsamer Ausdruck stand in dessen Gesicht. „Er hat mein Geschäft verlassen und ist in dem Geschäft auf der Gegenseite. Gibt es einen Grund, dass Ihr ihn sucht? Ist er ein Flüchtiger?“ Anders konnte es nicht sein.

Auf Eligos‘ Gesicht trat ein Blick, der dem Inhaber einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Eligos drehte sich um und ging. Aus Neugier folgte der Inhaber ihm. Was hatte es mit dem grauhaarigen Dämon auf sich?

Kaum lief Eligos über die Straße, sah er, wie Sunny lachend aus dem Geschäft schräg gegenüber kam. Der Inhaber, ein blauhaariger Dämon, begleitete ihn nach draußen und die beiden unterhielten sich. Gott sei Dank. Ohne Umschweife lief er zu diesem. „Amantă, würdet Ihr bitte nicht einfach verschwinden. Lucifer wird mir den Hals umdrehen, wenn Euch etwas passiert“, sagte er schlecht gelaunt.

Wow, da ist jemand pissig. Mit verschränkten Armen stand er dort. „Ist ja nicht so, dass ich eine Wahl hatte. Mr. Ich-bin-besser-als-du-Abschaum da drüben hat mich ja mehr oder weniger aus dem Laden geworfen.“

Der Dämon hinter Eligos versteifte sich. Auch Simmon neben ihm sagte zunächst nichts. „A-Amantă?“, stotterte Simmon dann. Er schaute zu Sunshine, mit dem er eine halbe Stunde ausgiebig geredet und sich ausgetauscht hatte.

Sunny seufzte. „Musste das sein?“

Eligos war deutlich verärgert. „Ihr werdet nun besser zurückkehren. Ich werde den Rest übernehmen.“

Oh oh oh. Nun wird er auch noch förmlich. Das ist ein deutliches Angepisstheitslevel. Lieber nicht mit dem Stock piksen … oder … nein, Sun, sei brav. Der Kommentar hing ihm am Gaumen.

„Bitte entschuldigt, habe ich mich verhört?“, fragte Mr. Hochnäsig.

Sunny drehte sich zu ihm um und in seinem Gesicht stand keine Freude mehr. „Nein, hast du nicht. Wenn du dir also die Frage stellst, ob du deine Königin beleidigt und aus dem Geschäft geworfen hast, ding ding ding, hundert Punkte. Ich kann dir versprechen, dass du ab heute einen wohlhabenden Käufer weniger haben wirst.“ Dann drehte er sich zu Simmon. „Die Sache steht. Jemand holt die Sachen in zwei Tagen.“

Simmon nickte nur und Eligos schickte Sunny in einem Zirkel nach Hause.

„Lord Eligos, bitte sagt mir, dass das ein Scherz war.“ Der Inhaber war bereits blass.

Eligos drehte sich zu den beiden Dämonen. „Nein, das ist Lucifers Gefährte und eure Königin. Und ja, du hast ihn offensichtlich deutlich verärgert.“ Dann schaute er zu Simmon. „Wie es aussieht, hast du es offiziell zum Ausstatter der Königin geschafft. Ich komme in zwei Tagen und hole wie vereinbart seine Kleidung. Ich muss nun gehen.“ Mehr sagte er nicht, sondern verschwand dann.

Zurück blieben Simmon, der mit offenem Mund dastand, und ein sichtlich bleicher Konkurrent.

„D-Das ist nicht möglich“, stotterte dieser und drehte sich um.

Ich … bin der Ausstatter der Königin? Dieser quirlige Dämon mit den silbernen Augen und der Maske war Lucifers Gefährte? Das musste er erst einmal verdauen. Wenn es jedoch die rechte Hand ihres Königs sagte, würde es wohl stimmen. Nun machte der Wunsch des jungen Mannes auch Sinn. Gütige Götter. Das war die Chance seines Lebens. Sofort drehte er um und machte sich an die Arbeit. Das Kleidungsstück musste perfekt werden, es gab keine Alternative.

Daheim angekommen wanderte Sunny wie immer, ohne anzuklopfen, in Lucifers Arbeitszimmer. Überraschenderweise war er nicht alleine. Beelzebub war bei ihm und schaute ihn überrascht an. Er hob seine bandagierten Hände und begrüßte diesen mit: „Hey.“

Lucifers Blick traf ihn. Jaja, schon gut. Mit einem Augenrollen kommentierte er den Blick und fügte mit einer eleganten Bewegung, die ihm keiner der beiden Dämonen abnahm, hinzu: „Seid gegrüßt, Fürst Beelzebub.“ Dann umarmte er Lucifer von hinten und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ich mach einen Abend mit Jo. Kann spät werden.“ Ein weiterer Kuss und er drehte sich um, winkte Beelzebub noch einmal zu und ging.

Lucifer seufzte.

„Dein Gefährte ist wirklich einzigartig. Kennt er den Begriff Ehrfurcht oder gar Angst?“, fragte Beelzebub belustigt. Beim letzten Treffen hatte sich dieser essend auf Lucifers Schoß gesetzt und war auf ihm eingeschlafen. Er ist eine einmalige Erscheinung. Sein Auftritt auf dem Ball hatte ihn noch mehr beeindruckt. Sein Konter gegen Merihem hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet.

Die Mundwinkel des Königs der Hölle zuckten. „Nein, das ist auch der Grund, weshalb er meine Nemesis ist. Würde er sie kennen, könnte er nicht an meiner Seite stehen.“

Da war etwas dran. Wer sollte an der Seite des mächtigsten und tödlichsten Dämons stehen, wenn er Angst hatte? Dieser Dämon war in dieser Hinsicht ideal, doch es brachte auch Gefahren mit sich. Beelzebub wurde ernst. „Ich habe gehört, dass einige nicht glücklich darüber sind, dass du einen Gefährten hast. Sei gewarnt, es könnte Unruhen bei seiner Initiationsreise geben.“ Seine Quellen hatten ihm Beunruhigendes berichtet. „Es heißt, es gebe eine Gruppe, die ihn töten wolle. Sie verleugnen die Tatsache eures Bundes.“

Das war tatsächlich ein Problem, denn wenn Sunny starb, würde Lucifer es auch. Ihre Leben waren verknüpft und dieser Bund konnte nicht so gelöst werden. Natürlich hatte es immer fanatische Anwärter auf die Position der Königin gegeben, doch Lucifer hatte nie jemanden angeschaut oder Anstalten gemacht, er wolle einen festen Partner nehmen. Plötzlich war dort dieser Dämon, der den König beanspruchte. Dies hatte zu irrationalen Reaktionen geführt, gerade bei dieser fanatischen Gruppierung.

Der Blick von Lucifer wurde dunkel. „Jeder, der Sunshine verletzt, wird ein Schicksal erleiden, welches grausamer als der Tod ist.“

Beelzebub erschauerte bei diesen Worten. Zunächst hatte er den Eindruck erhalten, dass Lucifer weicher, nahbarer geworden war, doch der Dämon, den er vor sich sah, war gefährlicher als je zuvor. Sein König hatte nun etwas, das er nicht verlieren wollte – etwas Unbezahlbares. Ich werde niemals seinen Groll auf mich ziehen. Nichtsdestotrotz musste sich Sunshine als würdige Königin erweisen. Beelzebub würde gespannt darauf warten.

Kapitel 2

Eligos schickte Sunny in die Menschenwelt und setzte ihn direkt bei der Gilde ab. Lässig lief er in das Gebäude und wanderte in den zweiten Stock. Habt ihr wirklich geglaubt, er nimmt den Aufzug? Faule Säcke taten das – hallo, es ist der zweite Stock.

Die Wände waren in einem Himmelblau gestrichen und kleine Bonsaibäume standen auf runden Holztischchen aus dunklem Holz den Gang entlang an diesen. Sieht aus wie im Urlaub. Könnte auch der Himmel sein. Ob die da oben auch so entspannende Landschaften haben? Vielleicht ein paar Hängematten zwischen Palmen. Wenn ich Gott wäre, würde ich mir einen fetten Strand hinzaubern. Andererseits müssten die Hängematten groß sein, für die Flattermänner. Er hielt inne und schlug sich gegen die Stirn. Quatsch, die können sicherlich wie Lucifer die Flügel einziehen, ich Depp.

Seine Schritte hielten vor der zweiten Tür rechts und er lief – wieder einmal ohne anzuklopfen – einfach hinein. Vor ihm öffnete sich ein kleines Büro mit einem großen Fenster. Ein schwarzer Schreibtisch stand mittig und links und rechts Bücherregale an einer himmelblauen Wand. Auf dem Schreibtisch herrschte Chaos. „Wow. Für wen hast du die Beine breitmachen müssen, um diesen schicken Abstellraum zu bekommen?“, begrüßte Sunny seinen besten Freund.

Jo schaute auf und begann zu lachen. „Nicht dem König der Hölle, doch ich könnte schwören, dass Jenna aus dem Vorstand mir heimlich Signale sendet“, erwiderte dieser. Er stand auf und umarmte Sunny. Fragend schaute er auf die bandagierten Hände. „Unfall?“

„Jap, mit einer Nadel. War sehr schmerzhaft. Das sind meine Tattoos, Josimaus“, sagte Sunny lachend und setzte sich auf den Drehstuhl seines besten Freundes. Schwungvoll drehte er sich. „Alleine für diesen Drehstuhl würde ich mit Jenna schlafen.“

„Du hast mich ertappt“, sagte Jo mit einer dramatischen Pose. Das Erste, was er macht, ist wirklich ein Karussell aus meinem Stuhl zu machen. Oh, Sun.

Mit einem Mal hielt Sunny an und legte seine beiden Beine auf den Schreibtisch, verschränkte die Hände. „So, Mr. James. Wollen wir über unsere nächsten Aktivitäten sprechen? Bitte nehmen Sie Platz“, sagte er und bedeutete seinem Freund, sich zu setzen.

Mit einem Grinsen setzte sich Jo auf den Stuhl für Gäste. „Ich bin ganz Ohr, Mr. Mitchell.“

Nun konnte Sunny den ernsten Blick nicht mehr aufrechterhalten. „Wann wirst du Eligos hier zum ersten Mal flachlegen?“

Jo begann zu husten und schaute Sunny fassungslos an.

„Was?“, fragte dieser.

„Was glaubst du, wie oft Lucifer und ich es auf seinem Schreibtisch getrieben haben? Besser gesagt, ich auf dem Schreibtisch. Das ist wirklich empfehlenswert. Ich würde nur gerne Bescheid wissen, damit ich nicht hereinplatze.“

Jo fuhr sich über sein Gesicht, das eine deutliche Röte angenommen hatte. „Sun, wir werden es hier nicht treiben. Wir hatten einmal Sex, mehr nicht.“ Zweimal, wenn man genau war, doch das verschwieg er. Eligos war ein heißes Eisen und er hielt sich besser von diesem fern.

Enttäuschung stand in Sunnys Gesicht. „Dann können wir uns gar nicht austauschen und ich hatte mich auf fruchtbare Gespräche und Tipps gefreut.“

Er ist nicht wirklich enttäuscht, oder? Wieso war sein bester Freund nur so falsch verdrahtet? Um abzulenken, schnitt er einfach ein anderes Thema an: „Wollen wir aufbrechen?“ Er war für heute fertig.

Seit ein paar Wochen war er nun offiziell der Mittelsmann zwischen den Menschen und der Hölle. Er half Dämonen, sich besser in die Gesellschaft einzugliedern, und bearbeitete gleichzeitig ihre Anliegen. Zudem wurden Dämonen, die gegen die Regeln verstießen, von ihm gemeldet und in die Hölle zurückgeschickt. Um zwischen der Hölle und der Menschenwelt hin- und herreisen zu können, hatte er ein spezielles Artefakt erhalten, das ihm das ermöglichte.

Heute hatten sie einen Männerabend geplant. Jo schnappte sich seine Jacke und den Schlüssel, dann liefen sie zu seinem Auto, welches – und das sei zu betonen – nun auf einem Parkplatz mit einem kleinen Schild stand. Auf diesem Schild stand tatsächlich der Name »Joseph James«.

Als Sunny das sah, begann er schallend zu lachen. „Ich pack’s nicht. Die haben wirklich deinen Vornamen ausgeschrieben. Klingt, als würde ein Opa vor der Rente da parken. Hast du auch eine Einstiegshilfe?“ Ein Schlag landete auf seinem Hinterkopf, was ihn nicht dazu brachte, aufzuhören.

„Steig ein, Arschgesicht, oder ich lass dich stehen und esse alle Chicken-Nuggets alleine.“

Sofort hörte Sunny auf zu lachen. „Das wagst du nicht“, erwiderte er mit ernstem Gesicht, in dem deutliche Befürchtungen standen. Jap, wenn man Sunny drohen wollte, musste man dort ansetzen, wo es wehtat. Das war in seinem Fall Essen oder seine PlayStation. Traurig, aber wahr.

Sie fuhren zu Sunny nach Hause und sangen währenddessen zur Radiomusik. Lachend betraten sie die Wohnung. „Ich übernehm die Nuggets, denn mit diesen Griffeln bleibst du weit weg von der Fritteuse“, sagte Jo. Er sah schon Szenarien vor sich, die er nicht in der Realität erleben wollte.

Sunny nickte und holte eine Gin-Flasche, die noch zu einem Viertel gefüllt war. Er machte ihnen beiden einen Gin Tonic. Jo würde nicht mehr nach Hause fahren, also konnten sie auch einen draufmachen. Ins Murphy’s wollten sie heute nicht, sie würden es sich hier gemütlich machen.

Gar nicht so einfach, mit bandagierten Händen einzuschenken. Und schon knallte es und das Glas zerschellte auf dem Boden. Entschuldigend schaute Sunny zu Jo, der nur den Kopf schüttelte. Jo nahm ihm die Flasche ab und sagte: „Sofa. Setzen.“

Brav nickte Sunny und setzte sich aufs Sofa. Sein bester Freund richtete kurz darauf das Essen an. Lachend stießen sie an und aßen.

Nachdenklich lehnte sich Jo zurück. „Es ist viel passiert.“

Sunny summte nur zustimmend. Sein Freund hatte recht. Sie hatten gar nicht wirklich Zeit gehabt, innezuhalten und abzuschalten. Jo war in seiner neuen Funktion eingespannt und Sunny in seiner Königinnenrolle. Bald würde er eine Reise durch die Hölle machen müssen und sich „dem Volk präsentieren“. Es wäre alles so viel einfacher, wenn es in der Hölle Live-Übertragungen gäbe, aber so war es nun mal.

„Bist du glücklich, Sun?“, fragte Jo mit ruhiger Stimme.

Diese Frage würde für viele auf den ersten Blick unpassend erscheinen, immerhin hatte er sich unwiderruflich an Lucifer gebunden, sein Leben gewählt. Es gab kein Zurück mehr, keine Ausstiegsklausel. Jo meinte etwas anderes.

„Ja. Ich habe endlich einen Grund gefunden. Nun kann ich damit anfangen, glücklich zu sein.“

Jo schaute zu seinem besten Freund. Früher hatte ihn Gleichgültigkeit umgeben. Sunny hatte nie Angst vor dem Tod, weil er nicht am Leben gewesen war. Er hatte keinen Grund gehabt, war nur auf der Suche danach gewesen. Nun, da er diesen gefunden hatte, hatte Sunny endlich begonnen zu leben.

Während sie das Mahl, das Jo vorbereitet hatte, aßen, ging Sunny einiges durch den Kopf. „Können Dämonen eigentlich betrunken werden?“

In diesem Moment war Jo dankbar, dass er noch nicht viel getrunken hatte. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ Er würde niemals verstehen, was in diesem Kopf vorging.

Sunny zuckte mit den Schultern. „Na ja, ich trinke einen Gin Tonic und mutiere zu einem Dämon. Wenn ich an unsere legendären Saufnächte zurückdenke, stellt sich mir die Frage, ob es die auch in Zukunft geben wird.“ Klare, logische Schlussfolgerungen. Jap.

Ach, Sun. Du bist die Königin der Hölle. Ich denke, du solltest auf so etwas verzichten. Sein Freund war wirklich eine Klasse für sich. Dann sah er, wie Sunny mit der bandagierten Faust auf seine bandagierte Handfläche schlug. Oh nein, er hat eine Idee. Das konnte nicht gut enden.

Sein Freund schaute ihn an. Es war seltsam, denn in der Menschenwelt trug er eine Hülle, die seinem vorherigen Aussehen glich. Keine spitzen Ohren, keine schwarzen Augen. Es war, als wäre alles beim Alten. So auch dessen graue Augen.

„Wir müssen das testen.“

Testen?

Die Erklärung erfolgte gleich darauf. „Wir werden versuchen, mich betrunken zu machen, ganz klar.“ Die Augen seines besten Freundes glänzten.

Das geht nicht gut. „Sun, vielleicht sollten wir …“

Erneut landete die Faust seines Freundes auf seiner eigenen Handfläche, was Jo bestätigte, dass Sunny ihm nicht zuhören würde.

„Flaschendrehen.“

Flaschendrehen?

Die Augen und das Gesicht von Sunny strahlten. Er stand auf und verschwand in der Küche.

Wieso? Was habe ich denn in meinem vorherigen Leben verbrochen, um das zu verdienen? Jo seufzte und lehnte sich zurück. Es hatte keinen Sinn, sich zu wehren, Sunny würde das durchsetzen, was sich in seinem Kopf abspielte. Ein Lächeln trat auf sein Gesicht, als sein Freund mit der Gin-Flasche und Shotgläsern zurückkam. Zudem hatte er eine leere Wasserflasche unter den Arm geklemmt. Die Wasserflasche platzierte er auf einem kniehohen Tisch vor ihnen, die Gin-Flasche und die Gläser ebenfalls auf dem Tisch, etwas weiter entfernt.

„Also. Wenn die Flasche in meiner Hälfte endet, darfst du bestimmen, ansonsten ich. Einfache Sache.“

Wann war das letzte Mal gewesen, dass Jo Flaschendrehen gespielt hatte? Die Regeln waren recht einfach. Es hieß: Wahrheit oder Pflicht. Das wird nicht gut enden. Andererseits, sie waren in Sunnys Wohnung. Warum sollten sie nicht etwas Spaß haben? Es gab eigentlich nichts, was ihnen noch peinlich sein könnte. Dafür hatte Sunny in den letzten zehn Jahren gesorgt.

„Alles klar, Sun. Du darfst anfangen“, sagte Jo und setzte sich im Schneidersitz seinem besten Freund gegenüber.

Sunny nahm die Flasche und drehte sie. Sie landete in Jos Bereich. Mit einem Grinsen fragte er ihn: „Wahrheit oder Pflicht, Josi?“

Jo dachte kurz nach. „Pflicht.“ Er konnte immer noch auf Wahrheit oder Saufen übergehen.

Ein Grinsen breitete sich auf Sunnys Gesicht aus. „Zeig mir, wie fit du bist. Mach zehn Sekunden einen Handstand.“

Hervorragend … und das mit vollem Bauch. Sollte er auf Wahrheit umsteigen? Nah, versuchen wir‘s. Er stand auf und krempelte die Ärmel seines Oberteils hoch. Er war schon besser in Form gewesen, das gab er zu, doch er schaffte es – zwar etwas wackelig – zehn Sekunden einen Handstand zu machen. Sein bester Freund klatschte und schenkte sich einen Shot ein, den er mit einem Prost trank.

Jo nahm die Flasche und drehte. Ganz knapp landete sie wieder in seinem Bereich. Schade.

„Also, Josi, Runde zwei.“

„Wahrheit.“ Er hatte keine Lust auf eine zweite Runde Handstand.

Sunny dachte nach. „Hattest du vor Eligos Sex mit einem Mann?“

„Nein.“ Die Frage hatte ihn überrascht. Wieso will er das wissen? Die Erinnerung an den Dämon mit den grünen Augen kam wieder auf. Nicht dran denken.

Sunny nickte, trank einen Shot und nahm die Flasche. Dieses Mal traf es den Reaper. „Wahrheit“, sagte Sunny mit einem Lächeln.

Jo dachte nach. Was könnte er ihn fragen? „Wie war es, als Kālō dich besetzt hat?“ Sie hatten nie so richtig darüber gesprochen, doch Jo war neugierig.

Damit schien er Sunny nun auch zu überraschen. Dieser dachte nach und schaute zur Decke. „Es war seltsam. Als würde ich in eine dunkle Masse eintauchen, aber nicht wie Wasser, sondern fester. Es war kalt und ich konnte nichts sehen. Jegliche Wärme schien aus meinem Körper gesaugt zu werden und ich begann zu erstarren. Als würde man langsam sediert werden, nur dass der Geist wach war. Etwas, das ich nicht wiederholen möchte.“

Das hörte sich nicht angenehm an. Jo trank den Shot und nahm die Flasche in die Hand.

Zwanzig Minuten später…

„Also Joooosi. Du willst Wahrheit? Willst du lieber von Eligos genagelt werden oder ihn nageln?“, schwappten die Worte aus Sunnys Mund. Seine Wangen waren bereits rot und so ganz gerade saß er auch nicht mehr. Auf Deutsch, Sunny war voll.

Jo wollte ihm gegen die Schulter boxen, verfehlte jedoch. „Ach, Sunboy. Wieso fragst du mich immer nach diesem scharfen Gerät? Du weißt doch, dass ich net drüber reden mag. Aber weil du es bist. Beides war scharf. Kann mich net entscheiden“, erwiderte Jo.

Sunny nickte nur mit einer gespielt nachdenklichen Geste. „Ich muss Lucifer überreden, dass ich ihn auch mal reinstecken darf, sonst bleib ich dort unten bis zum Ende meines Lebens eine Jungfrau. Ne Idee, wie ich das anstellen kann?“ Die Ernsthaftigkeit seines besten Freundes war schon fast beängstigend.

„Hmmm. Sorg dafür, dass er eine Wette verliert oder so.“

Sein Freund zeigte mit dem Finger auf ihn. „Gute Idee!“ Dann nahm Sunny die Wasserflasche und drehte sie. Wieder hielt sie auf Jos Seite.

„Das ist doch abgekartet“, knurrte er. „Pflicht.“

Sunny lachte nur. „Ruf Eligos.“

Die Mundwinkel von Jo rutschten nach unten. „Kann ich nicht. Kann nur ein Portal für mich öffnen.“

Sunny kippte etwas zur Seite und wedelte mit den Armen. „Ich helf dir. Mach das Portal, ich mach den Rest.“ Er war von seinem nicht-ausgearbeiteten Plan absolut überzeugt. Sein bester Freund seufzte, nahm die Kette, mit der er ein Portal rufen konnte, und aktivierte das Artefakt. Ein leuchtender Zirkel erschien auf dem Boden, dann holte Sunny aus: „Enemene Mai, Eligos komm herbei. Hex hex.“

Jo begann zu lachen und fiel fast vom Sofa. Der Zirkel verschwand. Enttäuscht schaute Sunny zu dem leeren Platz. Die haben gelogen. Bibi war gar keine Hexe. „Gut, Josimaus, dann was anderes. Ich möchte deine ehrliche Meinung. Wie sind meine Brüste auf einer Skala von 1 bis 10?“

Das Lachen verklang und Jo schaute seinen besten Freund fragend an. Was? „Sunny, du bist keine Frau, du hast keine Brüste.“

Mit einem Mal begann Sunny zu schniefen. „Ich weiß! Das ist nicht fair. Was, wenn Lucifer in Wirklichkeit Brüste möchte und ich … ich kann sie ihm nicht bieten? Ich werde ihm niemals einen Boobjob geben können“, begann dieser zu jammern.

What the fuck? Jo torkelte zu seinem Freund und setzte sich hinter ihn, zog ihn in eine Umarmung. Sunny schnappte seine Hände und schob sie sich unter das T-Shirt. „Hier, alles flach.“

Jo spürte die glatte, warme Haut und die Muskeln unter seinen Händen. „Sind doch weich und gut geformt. Ich denke, Lucifer wird mit ihnen zufrieden sein.“

„Sunshine, was machst du da?“, erklang eine tiefe Stimme.

Beide schauten nach rechts, Jo mit seinen Händen immer noch an Sunnys Brust. Sie schauten zu einem schlecht gelaunten Dämon mit goldenen Augen.

Ein leises Lachen erklang. „Jo checkt mich ab. Warum bist du hier, Kirschtörtchen?“

Lucifer schaute zu den beiden. Ist Sunshine betrunken? Ihm wurde schnell klar, beide waren voll wie die Haubitzen. Was haben sie hier gemacht? Im nächsten Moment wollte er es nicht mehr wissen. Er glühte den rothaarigen Menschen an, der immer noch seinen Gefährten antatschte.

„Jo, du solltest ihn loslassen“, sagte Eligos, der neben Lucifer stand. Vor ihnen war ein Portal erschienen, doch niemand war herausgekommen. Daraufhin hatten sie sich Sorgen gemacht und waren hergekommen. Sein Blick fiel auf Jo und er fühlte einen Stich in der Brust. Dieser bewegte seine Hand nach unten, damit er sie wegnehmen konnte. Dabei gab Sunny einen seltsamen Laut von sich.

Nun hatte Lucifer genug. Er lief zu Sunny und zog ihn über die Sofalehne in seine Arme.

Als es nach oben ging, war Sunny erst einmal verwirrt. Dann blickte er von oben zu seinem Dämon hinunter. Er sieht so … lecker aus.

„Sunshine, wir werden nun …“, doch weiter kam er nicht. Sunny nahm sein Gesicht in die Hände und begann ihn zu küssen. Er leckte über seine Lippen und schob seine Zunge in seinen Mund. Ein Kribbeln lief über sein Gesicht, als Sunny ihm seine Magie entzog. Der Kuss wurde intensiver.

Wie fies. Jo sah, wie Sunny offensichtlich Spaß mit Lucifer hatte, und er saß hier wie bestellt und nicht abgeholt auf dem Sofa. Seine Augen wanderten automatisch wieder zu dem Dämon mit den haselnussbraunen Haaren und efeugrünen Augen. Für einen Moment trafen sich ihre Blicke und beide wurden still.

Lucifer wollte etwas sagen, doch Sunny ließ ihn nicht. Jedes Mal, wenn er sich löste, küsste er ihn erneut. Begierde wallte in seinem Körper auf. Dann zog sich Sunny schließlich zurück. „Du schmeckst so lecker.“ Die Mundwinkel des Dämons zuckten.

Sunny schaute in die goldenen Augen, kam nahe an die Ohren seines Gefährten. „Ich war ein bööööser, sehr, sehr, sehr böser Junge. Wirst du mich nun bestrafen, Comoară?“

Diese sinnliche Einladung ließ Lucifer knurren. Heute Nacht würde er keine Gnade zeigen. Doch sein Liebster löste seinen Blick von ihm. „Eligos, du bist dran.“

Überrascht schaute Eligos zu Sunny. Was meinte er? Jo lachte nur und nahm die Flasche und drehte sie für Eligos. Sowohl Lucifer als auch Eligos schauten zu der Flasche, die auf Jo zeigte. „Ich hab auch echt kein Glück. Pflicht.“

Fragezeichen standen in Eligos‘ Augen.

„Du musst ihm etwas befehlen, Elisa. Er muss es machen“, gab der Reaper in Lucifers Armen beschwipst von sich.

Ist das ein Spiel? Was sollte er Jo denn befehlen? Er war mehr als verwirrt. Lucifer schien langsam ungeduldig zu werden.

„Mensch, Elisa. Gut, dann mach ich es. Jo, du musst Eligos küssen. Mit Zunge, mindestens fünf Sekunden“, gab dieser lachend von sich.

Wie bitte? Eligos schaute zu Sunny, der sich prächtig amüsierte. Das musste ein Scherz sein. Jo würde niemals …

Sein Gesicht wurde in zwei Hände genommen und heiße Lippen pressten sich auf seinen Mund. Er war völlig überrumpelt. Ein Jubeln erklang von rechts, doch er nahm es nur am Rande wahr. Willig öffnete er den Mund und ließ sich von Jo erobern. Es erfolgte ein leidenschaftlicher Kuss. Zahlen erklangen, dann verstummten sie. Die Lippen lösten sich und Eligos spürte den Verlust.

Jo schaute in die grünen Augen, die wie Smaragde leuchteten. Ein Knurren erklang und Eligos umschlang Jo, hob ihn hoch. Dieser zappelte.

Lucifer rief ein Portal und nahm seinen Chaoten mit sich, während Eligos in Sunnys Wohnung blieb. Er wusste, dass er heute Nacht nicht mehr zurückkommen würde. Wie lange willst du dieses Spiel spielen, Eligos? Lucifer wusste, dass sein bester Freund dasselbe Drama durchlebte wie er selbst. Mit einem kichernden Reaper lief er in ihr Schlafzimmer und legte Sunshine vor sich auf das Bett.

„Sunshine, du warst heute ein böser Junge“, grollte er.

Die Augen seines Gefährten leuchteten und ein sinnliches Lächeln trat auf sein Gesicht. „Das war ich, Comoară“, erwiderte er mit einer verführerischen Stimme. „Ganz böse.“

Während Lucifer seinen Gefährten vernaschte, legte Eligos den zappelnden Menschen in Sunnys Bett. Die Wangen von Jo waren rot und er schaute ihn verärgert an. „Ich bin doch keine Puppe, die du rumtragen kannst.“ An seinem Ton konnte der Dämon deutlich hören, dass zu viel Alkohol geflossen war. Dämonen konnten ebenfalls vom Alkohol benommen werden, doch bei Menschen hatte er ganz andere Ausmaße gesehen.

Eligos wusste, dass er Jo einfach dort lassen sollte, dass er gehen sollte, doch er tat es nicht. Als er den Zirkel von Jo gespürt hatte, er aber nicht gekommen war, war ihm für einen Moment das Herz stehen geblieben. Was, wenn es ein Hilferuf war? Was, wenn ihm etwas passiert war? Das beklemmende Gefühl war noch nicht ganz abgeklungen. In seinem Kopf herrschte Chaos und es wollte sich nicht lichten.

Jo schaute nach oben, schaute in das wunderschöne Gesicht, das ihn in seinen Träumen verfolgte. Egal, wie sehr er versuchte, sich von dem Dämon fernzuhalten, es funktionierte nicht. Als würde das Schicksal sie immer wieder zusammenführen. „Wieso musst du so … sein?“ Jo fand kein passendes Wort dafür.

Der Dämon schaute ihn mit seinen hypnotischen Augen an. Augen, in denen er sich immer wieder verlor. Wieso? Was war an Eligos anders als an allen anderen Männern? Wieso klopfte sein Herz so schnell?

Langsam fuhr Jo mit den Fingern über die helle Wange, folgte den schwarzen Linien seines Stammesmals. So schön. Es war ein Kunstwerk und er wusste, wie sich dieses fortsetzte.

„Du treibst mich in den Wahnsinn“, erklang die sinnliche Stimme von Eligos. „Egal, was ich tue, egal, wie sehr ich mich von dir fernhalte, es geht nicht. Ich sehe dich, nur dich. Jo, du bist meine …“

Sanft legten sich Finger über die weichen Lippen. Dann war es der Mund seines rothaarigen Menschen. Er wurde nach unten gezogen und erneut teilten sie einen sinnlichen Kuss. Die Wärme und der Geruch von Jo hüllten Eligos ein und verleiteten ihn dazu, jeglichen Widerstand aufzugeben. Er konnte diesem Menschen nicht widerstehen.

Die Hände des Dämons wanderten unter Jos Oberteil, zogen es nach oben über dessen Kopf. Anschließend legte er diese in Jos Schritt. Ein Lachen erklang. „Das wird nix, tut mir leid. Wenn ich betrunken bin, bekomm ich keinen hoch“, sagte er, die Stimme deutlich schwankend.

Eligos musste ein Lächeln unterdrücken. Dann nehme ich die Herausforderung an. Mit einem Kuss eroberte er die süßen Lippen, die ihn seit dem ersten Mal süchtig gemacht hatten. Die Finger wanderten zu Jos Bauchnabel, welcher umkreist wurde.

Eine leichte Gänsehaut breitete sich auf Jos Bauch aus, denn die Berührungen gingen ihm unter die Haut. Der Dämon löste sich, schaute ihm tief in die Augen, als er nach unten wanderte und über eine aufgerichtete Brustspitze leckte. Es war hypnotisch. Ein Schauer wanderte über seine Haut. Nach und nach heizte sein Körper auf und er schloss die Augen. Er spürte diesen Mund nach unten wandern, immer tiefer.

Seine Hose verschwand und er lag ohne Kleidung vor Eligos, der jeden Zentimeter von ihm liebkoste. Es fühlt sich so gut an. Als sich die Lippen um seine Härte schlossen, stöhnte er auf. Ein weiteres Keuchen entkam ihm. Was? Er konnte es spüren. Ich bin hart?

„Sieht so aus, als könntest du mir nicht widerstehen, Vârtej“, sagte dieser mit einem schelmischen Grinsen. Er presste die Lippen auf Jos Bauchnabel und ließ seine Magie in dessen Körper wandern.

Jo keuchte, bog sich den Lippen entgegen, denn die Lust rollte wellenförmig durch seinen Körper und machte ihn bereit. Er spürte das vertraute Ziehen in seinem Unterleib, das ihn nach mehr sehnen ließ. Doch anstatt ihn zu nehmen, verwöhnte ihn Eligos weiter mit dem Mund. Jeder Zungenstreich und jedes Saugen ließen ihn aufstöhnen und steigerten die Erregung. Sein Kopf war benebelt und er ließ sich fallen, als er seinen Höhepunkt erreichte.

Er ist zauberhaft. Der Mann, der vor ihm lag, war alles, was Eligos sich wünschte. Jo war nicht zierlich oder schüchtern. Er war sogar etwas größer als er selbst und breit gebaut, hatte einen starken Willen. Eligos würde ihn in jeglicher Art genießen, also öffnete er dessen Beine für sich und versenkte sich in dessen Eingang, den seine Magie vorbereitet hatte. Eine nasse Enge hieß ihn willkommen und er stöhnte. Jo fühlte sich so gut an.

Während Eligos in ihn stieß, küsste er ihn ohne Unterbrechung. Jo mochte küssen, doch in all seinen Beziehungen und Begegnungen hatte er nie so viel und leidenschaftlich geküsst. Eligos trieb ihn mit den sinnlichen Stößen, die über seinen Lustpunkt rieben, weiter auf den Abgrund zu. Er spürte Eligos am ganzen Körper. Dieser Dämon hatte den Worten ‚körperliche Vereinigung‘ eine ganz neue Bedeutung gegeben.

„Eligos“, stöhnte Jo und umschlang den Dämon, der sich in ihm versenkte.

Dieser spürte, wie sich sein Mensch enger um ihn schlang. Nicht mehr lange und er würde sein Limit erreichen. Pulsierend schloss sich Jo um seinen Penis, reizte ihn, dann hörte er erneut dessen sinnliche Stimme und der Mensch erreichte seinen zweiten Höhepunkt. Eligos zog sich zurück und kam auf Jos Bauch, markierte ihn mit seinem Geruch. Keuchend stützte er sich ab und betrachtete das Kunstwerk vor sich. Jo hatte das Gesicht zur Seite gedreht und dessen Augen fielen langsam zu.

„Schlaf, Vârtej“, flüsterte er an dessen Ohr und drückte ihm einen letzten Kuss auf die Lippen. Er genoss für den Moment den Zauber, denn er wusste, dass dieser im nächsten Augenblick verfliegen würde. Reue stand für einen Moment in seinen Augen, dann zog er Jo an sich. Heute Nacht gehört er nur mir. Mehr konnte er nicht verlangen.

Sunny und Jo wachten beide mit einem üblen Kater und einem Dämon neben sich auf. Während sich Sunny jedoch an Lucifers Brust kuschelte und in Gedanken an die letzte Nacht schwelgte, lag Jo auf Eligos‘ Brust und seine Gedanken kreisten um ein Thema: Wie komme ich hier raus?

Ich habe es mit Eligos in Sunnys Bett getrieben. Zu den bisher schon vernichtenden Gefühlen kam nun auch noch Schuld. Der Herzschlag des Dämons war die einzige Konstante, die ihn etwas beruhigte. Eligos schlief noch, zumindest war sein Atem gleichmäßig. Gott, Sunny, ich verfluche dich. Sein letzter übler Kater war eine Weile her, doch jetzt war der schlechteste Zeitpunkt dafür. Das Schlimme war, er erinnerte sich an alles. Das kann doch nicht wahr sein.

Seit Sunnys Entführung hatte er mit niemandem außer Eligos körperliche Nähe geteilt. Er hatte nun, nachdem sich alles beruhigt hatte, damit anfangen wollen. Belüge dich ruhig selbst. Linda hat dir deutliche Zeichen gesendet und du hast sie ignoriert. Und warum? Weil du immer nur an diesen verdammten Dämon denkst. Dabei wusste er, dass er sich von diesem fernhalten sollte. Eligos war gefährlich. Er konnte es sich nicht leisten, mehr für ihn zu empfinden. Also löste er sich und setzte sich auf. Er zog seine Kleidung an und ging, ohne sich zu verabschieden.

Schweigend ließ es Eligos geschehen, auch wenn es wehtat.

„Zeit, aufzustehen, Soare.“

„Abgelehnt“, murmelte Sunny an Lucifers Brust. Er ist bequemer als jedes Kissen dieser Welt. Hände fuhren durch seine Haare.

„Werden wir diese Diskussion nun jeden Morgen bis zum Ende unseres Lebens führen?“, antwortete sein Dämon.

Sunny nickte nur und sagte: „Mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit. Aber alle hundert Jahre hast du mal Glück. Vielleicht.“ Zu gemütlich. Sein Körper war mehr als befriedigt nach der letzten Nacht. Erneut fragte er sich, wie er so lange Jungfrau bleiben konnte. Vom Teufel verführt, traf bei ihm zu hundert Prozent zu.

Lucifer betrachtete seinen Gefährten. „Du kannst dich nicht davor drücken. Morgen beginnt deine Initiationsreise, Soare.“ Sunny würde durch verschiedene Städte der Hölle reisen und dem Volk vorgestellt werden. Darauf hatte sein Reaper natürlich absolut keine Lust, doch es gehörte nun zu seinen Aufgaben als Königin.

„Können wir nicht einfach Eligos oder noch besser Iriya verkleiden und das übernehmen lassen?“, erwiderte Sunny unzufrieden.

Ein leises Lachen kam dem gefallenen Engel über die Lippen. „Das wäre zu einfach.“ Unzufriedene Geräusche folgten, also entschied er sich, seinen Gefährten einfach mitzunehmen. Er stand auf und Sunny hing wie ein Sack an ihm nach unten. „Wenn du dich nicht freiwillig anziehst, nehme ich dich so mit“, drohte Lucifer.

„Ich glaube, daran hättest du mehr Spaß als ich.“ Verführerische Idee. Wir können direkt auf dem Sofa weitermachen, dann dem Schreibtisch und … Ein Schlag auf seinen nackten Hintern ließ ihn zusammenzucken. „Schon gut.“ Gähnend hielt er sich auf den Beinen, als Lucifer ihn absetzte, und zog sich Oberteil und Hose an. Er würde sich etwas noch auf dem Sofa hinlegen, denn Iriya würde erst in zwei Stunden kommen. Aber wie komm ich da hin?

Das war eine Challenge, zu der er eine Lösung finden musste. Laufen wollte er nicht, fliegen konnte er nicht, also … Er könnte ein Portal rufen.

Lucifer schaute zu seinem Gefährten, der sich wieder auf das Bett gesetzt hatte und angestrengt nachdachte. Was geht in seinem Kopf vor?

„Es wurde abgestimmt und entschieden“, sagte Sunny aus dem Nichts. Silberne Augen schauten ihn an. „Du wirst mich in dein Arbeitszimmer tragen müssen, um einen Applebro-Unfall zu verhindern.“

Fragezeichen standen in den Augen des Königs der Hölle. Wie kommt er zu dieser Schlussfolgerung? Andererseits hatte es sehr wahrscheinlich keinen Sinn, mit seiner Königin zu diskutieren. Der Gesichtsausdruck von Sunny änderte sich erneut. „Das ist es. Kirschtörtchen, so machen wir es.“ Lucifer schaute einfach nur zu ihm. Er ist mein Ende.

Eligos war gerade auf dem Weg zu Lucifers Arbeitszimmer, als dieser neben ihn trat. Für einen Moment betrachtete Eligos die Szene stumm. Sunny hing über Lucifers Schulter, mit dem Oberkörper hinter diesem nach unten baumelnd. „Will ich es wissen?“, fragte er. Goldene Augen bedeuteten ihm: Nein.

„Ich bin ein Farn im Wind, hui“, kam es von unten und Sunny wedelte mit den Armen. „Aber ganz ehrlich, wie soll man sich konzentrieren, wenn einem ein solcher Arsch vor Augen steht?“, fügte dieser hinzu und kurz darauf erklang ein Klatschen, als Sunny ausholte und auf den Hintern seines Gefährten schlug.

„Wenn ich auch nur einen Funken Mitleid in deinen Augen sehe, werde ich einen gewissen rothaarigen Menschen herholen und ihn für die nächsten zwei Wochen mit dir auf eine Reise schicken“, sagte Lucifer ruhig, sodass Eligos zusammenzuckte.

„Jo kommt? Wann?“, erklang es aufgeregt von unten. „Werdet ihr zwei endlich ein Paar? Habt ihr eigentlich genagelt? Moment, wo habt ihr genagelt? Sagt mir nicht, dass ihr in meinem Bett …“

„Sunshine“, erklang Lucifers ruhige Stimme, die den Reaper verstummen ließ. „Wir mischen uns nicht in fremde Angelegenheiten ein. Auch wenn dir das Wort Zurückhaltung fremd ist, Soare, bitte ich dich, diese nun auszuüben.“ Lucifer sah, dass es Eligos unangenehm war, auch wenn er wusste, dass er es begonnen hatte.

Sunny wedelte immer noch mit den Armen hin und her und machte Windgeräusche. Das irritierte Eligos, doch lenkte es ihn von dem Gedanken ab.

„Hey, Eligos. Wann sagst du meinem besten Freund, dass er deine Nemesis ist? Wirst du auch ein Trauerspiel wie Lucifer und ich abziehen? Wenn ja, gib mir Bescheid, wenn ihr zur großen Erkenntnisszene kommt“, sagte Sunny und erhielt einen Schlag auf den Hintern. „Himmel, Herrgott“, fluchte er. Nach einer kurzen Pause fügte er jedoch hinzu: „Das darfst du heute Abend erneut machen, Tigru.“

Eligos schüttelte den Kopf. Sunny hatte ihn durchschaut, Lucifer ebenfalls. Leider war die Sache nicht so einfach. Jo hatte ihm deutlich gemacht, dass er weder eine Beziehung noch etwas anderes mit ihm haben wollte. „Sunshine, Jo ist nicht meine Nemesis. Es war eine einmalige Sache und wir belassen es dabei.“ Belüge dich selbst. Braver Dämon.

Er hörte nur ein Schnaufen, doch Sunny erwiderte nichts. Der Reaper hatte bemerkt, dass Jo Eligos mied. Ich war ein Mensch und habe es nicht bemerkt. Dämonen spürten es, erkannten ihre Nemesis, doch Menschen nicht. Hätte Abaddon ihm die Tatsache nicht wie ein Brett vors Gesicht geschlagen, hätte er es wahrscheinlich bis heute nicht bemerkt.

Wenn Jo Eligos ablehnte, dann war es, als würde er seine zweite Hälfte verlieren. Allein der Gedanke, Lucifer zu verlieren, erzeugte ein grausiges Gefühl in ihm, das er nicht in Worte fassen konnte. Solange Jo also keinen Schritt auf Eligos zuging, sich ihm öffnete und annäherte, würde der Dämon nichts tun. Dann werde ich meinen Freund wohl in die richtige Richtung stoßen müssen. Aber dezenter als am gestrigen Abend. Call me, Sunshine the Cupid Reaper. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, das keiner der beiden Dämonen sah.

Sunny lief in einer weißen Toga, die nur den Schritt und einen Teil der Brust bedeckte, auf seinen besten Freund und Eligos zu. In der Hand hielt er einen weißen Bogen und auf dem Rücken war ein weißer Köcher mit Pfeilen. Diese waren ebenfalls weiß, doch deren Spitze war jeweils ein pinkes Herz. Kleine Flügel flatterten auf seinem Rücken, als er sich in die Luft erhob.

„So meine Lieben, Zeit für einen Schuss Liebe“, sagte er mit einer dramatischen Bewegung. Er holte aus, zog einen Pfeil und legte ihn an. Dann richtete er ihn auf seinen besten Freund und schoss ihn ab. Der Pfeil traf mitten in dessen Stirn.

„Headshot!“

Beide Dämonen schauten zu Sunny, der eindeutig nicht in ihrer Welt war. Was auch immer der Reaper dachte, es war nichts Gutes.

„Hüte dich vor meinem Gefährten“, warnte Lucifer seinen besten Freund.

Das würde Eligos versuchen, doch er wusste, dass er Sunny nicht entkommen würde. Das war so sicher, wie das Amen in der menschlichen Kirche.

Eine sanfte Melodie erklang von unten: „Talk to me, baby. I'm going blind from this sweet-sweet craving, whoa-oh.“ Dazu gab es passende Klatschgeräusche.

Dieses Lied von DNCE ist meine Titelmelodie, wenn ich meine Karriere als Amors Praktikant beginne. Ich werde euch von der Sehnsucht befreien. Ayayayayah ah …

Am nächsten Tag konnte Sunny den Verband bereits abnehmen. Vor ihm prangten zwei magische Zirkel auf seinen Handflächen, die er gleich ausprobieren wollte. Sie waren dieses Mal von einem Dämon tätowiert worden, was sie hoffentlich noch effektiver machte. Das Besondere war, die Tinte war eine Mischung aus Blut und Farbe. Er hatte etwas von Lucifers Blut abgezapft und untermischen lassen. Gut, dass ich keine Blutgruppe habe.

Daraufhin übte er einige Zauber und sie gingen tatsächlich leichter von der Hand. Iriya unterbrach ihn in dem Prozedere und weniger willig folgte er dem Dämon in die Bibliothek. Er beherrschte nun schon einen Großteil der dämonischen Sprache, doch noch nicht so flüssig, wie er es gerne hätte. Für seine Ansprache – auf die er so viel Lust hatte wie auf eine Untersuchung beim Zahnarzt – hatte Iriya mit ihm einen Text erarbeitet, den er nun schon seit Tagen auswendig lernte. Immer wieder spulte er ihn ab und versuchte, Begeisterung miteinfließen zu lassen, was ihm ganz bis gar nicht gelang.

Iriya schaute seine Königin an. Er wird die Hölle einmal umkrempeln. Nichts würde bleiben, wie es war, da war er sich sicher. Doch vielleicht war das auch notwendig. Er würde jahrtausendealte Strukturen aufbrechen und neu formen.

„Sag mal, Iriya, hast du es eigentlich mal mit meinem Mann getrieben?“, fragte Sunny und spielte mit einer Haarsträhne.

„Wie bitte?“, fragte der Dämon verwirrt.

Die silbernen Augen fixierten ihn. „Hattest du mit Lucifer Sex?“

Wie kam Sunny darauf? Schlimmer, was sollte er antworten? Er musste vorsichtig sein. „Lucifer hatte in seinem bisherigen Leben schon einige Liebschaften, doch ich zähle nicht dazu. Er wählt niemanden, der für ihn arbeitet.“ Diese Grenze hatte der Dämon immer gezogen.

Nachdenklich schaute Sunny an die Decke. „Also hat er eine lange Liste. Die werden nicht unbedingt begeistert sein.“ Er erinnerte sich an seine Begegnung mit dem Sukkubus, der ihn betäubt hatte. Wenn eine Ex schon so aggressiv darauf reagierte, wie würden dann die anderen reagieren?

Iriya verstand, worauf seine Königin hinauswollte. „Manche Dämonen führen ein langes Leben. Eine körperliche Bekanntschaft bedeutet keine Bindung. Niemand kann einen Besitzanspruch stellen, nur weil es zur körperlichen Vereinigung gekommen ist. Dieses Denken ist menschlich. Dennoch gibt es sicherlich viele, die mit dir nicht einverstanden sein werden. Das wird sich nicht ändern lassen.“

Sunny verstand, was Iriya meinte. Sehr gut. Ich habe nach dem ersten Bumsen direkt geklammert und meinen Besitzanspruch angemeldet.

Sie gingen noch einmal alles durch, denn morgen würde es gelten.

Kapitel 3

„Wie viel …?“

„Nein, Sunshine. Es gibt nichts, womit du dich aus der Affäre ziehen kannst“, sagte Eligos und verschränkte die Arme.

Zwei Bedienstete arbeiteten an Sunny, richteten ihn her. Eligos hatte die Kleidung heute Morgen geholt, wobei er die Robe noch nicht gesehen hatte. Sie war in einem Päckchen sauber verpackt. Sunnys Haare wurden perfekt hergerichtet und fixiert. Zudem wurde Farbe auf seine Lippen und Kajal um seine Augen aufgetragen, anschließend Schmuck an ihm befestigt. Er trug ein goldenes Oberteil, auf das eine schwarze Rose gestickt war. Dieses hatte keine Ärmel, sodass seine Stammesmale an den Armen zur Geltung kamen. Es wurden weitere goldene Reifen an den beiden Oberarmen platziert und zwei lange, goldene Unterarmreifen fanden vor seinen Handgelenken Platz. An seiner linken Hand prangte am Ringfinger der goldene Ring, den sein Dämon ihm zur Verlobung geschenkt hatte.

Als Bediensteten alles mit einem Zauber fixiert hatten, stand er auf. Dass er keine Maske tragen durfte, widerstrebte ihm, doch das Volk musste sein Gesicht sehen. Da werde ich mich vorher noch einmal entladen müssen. Allein der Gedanke, vor tausenden Dämonen zu stehen, verursachte ihm Übelkeit.

„Es gibt noch etwas“, sagte Sunny und holte ein kleines Kästchen hervor. Er öffnete es. Als Erstes holte er das schwarze Amulett heraus, das Lucifer ihm geschenkt hatte, und legte es an. Es befand sich eine neue, rote Kapsel in der Mitte. Dazu holte er vorsichtig einen weiteren Gegenstand heraus. Es war eine goldene Feder mit aschgrauer Schattierung. „Bring diese bitte in meinen Haaren an.“ Jeder sollte sehen, dass Lucifer ihm gehörte.

Die Dämonin nickte und brachte sie so an, dass jeder sie sehen konnte.

„Gut, dann wird es Zeit für den Abschluss.“ Er stand auf und packte seine von Simmon angefertigte Robe aus. Schwungvoll schüttelte er sie und schaute sie an. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. Perfekt.

Eligos starrte seine Königin an, der die schwarze Robe anlegte. Sie schmiegte sich perfekt an ihn und die Ärmel ließen sich abnehmen, das hatten sie im Nachhinein noch angefordert. Über dem goldenen Oberteil war nun das besagte Kleidungsstück. Es verlief von den Schultern diagonal nach unten zum Nabel zusammen und fiel dann an seinen Hüften entlang nach hinten. Hervorragende Arbeit. Doch dann fiel sein Blick auf die Rückseite. Nein, Sunny. Das ist nicht dein Ernst.

Ein Grinsen stand auf Sunnys Gesicht. Es ist der Hammer. Er drehte sich, sodass jeder den Schriftzug auf seinem Rücken lesen konnte. Auf den schwarzen Stoff waren in goldener Schrift die Worte »The Devil’s Queen« gestickt worden.

Eligos seufzte. Es war zu spät, sie würden keinen Ersatz finden. Sunny klopfte ihm auf die Schulter. „Das wird bombastisch, Eligos. Nur noch eine Sache. Du und die anderen Bodyguards, bleibt bitte hinter mir. Ich will nicht als Schlappschwanz rüberkommen, der von anderen beschützt werden muss.“ Die letzten Worte erklangen in einem ernsten Ton. Eligos wusste, dass sich Sunny beweisen musste, auch wenn er das auf dem Ball bereits getan hatte. Doch würde er ihm diesen Wunsch nicht erfüllen können, denn wenn Sunny etwas passierte, würde das in Anarchie enden. Schweigend nickte er und machte sich mit dem Reaper auf den Weg zum ersten Halt der Reise.

Auf dem Marktplatz der ersten Stadt war ein kleines Podium aus Holz errichtet worden und hunderte Dämonen hatten sich um dieses versammelt. Sie konnten es kaum erwarten, ihre Königin zu sehen. Dieses Spektakel war einmalig und keiner wollte es verpassen.

Sunny und Eligos erschienen im Hintergrund, während mehrere Krieger die Bühne betraten und noch einmal die Umgebung sondierten. Ich fühle mich wie der Präsident der Vereinigten Staaten, der nach der Wahl die erste Rede hält. Jo, Obama, Biden und jeder normale Präsident, so müsst ihr euch also gefühlt haben. Hach ja.

„Warte hier, bis ich dir das Zeichen gebe.“ Eligos‘ Ausdruck war ernst und er war deutlich angespannt. Sunny sah das eher locker. Er hat einen Ball mit den Höllenfürsten und Merihems Ausraster, eine rachsüchtige Göttin und Abbadon überlebt, da gab es nicht viel, was das toppen konnte. Wird schon schiefgehen. Es war ja nicht so, dass sie ihn feuern konnten. Ging schlecht. Aber ich mach es mir so angenehm, wie es geht. Dafür tauchte er in seine Rolle in Persona 5 ein, wie er es am Ball gemacht hatte. Es gab immer nur drei mögliche Antworten und Aktionen und er nahm brav die von Iriya. Die Belohnung hatte er schon festgesetzt, das würde sein Herzblatt noch mitbekommen.

Dann wurde es still. Alle schauten zu Lucifers rechter Hand, der die Bühne betreten hatte. Seine Hände schwebten durch die Luft und ein magischer Zirkel entstand vor ihm, der sich zu drehen begann. Daraufhin begann Eligos zu sprechen und seine Stimme war laut und deutlich überall zu hören.

Wow, ein dämonisches Mikrofon. Ob es auch manchmal einen Wackelkontakt hat?