Das Alter Ego der Protagonisten - Hans Müller-Jüngst - E-Book

Das Alter Ego der Protagonisten E-Book

Hans Müller-Jüngst

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Beschreibung

DasAlter Ego ist Handlungsbegleiter, es überprüft die Handlungsintentionen der Protagonisten auf ihre Sinnhaftigkeit hin. Das Alter Ego kann sich mit seinem Gewgenüber verständige, ohne dass dieser deen Mund öffnen muss, seine Gedanken werden wie ein gesprochenes Wort übertragen.

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Hans Müller-Jüngst

Das Alter Ego der Protagonisten

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Paulo schwebt durch Sphären

Das AE von Peter Globisch

Das AE und Paulos Werdegang

Das AE von Paulo und seine Reisen

Das AE von Paulo in Lissabon, New York und Süfdafrika

Das AE von Paulo und die Seidenstraße

Das AE von Paulo im Ferganatal

Das AE von Paulo und die Reise nach China

Das AE von Paulo und Liang

Das AE von Paulo und das Ende der Seidenstraße

Das AE von Paulo bei den Goor

Das AE von Paulo als Dozent und Vater

Das AE von Paulo und die Krat

Das AE von Chuck

Das AE von Fiete (1)

Das AE von Fiete (2)

Das AE von Fiete (3)

Das AE von Fiete (4)

Das AE von Fiete (5)

Das AE von Fiete (6)

Das AE von Hans, KHK

Das AE von Hauptkommissar Kortner

Das AE von Hauptkommissar Leber

Das AE von Hauptkommissar Kerger

Das AE von Albin

Das AE von Nkruma

Das AE von Irmi

Das AE von Hans

Das AE von Paul Kamphusen

Das AE von Paulo Köhler

Das AE von Marga (1)

Das AE von Marga (2)

Das AE von Marga (3)

Das AE von Marga (4)

Das AE von Marga (5)

Impressum neobooks

Paulo schwebt durch Sphären

Was für eine Bewegung ist schweben? Es ist ein zielloses Dahingleiten mit gelegentlicher bewusster sinnlicher Wahrnehmung in Form von sehen, hören, riechen, tasten und schmecken. Es ist einerseits ein Sich-durch-die-Luft-Hangeln, fliegen also, andererseits ist es ein Materie ungebundenes Sich-Befinden an einem beliebigen Ort zu einer beliebigen Zeit. Man steht neben, zwischen, über oder unter den Dingen, was einem erlaubt, die Dinge aus einem ganz anderen Blickwinkel seiner Wahrnehmung zuzuführen. Im günstigsten Falle resultiert aus diesem Wahrnehmungsgesamt ein weiterer Sinn, dem sich die Dinge auf einer anderen Bewusstseinsebene erschließen.

Ein wogendes Weizenfeld ist für den, der es aus der Vogelperspektive betrachtet, wie ein aufgeschlagenes Bilderbuch, in dem man die verschiedensten Bildzusammenstellungen beobachten kann, je nachdem, wie der Wind gerade die Ähren treibt. Jedes einzelne Korn trägt den Konstruktionsbau der gesamten Welt in sich, unvorstellbar, zu welch einem Massengelb sich die einzelnen Ähren potenzieren, wenn man sie von oben sieht. Rechts und links der gewaltigen Gelbfläche verlaufen staubige Wege, die das Feld begrenzen und die Trennlinie zu den Laubwäldern bilden, die sich anschließen. Die Bäume in diesen Wäldern haben so dicht beblätterte Wipfel, dass sie kaum das 1 Sonnenlicht durchlassen. Katrin und Annabelle Herbers sind oft zu dem schmalen Flusslauf gegangen, der die beiden gegeneinander abfallenden Feldflächen voneinander trennt, sie haben ihre Schuhe und Strümpfe ausgezogen und sind durch das seichte Wasser gelaufen. Von dort unten haben sie zu ihrem Haus geschaut, das winzig klein am Ende des Feldes zu erkennen ist. Ihre Eltern haben auf der Terrasse vor dem Haus in ihren Korbsesseln gesessen, sie haben ein Glas Wein und eine Flasche Bier getrunken. Dabei haben sie ihre Blicke über das Gelb des Feldes schweifen lassen. Ich bin später bei den Mädchen im Haus gewesen. Annabelle ist auf fürchterliche Weise umgebracht worden, man hat nie wieder etwas von ihr gesehen.

Gläubige Christen suchen, wenn sie in Speyer und in der Nähe des Domes wohnen, den Dom zur Messe auf. Wenn man sich dem Dom aus der Luft von Westen her nähert, sieht man den Domnapf auf dem Vorplatz stehen, er trennte ursprünglich das Gebiet der freien Reichsstadt von der bischöflichen Immunität. Kommt man dann etwa über dem Vierungsturm zum Stillstand, spürt man geradezu die innere Einkehr, eine Stille, einen Frieden, uns man möchte für immer an dieser Stelle über dem Dom bleiben. Das intensivste Gefühl der Ergriffenheit beschleicht einen, wenn man sich über dem Mittelgang des Domes über den Bernhard von Clairveaux zugeschriebenen vier Messingplatten mit der Aufschrift „O Clemens, O Dulcis, O Pia Maria Virgo“ befindet. Etwas tiefer kann man den Betenden ins Gesicht sehen, wie sie voller Andacht sind und sich vom Weltlichen abgewendet haben. Es herrscht im Dom einen angenehme Kühle, die durchsetzt ist mit dem starken Geruch von Weihrauch, weshalb ein Aufenthalt im Dom bei hohen Sommertemperaturen außen besonders angenehm ist. Es sind vom Dom ungefähr 500 m durch den Domgarten und den Park bis zum Rhein. Karl und Anni Sailer sind dorther gelaufen, Karl hat den grünen Robol an der Ostseite des Domes schon ausgemacht. Er hat sich schnell versteckt und Karl hat sich seine Gedanken gemacht. In einem Moment der Unachtsamkeit war Anni mit einem Mal verschwunden, der Robol hat ihr den Kopf abgerissen und sie verschluckt. Das konnte von der Polizei aber nie ermittelt werden.

Synonyme von Sphäre: (Einfluss-)bereich, Kreis, Lebensbereich, Milieu, Rahmen, soziale Verhältnisse, Umfeld, Umgebung, Umwelt, Welt, (gehoben) Dunstkreis, (bildungssprachlich) Background

Die Zuschauer in einer Fußballarena wie der Veltins-Arena in Gelsenkirchen sind während eines Spiels wie ausgewechselt: sieht man sie von der Seite her an, so beobachtet man ein erstarrtes Gesicht mit aufgerissenen Augen. Daneben gibt es zwei weitere Zustände des Gesichts, wenn nämlich ein für die eigene Mannschaft ungünstiges Spielergebnis eintritt, verfinstern sich die Mienen und es kommt zu Drohgebärden oder Geschrei, im umgekehrten Fall gibt es Freudenausbrüche und Jubel. Von der Mitte der Arena aus, etwa zehn Meter über dem Mittelpunkt, erscheinen die Zuschauer als Teil einer Menschenmasse, die hin und her wogt. Es ertönen Gesänge in einer infernalischen Lautstärke, die auch durch Lautsprecherdurchsage nicht unterbrochen werden können. Die allgemeine Eintracht findet ein Ende, wenn auf der Tribüne Massenschlägereien entstehen, bei denen die Akteure alle Hemmnisse über Bord werfen und bereit zu sein scheinen, ihr Gegenüber zu töten. Es prallen zwei Welten aufeinander: der überaus friedliche sportliche Wettstreit einerseits und die martialische bis zum Äußersten gehende Aggressivität andererseits. Befindet man sich als neutraler Beobachter zwischen den Fronten und blickt in die aufgebrachten Gesichter oder zu den Verletzten, wähnt man sich im Krieg. Das hat auch Karl gedacht, als er mit seinem Sohn Tobias und dessen Freund Patrick im Stadion hautnah neben so einer Massenschlägerei gestanden ist und es gerade noch geschafft hat, mit den Kindern das Weite zu suchen. Als Patrick aber auf der Treppe des Tribünenabgangs zurückgeblieben ist, schnappte ihn sich der Robol, riss ihm den Kopf ab und verschlang ihn.

Wenn man etwa von der Kampmannbrücke aus um den Heisinger Bogen herum über die gesamte Länge von 7.8 Kilometer den Baldeneysee bis nach Werden in Höhe des Wasserspiegels mit hoher Geschwindigkeit entlang schwebt, bekommt an von dem Leben am See mit, was sich so einem als Normalsterblichem nicht erschließt. Nicht einmal die am Ufer in Heisingen brütenden Kormorane fliegen erschreckt auf, weil sie nicht mitbekommen, dass jemand an ihren Nestern vorbei saust. Das Seewasser ist trübe und riecht ein wenig faulig, der Geruch stellt sich aber wirklich nur in unmittelbarer Nähe zur Wasseroberfläche ein und stört nicht. Es gibt eine Menge von Erholung suchenden und Wassersport treibenden Essenern und Einwohnern der umliegenden Städte. Besonders die Segler kommen auf ihre Kosten, Bootseigner haben ihre Schiffe ganzjährig an den entsprechenden Stellen am See liegen. Paulo und Rudi sind unterwegs zum Regattahaus gewesen, um mit dem Skullvierer, der ihrem Gymnasium gehörte, los zu rudern. Sie haben gerade noch gesehen, wie sich das kreisrunde Gefährt des Robol in zwei Sekunden in den Himmel erhob. Er hat weinende und völlig ratlose Eltern im Park der Villa Hügel hinterlassen, weil sie ihre Tochter Nora nie wiedersehen würden.

Im Schwimmbad bedeckt nichts den Körper außer der Badekleidung, und das ist bei Männern die Badehose, die gerade einmal den Unterleib abdeckt und bei Frauen der Badeanzug oder der Bikini, die zusätzlich noch die Brust vor Blicken schützen. Ansonsten sind die Körperpartien zu sehen, die im normalen Alltag durch Kleidung im Verborgenen bleiben. Steht man in der Umkleidekabine neben einem Badegast, egal ob Mann oder Frau, bekommt man schon mal deren unangenehmen Körpergeruch in die Nase. In der Schwimmhalle kann man so manchen unproportionierten Körper sehen, dessen sich die Badegäste aber nicht schämen. Sie älteren Schwimmer gehen ganz vorsichtig ins Becken und ziehen sehr bedächtig ihre Bahnen. Die Frauen unter ihnen tragen immer Badekappe und halten ihren Kopf sehr hoch, damit auch kein Tropfen Wasser an ihn gelangt. Wenn man sich neben sie begibt, kann man ihren verkniffenen Gesichtsausdruck sehen, mit dem sie ihren Widerwillen gegen das nasse Element signalisieren. Jugendliche machen sich einen Spaß daraus, das Wasser in Bewegung zu bringen, um die alten Damen in Rage zu versetzen. Die quittieren dann die Störung ihres Schwimmprogramms mit spitzen Entsetzensschreien und unterbrechen das Bahnenziehen. Alte Männer stellen sich nicht so penibel an und lassen sich auch schon mal Wasserspritzer gefallen. Max Kohlbrand ist mit seinen Kindern Laura und Klaus regelmäßig schwimmen gegangen, die Kinder haben sogar den Jugendschwimmschein gemacht. Eines Tages ist Laura während des Umziehens für immer verschwunden geblieben. Niemand hat sich einen Reim auf ihr Verschwinden machen können.

Auf einem Bahnhof geselle ich mich besonders gern unbemerkt unter die Menschen, weil sie in der Regel vom Reisefieber gepackt und guter Dinge sind. Viele Familien stehen mit ihren quengelnden Kindern auf dem Bahnsteig und warten auf ihren Zug, sie haben ihr Reisegepäck neben sich gestellt. Andere Reisende halten sich mit ihren Kindern unterhalb des Bahnsteiges bei den Bahnhofsgeschäften auf, und die Kinder verlangen nach Süßigkeiten. In dem Lautsprechergetöse und dem Krach der ein- und ausfahrenden Züge sind besonders die Kinder ganz aufgeregt und rennen um die Wette, sodass die Eltern sie ermahnen müssen. Ich verstelle den Eltern schon mal den Blick, damit sie ihre Kinder gewähren lassen und sie sich austoben können. Der Gesichtsausdruck Reisender ist ein grundsätzlich anderer als der Berufstätiger oder Einkaufender, die die Züge täglich nutzen und nur kurze Strecken mit ihnen fahren. Sie wirken gestresst und abwesend, sie halten sich in aller Regel auch nur kurz auf dem Bahnsteig auf und fluchen gleich, wenn der Lautsprecher die Verspätung ihres Zuges ankündigt. Wenn der Zug der Reisenden eingefahren ist, gehe ich mit ihnen zu ihren reservierten Plätzen und schaue in die gespannten Gesichter der Kinder. Bei ihnen mischen sich Freude und Aufregung, sie kleben beinahe die gesamte Fahrt an den Fenstern und lassen die Landschaft an sich vorüberziehen. Judith ist aus Münster auf dem Bahnhof angekommen, wo sie von ihrem Cousin und dessen Vater erwartet wurde. Sie hat nur noch kurz auf die Toilette gewollt und kam nie wieder zurück.

Der Wald ist ein ganz besonderer Aufenthaltsraum, vielfach wird er wirtschaftlich genutzt, für den Menschen ist er ein Ort der Ruhe und der gesunden Luft. Die Photosynthese, bei der die Pflanzen unter Einwirkung des Sonnenlichtes Sauerstoff abgeben, findet im Wald natürlich besonders stark statt. Oft stehe ich im Wald und beobachte Waldarbeiter oder Spaziergänger, die ersten verrichten ihre Arbeit, ohne auf den Wald als Naturraum zu achten. Die zweiten bleiben stehen und atmen die gute Waldluft ganz tief ein, oder sie begutachten einen besonders schön gewachsenen Baum, indem sie ihn zu umfassen suchen und seine Art bestimmen. Ich bin dann gerne Zeuge, wenn die fachkundigen Urteile abgegeben werden. Manchmal sind die Urteile falsch, was aber niemand mitbekommt. Tannenwald unterscheidet sich stark von Laubwald, er ist meist dunkel, weil das dichte Geäst kaum Licht durchdringen lässt, während Laubwald meist licht und sonnendurchflutet ist. Ich liege oft auf weichem Moos unter Laubbäumen und entspanne, manchmal spreche ich auch mit den Bäumen. Sie beklagen dann nicht den Umstand, immer nur am gleichen Fleck stehen zu müssen, weil sie etwas anderes nicht kennen können. Vielmehr rede ich mit ihnen häufig über das Wetter, weil sie dem auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind. Nachdem Norbert Pannenbecker mit seinen Jungen Dirk und Paul in den Wald gefahren ist, haben sie wie immer ihr Laufpensum absolvieren gewollt. Als der Vater kurz austreten gewesen ist, ist etwas unglaublich Schreckliches geschehen. Jan hat sehr lange Zeit nicht darüber sprechen können, Dirk ist für immer verschwunden geblieben.

In der Modewelt ist dem Narziss Tür und Tor geöffnet, auf regelmäßig stattfindenden Modenschauen geben sich die Schönen der Welt ein Stelldichein und präsentieren die Kretaionen der angesagten Modeschöpfer. Ich gehe oft in die Umkleide der und schaue mir ihre schönen Körper an. Oft sind die Models aber so abgemagert, dass sie einem leid tun können. Der ganze Moderummel übt eine solche Faszination aus, dass die Modenschauen von sehr vielen Menschen besucht werden, die für den Eintritt viel Geld bezahlen. Manchmal laufe ich mit den Models über den Catwalk und beobachte sie von der Seite. Sie wirken in ihrem Gesichtsausdruck sehr starr und schauen geradeaus. Die Besucher der Modenschauen klatschen Beifall und nicken anerkennend mit ihren Köpfen, wenn ihnen das Model in seiner Darbietung gefällt. Mode versucht, den Begriff des Schönen in der Kleidung Wirklichkeit werden zu lassen. Sie ist permanenten Wandlungen unterworfen, weil sich auch die Auffassung davon, was schön ist, ändert. Vielfach bleibt die vorgeführte Kleidung für Normalsterbliche unerschwinglich, oder sie ist in ihrem Aussehen so exaltiert, dass kaum jemand sie in der Öffentlichkeit tragen würde. Antonio und Clara haben mit ihren Kindern Gianna und Andrea die Mailänder Modenschau besucht. Nachdem sie nach dem Ende der Vorführungen zu ihrem Parkplatz zurückgelaufen sind, hat Andrea noch einmal zur Toilette gemusst, er ist nie wieder zurückgekehrt.

Das AE von Peter Globisch

Das AE ist Handlungsbegleiter, es überprüft Paulos Handlungsintentionen auf ihre Sinnhaftigkeit hin. Es begleitet Paulos Werdegang.

Das AE hat die Fähigkeit, sich mit jemandem zu verständigen, ohne dass dieser bei seiner Antwort den Mund öffnen muss, seine Gedanken werden zum AE übertragen wie ein gesprochenes Wort. Gleichzeitig merkt das Gegenüber, dass mit ihm gesprochen wird, ohne dass er den Absender der Worte sieht.

Als Peter in Templin seine Mechatroniker-Ausbildung gemacht hat, fragte das Das AE ihn einmal:

„Wie fühlst Du Dich in Deiner Ausbildung?“, und Peter antwortete:

„Es ist ungewohnt für mich, immer so früh aufzustehen und mich den Anweisungen des Ausbildungsleiters beugen zu müssen, aber es geht schon!“

Peter lebt mit seinen Eltern in der Kantstraße und hat dort ein eigenes Zimmer, er hat eigentlich ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern. Sein Vater war Rentner, und er kam oft spät von seinen Treffen mit Freunden nach Hause Peters Mutter saß dann meistens vor dem Fernseher und Peter machte feuertechnische Versuche zumeist im Keller. Eines Tages geschah es aber aus einer Unachtsamkeit heraus, dass Peter sein Versuch entglitt, und der Keller in Brand geriet, ein Nachbar konnte gerade noch mit seinem Feuerlöscher das Schlimmste verhindern.

„Woher stammt eigentlich Deine Liebe zu Feuer?“

„Ich weiß es auch nicht so genau, ich glaube, dass mein Großvater ein Feuerteufel gewesen ist und ich das von ihm geerbt habe.“

Als Peter nach Beendigung seiner Ausbildung ohne Job dagestanden ist, hat er zunächst nicht weiter gewusst, bis Verwandte ihm den Rat gegeben haben, sich im Westen um Arbeit zu bemühen und Firmen anzuschreiben, die in den großen Tageszeitungen annonciert haben. Er hat sich daraufhin ein paar Tage lang die Frankfurter Allgemeine und die Süddeutsche Zeitung gekauft und die Stellenanzeigen studiert, und anschließend hat er Briefe aufgesetzt. Von Weinlinden, wo er sein ganzes Leben lang noch nie gewesen war, hat er schließlich Post erhalten und sich bei, Hopfenbauern Herbert Zacher vorgestellt.

„Hast Du nicht von Anfang an ein schlechtes Gefühl bei Herbert Zacher gehabt?“

„Nein, in dem Moment, als ich mich bei ihm vorgestellt habe, bin ich froh gewesen, eine Zusage zu bekommen, noch dazu ist mir das Problem mit der Wohnung abgenommen worden.“ Von den politischen Querelen, die zwischen Leopoldsau und Weinlinden bestanden haben, hat Peter nichts mitbekommen, er hat seine Arbeit gemacht und sich aus allem anderen herausgehalten. Da die Tochter von Miriam und Herbert Zacher voltigiert hat, hat sie durch die gesamte Bundesrepublik zu Wettkämpfen gefahren werden müssen, und sie hat ihren ebenfalls reitende Freundin immer mitgenommen. Peter hat sich bemüht, die Mädchen auf Auslieferungsfahrten des Hopfens immer mitzunehmen und machte zu den Wettkampforten einen kleinen Umweg.

„Hast Du auf Deinen Fahrten daran gedacht, dass Du pädophil bist?“

„Woher weißt Du das, ja, ich habe in meiner Jugend einmal ein Negativerlebnis mit der Nachbarstochter gehabt, weshalb ich fürchterlichen Krach mit meinen Eltern bekommen habe.“ Es ist aber nie zu sexuellen Annäherungen an die Mädchen gekommen, Peter hat sie sogar anschließend immer auf ihr Zimmer getragen und sie auf ihr Bett gelegt. Peter macht seine Arbeit gut und Herbert Zacher ernennt ihn zu seinem Vorarbeiter.

„Wie hast Du Dich gefühlt, als Du zum Vorarbeiter befördert worden bist und den Neid Deiner Kollegen heraufbeschworen hast?“

„Ich glaube, dass das ein ganz normaler Vorgang gewesen ist, an meine Arbeitskollegen habe ich dabei überhaupt nicht gedacht.“ Zwischen Weinlinden und Leopoldsau liegt die Berger Mühle, sie gehört als Liegenschaft zu Leopoldsau und soll, wenn der Pachtvertrag ausgelaufen ist, zu einem Fortbildungszentrum der SPD werden, so der einstimmige Beschluss des Leopoldsauer Stadtrates. Leooldsau ist zutiefst sozialdemokratisch geprägt, während Weinlinden CSU-dominiert ist. Das Vorhaben der Leopoldsauer stößt deshalb bei den Weinlindenern auf erheblichen Widerstand,man will in seiner Nachbarschaft keine „linke Kaderschmiede“ haben, auf keinen Fall. Eines Tages kommt Herbert Zacher zu Peter und bittet ihn, Feuer an die Berger Mühle zu legen, damit die Pläne der Leopoldsauer vorerst zunichte gemacht werden. Herbert Zacher stellt Peter für für das Gelingen des Brandanschlages 10000 Euro Belohnung in Aussicht. Peter überlegt nur eine kurze Zeit, bis er sein Einverständnis gibt und den Brandanschlag penibel vorbereitet. Er erinnert sich an seine Versuche mit selbst hergestelltem Napalm und besorgt sich die dazu nötigen Dinge unter anderem in einem Baumarkt in Ingolstadt.

„Bist Du Dir nicht im Klaren darüber gewesen, dass zu einer kriminellen Handlung überredet worden bist?“

„Ich habe daran überhaupt keinen Gedanken verschwendet, ich habe nur im Kopf gehabt, ein Feuer zu entzünden, und der Gedanke hat mich fasziniert.“ Er ist zur Berger Mühle gefahren und hat dort alle Dinge, die er für das Feuer brauchte, abgelegt. Dabei wird er allerdings von Rosi Huber und Hans Diekmann beobachtet, die auf dem Parkplatz der Berger Mühle ein Schäferstündchen halten. Die beiden denken sich aber nichts dabei, dass Peter Globisch dort Kanister und einen Karton mit Kernseife deponiert. Bei dem Feuer wird die gesamte Mühle in Mitleidenschaft gezogen und, was Peter nicht beabsichtigt hat, die behinderte Mutter von Dieter Mertens, dem ehemaligen Pächter, getötet. Auf die Leiche der alten Frau stoßen die Mitarbeiter der Brandursachenerforschung, für sie ist auch der Hergang der Brandlegung schnell klar dargelegt. Rosi Huber stellt Peter Globisch im „Black Rose“,einer angesagten Diskothek in Weinlinden, zur Rede und Peter fühlt sich von ihr überführt. Er sieht seinen einzigen Ausweg darin, Rosi zu töten und macht das auf eine abscheuliche Weise.

„Warum hast Du Rosi Huber umgebracht?“

„Sie hat mich beobachtet, wie ich die Utensilien für den Brand bei der Mühle abgelegt habe und dann natürlich schnell geschlossen, dass ich der Brandstifter und Mörder gewesen bin.“ Hans Diekmann, der Redakteur beim Leopoldsauer Anzeiger ist, schreibt einen Artikel über die Berger Mühle und bringt Peter Globischs Tat zur Anzeige. Die Polizei kommt Peter deshalb schnell auf die Schliche und findet Rosis Blut an Peters Hose und auch das Messer, dessen Fund ihn schließlich zur Strecke bringt.

„Das hat Dir doch klar sein müssen, dass die Polizei Dich kriegt, wenn sie Deine blutverschmierte Hose und auch noch Dein Springmesser findet!“

„Ich habe mich sicher gefühlt, nachdem ich Rosi Huber umgebracht hatte und mir keine Gedanken über Spurenvernichtung gemacht.“ Peter Globisch wird zu 12 Jahren Haft verurteilt, die er in Augsburg im Gefängnis absitzen muss. In dieser langen Zeit geschehen verschiedene Dinge, die für den weiteren Verlauf der Geschichte von Bedeutung sind: Herbert Zacher muss seinen Betrieb schließen, Miriam lässt sich von ihm scheiden und macht einen eigenen Frisörsalon auf, Dieter Mertens betreibt in Leopoldsau sehr erfolgreich die „Traube“ und wohnt mit seiner Freundin ganz in der Nähe, Hans Diekmann steigt zum Chefredakteur beim Leopoldsauer Anzeiger auf und die Berger Mühle wird zum Fortbildungszentrum und auf den neuesten bautechnischen und ökologischen Stand gebracht. Peter Globisch hat während seiner Haft die Fachhochschulreife erworben. Er hat unter den erschwerten Bedingungen seiner Haft die Lernprozedur hinter sich gebracht und sich dabei den Spott seiner Mithäftlinge anhören müssen. Er blieb dennoch bei der Sache und schaffte den Abschluss.

„War die Haftzeit nicht sehr hart für Dich, noch dazu wo Du Dich dazu durchgerungen hast, Dein Fachabitur zu machen?“

„Natürlich ist das kein Zuckerschlecken in Augsburg gewesen und ich habe mir immer wieder die Frage gestellt, warum ich Rosi umgebracht habe, warum ich mich zu dem Brandanschlag habe überreden lassen, aber das bringt ja jetzt auch nichts mehr, ich habe meine Strafe absitzen müssen, und wenn die Umstände auch noch so erdrückend gewesen sind.“ Nach seiner Haftentlassung stellt sich für Peter die Frage, wie es mit ihm weitergehen soll, er muss eine Wohnung und einen Job haben, und das bei den Ressentiments, die bei den Menschen tief verankert sind. Aber da ist das Glück auf seiner Seite: Hans Diekmann klärt sein Verhältnis zu Peter und ist bereit, auf ganz normale Art mit ihm zu verkehren. Dieter Mertens gibt Peter einen Job in der „Traube“, und noch eine Zeit später bekommt er den Hausmeisterjob an der Berger Mühle, nachdem er bei der Stadt vorgesprochen hat. Besonders diese letzte Weichenstellung bringt Peter auf die rechte Bahn und macht aus ihm wieder einen geachteten Menschen. Er ist als Hausmeister für die organisatorischen Durchführung der Fortbildungsveranstaltungen und für den Unterhalt des Gebäudes zuständig, und das klappt in seinen Händen ausgezeichnet.

„Insgesamt gesehen hast Du doch nach Deiner Haftzeit sehr viel Glück gehabt, man hat Dir geholfen und gesehen, dass Du wieder in geordneten Bahnen lebst.“

„Ja, das stimmt, insbesondere bei der Stadt hat man mir Haftentlassenem sehr viel Vertrauen entgegengebracht und mir den Hausmeisterjob gegeben.“

„Hast Du eigentlich den Job an der Berger Mühle gern gemacht?“

„Ja, sehr gern, ich habe nach der langen Haftzeit endlich wieder eine sinnvolle Aufgabe gehabt, ich bin mit Menschen zusammengekommen, die über ein gewisses intellektuelles Niveau verfügt haben und daran interessiert gewesen sind, sich fortzubilden, dazu sind verschiedene Dinge gekommen, die am und im Haus zu verrichten gewesen sind.“ Peter lernt später Petra Herbers kennen, die die Putzfirma leitet, die in der Berger Mühle saubermacht. Petra lebt von ihrem Mann und dem Vater ihrer Tochter getrennt in einer Eigentumswohnung in Fischgründen, einem Nachbarort von Leopoldsau. Die beiden finden Gefallen aneinander und auch Moni, Petras Tochter, mag Peter gut leiden. Sie treffen sich mal bei Petra und mal bei Peter und kommen sich so immer näher. Dann kommt aber der Moment, vor dem Peter immer große Angst gehabt hat, in dem er Petra beichtet, dass er ein Mörder und Brandstifter ist.

„Das hat Dir doch sicher viel Kopfzerbrechen bereitet, dass Du Petra diese Verbrechen hast gestehen müssen!“

„Das kannst Du wohl sagen und wie sich gezeigt hat, habe ich mit meiner Vorahnung richtig gelegen, dass Petra sich sehr reserviert zeigen würde.“ Aber Petra fängt sich schnell wieder und lässt Peter nicht fallen. Sie fährt mit Moni und ihm nach Augsburg zu Compugate, wo Moni und er sich jeweils einen Computer kaufen, Moni für die Schule und er für sein Fernstudium, das er aufnehmen will. Peter ist über alle Maßen glücklich, dass Petra die Fäden zu ihm wieder aufgenommen hat. Sie vertraut darauf, dass Peter in der Lage ist, sein Leben in die Hand zu nehmen, nachdem er in der Haft sein Fachabitur gemacht hat. Er macht dann einen Termin, an dem er sich mit Petra treffen will, um sich auszusprechen, Petra will einfach von ihm wissen, wie es möglich war, dass er Taten von solcher Grausamkeit verüben konnte.

„Wie hast Du die Aussprache empfunden?“

„Ich habe auch davor einen ziemlichen Bammel gehabt, allerdings nicht mehr so stark, denn Petra wusste inzwischen ja, dass ich ein Mörder gewesen bin.“ Peter gesteht Petra im Anschluss, dass er ihre verständnisvollen Worte doch sehr gut findet, und er gern mit ihr zusammenbleiben möchte. Petra weist aber seinen Vorschlag fürs Erste noch zurück, weil sie gerade erst eine gescheiterte Beziehung hinter sich hat, und er sie deshalb verstehen soll. In er Folgezeit tragen sich beide für eine Fortbildungsveranstaltung in der Berger Mühle ein. Sie haben sich das Thema „Armut in der Bundesrepublik Deutschland“ ausgesucht und sind mit Inbrunst bei der Sache.

„Was hat für Dich im Vordergrund gestanden, Petra oder das Thema?

„Ich habe zuerst an Petra gedacht, aber auch das Thema hat mich brennend interessiert!“ Peter, inzwischen Student, belegt das Fach Volkswirtschaft an der Fernuniversität und kommt mit der Arbeit prima zurecht. Er ist ein eifriger Student und lernt viel bei sich zu Hause, besonders vor Klausuren, die ihm aber immer sofort mindestens gut gelingen. Eines Tages beschließen Petra und er aber doch, zusammenzuziehen, und Moni freut sich, dass sie zusammenfinden. Peter hat, nachdem seine Eltern in Templin gestorben sind, 200000 Euro geerbt, die er in den Hauskauf stecken will.

„Wie ist der Schritt für Dich gewesen, mit Petra zusammenzuziehen?“

„Ich kann Dir gar nicht beschreiben, wie sehr ich mich darüber gefreut habe!“ Sie geben eine Annonce auf und haben tatsächlich Glück: es wird ihnen ein altes Haus direkt an der Donau angeboten, das grundsolide ist, und an dem die wichtigsten Reparaturen bereits vorgenommen sind. Fortan wohnen sie im Donau-Haus, das so heißt, weil es direkt am Donau-Ufer liegt. Peter hat die Zeit nicht, über die normalen Hausreparaturen hinaus große Renovierungsarbeiten zu verrichten, er ist zu sehr in seinem Studium befangen. Eines Tages eröffnet Petra ihm, dass sie schwanger ist, und Peter und sie sind glücklich. An Heiraten denken die beiden nicht, denn um glücklich zu sein, muss man nicht heiraten. Petra bekommt einen Jungen und mit Monis und Peters Einverständnis nennt sie ihn Alexander. Nachdem sie ihre Babypause beendet hat, muss sie an eine Kinderfrau denken und gibt einen Annonce auf, auf die sich alle möglichen Frauen melden, sympathische und unsympathische. Sie entscheidet sich schließlich für Anna aus Polen, die von Anfang an einen Draht zu Alexander hat und viel Wärme ausstrahlt. Anna ist mit ihrem Mann Krzysztow von Breslau nach Deutschland gekommen, und sie kann das Geld für die Tätigkeit als Kinderfrau gut gebrauchen, denn Krzysztow verdient auch nicht so viel. Die beiden haben einen Sohn, Jan, der in Monis Alter ist und mit ihr auf das Gymnasium kommt. Da die Urlaubszeit angebrochen ist, steht die Frage im Raum, wohin denn alle fahren sollen, und da macht Anna den Vorschlag, doch nach Polen zu fahren, auf dem Hinweg können alle bei ihren Eltern schlafen. Eine längere Zeit zum Entspannen könne man auf Hel machen. Das ist die Halbinsel, die die Danziger Bucht abschließt, und die auf der Seeseite wunderschöne Strände zu bieten hat. Also packen sie alle Sachen in Petras Corsa und fahren nach Polen. Sie kommen nach langer Fahrzeit in Breslau an und werden dort von Annas Eltern verwöhnt. Alexander macht die lange Fahrt nichts aus, wenn er nicht gerade schläft, nuckelt er an seinem Babyfläschchen und ist ansonsten still.

„Euer Verhältnis zu Anna und Krzysztow ist von Anfang an gut?“

„Wir haben nie Probleme mit ihnen gehabt, das ist bei dem ausgeglichenen Wesen von Anna auch gar nicht möglich!“ Peter macht seinen Abschluss in VWL und ist zufrieden mit sich, Petra hört auf zu arbeiten und überlässt Peter die Leitung des Betriebes.

„Wenn Du noch einmal zurückdenkst, fühlst Du Dich dann vollkommen resozialisiert?“ Es entsteht eine kurze Pause des Überlegens.

„Ich denke schon, dass ich eine Menge glücklicher Fügungen erlebt habe, die sich in Richtung Resozialisierung entwickelt haben, ob ich vollkommen resozialisiert bin, weiß ich gar nicht zu beurteilen, ich finde das auch gar nicht so wichtig, wichtig ist für mich doch, dass ich ein Leben leben kann, wie es jeder andere auch lebt, vielleicht geht es uns materiell ein wenig besser als anderen. Ich denke, dass das, was ich getan habe, nie aus meinem Gedächtnis getilgt sein wird, ich habe aber gelernt, damit umzugehen.“

Das AE und Paulos Werdegang

Paulo Köhler hat zwei Brüder, die älter sind als er. Er ist derjenige, der es auf das Gymnasium schafft, nachdem er dort eine Aufnahmeprüfung absolviert.

„Hast Du Dich eigentlich als etwas Besseres gefühlt, als Du auf das Gymnasium gekommen bist?“

„Ich weiß noch, wie wir alle in der neuen Klasse gestanden gaben, und sich nur wenige gekannt haben, an so etwas wie Sich-besser-Fühlen hat niemand von und gedacht.“

Unterstützt durch seine Mutter, die die fünf spanischen Hauptflüsse kennt, entdeckt Paulo an sich eine große Lieben zu Spanien. Er fährt mehrere Male in Urlaub dorthin, seine Sprachkenntnisse halten sich dabei in Grenzen. Er erhält von allen wegen seiner Spanienliebe den Vornamen von Picassos Sohn, Paulo. Paulos Vater macht vor allem dadurch auf sich aufmerksam, dass er, wenn er nicht gerade als Polizist im Dienst ist, zu Hause Arbeitsaufgaben an seine Kinder verteilt. Da Paulo als Schüler nachmittags zu Hause ist, ist er es in der Regel, der die Aufgeben erledigen muss. Er muss sich im Wesentlichen um den Garten, die Tiere (Hühner und Kaninchen) und das Schuheputzen kümmern.

„Hast Du Deinen Vater gehasst, weil er die ganzen Arbeitsaufgaben auf Dir abgeladen hat?“

„Nein, gehasst ist das falsche Wort ich habe schon als Junge sehr früh gemerkt, dass er vom Krieg gezeichnet ist und unter der Fuchtel meiner Mutter gestanden hat. Mutter hat alles in der Hand gehabt, sie ist die wahre Autorität gewesen.“ Paulo hebt sich als Gymnasiast wie alle anderen Gymnasiasten von der Normalität ab, was sich vor allem in seinem Äußeren abbildet, und seine Eltern lassen ihn gewähren. Er durchlebt als Jugendlicher eine ganz gewöhnliche Zeit mit Jungen- und später auch mit Mädchenfreundschaften. Er baut sich mit seinem mittleren Bruder im Garten eine Bude und eine Karre, mit der sie durch die Gegend fahren. Mit seinen Freunden stromert er durch die Nachbarschaft, angelt in Bombentrichtern, die es noch lange Zeit gibt, oder er schwimmt im Kanal. Und bei aller Bescheidenheit, in der er zu Hause aufwächst, schafft es die Mutter immer wieder, ihm ein Gefühl er Geborgenheit zu vermitteln, er fühlt sich zu Haue sehr wohl.

„Das Verhältnis zu Deinem Vater zu beschreiben fällt Dir sicher nicht leicht.“

„Ich habe ja schon gesagt, dass die Fäden bei uns von der Mutter gezogen worden sind, Vater hat sich da kaum mal eingemischt, er hat nie vom Krieg geredet, aber es ist klar gewesen, dass er Schlimmes im Krieg erlebt hat.“ Nach und nach wächst Paulo heran und bekommt mit, wie sein Elternhaus plötzlich zum Zentrum des politischen Geschehens in der evangelischen Kirchengemeinde wird, nachdem sein Vater zum Kirchmeister gewählt worden ist. Ohne sein Plazet und das Plazet des Presbyteriums, dessen Vorsitzender er ist, läuft in der Gemeinde nichts, und so gehen die Pastoren zu Hause ein und aus. Natürlich sind sein Bruder und er stramme Kirchgänger gewesen, und das wird jetzt auch besonders erwartet. Aber spätestens nach der Konfirmation lässt das nach, bis der Kirchgang ganz aufhört. Im fortgeschrittenen Jugendalter zeigen Paulo und seine Mitschüler geradezu exaltierte Verhaltensweisen und kleiden sich in einer Weise, dass die Erwachsenen nur ihre Köpfe schütteln. Auch trägt Paulo dann sein Haar sehr lang, und weil es nicht glatt anliegt, steht es ab und bildet einen mächtigen Wuschelkopf.

„Die Leute müssen ja ihre Hände über den Köpfen zusammengeschlagen haben!“

„Wir haben auf unsere Mitmenschen gar nicht geachtet, sie und ihre Meinung sind uns einfach egal gewesen!“ Zu seinem älteren Bruder hat Paulo wegen des Altersunterschiedes kaum Kontakt, im Gegensatz zu seinem mittleren Bruder, zu dem er den Kontakt aufrechterhält. Er hat mittlerweile in Holland seine zukünftige Frau kennengelernt und wird bald mit ihr zusammen in Vlissingen leben. Paulo macht mit Ach und Krach sein Abitur, aber das ist ihm egal, er hat die allgemeine Hochschulreife und empfindet auch so etwas wie Stolz.

„Hast Du konkrete Pläne gehabt, was Deine Zukunft anbelangt hat?“

„Es ist klar gewesen, dass ich zum Bund muss und danach studieren gewollt habe, aber zuerst haben meine Freundin und ich reisen wollen, wir haben nach Mexiko gewollt!“ Tina ist der Name von Paulos Freundin und späterer Frau, Jutta und Jupp sind ein befreundetes Pärchen, und Paulo und sie machen sich zuerst auf nach Brüssel, von wo aus eine Aeroflot-Maschine zunächst nach Moskau startet. Sie steigen in Brüssel in die Zubringermaschine zu der IL 62, die den Fernflug nach Mexico-City absolviert. Sie haben in Moskau einen langen Aufenthalt und vertreiben sich die Zeit mit Kartenspielen. Von Moskau aus geht die Reise nach Lissabon, Kuba und danach nach Mexiko.

„Habt Ihr für Euren Mexikourlaub eine feste Reiseroute vorher geplant?“

„In groben Zügen ja, wir haben uns auf den Süden des Landes festgelegt, weil das Land sehr groß ist, und wir gar nicht alles haben sehen können.“

Sie fahren von Mexico-City aus nach Acapulco und Puerto Escondido, um einmal so richtig den Pazifik zu genießen. Acapulco enttäuscht alle vier, die Bucht, an der Acapulco liegt, ist nicht so sauber, wie gedacht. Dafür bietet aber Puerto Escondido alles, was das Herz begehrt. Anschließend fahren sie nach Oaxaca und über Tuxtla Gutierrez nach Palenque.

„Seid Ihr nicht ziemlich durch das Land gehetzt?“

„Nein, wir haben uns schon Zeit für die Orte gelassen, in denen wir gewesen sind, es ist manchmal etwas mühsam gewesen, sich vorwärts zu bewegen, wir haben aber immer alle Städte erreicht, die wir aufsuchen gewollt haben.“

Nachdem der Palenque-Aufenthalt vorüber ist, trennt sich die Gruppe, Paulo und Tina haben eine Woche mehr Zeit als Jutta und Jupp, und sie gahren auf die Halbinsel Yukatan. Der Zusammenhalt unter den vieren hat während des Urlaubs prima geklappt, dazu sind solche Urlaube ja immer die geeigneten Gelegenheiten, es hat keinen Streit gegeben, weder über die Reiseroute noch über sonst irgendwas. Paulo und Tina geht auf Yukatan das Geld aus, und sie lassen sich von Deutschland Nachschub nach Veracruz schicken. Als sie dort nach langer Busfahrt ankommen, nehmen sie 400 US $ in mexikanischen Pesos in Empfang, eine Riesensumme. Sie leben in den letten Tagen ihres Urlaubs in Saus und Braus und fliegen von Veracruz nach Mexico City. Von dort geht es nach Moskau zurück und sie haben Gelegenheit, sich die Hauptstadt der ehemaligen UdSSR anzusehen, weil sie sich in Mexiko mit Visa versorgt haben. Danach fliegen sie wieder nach Brüssel, wo sie von Jutta und Jupp abgeholt werden.

„Das war Deine erste Fernreise, hast Du sie als sehr anstrengend empfunden?“

„Wir sind ja mit allem ausgestattet gewesen, was einem so eine Reise erleichtert, wir sind auch in Mexiko geflogen, haben gute Hotels gehabt und gut gegessen. Ohne unseren finanziellen Mittel hat der Urlaub wohl nicht so gut klappen können!“

Weil der Urlaub so gut über die Bühne gegangen ist, beschließen die vier anlässlich eines Dia-Abends mit Essen,einen weiteren Urlaub folgen zu lassen. Es soll aber nicht so ganz weit weg gehen, und sie überlegen, in eine Hauptstadt zu fliegen, die 3-4 Stunden Flug entfernt liegt. Nach einigem Hin- und Herüberlegen entscheiden sie sich für Istanbul, das ist zwar nicht die Hauptstadt der Türkei, aber auch eine Metropole mit internationalem Flair. In der Türkei ist noch niemand von den Vieren gewesen, und so ist jeder von ihnen gespannt darauf, was ihn in Istanbul erwartet. Der Flug geht dieses Mal von Düsseldorf aus und sie brauchen 3.5 Stunden, bis sie auf dem Atatürk-Flughafen landen.

„Ihr hättet doch auch nach Athen oder Barcelona fliegen können, warum ausgerechnet Istanbul?“

„Wir haben beratschlagt und auch diese Städte in Erwägung gezogen, aber uns alle hat gereizt, an die Grenze zu Asien zu fliegen!“ Die vier haben von zu Hause aus ein 4-Sterne-Hotel gebucht und sind dort eingezogen, nachdem sie sich durchgefragt haben. Sie haben sich auf lange und ausgiebige Wanderungen durch die Stadt gefasst gemacht. Nachdem sie sich frisch gemacht heben, laufen sie gleich los und gehen zum Pudding-Shop, das ist heute ein edles Restaurant und früher ein Hippie-Treffpunkt gewesen. Sie gehen zur Sultan-Ahmed-Moschee, zur Hagia Sophia und zur Suleymanyie-Moschee, und sie schauen sich den Großen Basar ausgiebig an. Abends merken sie immer, was sie am Tage getan haben und strecken alle Viere von sich. Sie fahren nach Eyüp und sehen sich dort die Moschee des Fahnenträgers Mohammeds an. An einem Tag fällt Paulo in einer Besichtigungspause in einen tiefen Schlaf und in einen Traum. Er träumt von einer Familie, in der er als Jugendlicher lebt, sie wohnen auf der andere Seite des Halic. Er lebt dort mit Vater, Mutter und zwei Schwestern.

„Wie kommst Du auf so einen Traum?“

„Ich weiß es auch nicht, Träume stellen sich ja ein, ohne dass man auf deren Zustandekommen einen Einfluss hätte.“

„Interessanterweise hast Du in Deinem Traum zwei Schwestern anstatt zweier Brüder.“

Ja, aber beide Schwestern sind älter als ich und da gibt es Parallelen.“

„Und Du hast eine Katze, die Du Filippo nennst.“„

Ja, auch eine Parallele zu meinem wirklichen Zuhause, ich bin schließlich mit Katzen groß geworden.“ Paulo fährt mit seine Geschwistern und seinen Eltern zu seinem Onkel Aydin und der schenkt ihm eine kleine Katze. Paulo ist außer sich vor Freude und sehr um seine Katze besorgt. Sein Hautaugenmerk richtet er darauf, sie in die Gemeinschaft der übrigen Katzen einzuführen, was ihm nach anfänglichen Schwierigkeiten auch gelingt. Er gibt seiner Mutter Fütterungsaufträge für die Zeit, in der er in der Schule ist, und er gewöhnt seine Katze Filippo ganz allmählich an das Leben draußen, wo auf Filippo viele Gefahren lauern. Nach und nach entwickelt sich eine gutes Verhältnis zwischen den beiden. Filippo begleitet Paulo, oder Orhan, wie er in der Geschichte heißt, morgens immer bis zum Tunel, der eine Art Schrägseilbahn in die Oberstadt ist und läuft im Anschluss wieder nach Hause.„Wie eng ist denn Deine Beziehung zu der Katze gewesen, haben Deine Schwestern auch einmal mit ihr spielen gedurft?“„Nur, wenn ich dabei gewesen bin, sie haben Filippo sonst zu sehr verhätschelt.“ Paulo hat für Filippo einen Schlafplatz in der Küche eingerichtet, und die Katze hat sich schnell daran gewöhnt. Sie spielt morgens und lässt sich von Paulos Mutter verwöhnen, und sie scheint auf Paulo zu warten, damit er sich intensiv mit ihr beschäftigt.„Da hat die Katze ja einen festen Platz in Deinem Leben eingenommen!“ Filippo ist ein richtiges Familienmitglied geworden und ist von allen auch als solches angesehen worden. Eines Tages bleibt Filippo von seinen Streifzügen durch die Umgebung weg und kehrt nicht wieder nach Hause zurück. Auch am zweiten und dritten Tag bleibt Filippo weg und Paulo organisiert eine großangelegte Suchaktion. Er verfährt dabei arbeitsteilig und spannt auch seine Schwestern in die Suchaktion ein, ohne dass sie aber Erfolg haben, Filippo bleibt verschwunden. Am Ende läuft Paulo die Halic-Brücke entlang und fragt bei den verschiedenen Brückenrestaurants, aber niemand hat Filippo gesehen. Am Anfang der Brücke fragt er auch die Angler, die dort immer stehen und Weißfische angeln. Aber auch von den Anglern hat niemand Paulos Katze gesehen. Im Anschluss an seine Suche an der Halic-Brücke kommt Paulo an den Anleger der Fähre nach Üsküdar, die gerade abgelegt hat, und da ist Paulo klar, dass Filippo sich auf der Fähre versteckt hat und auf dem Weg nach Asien ist.„Da bist Du aber mächtig traurig gewesen, als Deine Katze mit einem Mal verschwunden ist!“„Das kannst Du wohl laut sagen, Filippo ist mir doch ans Herz gewachsen!“ Als Paulo am Ende seines Traumes wieder wach wird, merkt er, dass er fest geschlafen hat. Die vier setzen ihre Stadtbesichtigung fort, bis ihr Istanbul-Urlaub zu Ende ist und sie wieder nach Hause fliegen. Ein weiterer gemeinsam er Urlaub wird von niemandem ausgeschlossen, sie legen sich da aber noch nicht fest. Vielleicht sollten sie einmal nach Afrika fliegen, in eines der nördlichen Länder, da ist man in 4 Stunden hingeflogen, aber sie lassen die Entscheidung darüber noch offen.

Das AE und Paulo auf Reisen

Paulo meldet sich freiwillig zur Bundeswehr, weil die ganze Klasse es so macht, und alle die Offizierslaufbahn einschlagen wollen, um Leutnant zu werden.

„Warum hast Du nicht verweigert?“ Paulo muss eine Zeit lang überlegen, bevor er antwortet:

„Es ist, wie gesagt, der Trend in meiner ganzen Klasse gewesen, sich beim Bund zu verpflichten, alle haben sich gesagt: wenn schon zum Bund, dann auch die Offizierslaufbahn!“ Es ist damals bei dem Verweigerungsprozess ungleich rigider verfahren worden als heute. Man hat verschiedene Stufen der Überprüfung durchlaufen müssen, bis man anerkannt worden ist. Paulo gefällt es von Anfang an nicht beim Bund, es haben sich völlig unqualifizierte z.T. sehr junge Gefreite zu Befehlsgebern aufgeschwungen, die man einfach nicht hat ernst nehmen können. Eine Zeit lang darf Paulo noch seine langen Haare tragen, dann aber heißt es: Haare ab, jeder darf sein Haar nur noch so lang tragen, dass es in er Länge nicht den Hemdkragen berührt, außerdem müssen „Schiffchen“ und Stahlhelm einwandfrei passen. An den Wochenenden gibt es Stubendurchgänge, von denen es abhängt, ob die Betroffenen ihre zum Teil lange Heimreise antreten dürfen oder nicht. Es setzt dann die sogenannte NATO-Rally ein, und nicht selten kommt es dabei zu schweren Unfällen. Paul wohnt über ein Jahr während seiner Bundeswehrzeit in Delmenhorst mit seiner Freundin im Bremer Ostertorviertel, und sie haben dort eine kleine aber gemütliche Wohnung.

„Als was hast Du die Bundeswehrzeit empfunden?“