Das Ungeheuer von Florenz - Magdalen Nabb - E-Book

Das Ungeheuer von Florenz E-Book

Magdalen Nabb

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Beschreibung

Zwischen 1968 und 1985 wurden in der Umgebung von Florenz acht Liebespaare ermordet ­ eine bis heute nicht restlos aufgeklärte Verbrechensserie. Magdalen Nabbs Roman über diesen wahren Fall ist plausible Hypothese und spannendes Stück Literatur zugleich.

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Seitenzahl: 627

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Magdalen Nabb

Das Ungeheuervon Florenz

Guarnacciaszehnter Fall

Roman

Aus dem Englischen vonSilvia Morawetz

Titel der 1996 bei

HarperCollins Publishers, London,

erschienenen Originalausgabe:

›The Monster of Florence‹

Copyright © 1996 by Magdalen Nabb

Die deutsche Erstausgabe

erschien 1997 im Diogenes Verlag

Umschlagfoto von Albano Guatti

Copyright © Albano Guatti

All rights reserved

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © 2014

Diogenes Verlag AG Zürich

www.diogenes.ch

ISBN Buchausgabe 978 3 257 23097 0 (14. Auflage)

ISBN E-Book 978 3 257 60597 6

Inhalt

Hinweis für den Leser

Anmerkung des Autors

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Autorenbiographie

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Die grauen Zahlen im Text entsprechen den Seitenzahlen der im Impressum genannten Buchausgabe.

[5] Die Handlung dieses Buchs ist frei erfunden. Angeregt wurde sie jedoch durch acht Doppelmorde, die zwischen 1968 und 1985 in der Gegend von Florenz verübt wurden. Einzelheiten, die sich auf diese Verbrechen beziehen, entsprechen den Tatsachen, die Namen der Opfer wurden jedoch verändert. Die Schilderung von Verlauf und Inhalt der kriminalistischen Untersuchung ist vollständig erfunden. Namen, Figuren und Ereignisse, die in der Geschichte dargestellt werden, sind reine Phantasieprodukte der Autorin. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebenden oder toten, wäre rein zufällig.

[7] 1

Es war so dunkel auf dem Domplatz an jenem Samstagabend im November, daß man meinte, es müsse sehr kalt sein. Doch die Leute, die unter Giottos Marmorturm von einem Geschäft zum anderen hasteten, als die große Glocke sechs schlug, waren schweißgebadet und übelgelaunt. Irgendwo schrie ein kleines Kind und stampfte trotzig mit den Füßen auf. Maresciallo Guarnaccia bahnte sich den Weg durch die Menge und wünschte, er hätte sich nicht dazu verleiten lassen, einen Mantel anzuziehen. Alles an diesem Abend war winterlich, nur die Temperatur nicht, und da er zu dem Schluß gekommen war, es sei am besten, nicht in Uniform zu gehen, schwitzte er nun heftig und verfluchte nicht nur die schwere Wolle auf seinem Rücken, sondern auch seine Entscheidung, zu Fuß durch das Zentrum von Florenz zu gehen und nicht das Auto zu nehmen. Er wollte immer ein wenig von seinem Übergewicht loswerden, doch bei allem, was aus seinen guten Vorsätzen wurde, konnte er es ebensogut bleibenlassen.

Die Menschen erstiegen die marmornen Stufen zum schweren bronzenen Domportal und zur Samstagabendmesse, herbeigerufen von der noch immer läutenden Glocke. Der Maresciallo verließ den Platz durch die schmale Via de’ Servi, wollte sich nicht dem noch dichteren Gedränge und dem lärmenden Verkehr der breiteren und geschäftigeren Via Martelli aussetzen. In der ruhigeren [8] Straße angekommen, verlangsamte er seinen Schritt, hoffte, weniger zu schwitzen, und ging die Ausrede durch, die er sich für den inoffiziellen Besuch, zu dem er unterwegs war, zurechtgelegt hatte. Eine komische Sache, offiziell ließ sich da natürlich gar nichts machen. Dafür gab es Experten. Trotzdem konnte er das einem alten Bekannten nicht abschlagen. Der junge Mann mußte jetzt dreißig sein. Die Jahre verflogen so schnell.

Marco Landini war ungefähr siebzehn gewesen, als der Maresciallo ihn an einem heißen Samstagabend gegen halb elf zum ersten Mal gesehen hatte, an der Piazza Santo Spirito, im offenen Eingang zu einer Wohnung im ersten Stock kauernd und weinend. Der Krankenwagen mit dem Opfer einer Überdosis war gerade abgefahren, leise, ohne Sirene. Der Junge war schon tot gewesen. Der Maresciallo stand da und schaute auf den in der Haustür liegenden Jungen hinab. Eigentlich weinte er gar nicht, er heulte vielmehr, fast wie ein Hund. Er schien in guter körperlicher Verfassung zu sein und war gut gekleidet. Offenbar noch kein Gewohnheitskonsument. Es war gerade Mode, sich samstagabends einen Schuß zu setzen, und wer die Schule schwänzte, tat das, um einen Tag im Bett zu liegen, das Dröhnen des Walkmans im Ohr, während ein Blutstropfen den über den Bettrand gestreckten Arm hinabrann. Die Straßen, Discos und Schultoiletten waren damals übersät mit Spritzen, und nur Eltern, die ebenso unschuldig wie ahnungslos waren, hatten keine Angst.

»Na komm, reiß dich zusammen«, sagte der Maresciallo barsch, »sieh zu, daß du nach Hause kommst. Kannst du gehen?«

[9] Der Junge nickte und zog den Atem tief ein, um sein Heulen in den Griff zu kriegen.

»Mir geht’s gut. Ich … ich meine, ich hab nicht …«

»Na, dann steh auf. Schieb ab.«

»Wo sind die anderen …?« Der Junge begriff anscheinend erst in diesem Augenblick, was geschehen war. Er rieb sich wie ein Kind mit der Hand über die geröteten Wangen und sah durch die Tür in die Wohnung hinein. Ein kleines Zimmer war zu sehen, das bis auf zwei Klappbetten mit fleckigen Matratzen und einen schmutzigen Ausguß in einer Ecke kahl war. Spritzen, Gummischläuche und ausgedrückte halbe Zitronen waren über die schmutzigen gesprenkelten Bodenfliesen verstreut.

»Was hast du denn erwartet?« sagte der Maresciallo. »Sie sind weggerannt, als sie sahen, daß der Junge stirbt.« Seltsam genug, dachte er bei sich, daß sie sich überhaupt die Mühe gemacht haben, Hilfe zu holen.

»Ich hab den Krankenwagen gerufen«, sagte der Junge, als beantworte er den unausgesprochenen Gedanken. »Ich weiß nicht, wer er war. Er war ihr Freund. Sind sie mit ihm im Krankenwagen mitgefahren? Sie werden es seiner Mutter sagen müssen, nicht? O Gott, stellen Sie sich bloß vor … Sandro, wo ist Sandro?«

»Kümmere dich nicht um Sandro, steh auf.«

Der Junge gehorchte und versuchte, sich zu säubern, sein Blick noch immer angezogen von dem leeren Raum.

»Ich muß Sandro finden, wissen, ob er okay ist. Er ist mit mir hergekommen.«

»Gegangen ist er aber ohne dich. Bei diesem Spiel gibt es keine Freunde. Ich bin derjenige, der es der Mutter des [10] toten Jungen wird sagen müssen. Ist dir klar, daß ich dich verhaften könnte? Die anderen waren schlauer als du. Tu mir den Gefallen und geh nach Hause. Und vergiß nicht, es könnte deine Mutter sein, der ich es beim nächsten Mal sagen muß.«

Der Maresciallo hatte Marco an jenem Abend nicht verhaftet, den Grund dafür hätte er nicht genau angeben können. Es war ihm vielleicht schon Lehre genug, dabeigewesen zu sein, wie einer starb. Der Junge hatte etwas Entwaffnendes an sich, und der Maresciallo lud ihn sogar zu einem Kaffee in der Bar im Erdgeschoß ein, bevor er ihn nach Hause schickte und sich des Problems der Lasterhöhle oben im Haus annahm.

Der Vorfall in jener Nacht hatte tatsächlich seine Wirkung gehabt. Marcos Vater, der, wie sich herausstellte, ein bekannter Kunsthistoriker und -kritiker war, suchte den Maresciallo auf, angeblich um sich zu entschuldigen und zu bedanken. Zuerst entschuldigte sich Marco selbst und dankte ihm, dann schickte ihn sein Vater aus dem Raum und bot dem Maresciallo Geld an. Der Maresciallo lehnte ab und starrte Landini mit großen Augen ausdruckslos an. Er mochte den Mann nicht.

»Ich will nichts«, sagte er. »Ich werde dafür bezahlt, daß ich meine Arbeit mache.«

»Na, kommen Sie, sicher …«

Da stand der Maresciallo auf. »Geben Sie auf den Jungen acht«, sagte er abschließend. Eine vergebliche Mahnung, wie sich zeigte, denn Landini lebte nicht mehr mit Marcos Mutter zusammen, sondern mit einer anderen Frau, die er später auch heiratete. Er kam noch immer für den Unterhalt [11] seiner ersten Familie auf und fühlte sich folglich dazu berechtigt, gelegentlich als deus ex machina aufzutauchen und Vorschriften zu machen. Von dieser Art war auch sein Auftritt in der Wache der Carabinieri im Palazzo Pitti gewesen, der seinen Sohn tief beschämt hatte. Armer Marco.

Der Maresciallo trat auf die Piazza Santissima Annunziata hinaus, und sein Blick ging automatisch nach rechts, wo die ganze Front des Waisenhauses aus dem 15. Jahrhundert mit den Medaillons der weißen eingewickelten Babys auf blauem Grund angestrahlt wurde. Selig die Waisenkinder, sie haben keinen Ärger mit der Familie, sagten die Leute. Kinder wie Marco hatten es jedenfalls sicher am schwersten: Sie waren zwar keine Waisen, doch hatten sie auch keine Familie. Der Maresciallo ging an dem dunklen Klotz der Reiterstatue vorbei und verließ den Platz auf der rechten Seite.

Marcos Anruf neulich hatte ihn nicht überrascht; alle Zeitungen hatten von Landinis Tod berichtet, er war sogar in den Fernsehnachrichten gemeldet worden. Landini hatte eine umfangreiche Gemäldesammlung hinterlassen.

»Haben Sie gehört?«

»Ja, ich hab’s in La Nazione gelesen.«

»Er hat mir ein bißchen Geld und das Atelier hinterlassen. Ich war ein wenig überrascht, um ehrlich zu sein, aber ich gebe zu, ich kann es zur Zeit wirklich brauchen.«

»Das freut mich für dich.« Er behielt den Gedanken für sich, daß Landini zu seinen Lebzeiten wenig genug für seinen Sohn getan hatte.

»Als er noch lebte, war er mir nie ein besonderer Vater gewesen.« Wie immer seit ihrer ersten Begegnung schien [12] Marco seine Gedanken zu lesen. »Jetzt kann ich mir mit meiner Freundin – wir haben zusammen in Architektur abgeschlossen – ein Atelier einrichten. Wenn wir erst auf eigenen Füßen stehen, wollen wir heiraten …«

»Gut. Und wo ist das Problem?«

Ein Augenblick des Zögerns. »Oje … anscheinend melde ich mich bei Ihnen nur, um Ihnen ein Problem aufzuladen.«

»Nein, nein, das meinte ich nicht so. Ich habe das nur gesagt, weil ich deiner Stimme anmerke, daß du besorgt bist.«

»Bin ich auch. Kann ich zu Ihnen rüberkommen? Wenn Sie nichts dagegen haben.«

Ein Bild machte ihm Sorgen, ein Ölporträt aus dem siebzehnten Jahrhundert. Es gehörte nicht zur Sammlung seines Vaters, denn sonst wäre es nicht im Atelier stehengeblieben. Landini hatte schon seit einigen Jahren gewußt, daß seine Tage gezählt waren, und er hatte seine Angelegenheiten geregelt. So hatte er auch die wertvolleren Möbelstücke aus dem Atelier, das sein Sohn erben sollte, in das Haus seiner zweiten Frau transportiert. Und doch stand da unerklärt, unerklärlich dieses anscheinend wertvolle Gemälde auf einer Staffelei mitten auf dem weißen Marmorboden.

Ein Brief war von der Florentiner Niederlassung eines berühmten Londoner Auktionshauses gekommen, gefolgt von einem persönlichen Besuch. Alles sehr diskret. Signor Landini habe mit ihnen über den Verkauf eines Porträts von Anna Caterina Luisa dei Gherardini, gemalt von Antonio Franchi, gesprochen und sei so freundlich gewesen, ihnen eine Fotografie zu überlassen. Sollte die Contessa [13] unter den gegebenen Umständen nicht mehr verkaufen wollen, werde man natürlich …

»Die Contessa? Sie meinten deine Mutter?«

»Genau. Meine Mutter, Maresciallo, besitzt nichts außer einem alten Florentiner Namen. Deshalb hat er sie auch geheiratet. Mein Vater hat Geld gemacht, neues Geld, aber der Name Gherardini war ihm zu Beginn seiner Laufbahn nützlich in den Kreisen, in denen er verkehren wollte. Jedenfalls, das Bild gehört ihr nicht, und selbst wenn, wäre sie die letzte, die erlauben würde, daß es verkauft wird …« Er zögerte und verstummte.

Der Maresciallo hörte zu und wartete. Der Junge verheimlichte irgend etwas, aber das würde schon noch herauskommen. Er sagte nichts, und seine großen ausdruckslosen Augen ließen nicht erkennen, was er dachte.

»Mein Vater hat ziemlich viel auf eigene Rechnung gehandelt, neben den Schätzungen und Zuschreibungen, die er gegen Honorar angefertigt hat, und daher wäre es auch nichts Besonderes, daß ein unidentifiziertes Bild im Atelier steht, wenn er nicht den Namen meiner Mutter ins Spiel gebracht hätte …«

»Befürchtest du, daß es gestohlen ist?«

Marco schaute zu Boden, sein Gesicht begann zu brennen. »Entweder das, oder es ist eine Fälschung.«

Wieder hörte der Maresciallo nur zu und wartete. Das war noch nicht alles, sonst hätte Marco sich entspannt. Er entspannte sich aber nicht.

»Hast du mit deiner Mutter darüber gesprochen?«

»Nein. Wie könnte ich denn? Sie würde doch dann mit hineingezogen werden, ob es nun ihr Bild ist oder nicht. Sie [14] hat ihn gehaßt, wissen Sie, und mehr als alles andere hat sie es gehaßt, finanziell abhängig von ihm zu sein, weil er sich einbildete, das gäbe ihm das Recht, alles zu bestimmen, wie er es ja auch getan hat.«

»Das verstehe ich, aber was willst du tun? Und was soll ich für dich tun?«

»Ich möchte die Sache aufklären, ohne meiner Mutter etwas zu sagen, ohne daß die Zeitungen etwas davon erfahren. Wenn das Bild gestohlen ist, möchte ich, daß es ohne einen großen Skandal zu seinem Eigentümer zurückkehrt – das wird doch wohl gehen? Ich habe es nicht gestohlen, und mein Vater ist schließlich tot, ihn kann man nicht belangen, auch wenn es herauskommt.«

»Tja … ich bin nicht sicher, was passieren würde, das fällt nicht in meine Zuständigkeit. Dir wird nichts geschehen, denn es wurde dem Auktionshaus ja angeboten, bevor du es geerbt hast. Aber deine Mutter … ich finde, du solltest es ihr sagen.«

»Nein, auf keinen Fall, das kann ich nicht machen.«

»Dann brauchst du fachmännischen Rat. Ich weiß nicht, ob ein Bild gestohlen ist oder nicht, und was Fälschungen betrifft …«

»Aber Sie haben ein Sonderdezernat in Rom. Das habe ich schon allein herausbekommen, und dort sollte man wissen, ob es als gestohlen registriert ist.«

»Und falls ja? Wenn ich denen die Information zukommen lasse, tun die, was sie tun müssen.«

»Was sollte denn passieren, wenn ich es doch zurückgeben will?«

»Die Leute in Rom können das Bild nicht einmal anfassen, [15] geschweige denn an seinen Besitzer zurückgeben, ohne eine offizielle Untersuchung einzuleiten.«

»Aber das können sie wenigstens, ohne daß etwas in die Zeitungen kommt.«

»Vielleicht.«

»Ich glaube nicht, daß mein Vater ein Dieb war. Ich meine, ich will es nicht glauben, das kommt der Wahrheit wohl näher. Meine Mutter verabscheute ihn, und ich noch mehr.«

So wie er es verabscheut hatte, als sein Vater ungefähr zwölf Jahre zuvor auf demselben Stuhl gesessen und dem Maresciallo Geld angeboten hatte. Es hatte ihn beschämt.

»Ich tue, was ich kann.«

»Ja? Hören Sie, wenn Sie nur herausfinden könnten, ob ein Franchi-Bild als gestohlen registriert ist. Bloß das, ohne den Titel zu nennen, denn der muß ja nicht stimmen. Und ich forsche selber weiter, welche Franchi-Bilder es überhaupt gibt und wo sie sich befinden. Ich frage mich immer wieder – es klingt vielleicht dumm –, aber ich frage mich immer wieder, ob er mir dieses Problem absichtlich aufgeladen hat. Ich glaube, er hat mich immer verachtet.«

»Nein, nein … ich bin sicher, das hat er nicht«, log der Maresciallo.

»O doch. Er hat mich immer für naiv gehalten, und das hieß für ihn, ich bin ein Dummkopf. Erinnern Sie sich an die Sache mit den Drogen? Er hat mir deswegen das Leben schwergemacht, aber nicht etwa, weil ich mit gefährlichen Drogen herumexperimentierte, sondern weil ich als einziger so dumm war – ›so schwachsinnig‹, wie er es nannte –, dortzubleiben und für den Jungen, der dann starb, einen [16] Krankenwagen zu rufen und dadurch zu riskieren, verhaftet zu werden. Ich weiß, daß er nur mit mir hierhergekommen ist, um Ihnen Geld zu geben, falls ich noch einmal in eine Klemme gerate. Er hat es versucht, nicht?«

»Ja. Hat er.«

»Ich wußte es, als ich draußen in Ihrem Warteraum saß. Ich war ganz sicher. Ich glaube, ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so geschämt.«

»Das war aber doch gar nicht nötig. Es war doch nicht deine Schuld. Aber bei dieser anderen Sache, da könntest du recht haben, und es wäre ein Scherz, der auf deine Kosten geht. Deshalb sollten wir nichts übereilen. Wir werden erst einmal einen Kaffee trinken, bevor wir Weiteres unternehmen.«

Bei der Erinnerung kam der Maresciallo zu dem Schluß, er könne jetzt gleich einen vertragen, und ein Glas Wasser dazu. Das Schwitzen in diesem verfluchten Wollmantel hatte ihn durstig gemacht. Er war natürlich auch schon ein ganzes Stück zu Fuß gegangen. Er erspähte vor sich ein rotes Neonschild auf der anderen Seite eines dunklen Gäßchens und überquerte die Straße in der Hoffnung, es sei eine Bar. Es war keine. Es war eine Trattoria, doch die Bar fand er gleich an der nächsten Straßenecke.

»Einen Kaffee und ein Glas Wasser.«

»Mit oder ohne Kohlensäure?«

»Ohne.« Während er wartete, fischte er einen Zettel aus der Manteltasche und schaute sich die Adresse an, die Marco ihm aufgeschrieben hatte.

»Ein Kaffee.«

»Vielen Dank.«

[17] »Das Glas auch für Sie?«

»Ein größeres, bitte. Es ist so heiß für November …«

»Grippewetter. Meine Frau hat es schon erwischt.«

Die Via dei Della Robbia müßte die nächste rechts sein. An dem starken Kaffee verbrühte er sich die Zunge, und er trank einen Schluck Wasser. Der junge Marco hatte seine Hausaufgaben zweifellos gemacht.

»Es könnte doch sein, verstehen Sie, daß mein Vater nur so eine Art Mittelsmann war, ob das Bild nun gefälscht oder gestohlen ist. Er muß es ja nicht gestohlen haben, und gemalt haben kann er es nicht. Folglich hab ich mir mal sein Notizbuch gründlich angesehen und jeden angerufen, mit dem er in Kontakt stand. Der Tod meines Vaters war ja ein guter Vorwand. Ich glaube, ich kann alle ausschließen, bis auf diesen einen. Außer einem Nachnamen und dem Datum einer Verabredung stand über ihn nichts in dem Buch. Und da der Name ungewöhnlich ist, hab ich im Telefonbuch nachgeschaut, und da gab es nur zwei Einträge. Der eine ist eine Frau, eine Tierärztin, der andere dieser Mann, Ivo Benozzetti in der Via dei Della Robbia. Das ist eine dieser Straßen aus dem 19. Jahrhundert, wo im Erdgeschoß überall Ateliers sind.«

»Du hast Detektiv gespielt?«

»Es war nicht meine Absicht … Ich will sagen, ich konnte ja nicht Sie bitten …«

»Ach, das war doch nur ein Scherz. Du hast gute Arbeit geleistet. Und was nun? Willst du diesen Mann aufsuchen?«

»Ich hatte gehofft, Sie würden das tun.«

»Ich?«

[18] »Nicht offiziell, bloß als Freund der Familie, der mir aus der Verlegenheit hilft – und das stimmt ja auch, nicht?« Ohne dem Maresciallo Gelegenheit zum Einspruch zu geben, sprach er weiter. »Ich dachte mir, wir – Sie – könnten sagen, mein Vater habe in seinem Testament verfügt, daß sich bestimmte Freunde kleine Erinnerungsstücke aus seinen persönlichen Sachen im Atelier aussuchen dürfen. Sie könnten ihn bitten, sich dort mit mir zu treffen und etwas auszuwählen.«

»Befinden sich denn noch persönliche Sachen im Atelier?«

»Nicht viele«, gab Marco zu, »aber ein oder zwei gerahmte Fotografien von ihm mit berühmten Leuten, solche Dinge eben, und da ist eine Uhr, ein alter Brieföffner, genug, um die Leute zu überzeugen, hoffe ich. Sie brauchten das Gemälde nicht einmal zu erwähnen. Denn wenn er mit drinhängt, weiß er ja sowieso davon. Falls es ihm gehört, könnte er es mitnehmen und sagen, er habe es dagelassen, um es schätzen zu lassen.«

»Und du würdest es ihn mitnehmen lassen?«

»Aber sicher. Dann wäre ich das Problem los.«

»Hm.«

Der Maresciallo war sich da nicht ganz so sicher, aber da Marco auch allein weitermachen würde, wenn er es ihm abschlüge, und da, wenn er ganz aufrichtig sein wollte, auch seine Neugier geweckt war, sagte er zu. Er bezahlte seinen Kaffee.

»Ich würde gern … Ich suche die Via dei Della Robbia …«

»Gleich dort rechts.«

»Sie kennen nicht zufällig einen Mann namens Benozzetti [19] – ich bin nicht sicher, ob ich die richtige Hausnummer habe –, Ivo Benozzetti?«

»Nie gehört, sonst wüßte ich den Namen noch, er ist ein bißchen ungewöhnlich, nicht? Natürlich erinnert man sich nicht an den Namen von jedem, der auf einen Kaffee hereinkommt. Vielleicht kenne ich ihn ja vom Sehen.«

»Er ist Künstler, glaube ich.«

»Künstler? Die Zeiten, wo das hier ein Künstlerviertel war, sind lange vorbei. Außer den Straßennamen ist davon nichts geblieben.«

»Trotzdem, vielen Dank.«

Als er in der Dunkelheit auf die kleinen Lämpchen der Klingelknöpfe spähte, fragte er sich, ob es, auf lange Sicht, vielleicht besser wäre, sich als Maresciallo der Carabinieri vorzustellen und nicht als Freund der Familie. Beides, beschloß er, und drückte mit seinem dicken Zeigefinger fest auf die Klingel. Er hatte genug Lebenserfahrung, um zu wissen, daß es keine bessere Waffe als die Wahrheit gab, wenn man jemanden täuschen wollte.

»Ja?«

Der Maresciallo beugte sich nach unten, um in das Mikrofon zu sprechen. »Guarnaccia, Maresciallo der Carabinieri. Wohnt hier Benozzetti, Ivo? Auf dem Klingelschild steht nur I. B.«

Zunächst kam keine Erwiderung, dann sagte die Stimme: »Warten Sie bitte.«

Er wartete fast fünf Minuten, doch er wäre, falls nötig, auch eine geschlagene Stunde dort stehengeblieben und hätte sich nicht gerührt. Er läutete auch nicht noch einmal. Er war so etwas gewohnt, und ihm war es gleich, ob es ein [20] ehemaliger Häftling war, der eine Pistole hinter einem Stein im Kamin versteckte, oder ob eine Hausfrau die Kissen zurechtrückte und sich die Schürze abband. Vor dem Auge des Gesetzes hat jeder etwas zu verbergen, vom Premierminister bis zum Landstreicher.

Das Gittertor öffnete sich mit einem Klicken, und die Eingangstür am Ende des zwischen dichten Lorbeerbüschen hindurchführenden Wegs wurde erleuchtet. Sie ging gerade so weit auf, daß er sich in den Türspalt stellen konnte, ohne daß der Mann, der sie aufhielt, für die Außenwelt sichtbar geworden wäre.

»Ja?« Er stand nun hinter der fast wieder geschlossenen Tür und schien nicht gewillt, den Maresciallo weiter in die elegante hohe Eingangshalle vordringen zu lassen. Wie gut, dachte der Maresciallo, daß ich beschlossen habe, mich als Carabiniere vorzustellen. Der Mann konnte sich selbstverständlich auch weigern, ihn einzulassen, doch einem Carabiniere den Zutritt zu verwehren würde einen schlechten Eindruck machen, Aufmerksamkeit erregen. Jemandem, auf dessen Klingelschild nur I. B. stand, war nicht daran gelegen, Aufmerksamkeit zu erregen. Der Maresciallo blieb ohne ein Wort stehen, füllte den Eingang mit seiner massigen Gestalt aus, ebensowenig bereit, sich wieder zu entfernen, wie die Bäume hinter ihm. Er wahrte sein Schweigen, bis der Mann gezwungen war, es zu brechen.

»Gab es einen Einbruch in dem Gebäude? Einen Unfall? Ich habe nichts gehört.«

»Einen Unfall, nein …« Andere Möglichkeiten offenlassend, fügte er hinzu: »Ich glaube, wir sollten im Haus sprechen. Ich werde Sie nicht lange aufhalten.«

[21] Die Tür öffnete sich daraufhin so weit, daß er eintreten konnte, doch Benozzetti trat, wie der Maresciallo bemerkte, zurück, so daß man ihn von der Straße aus nicht sehen konnte. Der Mann litt entweder an Verfolgungswahn oder …

Die andere Erklärung, die im Kopf des Maresciallo schon halb Gestalt gewonnen hatte – daß der Mann irgendwie gezeichnet oder verunstaltet war –, erwies sich, als die Tür geschlossen wurde, als falsch. Benozzetti sah sehr gut aus, war kräftig und muskulös, sein graues Haar war glatt und sein Gesicht frisch rasiert. Er trug einen makellosen und sehr teuer aussehenden Anzug. Der Maresciallo nahm dies alles auf, obwohl er den Mann gar nicht anzublicken schien. Man konnte meinen, daß er die großen Pflanzen, die in Messingübertöpfen auf dem gesprenkelten Marmorboden standen, und die kunstvolle Schmiedearbeit des Lifts betrachtete. Er rechnete damit, daß das Gespräch nicht hier draußen stattfinden würde. Ein Mann, der es nicht duldete, von der Straße aus gesehen zu werden, gestattete seinen Nachbarn wohl kaum, etwas von seinen Angelegenheiten zu erfahren. »Hier entlang, bitte.« Eine schmale Tür in einem zurückgesetzten Alkoven. Diesmal gar keine Aufschrift an der Klingel.

Als er eingetreten war, mußte der Maresciallo seine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht mit großen Augen um sich zu starren. Es war ein einziger Raum, ebenso groß wie die geräumigen und eleganten Wohnungen darüber … Irgendeine massive Skulptur in der Mitte, in Plastik eingehüllt … Und die Safes! Wer brauchte denn, abgesehen von einer Bank, zwei Safes von dieser Größe?

[22] Er schaute sich nicht um. Er nahm mit seinen großen, leicht vorstehenden Augen auf, was er konnte, ohne den Kopf auch nur einen Zentimeter zu bewegen, während sein Blick fest auf Benozzetti geheftet war und er sein Anliegen umständlich zur Sprache brachte.

Die Erklärung klang wohl wenig überzeugend, denn der Maresciallo war kein guter Redner. Als er damit zu Ende gekommen war, entstand eine kurze Pause. Irgend etwas an dem Blick, mit dem Benozzetti ihn bedachte, war schuld daran, daß der Schweiß auf seinem Körper ihn frösteln machte, aber der Maresciallo hätte nicht genau angeben können, was es war, vielleicht die Augen selbst, die hart und kalt wie Diamanten waren. Dieser Mann war zweifellos gefährlich.

»Geht es Ihnen nicht gut?«

»Doch, doch, ich war nur überhitzt, und dann …«

»Setzen Sie sich. Ich kann Ihnen nichts anderes anbieten als diesen harten Stuhl. Der Raum ist kalt, weil ich mit Ton arbeite. Der darf nicht zu schnell austrocknen. Ich selbst spüre die Kälte schon fast gar nicht mehr.«

Das glaubte der Maresciallo gern.

»Wenn Sie mich für einen Augenblick entschuldigen wollen, hole ich mir einen Stuhl. Wie Sie sehen, lege ich auf Bequemlichkeit keinen großen Wert.« Er machte eine vage Handbewegung. »Das ist mein Leben …«

Er wandte sich ab und ging zum anderen Ende des Ateliers, angeblich, um einen zweiten Stuhl zu suchen. Als er davonging, sah man für einen Moment, daß der obere Teil seines linken Ohrs fehlte. Der Maresciallo nutzte den Augenblick und blickte sich um. Vor der gegenüberliegenden [23] Wand stand ein großes, ordentlich gemachtes Bett halb verdeckt hinter einem Wandschirm. Weiter: eine Kommode mit einer Marmorplatte und eine Lampe … In den hohen Schränken, die den Rest der Wand einnahmen, mochten sich Kleider befinden, andere Anzeichen häuslichen Lebens gab es in dem Raum nicht. Eine andere Wand war vollkommen mit Regalen verbaut, mit Werkzeug, Arbeitsplatten … Und das dort war zweifellos ein Kocher …

Benozzetti stand wieder vor ihm. Der Maresciallo machte erst gar nicht den Versuch, ihn täuschen zu wollen.

»Bitte entschuldigen Sie, daß ich mich ein bißchen umgesehen habe. Künstler begegnen mir auf meinem Lebensweg nicht allzu häufig.«

»Sie begegnen keinen« – Benozzetti zog die Falten seiner Hose glatt und setzte sich so, daß sein verstümmeltes Ohr nicht zu sehen war –, »weil es keine gibt.«

»Aber Sie sind … Ich sehe doch, daß Sie sich ganz und gar Ihrer Arbeit verschrieben haben.«

»Das habe ich. Einen Künstler nenne ich mich aber deshalb nicht, weil die gegenwärtige Kommerzialisierung sogenannter Kunst von denen lebt, die in Hochglanzmagazinen Reklame für sich selbst machen und denen es nicht um die Kunst geht, sondern um unmittelbare Berühmtheit und schicke Partys, und die dafür auch die Kritiker umschmeicheln. Gott steh uns bei, die Kritiker.«

»Ja, gut, bestimmt haben Sie recht, ich verstehe davon natürlich nicht allzuviel – nun, Landini …«

»Ha! Sie verstehen nicht viel davon, aber Sie sind ein Freund des kürzlich verstorbenen Landini! Haben Sie das nicht gesagt? Ein Freund der Familie?«

[24] »Nun ja, eher ein Freund des Sohnes, wissen Sie, um genau zu sein. Ich fürchte, ich habe Sie in Verlegenheit gebracht.«

»Mich in Verlegenheit gebracht? Wie denn das?« Benozzetti schien diese Vorstellung sehr amüsant zu finden.

»Indem ich, nun ja, annahm, Sie seien sein Freund, wissen Sie – er hat sich in der Frage, wem er etwas vermachen will, nicht allzu deutlich ausgedrückt, so daß wir ziemlich im dunkeln tappen, alle Menschen ansprechen, die dafür in Frage kommen, aber wenn Sie mit den Kritikern nicht auskommen, war Ihre Beziehung wohl nicht ganz so, wie ich gedacht hatte …«

»Das gefällt mir. Ja, wirklich. Maresciallo, ich weiß nicht, ob unsere Beziehung so war, wie Sie es sich gedacht haben, denn ich weiß ja nicht, was Sie gedacht haben.«

Die kalt funkelnden Augen waren so hypnotisierend, daß dem Maresciallo beinahe entschlüpfte, daß er davon ausging, ihre Beziehung habe etwas mit dem mysteriösen Gemälde zu tun. Er glaubte auch, daß es Benozzetti nicht das geringste ausmachen würde, wenn er das laut ausspräche. Benozzetti lebte auf einem anderen Stern, wo dies nicht von Belang war und wo der Maresciallo ihn auch nicht zu fassen bekommen würde. Trotzdem sagte er es nicht. Außerdem hatte er das Gefühl, Benozzetti könne das sehr wohl selbst sagen. Daher besänftigte er ihn, indem er murmelte: »Vielleicht habe ich ja einen Fehler begangen und Sie für nichts und wieder nichts behelligt …«

»Keineswegs. Ich wollte Sie nicht kränken. Landini war ein Freund und Kollege, und, jawohl, er war ein Kritiker, aber doch kein solcher Dummkopf wie die meisten. Ach, [25] die Experten, Maresciallo, die Experten! Haben Sie jemals genauer über die Experten nachgedacht?«

»Ich – nein, nein. Experten überhaupt, meinen Sie? Nein.«

Benozzetti beugte sich vor und flüsterte erregt: »Nackt!«

»Wie bitte?« War das der Grund, weshalb seine Augen so furchterregend aussahen? War er ein Verrückter?

»Splitterfasernackt! Des Kaisers neue Kleider! Nackt wie am Tag ihrer Geburt. Nackt in ihrer Ignoranz und ihrer Arroganz. Sagen Sie mir, haben Sie je von einem Musikwissenschaftler gehört, der keine einzige Note zu spielen vermochte? Einem Literaturkritiker, der weder lesen noch schreiben konnte? Einem Fußballfunktionär, der sein Lebtag an keinem einzigen Spiel teilgenommen hatte? Ist Ihnen so etwas je untergekommen?«

»Ich glaube nicht …«

»Ich auch nicht. Aber der Kunstexperte gehört wirklich zu einer besonderen Spezies. Er kann nicht zeichnen, er kann nicht malen, und bildhauern kann er auch nicht, doch er fühlt sich berechtigt, über Leonardo, über Botticelli, über Michelangelo zu urteilen. Ein Wunder von einem Menschen, finden Sie nicht? Er vermag mit den eigenen Augen oder Händen auch nicht den simpelsten Gedanken gestalterisch auszudrücken, aber er kann Urteile über Genies fällen. Ach, wo wären wir ohne den Experten – Sie wissen, wofür er da ist, nicht wahr? Er ist da, um dem Kunsthändler zu dienen, nicht etwa der Kunst oder dem Künstler. Und unser Landini, der nicht der schlimmste dieser Spezies war, wußte das. Er trug die neuen Kleider des Kaisers mit beträchtlicher Nonchalance und machte damit [26] glänzend Karriere, aber Illusionen machte er sich nicht. Und er hatte Geschmack, er war kein bloßer Katalogisierer. Die übrigen könnten ebensogut Wäschelisten schreiben, denn das ist das einzige, wovon sie etwas verstehen – Sie haben nicht zufällig selbst eine Liste in der Tasche?«

»Eine Liste?«

»Schon gut. Ich habe mich nur gefragt. Wenn ich mich nicht irre, haben Sie ein Sonderdezernat, das sich für Bilder interessiert.«

»Oh, ich verstehe … ja. Ich bin aber nur …«

»Ein Freund der Familie.«

»So ist es«, erwiderte der Maresciallo, und sein Blick wurde ausdruckslos und leer, als er diesen funkelnden kalten Augen auswich. Einmal, es war lange her, in den frühen Jahren seiner Ehe, hatte seine Frau ihn verärgert angeschrien: »Kannst du dich nicht einmal streiten? Antworte mir! Dreh dich nicht einfach um und stell dich tot!« Und er hatte sich gewundert. Inzwischen tat sein pummeliger, friedlicher Sohn Giovanni genau dasselbe, wenn er von seinem flinken, nervösen jüngeren Bruder angegriffen wurde, und der Maresciallo wußte daher, wie das aussah – und daß es wirkungsvoll war. »Obwohl ich, wie schon gesagt, mehr ein Freund des jungen Marco bin. Landini selbst habe ich zwar auch einmal kennengelernt, aber das liegt schon mehr als zehn Jahre zurück. Sie sind nicht verheiratet?«

»Nein.«

»Nicht, das dachte ich mir. Ist das etwas, woran Sie arbeiten, dort unter dem Plastik? Ton, sagten Sie?«

»Ein Akt. Das ist einer der Gründe, weshalb ich nie geheiratet habe. Alle Welt nimmt an, daß Künstler mit ihren [27] Modellen schlafen. Eine Frau hätte mir keine Ruhe gelassen.«

»Ja, Sie haben das alles sicher mit Bedacht so eingerichtet, diesen schönen großen Raum, den Sie kühl halten können, damit Ihr Ton keinen Schaden nimmt, und niemand bei Ihnen, der Sie stören könnte.« Der Maresciallo erschauderte beim Gedanken an ein solches Leben. Was für ein sonderbarer Mensch Benozzetti doch war. Eine bestechende Intelligenz, scharfsinnig, ja sogar aggressiv, und doch so leicht ablenkbar. Lag es daran, daß ihn so vieles erzürnte, so daß er auf alles, was seine Aufmerksamkeit beanspruchte, losging wie ein gereizter Stier? Oder war er gesellschaftlichen Umgang so wenig gewohnt, daß er keine Erfahrung darin besaß, ein Gespräch zu steuern? Wenn dies zutraf, war der Maresciallo ihm gegenüber im Vorteil. Er war durchaus daran gewöhnt, Gespräche zu steuern, vor allem durch die Macht der Trägheit. Ganz anders als Benozzetti, der nun schon wieder auf den Beinen war, vielleicht erpicht darauf, seinen Besucher endlich loszuwerden. Sei’s drum. Der Maresciallo erhob sich und wartete schweigend darauf, daß man ihn fortschickte. Doch Benozzetti schritt zum anderen Ende des langen Raums.

»Kommen Sie hierher.«

Der Maresciallo folgte der Aufforderung, die ihn an den zwei großen Safes vorüberführte, nur zu gern. Eine Frage diesbezüglich wollte er allerdings in diesem Augenblick noch nicht riskieren …

Er ermahnte sich im stillen. Was bildete er sich denn ein? Das war doch kein Fall, an dem er arbeitete. Er mußte sich ins Gedächtnis zurückrufen, daß es durchaus der Wahrheit [28] entsprach, daß er ein Freund der Familie war. Es gab keinen Grund, jemals wieder einen Fuß in diesen Raum zu setzen, wenn er Benozzetti erst dazu gebracht hatte, in Marcos Atelier zu gehen und das Bild zu sehen; dann hatte er sein Teil getan.

»Hierher.«

Er hatte keine Zeit zu überlegen, ob er ihn bereits überzeugt hatte oder nicht … wo zum Teufel war der Mann denn hingegangen?

»Hierher, Maresciallo.«

Er stand hinter einer riesigen Staffelei und nahm vorsichtig das Tuch ab, mit dem ein Gemälde abgedeckt war. Dem Maresciallo rutschte das Herz in die Hose. Gleich wurde ihm ein Bild gezeigt, und er mußte sich dazu äußern. Jedesmal, wenn er gezwungen war, eine Ausstellungseröffnung in der Palatinischen Galerie im Palazzo Pitti, in dem sich seine Wache befand, zu besuchen, ermahnte seine Frau ihn: »Halt den Mund, Salva, und hör dir an, was Dr. Biondini sagt. Vielleicht lernst du ja etwas.« Und er gab sich alle Mühe, doch obwohl sich das, was Dr. Biondini, der Leiter der Galerie, sagte, klar und verständlich anhörte, während er es sagte, konnte sich der Maresciallo nichts davon länger als ein paar Minuten merken. Denn wenn Biondini dann jeweils auf ihn zukam, um ihn zu begrüßen und zu fragen, wie er die Ausstellung finde, schien er immer das Falsche zu sagen. Manchmal schaute er einfach verwirrt und freundlich drein und hielt schnell Ausschau nach jemandem, mit dem er unbedingt sprechen mußte. Wenigstens war Biondini ein Mensch, der, obwohl er so viel wußte, nichts Dünkelhaftes an sich hatte und [29] einem nicht das Gefühl vermittelte, sich der eigenen Unwissenheit schämen zu müssen – deshalb waren die Besuche in der Galerie keine besondere Qual. Benozzetti hingegen schien dem Maresciallo, der nun um die Staffelei herumging, von ganz anderem Schlag zu sein, und es war wohl das beste, dem Rat seiner Frau gemäß den Mund zu halten.

»Ah …« Der erlösende Seufzer entfuhr dem Maresciallo, ehe er sich dessen bewußt war.

»Ja, ich bin froh, daß Sie es schätzen. Ich zeige es Ihnen, um Ihnen etwas zu demonstrieren. Natürlich ist es ein wunderschönes Gemälde.«

»Wunderschön«, sagte der Maresciallo zufrieden. Damit konnte er etwas anfangen. Das Schöne an dem Gemälde war, daß es ihm so vertraut war wie sein Spiegelbild. Es war das Bild, das im zweiten Raum der Galleria Palatina neben einem bequemen Sessel hing, auf dem den größten Teil des Tages sein guter Freund Mario Di Luciano, der Kustos, ebenfalls ein Sizilianer, ruhte. Mario stammte aus derselben kleinen Stadt in der Provinz Siracusa, und er plauderte gern über die alten Zeiten zu Hause. Der Maresciallo hatte vermutlich ebensoviel Zeit vor dem Gemälde verbracht wie Tizian. Was für ein Glücksfall.

Benozzetti dozierte weiter, steigerte sich allmählich in eine Tirade über die Qualität der modernen Malerei – nein, der modernen Farben – hinein.

»Akrylfarben! Nach fünf Jahren verblassen sie bereits, nach zehn Jahren lösen sie sich auf! Sehen Sie sich die Fleischtöne auf diesem Porträt an! Schauen Sie, hier und hier! Fleischtöne dieser Qualität entwickeln sich immer [30] weiter und gelangen erst in einem Zeitraum von zweihundert Jahren zu voller Schönheit. Einem Maler, der solche Materialien verwendet, liegt die Malerei am Herzen und nicht, ob er sich in der nächsten Ausgabe einer trendigen Kunstzeitschrift wiederfindet.«

So ging es immer weiter. Natürlich, Benozzetti hatte bestimmt recht, das ließ sich nicht leugnen. Man brauchte sich nur in dem Atelier umzusehen, um zu erkennen, daß der Mann ein Profi war und wußte, wovon er sprach. Nur bedeutete das nicht, daß jeder andere begriff, wovon er sprach, und der Maresciallo gab es bald auf, ihm folgen zu wollen. Fast automatisch, wie stets, wenn Mario, der Kustos, sich ganz in einer langatmigen Familiengeschichte verloren hatte, trat er einen Schritt zurück. Und noch einen. Dann wieder einen nach vorn.

»Das ist komisch …«

»Wie bitte?«

Der Maresciallo trat zurück und wieder nach vorn, sich seiner unhöflichen Unterbrechung gar nicht bewußt. »Das ist ja ein Ding … oh, nichts, nur … wissen Sie, diese Bilder, wenn man dicht davorsteht, sehen sie aus wie Flecken und Spritzer, aber wenn man zurücktritt, sind sie so wirklich wie eine Fotografie. Oh, entschuldigen Sie, ich habe Sie unterbrochen …« Er wußte nicht mehr, was der Mensch gesagt hatte, konnte sich nur noch daran erinnern, daß es etwas über Farben gewesen war. Er bemühte sich, besser achtzugeben, doch er trat unwillkürlich abwechselnd immer wieder ein kleines Stück zurück und nach vorn, nur um zu prüfen, ob er sich nicht geirrt hatte.

Entschlossen, die Aufmerksamkeit des Maresciallo wiederzugewinnen, [31] postierte sich Benozzetti zwischen ihn und die Staffelei und setzte seinen zornigen Vortrag Auge in Auge fort. Wenn der Maresciallo zurückwich, folgte er ihm, hieb mit der rechten Faust im Rhythmus seiner Rede in die Luft und trieb dem Maresciallo Schwaden eines teuren Parfums ins Gesicht.

»Als ich zwanzig Jahre alt und Student der Akademie war …«

Herrgott, gingen sie seine gesamte Lebensgeschichte durch? Wie spät mochte es sein? Ausgeschlossen, einmal auf die Armbanduhr schauen zu können, dieser wilde Blick ließ keine Sekunde von ihm ab. Schlangenaugen …

»Und so was nennt sich Kunstprofessor! Schweigend ließ ich das aber nicht über mich ergehen, das kann ich Ihnen sagen, ich stand auf und unterbrach ihn. Ich sagte: ›Professor, Sie haben sich über fast jedes Bild in diesen Abschlußarbeiten geäußert. Darf ich Sie so verstehen, daß meine eigenen Arbeiten unsichtbar für Sie sind, oder sind sie einer Bemerkung Ihrerseits nicht würdig?‹ Und wissen Sie, was er geantwortet hat?«

»Ich … nein …« Der Maresciallo wollte raus aus dem Dunstkreis des heißen Atems und des schweren Parfums Benozzettis, doch der Mann blieb dicht vor ihm.

»›Das einzige, was an Ihren Arbeiten erwähnenswert ist‹, erwiderte er, ohne meine Bilder oder mich auch nur eines Blickes zu würdigen, ›ist der außerordentlich altertümliche Stil.‹ Die anderen Studenten lachten. Sie lachten!« Er verstummte. Er starrte nun blicklos durch den Maresciallo hindurch. Ein paar Schweißtropfen sammelten sich an seinen Schläfen, und dann, völlig unvermittelt, begann [32] er zu lachen. Ein grelles, freudloses Geräusch, das leicht ein gepreßtes Schluchzen sein konnte – der Maresciallo wagte es erst zu deuten, als der Mann weitersprach.

»Ich habe es ihm aber hübsch heimgezahlt. Das war so lustig, daß ich die ganze Nacht über keinen Schlaf fand. Ich mußte natürlich bis zum Oktober warten, aber das machte mir nichts aus. Dadurch konnte ich mir den Sommer über ausdenken, wie ich das am besten bewerkstelligen konnte. Und dann hatte ich auch die zündende Idee. Sie müssen wissen, daß er, obwohl das gar nicht sein Fach war, häufig zu uns in den Malsaal kam, wenn das Modell oder die Pose ihn interessierten – und öfter war es das Modell, das versichere ich Ihnen. Er hatte dort eine Staffelei stehen und arbeitete gewöhnlich an einem Bild. Ich mußte nur warten, bis alle zum Mittagessen gegangen waren, die Halterungen lockerschrauben, die seine Leinwand hielten, und das Bild mit der Vorderseite nach unten auf den Boden fallen lassen. Ganz einfach, sehen Sie! Dann hatte ich das Vergnügen, mit ansehen zu können, wie er zurückkam und mit welch ratloser Miene er die Halterungen überprüfte. Beim ersten Mal säuberte er sein Bild, so gut es ging, und malte weiter, und ich wartete, bis er viel Arbeit hineingesteckt hatte, bevor es wieder in den Staub fiel. Dieses Mal konnte ich nicht widerstehen, zu ihm hinzugehen. Ich gab zu bedenken, seine Staffelei könnte kaputt sein, und bot ihm die meine an. Der Dummkopf nahm sie an und bedankte sich sogar! Beweist das nicht, wie idiotisch Menschen sein können? Er hätte doch sofort Verdacht schöpfen müssen. Welchen Grund hatte ich denn, ihm behilflich zu sein? Und so ein Schwachkopf meint, mich beurteilen zu können! Sie können sich [33] sicher vorstellen, wie sehr es mich gelüstete, ihm reinen Wein einzuschenken, doch das tat ich nicht. Während er noch traurig sein Bild betrachtete, das unrettbar verdorben war, ließ ich ihn stehen und setzte mich wieder.«

Der Maresciallo wünschte sich, dasselbe tun zu können. Es mußte schon spät sein, denn er war inzwischen nicht nur müde, sondern verspürte auch Hunger. Über Benozzettis maßgeschneiderte Schulter hinweg schauten die Augen des hübschen jungen Mannes auf dem Porträt ruhig auf ihn herab. Daß sein Porträt diesen Sturm der Wut auslösen konnte, hätte ihn gewiß ebenso verwundert wie den Maresciallo. Worüber schwadronierte der Mensch denn jetzt schon wieder?

»Sie glauben, daß ich allein über Inhalt spreche, aber da täuschen Sie sich. Sie täuschen sich, weil der Wert, der wirkliche Wert des Inhalts sich nur anhand der verwendeten Materialien ermessen läßt. Eine Kathedrale wird aus Stein und Marmor und abgelagertem Holz errichtet, aber eine Garage oder einen Werkzeugschuppen kann man aus rostigem Metall zusammenflicken – Marmor würde man dafür nicht verwenden. Und aus welchem Grund? Weil die Idee, der Inhalt sozusagen, keinen Wert an sich hat und weil der Schuppen nicht für die Ewigkeit gebaut ist. Wertlose Materialien für wertlose Ideen!«

Der Finger, der vor der Nase des Maresciallo herumgefuchtelt hatte, wurde plötzlich weggezogen. Benozzetti griff nach einem dicken Band im Regal neben ihnen und blätterte ihn durch. Der Maresciallo schaute seinen vertrauten Freund auf dem Gemälde an und murmelte vor sich hin: »Trotzdem komisch …«

[34] Es ließ ihm immer noch keine Ruhe. Es war einfach nicht von der Hand zu weisen, daß die Entfernung, bei der das Gemälde nicht mehr nur Kleckserei war, sondern so deutlich wurde wie eine Fotografie, immer einen Schritt mehr erforderte als sonst. Ob er danach fragen durfte? Warum nicht? Es war natürlich gut möglich, daß er damit eine neue Lawine lostrat, und vielleicht würde er der Antwort auch nicht folgen können, aber …

»Schauen Sie. Hier. Und hier.«

Es waren Zeichnungen, die dem Maresciallo gezeigt wurden, eine ganze Seite voll. Alles Hände.

»Ich möchte Ihnen etwas über diese Tinte sagen.«

»Ich – erlauben Sie, daß ich Ihnen eine Frage stelle? Ich möchte Sie bei der Tinte und so weiter nicht unterbrechen, aber es geht um dieses Bild …«

»Um was dabei?«

»Irgend etwas ist anders daran, und ich dachte mir, Sie hätten vielleicht nichts dagegen, es mir zu erklären, da Sie so viel wissen. Es geht um etwas, was mich schon immer fasziniert hat, ich erinnere mich sogar daran, daß ich einmal Dr. Biondini danach gefragt habe, und seine Erklärung lief in etwa darauf hinaus, daß das im Gehirn des Betrachters passiert, daß es eine Illusion ist, die man selbst schafft, nur habe ich nie recht begriffen, warum es nicht den Abstand gibt, bei dem man genau sieht, wie es passiert. Wissen Sie, worauf ich hinauswill? Entweder hat man die Kleckse oder das vollkommene Bild vor sich, und man sieht nie, wie das geschieht. Ich drücke mich vermutlich nicht besonders geschickt aus, aber egal, was ich an diesem Bild nicht verstehe, ist, warum das bei vier Schritten Entfernung [35] passiert und nicht bei drei, wie sonst immer bei Tizian – oder wie vielmehr bei mir immer … Natürlich, das Licht ist hier anders, könnte das vielleicht der Grund sein?«

Er drehte sich zu Benozzetti um und wartete. Was hatte er angerichtet? Was war los mit dem Mann? Unter dem Blick des Maresciallo wich alle Farbe aus seinem roten Gesicht. Die Schlangenaugen schossen von dem Bild zum Maresciallo und wieder zurück. »Biondini?« war alles, was er sagte.

»Das ist richtig. Der Kurator der Galleria Palatina. Er weiß sehr viel über Tizian.«

»Ja? Und Sie, Maresciallo? Worüber wissen Sie viel?«

Benozzettis Stimme war eisig. Er griff nach dem Tuch, das oben über der Staffelei hing.

»Ich? Nichts. Ich will sagen, ich maße mir nicht an …« Dann begriff er. Wo in Gottes Namen hatte er nur seine Gedanken gehabt? Wie konnte er einen so dummen Fehler begehen? Was sollte denn das Bild aus der Galerie hier machen? Gerade als das Tuch niederfiel und es bedeckte, bemerkte er den Unterschied. Das gleiche Gesicht, der gleiche Umhang, doch der junge Mann saß anders, und in seiner Hand fehlte etwas …

Es war abgedeckt.

»Ich fürchte, Sie sind ein Schwindler, Maresciallo. Sie wissen viel mehr, als Sie zugeben wollen.«

»Nein, nein, ganz und gar nicht.« Er konnte unmöglich die ganze Sache mit seinem Freund Mario erklären. Er hatte sich bereits zum Narren gemacht, deshalb würde er dies nicht auch noch ausplaudern.

[36] »Ich kann mir zwar nicht vorstellen, wie Ihr Freund Biondini von diesem Bild erfahren hat, aber Sie können ihm ausrichten« – Benozzettis Geste bedeutete dem Maresciallo, er möge nun gehen –, »daß es nicht auf dem Markt ist und auch nicht sein wird, und daß der Privatmann, in dessen Besitz es sich befindet, nicht möchte, daß alle Welt von seiner Existenz erfährt. Und daß ich, falls ich Besuch von ihm oder von irgendwem aus dem Ministerium bekäme, einfach sagen würde, ich hätte dieses Bild selbst gemalt. Verstehen Sie? Und sollte man meine Fähigkeit, es zu malen, in Zweifel ziehen, kann ich ein anderes vor den Augen dieser Herren malen. Ich hoffe, ich habe mich unmißverständlich ausgedrückt. Gut, ich bin sicher, Sie haben heute abend noch ebensoviel zu tun wie ich.«

Er versuchte den Maresciallo hinauszukomplimentieren, doch der Maresciallo besaß das Talent, wie angewurzelt stehenzubleiben, wenn jemand ihn aus dem Weg haben wollte.

»Es lag mir völlig fern, Sie zu beleidigen«, sagte er, »und Biondini hat, soviel ich weiß, weder von Ihnen noch von diesem Bild eine Ahnung.« Wie war er nur in diesen Schlamassel hineingeraten? Er hatte diesem Mann einen tiefen Schrecken eingejagt, ohne zu begreifen wie, und wenn ihm daran gelegen war, ihn nach dem, was soeben geschehen war, zu einem Besuch in Marcos Atelier zu bewegen, mußte er ihn versöhnlicher stimmen. Er spielte mit dem Gedanken an Mario, den Kustos, und verwarf ihn, nicht weil er sein Gesicht wahren wollte, sondern weil man diese Geschichte, wie so viele wahre und einfache Dinge, nicht glauben würde. Danach blieb ihm nur eine Möglichkeit.

[37] »Trotzdem«, setzte er an, »ich bin Ihnen wohl eine Erklärung schuldig. Ich habe den wirklichen Grund für meinen Besuch vor Ihnen geheimgehalten, jedoch nicht aus finsteren Motiven, und es hat auch nichts mit Tizian oder Dr. Biondini zu tun. Ich habe nur vor mich hin geredet, um Sie abzulenken. Mir hätte klar sein müssen, daß ein Mann von Ihrer Intelligenz mich durchschaut, und bei meiner Arbeit befasse ich mich kaum mit Höherem als geraubten Handtaschen, gestohlenen Fotoapparaten und so weiter, deswegen bin ich ein bißchen ins Trudeln geraten. Es ist wohl besser, ich sage Ihnen alles. Marco, der junge Landini, möchte, daß Sie in sein Atelier kommen, aber nicht um ein Erinnerungsstück an seinen Vater auszuwählen, obwohl Sie, wie ich weiß, herzlich eingeladen sind, auch dies zu tun, sondern um sich ein Gemälde anzuschauen, das sich dort befindet.

Es wäre mir lieber gewesen, ich hätte das nicht zur Sprache bringen müssen, und ich hatte auch beschlossen, mir dieses Gemälde selbst gar nicht anzuschauen. Den Grund dafür muß ich Ihnen nicht auseinandersetzen, weil Sie mit Ihrem Tizian hier das gleiche Problem haben …«

»Strenggenommen ist es nicht mein Problem. Ich restauriere es nur, das ist alles.«

»Trotzdem verstehen Sie doch, worauf ich hinauswill. Wie es scheint, hatte Marcos Vater die Absicht, es zu verkaufen. Die Herren vom Auktionshaus haben ihn aufgesucht. Er aber findet in der Sammlung seines Vaters keinen Eintrag zu diesem Gemälde, und er befürchtet, in etwas hineinzugeraten, womit er nicht umgehen kann. Wie ich [38] schwimmt er total. Er braucht Rat. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ihm einen geben könnten, und offiziell haben Sie und ich einander nie kennengelernt. Es liegt ganz bei Ihnen. Und nun lasse ich Sie wirklich in Frieden.«

Benozzetti führte ihn schweigend zur Tür, und lautlos schloß sie sich hinter ihm.

»Wo um Himmels willen bist du denn gewesen?«

Der Tisch in der ordentlichen, hell erleuchteten Küche war für zwei gedeckt, und Teresa kostete etwas aus einem Topf, der auf dem Herd stand.

»Haben die Jungs schon gegessen?«

»Vor einer halben Stunde. Sie hatten Hunger. Du hast nicht gesagt, daß du später kommst.«

»Nein … hab ich wohl nicht. Es riecht gut, gibt es Pasta?«

»Die Sauce ist für morgen zum Mittagessen. Das Abendbrot steht im Rohr; ach, übrigens, Capitano Maestrangelo hat zweimal angerufen.«

»Gleich zweimal?«

»Er hat gesagt, du sollst zurückrufen. Er möchte, daß du morgen zu ihm kommst. Der Mann weiß auch nie, wann Sonntag ist. Er ist ja sehr nett, aber man merkt gleich, daß er keine Familie hat – Salva, steh hier nicht rum, du bist mir im Weg. Willst du deinen Mantel nicht ausziehen?«

In all den Jahren, die sie verheiratet waren, hatte sich Teresa an zwei Dinge nie gewöhnen wollen: erstens, daß ihr Mann die unausrottbare Angewohnheit hatte, gleich zu ihr in die Küche zu kommen, wenn er von der Arbeit heimkam, und seinen massigen uniformierten Leib mitten in [39] den Raum stellte, so daß sie ihn mit ihren Pfannen ständig umschiffen mußte; zweitens, daß die Armee von ihm erwartete, auch sonntags und manchmal auch abends zu arbeiten. Teresa beklagte sich nicht darüber und hielt es ihm auch nicht vor, es überraschte sie nur.

Er ging seinen Mantel ausziehen und rief zurück: »Ich würde ganz gern noch duschen. Ich habe so geschwitzt.«

»Dann beeil dich. Ich schalte den Ofen aus.«

Als er sich nach dem Duschen anzog, hörte er, wie sich die beiden Jungs im Wohnzimmer darüber zankten, welches Programm sie sehen wollten. Er schlüpfte in ein Paar alte Lederpantoffeln und ging in die Küche zurück. Bei dem leckeren Geruch aus dem Backrohr verspürte er plötzlich sowohl Heißhunger als auch das tröstliche Empfinden, daß dieser unverzüglich gestillt werden würde.

Dieses riesige kalte Atelier … Dort gab es keine warme Küche. Aber ein Herd hatte dort auch gestanden, er war sicher, daß seine Erinnerung ihn nicht trog. Ein Herd mitten zwischen Farben und Werkzeugen – schon seltsame Menschen, diese Künstler, nach normalen Maßstäben konnte man sie nicht beurteilen.

»Ach, sieht das gut aus.« Er griff nach seiner Serviette und der Flasche Rotwein.

»Hast du den Capitano schon zurückgerufen?«

»Verflucht! Aber wenn es nur darum geht, für morgen eine Zeit zu vereinbaren, kann das warten, bis ich gegessen habe.«

Es kam ihm gar nicht ungelegen. Capitano Maestrangelo war ein gebildeter Mann. Vielleicht keine schlechte Idee, in [40] Marcos Angelegenheit ein Wort mit ihm zu wechseln, zu sehen, was er davon hielt. Es kam ihm gar nicht so ungelegen, doch als er hörte, was der Capitano ihm zu sagen hatte, vergaß der Maresciallo Marco, Benozzetti und Tizian und alles übrige.

[41] 2

Am Sonntagvormittag war die Stadt noch in einen warmen, nebligen Dunst gehüllt. Der olivgrüne Fluß glitt gemächlich zwischen den hohen, ockerfarbenen Gebäuden hindurch, und die nassen Ziegeldächer schienen zu leuchten.

Als der Maresciallo auf dem Weg zur Polizeidirektion den Fluß überquerte, konnte er nicht weiter sehen als bis zur nächsten Brücke und zu den grauen, schemenhaft wirkenden Bäumen dahinter. Flußaufwärts stand zu seiner Rechten einsam der Ponte Vecchio; die Hügel, die man sonst im Hintergrund sah, waren hinter einem Dunstschleier verborgen. Deshalb, und vielleicht auch, weil es Sonntag war und die Lampen in den Juweliergeschäften nicht brannten, sah die Brücke im trüben Morgenlicht aus wie eine verlassene Theaterdekoration. Außerdem war es still. Die Mehrzahl der braunen und grünen Fensterläden der hohen Gebäude am Ufer war noch geschlossen, und in den Straßen herrschte noch kaum Verkehr.

Es war die beste Zeit für einen Spaziergang und eine Stadtbesichtigung, und der Maresciallo und seine Frau sprachen immer wieder davon, daß sie sich einmal dazu aufraffen sollten. Sie hatten sich, mit einem Stadtführer bewehrt, zwei- oder dreimal auf den Weg gemacht und die Jungs mitgenommen. Aus irgendeinem Grunde aber hatten sie das nicht fortgeführt. Ihre Söhne waren noch ein bißchen zu klein, um an solchen Unternehmungen Gefallen [42] zu finden – nachdem sie einmal bis ganz hinauf auf Giottos Campanile gestiegen waren und die Pferde in den Rüstungen im Stibbert-Museum gesehen hatten, hatten sie die Nase voll gehabt und nichts mehr sehen wollen. Und da sie andererseits auch noch ein bißchen zu jung waren, um einen ganzen Vormittag lang sich selbst überlassen zu bleiben, hatten sie das Ganze aufgegeben. Trotzdem, wirklich schade. Sie sollten es noch einmal versuchen.

Nun jedenfalls genoß der Maresciallo seinen Spaziergang, so kurz er auch war, und er legte sogar in einer Bar, der Kaserne fast gegenüber, eine Pause ein und trank einen Kaffee. Dabei ließ er sich Zeit und betrachtete die lange Ladentheke, die mit dekorierten Kuchen und Torten gefüllt war und die schon bald von jungen Familien, die zum Sonntagsessen bei den Großeltern unterwegs waren, leergekauft werden würde.

Von dem farbenfrohen Kontrast zu dem trüben Tag draußen angeregt, beschloß er, selbst einen Kuchen zu kaufen – am besten gleich, wo es noch viel Auswahl gab – und ihn, da er schwerlich mit einem schleifengeschmückten Päckchen vor seinem Capitano erscheinen konnte, auf dem Heimweg mitzunehmen.

Er entschied sich für eine torta della nonna, eine mit Mandeln und Zuckerguß bedeckte Cremetorte, und bezahlte sie zusammen mit dem Kaffee. Als er die Via Borgo Ognissanti überquerte und in den Kreuzgang des ehemaligen Konvents eintrat, in dem jetzt das Polizeipräsidium untergebracht war, kam ihm ein Streifenwagen entgegen, der mit hoher Geschwindigkeit hinausfuhr und die sonntagmorgendliche Stille mit seiner Sirene durchschnitt. [43] »Ich?« Der Maresciallo verstummte für einen Augenblick verblüfft, bevor ihm wieder klarwurde, wem er gegenübersaß. »Es tut mir leid … ich wollte nicht – ich war nur so überrascht.« Er forschte im Gesicht von Capitano Maestrangelo nach irgendeinem Anhaltspunkt, einem Hinweis wenigstens auf eine Erklärung, die aus seinen Worten nicht hervorging. Das einzige, was er davon ablesen konnte, war Verlegenheit und vielleicht auch Zorn. Der Capitano war nie sehr mitteilsam gewesen, doch der Maresciallo kannte ihn schon so viele Jahre, daß er normalerweise entziffern konnte, was sich hinter dem gutaussehenden, tiefernsten Gesicht abspielte. Diesmal jedoch wich ihm der Capitano mit seinem Blick aus, und nach einer kurzen Weile ließen die glatten braunen Hände den Stift, den sie zwischen den Fingern gedreht hatten, fallen, und der Capitano stand auf und ging zum Fenster hinüber. Dort blieb er stehen, dem Maresciallo den Rücken zukehrend, und schwieg.

Warum ich? Warum gerade ich? Der Maresciallo schwieg ebenfalls, doch er ließ den Blick seiner bekümmerten, leicht vorstehenden Augen durch den Raum wandern, als könnten ihm die dunklen Ölgemälde, die weichen Ledersessel oder die Reihe der Armeekalender, die an roten Troddeln hingen, eine Antwort auf seine Frage geben. Das einzige, was ihm einfiel, war eine zweite Frage.

»Und warum gerade jetzt? Mir ist nicht zu Ohren gekommen, daß irgend etwas passiert wäre. Er hat schon seit … wie lange … fünf Jahren nicht mehr getötet.«

»Seit fünf Jahren, ja. Seit 1985.«

»Ich weiß natürlich nicht viel von diesen Dingen, aber [44] ich habe die, die etwas wissen, sagen gehört, es wäre auch gut möglich, daß er tot ist.«

»Das wäre gut möglich, ja. Es könnte jedoch auch sein«, der Capitano wählte seine Worte mit Bedacht, »daß er wegen eines anderen Verbrechens im Gefängnis sitzt, nur zum Beispiel. Ich will damit sagen, es könnte auch andere Gründe dafür geben, daß er nicht mehr aktiv ist.«

Ohne auf seine Worte zu achten, korrigierte sich der Maresciallo und stellte, so verbindlich wie möglich, die Frage anders: »Ist das die Meinung von diesem Simonetti?«

Der Capitano zögerte und wandte ihm dann das Gesicht zu. »Ich hätte es besser wissen müssen. Ihnen kann man nichts vormachen, Guarnaccia. Ich werde uns Kaffee heraufkommen lassen.« Er kam herüber, setzte sich und drückte die Klingel auf seinem Schreibtisch. Und wieder nahm er seinen Stift in die Hand und wich dem Blick des Maresciallo aus.

»Es kommt ja auch nicht oft vor, daß Sie mir etwas vormachen wollen. Sagen Sie mir nichts, was Sie nicht sagen dürfen.« Dann runzelte er die Stirn. »Simonetti … Ist das nicht der Vertreter der Anklagebehörde, den wir …«

Ein junger Carabiniere erschien an der Tür. Der Capitano bestellte Kaffee und wartete, bis die Tür wieder geschlossen wurde.

»Im Fall Becker, ja. Ich dachte, Sie würden sich an ihn erinnern.«

»Du meine Güte.«

»Genau.«

Anständige Leute aus der Staatsanwaltschaft, die einen seine Arbeit machen ließen und einem, wenn nötig, Rückendeckung [45] gaben, waren spärlich gesät, und zwischen den anderen und den Ermittlungsbeamten, die nach ihrer Pfeife tanzen mußten, gab es oft Unstimmigkeiten. Sich in die Gedankengänge eines Verbrechers hineinzuversetzen lernte man nicht auf der Universität oder in den Salons der feinen Gesellschaft. Die besten von ihnen wußten nichts, hörten aber denen, die etwas wußten, wenigstens zu. Die schlimmsten wußten nichts und hörten auf niemanden. Simonetti gehörte zur letzteren Kategorie und trat vor Gericht stets hochelegant gekleidet auf, wenn er die Lorbeeren für das einstrich, was die Ermittler, seiner arroganten, schlechten Durchführung des Falles zum Trotz, erreicht hatten.

Der Maresciallo machte Simonetti keinen Vorwurf dafür, daß er den Fall Becker nicht hatte lösen können, doch daß er das Leben eines Unschuldigen zerstört hatte, weil er niemanden sonst hatte verhaften können, das nahm er ihm übel. Und darüber machte er sich nun seine Gedanken.

»Es überrascht mich, daß er diesen Fall übernehmen will«, sagte er. »Ich will sagen, es haben schon bessere Leute als er kapitulieren müssen, als die Spur noch heiß war, wie Sie es vielleicht ausdrücken würden, und ausgerechnet jetzt … Außerdem hat man, soviel mir bekannt ist, nie auch nur das kleinste Schnitzelchen eines Indizes gefunden. Simonetti kommt mir nicht wie ein Mann vor, der sich vor aller Öffentlichkeit blamieren will.«

»Nein, das würde ihm gar nicht gefallen.«

Der Kaffee wurde gebracht, und der Maresciallo verrührte nachdenklich seinen Zucker, bevor er sagte: »In dem Fall gehe ich davon aus, daß der Oberstaatsanwalt ihm [46] die Sache aufgehalst hat und er keine andere Wahl hatte. Er dürfte dementsprechend gereizt sein.«

»Der Oberstaatsanwalt und Simonetti«, erwiderte der Capitano, als spräche er zu seinem Stift, »sind alte Freunde. Ich glaube, sie gehen gemeinsam auf die Jagd. Simonetti ist ehrgeizig. Dieser Fall, das Ungeheuer, ist dem Oberstaatsanwalt ein Pfahl im Fleische. Das kommende Jahr ist das letzte in seiner Amtszeit. Dann geht er in Pension. Er hat sich einen Namen gemacht – Sie wissen ja, daß er viele Erfolge bei Entführungsfällen hatte, was ihm nicht nur hier, sondern auch in anderen betroffenen Ländern einen gewissen Ruf eingebracht hat. Er hat auch viele Erfolge im Kampf gegen den Terrorismus gehabt. Das war ein energischer und, wenn Sie so wollen, sogar aggressiver Kampf gegen das Verbrechen, und er hat zweifellos jeden Augenblick dabei genossen.«

»Aber Sie mögen ihn nicht besonders.«

»Sagen wir so, für meinen persönlichen Geschmack tritt er zu häufig im Fernsehen auf. Es steht mir nicht zu, den Mann zu kritisieren, und es gibt sicher wenig, was ihm so egal ist wie meine persönliche Meinung. Dennoch hat er sich Feinde gemacht, vor allem deshalb, weil er mit seinen Holzhammermethoden nicht nur vielen Kollegen Blessuren zufügt, sondern auch vielen aus der Zunft der Kriminellen, wie ich mir vorstellen kann. Jedenfalls, als der Generalstaatsanwalt seine Ansprache zum neuen Jahr hielt, äußerte er sich ausführlich und höchst unangenehm über die Fehlschläge beim Aufspüren des Florentiner Serienmörders, des sogenannten Monsters. Wenn der Oberstaatsanwalt nun als der Mann in Pension geht, der den Fall [47] nicht lösen konnte, mit dem mehr Zeitungen verkauft wurden als mit jedem anderen in seiner Amtszeit, zählen auch seine ganzen erfolgreichen Jahre nicht.«

»Aha. Natürlich …«

»Er hat schon vor einiger Zeit eine Sonderkommission auf den Fall angesetzt, doch über ihre Tätigkeit sollte nicht viel nach außen dringen, falls nicht viel dabei herauskäme.«

»Und nun ist etwas herausgekommen?«

»Anscheinend ja. Er möchte eine größere Gruppe dransetzen. Sechs Leute. Drei von der Polizei und drei von den Carabinieri.«

Er spulte wieder seinen Text ab. Offensichtlich wollte er nicht sagen, warum man den Maresciallo ausgewählt hatte.

»Darf ich wenigstens fragen … auch wenn Sie es nicht gern hören, wer die Entscheidung hinsichtlich der drei Carabinieri getroffen hat?«

»Die Entscheidung wurde hier getroffen. Von uns.«

»Vielen Dank. Es steht mir nicht zu, das zu fragen, aber vielen Dank.«

»Sie haben keinen Grund, mir zu danken. Diese Angelegenheit wird Sie viel Mühe kosten, fürchte ich, aber ich würde nicht von Ihnen verlangen, so häufig Ihren Posten zu verlassen, wenn Sie nicht Lorenzini hätten, der, wie ich weiß, ein sehr fähiger Mann ist.«

»Ja. Ja, Lorenzini …«

»Und ganz gleich, wie dieser Fall ausgeht, Sie sollen wissen, daß ich viel von Ihnen halte. Sie haben in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet, und ich weiß das zu schätzen. Es klingt sicher wie eine Entschuldigung, aber es wird Ihnen bestimmt nicht viel Freude machen, unter dem [48]