Der Bergdoktor 1835 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1835 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Der Tod ihrer Mutter zieht Lisbeth Haller den Boden unter den Füßen weg. Sie standen sich sehr nahe, und Anna war viel zu jung, um schon zu sterben. Zu allem Unglück ist Lisbeths Beziehung zu ihrem Freund Georg gerade in die Brüche gegangen. Jetzt ist die Vierundzwanzigjährige ganz allein - und sie ist schwanger! Was soll nun werden? Kurzentschlossen fährt Lisbeth nach St. Christoph, um in einer einsamen Almhütte über ihre Zukunft nachzudenken. Erst dort liest sie den ergreifenden Abschiedsbrief ihrer Mutter, dem eine Liste mit Wünschen an ihre Tochter beiliegt: Lisbeth soll das Leben genießen, im Regen tanzen und vor allem ihr Herz verschenken. Doch genau das hat die unglückliche, junge Frau ganz sicher nicht vor, denn von Männern hat sie die Nase voll. Lisbeth ist fest entschlossen, ihr Baby alleine großzuziehen und die Liebe für immer aus ihrem Leben zu verbannen ...

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Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Cover

Impressum

Der letzte Wunsch auf ihrer Liste

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-3686-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Der letzte Wunsch auf ihrer Liste

Der Bergdoktor und eine sehr berührende Glücksgeschichte

Von Andreas Kufsteiner

Der Tod ihrer Mutter zieht Lisbeth Haller den Boden unter den Füßen weg. Sie standen sich sehr nahe, und Anna war viel zu jung, um schon zu sterben.

Zu allem Unglück ist Lisbeths Beziehung zu ihrem Freund Georg gerade in die Brüche gegangen. Jetzt ist die Vierundzwanzigjährige ganz allein – und sie ist schwanger! Was soll nun werden?

Kurzentschlossen fährt Lisbeth nach St. Christoph, um in einer einsamen Almhütte über ihre Zukunft nachzudenken. Erst dort liest sie den ergreifenden Abschiedsbrief ihrer Mutter, dem eine Liste mit Wünschen an ihre Tochter beiliegt: Lisbeth soll das Leben genießen, im Regen tanzen und vor allem ihr Herz verschenken. Doch genau das hat die unglückliche, junge Frau ganz sicher nicht vor, denn von Männern hat sie die Nase voll. Lisbeth ist fest entschlossen, ihr Baby alleine großzuziehen und die Liebe für immer aus ihrem Leben zu verbannen …

Der goldene Oktober machte seinem Namen heuer alle Ehre. Der Himmel wölbte sich blau über München, und das bunte Laub an den Bäumen leuchtete in der Sonne. Ein Vogelschwarm zog in pfeilförmiger Formation gen Süden. Vermutlich wollten die Tiere dem Winter entkommen. An diesem Tag schien die kühle Jahreszeit jedoch noch in weiter Ferne zu liegen. Es war sogar so warm, dass Lisbeth Haller ihren Strickmantel auszog und über dem Arm trug.

Die Vierundzwanzigjährige schlenderte über den Flohmarkt in der Parkharfe im Olympiapark. Hunderte Aussteller boten hier ihre Schnäppchen an. Der Wind strich sacht durch die Kronen der Laubbäume und ließ Blätter herabregnen. Zahlreiche Besucher bummelten zwischen den Buden und Tischen umher, feilschten und hielten Ausschau nach lohnenswerten Objekten.

Lisbeth mochte das bunte Treiben und stöberte gern in alten Sachen. Hin und wieder fand sie ein schönes Stück für ihre Wohnung, das sie aufpolieren konnte. Wie den hübschen Bilderrahmen, dem sie mit frischer Farbe ein neues Aussehen verpasst hatte und der nun auf ihrem Nachttisch stand.

Sie ließ sich treiben und blieb stehen, als ihr Blick auf eine Auswahl an Messingfiguren fiel. Sie zeigten Handwerker unterschiedlichster Berufe. Einer davon war ein Bäcker mit Nudelholz und Backmütze.

Die Figur würde sich wunderbar als Vorlage für meine Plakate eignen, schoss es ihr durch den Kopf. Später könnte sie im Schaufenster stehen.

Lisbeth war Werbefachfrau und plante gerade eine Kampagne für eine ortsansässige Bäckerei. Die Figur konnte ihr dabei gute Dienste erweisen.

»Na, interessiert, Mädchen?« Der Inhaber des Stands war ein graubärtiger Mann in einem verschlissenen braunen Mantel. Seine Hände steckten in fingerlosen Handschuhen, und in seiner ledernen Umhängetasche klimperten Münzen. Er zwinkerte ihr zu. »Was hättest du denn gern?«

»Der Bäcker dort … Was soll der kosten?«

»Die Figur?« Die grauen Augen des Händlers glitzerten. »Hundertachtzig Euro.«

»Was? So viel? Befindet sich etwa pures Gold unter der Messingschicht?«

»Nicht, dass ich wüsste.«

»Dann ist der Preis viel zu hoch«, protestierte Lisbeth.

»Also schön«, sagte der Händler grinsend. »Ich gehe auf die Hälfte herunter, weil du so reizend bist. Neunzig Euro. Na? Was sagst du dazu?«

»Das ist immer noch der reinste Wucher. Ich gebe Ihnen dreißig Euro.«

»Dreißig? Dann könnte ich die Figur auch gleich verschenken. Nein, nein. Neunzig und keinen Cent weniger.«

Lisbeth überlegte kurz. Sie konnte die Ausgabe auf ihrer Rechnung mit geltend machen, aber sie wusste, dass die kleine Bäckerei nicht allzu viel abwarf. Genau deswegen sollte sie sich eine Strategie ausdenken, um das Geschäft anzukurbeln. So viele Extrakosten mochte sie nicht verursachen.

»Nein, dann wird nichts aus dem Geschäft«, bedauerte sie und wandte sich um.

»Hey, warte doch!« Der Händler legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Du bist ein harter Brocken, Kleine, was? Also gut, ich bin einverstanden. Dreißig Euro. Verrat es aber keinem, dass du mich von meiner sanften Seite erwischt hast, sonst bin ich bald pleite.«

»Danke schön.« Lisbeth bezahlte die Figur. Der Händler packte sie in ein Tuch und reichte sie ihr augenzwinkernd. Sie verstaute ihren Kauf in der Umhängetasche, dann schlenderte sie weiter. In Gedanken plante sie bereits, wie sie die Figur zeichnerisch umsetzen und verwenden konnte.

Neben einem Stand mit blau-weißem Schirm stand ein Straßenmusiker und spielte auf seiner Gitarre. Zu seinen Füßen hatte sich ein Mischling zusammengerollt. Den Kopf auf die Vorderpfoten gebettet, schien der kleine Hund zu dösen. Neben ihm stand ein Topf mit ein wenig Kleingeld. Viel war es noch nicht. Die meisten Besucher gaben ihr Geld lieber an den Ständen aus.

Der Musiker spielte gerade »Streets of London«. Lisbeth blieb eine Weile stehen und hörte ihm zu. Er sang gut. Seine Stimme war ein wenig rauchig, als wäre er abends zu lange aufgeblieben. Ein Drei-Tage-Bart bedeckte sein Kinn. Als er sie ansah, lächelte sie, kramte nach einer Münze in ihrer Tasche und legte sie in seinen Hut. Er bedankte sich mit einer Verbeugung und einem Aufleuchten seiner Augen.

Lisbeth hob beide Daumen, um zu signalisieren, dass ihr seine Musik gefiel. Dann bummelte sie weiter.

Der Duft frisch gebackener Waffeln kam ihr von einem Stand entgegen. Augenblicklich meldete sich ihr Magen mit einem vernehmlichen Knurren. Sie hatte über der Arbeit das Mittagessen ausfallen lassen. Das machte sich nun bemerkbar.

Die Waffeln wurden mit verschiedenen Früchten, Apfelmus und Schokoladensoße angeboten. Das Angebot war groß – und die Warteschlange entsprechend lang. Lisbeth wollte sich gerade anstellen, als ihr Blick auf eine Lampe am Nachbarstand fiel. Der Schirm der Tischleuchte war mit Blumen bestickt und der Fuß mit einer Blüte verziert, auf der eine kleine Schnecke saß. Die Lampe wirkte beinahe neu und war so bezaubernd, dass Lisbeth ihren Hunger vergaß.

Sie würde Mutterl gefallen. Ich werde sie kaufen und ihr zum Geburtstag schenken. Dann kann sie in ihrem Licht abends noch im Bett lesen. Das ist gemütlicher als die große Stehleuchte.

Lisbeth erstand die Lampe, ohne zu handeln. Nicht, dass nicht noch ein Spielraum gewesen wäre. Doch sie war abgelenkt, denn die Sorgen wirbelten wieder durch ihren Kopf wie das Herbstlaub von den Bäumen. Ihre Mutter war vor vielen Jahren an Parkinson erkrankt. Anfangs hatte sich die Erkrankung kaum bemerkbar gemacht. Ein gelegentliches Zittern oder eine unsichere Bewegung. Mehr nicht. Doch im Lauf der Zeit war es schlimmer geworden. Viel schlimmer.

Inzwischen kam ihre Mutter gar nicht mehr aus dem Haus. Die Schüttellähmung hatte ihren Körper verändert und an ihr gezehrt. Ihr Arzt hatte alles versucht, was möglich und denkbar war, um den Verfall aufzuhalten, aber nichts hatte das Fortschreiten der Krankheit stoppen können.

Weder Medikamente noch Gebete oder Tränen.

Lisbeth wusste, ihr blieb nicht mehr viel Zeit mit ihrer Mutter. Aus diesem Grund war sie froh, selbstständig zu sein und von daheim aus arbeiten zu können. Sie verdrängte die Frage nach dem Danach so gut es eben ging aus ihrem Alltag. Wenn ihre Mutter eines Tages nicht mehr da war, würde sie ganz allein auf der Welt stehen. Ihr Vater hatte ihre Mutter vor ihrer Geburt verlassen. Lisbeth kannte ihn nicht. Es hatte immer nur sie beide gegeben – ihre Mutter und sie …

Ein Anflug von Unwohlsein überkam sie. Sie steuerte hastig die nächstgelegene Bank an und ließ sich darauf sinken. Erleichtert stieß sie den Atem aus, denn ihr war mit einem Mal furchtbar schwindlig.

Schon wieder!

Bereits am Morgen war ihr nicht gut gewesen. Wenn sie es recht bedachte, fühlte sie sich schon seit einiger Zeit elend. Ihr war oft schwindlig.

Der Stress vermutlich, wiegelte sie in Gedanken ab. In den vergangenen Wochen hatte sie immer nur gearbeitet und sich um ihre Mutter gekümmert. Eine Pause gab es nie. Das rächte sich jetzt. Sie sollte wohl eine Weile kürzertreten. Morgens länger schlafen vielleicht.

Sie blieb sitzen, bis das Schwindelgefühl nachließ.

Mit einer Waffel im Magen sieht die Welt gleich wieder ganz anders aus, dachte sie und wollte gerade aufstehen und zu dem Stand hinübergehen. Da sah sie zu ihrer Linken ein Paar Arm in Arm, das immer wieder stehen blieb, um sich zu küssen. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. So verliebt zu sein. Gab es etwas Schöneres?

Ihr Lächeln erstarb, als das Paar näher kam und sie den Mann erkannte, der eine rassige rothaarige Frau in seinen Armen hielt. Sekundenlang glaubte sie, ihren Augen nicht zu trauen. Das konnte, nein, das musste ein Irrtum sein. Eine Verwechslung. Das war ganz sicher nicht Georg … ihr Freund!

Oder etwa doch?

Lisbeth kniff die Augen zusammen und riss sie wieder auf.

Doch das Bild blieb. Ihr Freund kam mit einer anderen Frau im Arm auf sie zu!

Vor lauter Entsetzen konnte sich Lisbeth weder rühren noch etwas tun oder denken. Ihr Kopf war mit einem Mal wie leergefegt. So, als würde die Zeit stillstehen.

Da! Jetzt hatte er sie entdeckt. Seine Augen weiteten sich. Dann ging ein Ruck durch ihn. Er sagte etwas zu seiner Begleiterin, ehe er zielstrebig herüberkam.

»Lisbeth.« Seine Stimme klang zerknirscht. »Was machst du denn hier?«

»Ich?« Sie schlug sich vor die Brust, in der plötzlich ein heftiger Schmerz pulsierte. »Was machst du hier, Georg? Und wer ist … sie?!«

»Eine Kollegin aus der Kanzlei. Mei, Lisbeth, ich wollte net, dass du es auf diese Weise erfährst, aber vielleicht ist es besser so. Nun ist die Katze aus dem Sack. Diese Heimlichtuerei hat mir schon lange nimmer gefallen.«

»Schon lange? Wie … wie lange geht das denn mit euch schon?«

»Ist das wirklich wichtig?«

»Aber natürlich ist das wichtig.«

»Ich kann nimmer, Lisbeth. Mir wird das alles zu viel. Es ist besser, wir trennen uns.«

»Aber warum?« Fassungslos sah sie ihn an und wusste plötzlich nicht mehr, ob das alles wirklich passierte oder ob sie in einem furchtbaren Albtraum feststeckte. Georg und sie wollten am Wochenende einen Ausflug zum Starnberger See machen. Er hatte vor, sie an diesem Abend zum Essen zu besuchen. All das war nun wohl hinfällig.

Lisbeth betrachtete die andere Frau, die in einiger Entfernung stehen geblieben war und sie kaum beachtete. Viel mehr schien sie sich für das Angebot an Parfumflakons zu interessieren, die an einem der Stände auslagen.

Lisbeths Gedanken drehten sich im Kreis. Sie fand keinen Anfang und kein Ende. Georg und sie waren seit einem Jahr liiert. Er war Anwalt in der Kanzlei seines Vaters und hatte ihr bei einem Problem mit ihrem Vermieter geholfen. Sie waren ein paarmal zusammen ausgegangen und hatten sich gut verstanden. So hatte es begonnen … Und nun endete es hier? Auf dem Flohmarkt? Vor den Augen zahlreicher fremder Menschen?

Lisbeth drehte sich schier der Magen um.

»Warum?«, wisperte sie. »Ich verstehe das net.«

»Wirklich net? Ist dir eigentlich klar, wie belastend die vergangenen Wochen für mich waren? Ständig hast du unsere Verabredungen platzen lassen. Wir sind kaum noch aus dem Haus gegangen.«

»Weil es meiner Mutter schlechter geht. Ich musste für sie da sein. Ich dachte, du verstehst das.«

»Hab ich ja auch. Aber genug ist genug. Es ist sehr ehrenwert, dass du für deine Mutter so viel opferst, aber ich bin dazu nimmer bereit. Ich will etwas von meinem Leben haben. Ich möchte ausgehen, verreisen und nicht immer auf Abruf sitzen, weil daheim etwas passieren könnte. Wir sind beide nimmer glücklich mit unserer Beziehung, das siehst du doch auch, oder?«

Lisbeth presste die Lippen so fest aufeinander, dass es wehtat. Bis vor wenigen Minuten war sie der Ansicht gewesen, glücklich mit ihm zu sein. Nun jedoch stand sie vor den Scherben ihres Glücks. Georg hatte genug von ihr. Und von den Sorgen, die sie mit sich herumschleppte. Ihr Herz zuckte.

Er murmelte ein kurzes Lebwohl, dann wandte er sich um und verschwand mit seiner neuen Begleiterin in der Menge.

Lisbeth starrte ihm nach, bis ihre Augen brannten. Das … das konnte nicht wahr sein. Nicht Georg. Nicht ihr Schatz?! Er würde sie nicht so verletzen und hintergehen. Oder?

Doch es gab keinen Zweifel.

Es war geschehen.

Mit einem Mal wich Lisbeths Erstarrung, und der Verlust traf sie mit der Wucht eines Vorschlaghammers. Ein ersticktes Stöhnen stieg sauer in ihrer Kehle hoch. Lisbeth schaffte es noch, sich über die Wiese zu beugen, dann gab ihr Magen das Wenige von sich, das sie zum Frühstück zu sich genommen hatte. Aus, hämmerte es hinter ihrer Stirn. Es ist aus und vorbei.

Wieder wurde ihr schwindlig – und dann war es plötzlich dunkel um sie her.

***

»Dieser verflixte Nebel!« Dr. Martin Burger kniff die Augen zusammen, um die weißen Schlieren rings um ihn zu durchdringen, trotzdem konnte er kaum weiter als einen Meter sehen. Die Luft war kühl und so feucht, dass sie eine Masse zu bilden schien, die er berühren konnte.

Laut der Wettervorhersage schien in allen Teilen des Landes die Sonne, nur hier im Zillertal hielt sich der Nebel hartnäckig wie ein Luchs, der sich in seine Beute verkrallt hatte. Fröstelnd zog der Bergdoktor die Schultern hoch und hob das Funkgerät.

»Korbinian, bist du noch da?« Es knackte im Lautsprecher.

»Bin ich. Wobei ich keine Ahnung habe, wo genau ich mich gerade befinde. Ich kenne die Berge von Kindesbeinen an und könnte sämtliche Wege im Schlaf aufzeichnen, aber jetzt bin ich mir nicht mal sicher, wo oben und wo unten ist.«

»Hast du schon eine Spur von der vermissten Wandergruppe gefunden?«

»Leider noch net. Und du, Martin?«

»Nichts. Es ist, als hätte der Nebel sie verschluckt.«

»Das wollen wir doch nicht hoffen. Ich … Oh, verdammt!« Es knirschte und prasselte am anderen Ende der Verbindung.

»Was ist los?« Alarmiert hielt der Bergdoktor sein Funkgerät noch ein wenig näher vor sein Gesicht. »Korbinian? Alles klar bei dir?«

»Net wirklich. Es hat mir die Füße weggezogen. Diese verflixten Steine sind elend rutschig. Pass auf, wo du deine Füße hinsetzt. Hier rutscht man schnell aus und stürzt sonst wohin. Hoffen wir, dass das net mit der Gruppe passiert ist, sonst sind wir am … du weißt schon wo.«

»In der Tat.«

»Halte die Augen offen.«

»Du auch, Korbinian. Ich melde mich in zehn Minuten wieder.«

»Alles klar. Ende und Aus.«

»Ende und Aus.« Martin Burger verstaute das Funkgerät wieder an seinem Gürtel, dann setzte er seinen Weg fort. Er setzte seine Schritte mit Bedacht, weil er ebenfalls schon zu spüren bekommen hatte, dass der Untergrund nicht der sicherste war. Der Pfad, der auf den Berg führte, war felsig und glatt.

Am späten Nachmittag war ein Notruf hereingekommen. Eine Gruppe deutscher Wanderer hatte sich verstiegen und fand den Rückweg nicht mehr. Sie hatten nicht genau durchgeben können, wo sie waren. Nur noch, dass sie sich irgendwo auf dem Hexenstein befanden – dem Hausberg seines Heimatdorfes St. Christoph. Danach war der Kontakt abgebrochen.

Ein Trupp Bergretter war unterwegs, um die Vermissten zu suchen. Dr. Burger bildete mit Korbinian Brandstetter ein Team. Sie hatten sich an einer Weggabelung getrennt und hielten Funkkontakt, um sich über ihre Fortschritte auf dem Laufenden zu halten. Der aufziehende Nebel erschwerte die Suche enorm, weil er nicht nur die Sicht behinderte, sondern auch Stimmen dämpfte, sodass Rufe nicht allzu weit zu hören waren.