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Vom ersten Augenblick an kann Mirja ihn nicht ausstehen! Die Rede ist von Marius Kettler, ihrem Nachbarn. Alles an ihm regt sie auf: sein perfektes Aussehen, seine fröhliche Art - und sein Erfolg bei den Mädchen im Dorf! Zu dumm nur, dass ihr Garten direkt an sein Grundstück grenzt und sie alles mitbekommt, was drüben vorgeht.
Jedenfalls empört sich Mirja fürchterlich über das rege Treiben im Nachbarhaus. Doch als sie Marius einmal deswegen zur Rede stellen will, macht er ihr ein unglaubliches Geständnis ...
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Seitenzahl: 113
Veröffentlichungsjahr: 2016
Cover
Impressum
Geliebte Feindin
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4093-8
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Geliebte Feindin
Die Liebe kam von Zaun zu Zaun
Von Andreas Kufsteiner
Vom ersten Augenblick an kann Mirja ihn nicht ausstehen! Die Rede ist von Marius Kettler, ihrem Nachbarn. Alles an ihm regt sie auf: sein perfektes Aussehen, seine fröhliche Art – und sein Erfolg bei den Mädchen im Dorf! Zu dumm nur, dass ihr Garten direkt an sein Grundstück grenzt und sie alles mitbekommt, was drüben vorgeht.
Jedenfalls empört sich Mirja fürchterlich über das rege Treiben im Nachbarhaus. Doch als sie Marius einmal deswegen zur Rede stellen will, macht er ihr ein unglaubliches Geständnis …
Im »Ochsenwirt« gab es keinen Grund zur Klage. Der stattliche Gasthof lag mitten in St. Christoph und war daher nicht zu übersehen. Die Wirtsleute Joschi Althöfer und seine Frau Anna wussten, dass sie sich auf ihre Gäste verlassen konnten.
Nicht nur die Dorfbewohner und die Stammtischler tauchten regelmäßig auf. Auch Urlauber, Wanderer und Skifahrer schauten stets gern herein.
Bei einem Tiroler Brotzeitbrettl oder einem knusprigen Braten mit Speckkraut und Semmelknödeln – die Frau Wirtin kochte selbst – ließen sich die Energiespeicher rasch wieder auffüllen.
Außerdem legte das Ehepaar Althöfer großen Wert auf »gepflegte Getränke«, wie es in der Karte hieß. Was heiß sein musste wie zum Beispiel Kaffee, Jagertee oder Punsch, das war sogar noch ein bisserl heißer als nötig.
Umgekehrt musste auch niemand befürchten, im »Ochsen« ein lauwarmes Bier oder gar einen letscherten Weißwein zu bekommen. Bier, Wein und »Gespritzter« hatten genau die richtige Temperatur. Limonaden, Säfte und Apfelschorle perlten ebenfalls kalt und spritzig im Glas. Die Gäste waren durchweg sehr zufrieden.
Und weil man außerdem zwanglos beisammensitzen und über Gott und die Welt reden konnte, ging es im Wirtshaus in der Dorfmitte immer urgemütlich zu.
Zwei, drei kleine Tische waren meistens noch frei, wenn man Glück hatte. Aber mehr auch nicht. Notfalls hockte man sich irgendwo dazu. Hier plauderte jeder mit jedem, und es waren schon Freundschaften fürs Leben geschlossen worden. Jedenfalls behauptete das der Wirt.
Wer die Abwechslung liebte, ging freilich auch ab und zu ins Berghotel »Am Sonnenhang«, das mit dem hauseigenen Restaurant »Sonnenstüberl« aufwarten konnte. Das schöne Hotel galt inzwischen als Geheimtipp, übrigens nicht nur wegen der kulinarischen Köstlichkeiten.
Übrigens verstanden sich die Wirtsleute aus dem »Ochsen« und das Hoteliersehepaar Kastler so gut, dass sie sich ab und zu privat zu einem »Schmankerlabend« trafen. Als Konkurrenten betrachteten sie sich nicht, denn der »Ochse« war ein uriger Zillertaler Gasthof und kein Hotel der gehobenen Klasse.
An diesem Februarabend knapp eine Woche vor Fastnacht dampfte in der Wirtsstube die traditionelle »Mitternachtssuppe«, obwohl es gerade erst halb sieben war. Die würzige Suppe war allerdings bei den Gästen so beliebt, dass sie bereits ab achtzehn Uhr aus dem großen Kessel geschöpft wurde, der – wie anno dazumal – über einer offenen Feuerstelle in der alten Rauchkuchl hing. Nur so bekam diese besondere Suppe ihren typischen Geschmack.
Die Rauchkuchl im »Ochsen« war übrigens eine Sehenswürdigkeit. Sie stammte aus der Zeit, in der das Wirtshaus noch den Namen »Zum Roten Ochsen« getragen hatte.
Anno dazumal waren Kutscher, Ross und Reiter hier eingekehrt, man hatte eine Poststelle eingerichtet und schlicht möblierte Kammern an Reisende oder Händler vermietet, die winters wegen Schnee und Eis nicht mehr bis Mayrhofen oder Schwaz hinuntergekommen waren oder denen im Sommer Blitz und Donner den Garaus gemacht hatten. Für Speis und Trank war auch in früheren Zeiten ein tüchtiges Wirtsehepaar zuständig gewesen.
In regelmäßigen Abständen wurde auch heute noch die Rauchkuchl geöffnet. Wenn die Wirtin zum Beispiel in den riesigen, gusseisernen Pfannen ihren herrlich duftenden Eierschmarrn zubereitete, gab es im »Ochsen« garantiert keinen freien Platz mehr. Auch zur Fastnacht gehörten Suppen, Gesottenes und Gebratenes aus der alten Tiroler Küche unbedingt dazu.
Draußen war es so kalt, dass selbst die Eiszapfen unter den Dächern im Frost knackten. Im Monat Februar war das hier droben in den Bergen auch nicht ungewöhnlich. Der Schnee knirschte, wenn man auch nur einen Fuß darauf setzte. Am Abendhimmel strahlten die Sterne kristallklar wie Wunderwerke aus Eis.
Mächtig und schweigend erhob sich das Gebirge in seiner weißen Pracht rund um das Hochtal von St. Christoph. Selbst jemandem, der sich weder für das Hochgebirge noch für ein Winterparadies abseits von Lärm und Trubel interessierte, verschlug es bei diesem Anblick die Sprache.
Genauso erging es Mirja Lenzauer. Sie hatte eine Weile gezögert und unschlüssig an der Tür gestanden. Sollte sie sofort zu ihren Eltern fahren oder noch ein Weilchen warten und sich ein bisschen Zeit zum Nachdenken gönnen? Ob sie nun eine Stunde früher oder später im Weiler Hochbrunn ankam oder nicht, spielte eigentlich keine Rolle.
Es war unglaublich schön hier oben in St. Christoph, das musste sie zugeben. Sie fühlte sich wie in einer anderen Welt. Wenn man ihr gesagt hätte, dass sie auf einem fremden Planeten gelandet sei, dann wäre das gar nicht so verwunderlich gewesen.
Eine kleine, schwarz-weiße Katze bog um die Ecke und setzte sich neben Mirja.
»Gehörst du zum Wirtshaus?«, fragte sie. »Sicher ist dir kalt. Leider kann ich dir nichts geben. Ich hab kein Leckerli, kleine Mieze. Geh schnell ins warme Haus.«
Aber das Kätzchen dachte gar nicht daran, sondern blickte Mirja neugierig an.
Was für ein Abend!
Schnee, funkelnde Sterne, kalte, klare Luft, Gipfel, die fast den Himmel berührten, verschneite Wälder, warmes Licht im Dorf und Menschen, die man von fern lachen und reden hörte, all das ergab zusammen eine ganz besondere Atmosphäre. Hinter allem war jedoch eine tiefe Stille zu spüren. Nachts, wenn alle schliefen, würde diese Stille bis hinauf zu den Sternen reichen oder sogar noch weiter.
In der Stadt gab es so etwas nicht.
Mirja war daran gewöhnt, ständig von Geräuschen umgeben zu sein. Klagenfurt war eine lebhafte Stadt. In den vergangenen zwei Jahren hatte sie zusammen mit Paul in einem schicken Neubau gewohnt, direkt über seiner Anwaltskanzlei.
Große Fenster, ein riesiger Dachgarten, ein schicker Einrichtungsstil, leicht unterkühlt in Hellgrau, Schwarz und Weiß. Verspielte Dekorationen und Schnickschnack waren für Paul Gelthoff nicht infrage gekommen. Ab und zu war Mirja zu Vater und Mutter gefahren, um in ihrem Elternhaus am Stadtrand all die kleinen, hübschen Dinge wiederzusehen, an denen sie seit ihrer Kindheit gehangen hatte.
Um Paul einen Gefallen zu tun, waren diese Besuche aber ziemlich selten gewesen. Er hatte ihre Eltern als »langweilig« bezeichnet. Sogar das Wort »spießig« war gefallen, eigentlich eine Beleidigung. Gut, dass sie bis heute nichts davon ahnten. Sie hatten Paul eh nicht gerade ins Herz geschlossen.
Inzwischen war er genauso Vergangenheit wie die Penthouse-Wohnung und Mirjas Tätigkeit in seiner Kanzlei.
Alles, was mit ihm zusammenhing, war vorbei und ausradiert. Auch der Weihnachtsurlaub auf den Malediven.
Weihnachten mit Tannenbaum und Glockengeläut war für ihn undenkbar gewesen: »Das ist doch Kitsch!« Eigentlich ein Jammer, wenn jemand so dachte. Aber Mirja hatte es so hingenommen, um keinen Streit zu provozieren.
Der Sonnenurlaub am Traumstand hatte sich allerdings als ihr ganz persönliches Drama entpuppt. Ausgerechnet unter Palmen war Paul damit herausgerückt, dass es unwiderruflich die letzten Ferien für sie beide sein würden und somit sein großzügiges Abschiedsgeschenk.
In Gedanken hörte Mirja seine Stimme. Sie wusste noch genau, was er ihr an der blauen Lagune schonungslos ins Gesicht gesagt hatte: »Mirja, ich muss dir etwas gestehen. Du erinnerst dich doch sicher an Natalie Habeck. Sie war im vergangenen Sommer wegen ihrer Scheidung bei uns. Mir war sofort klar, dass ich eine ganz besondere Mandantin vor mir hatte. Ich hab daher alles getan, um ihre Scheidung so schnell wie möglich einzuleiten. Ihr Mann, dieser habgierige Besserwisser, wollte ihr den ehelichen Zugewinn vorenthalten. Aber damit ist er nicht durchgekommen. Er muss seine Einkünfte offenlegen und zahlen.«
Schweigend hatte sie ihm zugehört. Sie hatte ihn nicht ein einziges Mal unterbrochen.
»Tja, wozu lange herumreden?« Dann war er zum eigentlichen Punkt gekommen. »Natalie wird in Kürze rechtskräftig geschieden, dann werde ich sie heiraten. Tut mir leid, aber du und ich sind wie Feuer und Wasser, wie Tag und Nacht. Wir passen nicht zueinander. Ich glaube, dass du ein kuscheliges Nest brauchst, Familie und so weiter, das ganze Programm. Genau das, was ich nicht will. Du weißt ja, dass ich diesen Familienklüngel nicht mag. Mama, Papa, ein ganzes Rudel Kinder, Oma und Opa und vielleicht noch ein paar Verwandte, die sonntags auftauchen. Nein danke. Du kannst natürlich weiterhin in meiner Kanzlei als Sekretärin arbeiten, wenn du willst. Aber ich muss dich bitten, so bald wie möglich bei mir auszuziehen.«
Mirja hatte sofort den »Traumurlaub abgebrochen«, um nach Hause zu fliegen. Sie war bei einer Freundin untergekommen. Denn zu allem Übel hatten ihre Eltern ihr Vorstadt-Domizil verkauft, um sich einen großen Wunsch zu erfüllen – ein Zillertaler Alpenhaus mitten in den Bergen.
Sie hatten es in St. Christoph gefunden. Kurz vor Weihnachten waren sie umgezogen, hierher in dieses verschneite Dorf unter dem zauberhaften Sternenhimmel. Während sich Mirja mit Paul auf den Malediven bei einem Tauchkurs abgestrampelt hatte, war die besinnliche Tiroler Bergweihnacht für ihre Eltern das schönste Geschenk seit Langem gewesen.
»Ich werd ein paar Wochen bleiben«, sagte Mirja zu der kleinen Katze, die anscheinend kein Problem mit der Kälte hatte. »Ungefähr bis April. So lange werd ich es bestimmt hier aushalten. Dann kann ich zu Berni nach Salzburg fahren. Er will ein Hotel eröffnen. Das ist ganz schön mutig.«
Die kleine Katze blickte Mirja aufmerksam an, als sei sie sehr interessiert an ihren Worten.
»Berni braucht mich bestimmt«, fuhr Mirja fort. »Er war schon immer ein guter Freund, der ohne Wenn und Aber zur Stelle war, wenn ich ein Problem hatte. Ich möchte, dass es so bleibt. Jedenfalls werd ich dafür sorgen, dass es mit seinem Stadthotel aufwärts geht. Ja, das bin ich ihm sogar schuldig. Ich muss etwas wiedergutmachen. Wegen Paul hab ich ihn in die Wüste geschickt. Es ging leider nicht anders. Berni wollte mehr von mir als ich von ihm. Und weißt du, Mieze-Kätzchen, wenn man in einen anderen Mann verliebt ist, dann fällt einem eben manchmal auch der gute Freund auf die Nerven.«
Genauso war’s gewesen. Ihr Jugendfreund Bernhard, genannt Berni, hatte den Kürzeren gezogen, als der smarte Anwalt aufgetaucht war. Und um ehrlich zu sein – die große Liebe war’s mit Berni nicht gewesen. Vielleicht von seiner Seite aus, aber Mirja hatte in ihm keinesfalls den Märchenprinzen gesehen.
Und Paul?
Auch er gehörte nicht in die Rubrik »Traumprinz«. Anfangs hatte sie es allerdings geglaubt.
Hätte ich mich nur nicht so sehr in ihn verliebt, dachte Mirja.
Aber ließen sich Gefühle unterdrücken? Beim besten Willen nicht. Man konnte freilich aus seinen Fehlern lernen. Und Mirja hatte sich vorgenommen, ihren Weg zu gehen.
Es war falsch, einem Mann zuliebe die eigenen Wünsche und Lebensträume aufzugeben. Auch wenn sie ihrem Freund Berni bei der Eröffnung seines Salzburger Hotels helfen würde, so kam es nicht infrage, dass sie sich dabei selbst ganz und gar aus den Augen verlor.
Mit Paul war es so gewesen. Sie hatte sich stets nach ihm gerichtet und abends in der Anwaltskanzlei oft noch spät wichtige Terminarbeiten erledigt. Unterdessen war Paul unter dem Vorwand verschwunden, dass er dringend an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen musste.
Natürlich hatten diese Seminare einen Namen gehabt, und zwar »Natalie«. Und sie, Mirja, hatte in ihrer Vertrauensseligkeit niemals daran gedacht, dass Paul jemals auf die Idee gekommen wäre, mit einer anderen Frau anzubandeln.
Jetzt hatte sie die Quittung erhalten. Es geschah ihr ganz recht. Sie hätte misstrauisch werden sollen. Wer ging schon dauernd zu irgendwelchen Seminaren und Vorträgen? Paul mit seinem unschlagbaren Fachwissen hatte das doch auch gar nicht nötig gehabt.
»Ich gehe jetzt hinein, Kätzchen«, sagte Mirja zu dem kleinen Fellbündel. »Komm mit. Du bekommst ein Schälchen warme Milch. Es ist wirklich zu frostig hier draußen. Kalt, brr … aber schön ist es trotzdem!«
***
Drinnen verstummte das fröhliche Plaudern und Lachen für einen Moment, als Mirja eintrat und sich an einen kleinen Ecktisch setzte. Wie selbstverständlich legte sich die Katze zu ihr und putzte die Pfötchen.
Gleich werden mich alle so erstaunt anschauen, als ob ich soeben von einem weit entfernten Stern auf die Erde gefallen bin, dachte die junge Frau.
Aber sie hatte sich gründlich geirrt. Niemand schien in ihr ein fremdartiges Wesen zu sehen, nur, weil sie eine schicke Jacke mit hellblauem Plüschkragen und schicke Stiefeletten trug. Beides wirkte ausgesprochen »städtisch«.
Man lebte in St. Christoph keineswegs hinter dem Mond. Fesche Kleidung gab es auch hier, und die Mädchen trampelten durchaus nicht nur in Skistiefeln durch die Gegend.
Es kam natürlich darauf an, wohin man ging und was man vorhatte. Auch das Wetter spielte eine Rolle. Verschneite Wiesenwege, zum Beispiel, waren für feine Stiefeletten denkbar ungeeignet. Wer wollte schon ausrutschen und sich den Fuß verstauchen?
Nach einer kurzen Pause wurde Mirja mit freundlichen Blicken bedacht, man sagte »Grüß Gott«, und die beiden jungen Männer am runden Tisch ganz in der Nähe spendierten ihr einen Becher Glühwein.
»Damit du uns net einfrierst, Madel!«, scherzte der eine. »Bist du auf Urlaub hier? Übrigens: Wir sind net zu übersehen. Wenn du uns suchst, findest du uns im Dorf oder auf der Skipiste beim Training. Wir sind nämlich echte Superstars beim Wintersport! Natürlich kennt man uns in der ganzen Welt, das versteht sich ja von selbst. Falls du ein Autogramm willst: Ich bin der Tom, und neben mir hockt der Lukas.«
»Ich werd’s mir merken«, erwiderte Mirja. »Mit Spitzensportlern und Medaillengewinnern hatte ich es noch nie zu tun.«
Nelli, die Bedienung, servierte Mirja einen Teller »Mitternachtssuppe«.