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Der Altbauer Valentin Talhuber ist ein echtes Scheusal, der allen Menschen das Leben zur Hölle macht. Ganz besonders hat sein Sohn Moritz unter seinen Gemeinheiten zu leiden. Und seitdem der alte Talhuber vor zwei Jahren einen Schlaganfall erlitten hat, ist es mit ihm kaum noch auszuhalten.
Immer wieder ermahnt Dr. Martin Burger Valentin, sich zu mäßigen, doch leider ohne Erfolg. So wundert es niemanden, dass alle Pflegerinnen nach kurzer Zeit das Handtuch werfen. Als nun die bildhübsche junge Sarah Bach durch Vermittlung des Bergdoktors als Pflegerin auf den Talhuber-Hof kommt und Valentin bemerkt, dass sich zwischen Sarah und Moritz eine zarte Liebe anbahnt, sieht er rot. Er gönnt Moritz, diesem Kuckuckskind, nicht das Schwarze unter den Nägeln, und schon gar nicht, dass der Bursche glücklich wird. Und so ersinnt der boshafte Altbauer einen perfiden Plan, um genau das zu verhindern ...
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Komm dem Glück ein Stück entgegen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4394-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Komm dem Glück ein Stück entgegen
Wenn ein schüchternes Dirndl verliebt ist
Von Andreas Kufsteiner
Der Altbauer Valentin Talhuber ist ein echtes Scheusal, der allen Menschen das Leben zur Hölle macht. Ganz besonders hat sein Sohn Moritz unter seinen Gemeinheiten zu leiden. Und seitdem der alte Talhuber vor zwei Jahren einen Schlaganfall erlitten hat, ist es mit ihm kaum noch auszuhalten.
Immer wieder ermahnt Dr. Martin Burger Valentin, sich zu mäßigen, doch leider ohne Erfolg. So wundert es niemanden, dass alle Pflegerinnen nach kurzer Zeit das Handtuch werfen. Als nun die bildhübsche junge Sarah Bach durch Vermittlung des Bergdoktors als Pflegerin auf den Talhuber-Hof kommt und Valentin bemerkt, dass sich zwischen Sarah und Moritz eine zarte Liebe anbahnt, sieht er rot. Er gönnt Moritz, diesem Kuckuckskind, nicht das Schwarze unter den Nägeln, und schon gar nicht, dass der Bursche glücklich wird. Und so ersinnt der boshafte Altbauer einen perfiden Plan, um genau das zu verhindern …
»Ich muss zugeben, Schatzerl, das war die beste Idee des Tages. So ein gemütlicher Spaziergang am Feierabend ist wirklich net zu verachten.« Dr. Martin Burger lächelte seiner Frau Sabine zufrieden zu. »Dabei fällt der Stress ganz von einem ab.«
Die zierliche Blondine mit den warmen braunen Augen erwiderte das Lächeln ihres Mannes entspannt.
»Nur gut, dass Vater sich erboten hat, den Telefondienst zu übernehmen, und unser Laura-Mauserl heute anstandslos eingeschlafen ist.«
»Es muss schon eins zum anderen kommen, damit wir uns ein freies Stünderl stehlen können«, sinnierte der hochgewachsene dunkelhaarige Mediziner, den die Menschen im Tal von St. Christoph respektvoll den Bergdoktor nannten.
»Du wirst halt allerweil gebraucht«, erinnerte Sabine ihn.
»Und du auch«, parierte er mit einem angedeuteten Schmunzeln. »Heut Abend allerdings nur von mir.«
Sie lachte und schmiegte sich an ihn. Hand in Hand spazierten sie durch die noch spätwinterliche Landschaft rund um die kleine Gemeinde, in der Martin Burger geboren und aufgewachsen war und die für seine zweite Frau Sabine auch längst zur Heimat geworden war.
St. Christoph lag am Ende des Zillertals, sozusagen im stillen Winkel. Und hier tickten die Uhren tatsächlich noch anders. Die Menschen waren bodenständig und hielten auf die Traditionen, die schon seit langer Zeit das Leben in diesem Landstrich bestimmten.
Nur eine schmale Landstraße führte, von Mayrhofen kommend, ins Dorf. Sechs Berge umgaben St. Christoph wie steinerne Wächter. Der höchste, der Feldkopf, war im Sommer bei Bergsteigern und im Winter bei Skifahrern sehr beliebt. Auch eine Kabinenbahn führte hinauf zur Feldkopfhütte, wo man übernachten und gut essen konnte.
Hinter St. Christoph schlossen sich weitere Dörfer und Weiler an. Es gab auch zahlreiche Berghöfe, die zum Teil sehr abgeschieden in schwer zugänglichen Hochtälern lagen.
So kam es, dass Dr. Burger als Landarzt oft länger unterwegs war, um all seine Patienten zu erreichen. Die Liste der Hausbesuche war meist lang, und wenn mitten in der Nacht ein Notfall anstand, war der Mediziner mit Leib und Seele stets zur Stelle.
Martin Burger liebte seine Familie über alles, aber seine Patienten kamen im Zweifelsfall an erster Stelle, denn er hatte sein Leben dem Helfen und Heilen verschrieben.
Sabine Burger, ebenfalls Dr. med., teilte diese Einstellung. Die gebürtige Wienerin war Martin zu einem Zeitpunkt seines Lebens begegnet, als dieser sozusagen am Scheideweg gestanden hatte. Nach einem schweren Schicksalsschlag war ihm nur der Beruf geblieben, dem er sich mit ganzer Kraft und vollem Einsatz gewidmet hatte.
Es war der Tod seiner ersten Frau Christl, der Martin Burger aus der Bahn geworfen hatte. In seiner Verzweiflung hatte er sich damals gefragt, welchen Sinn das Leben für ihn noch hatte.
Schließlich war er nach München gegangen, um an der Uniklinik seinen Facharzt für Chirurgie zu machen.
Die glänzenden Aufstiegschancen in der bayerischen Metropole, der »Stadt mit Herz«, hatten ihn jedoch nicht weiter interessiert. Ihm war es wichtiger gewesen, nach Hause in sein Zillertaler Dorf zurückzukehren und die Praxis seines Vaters zu übernehmen.
Fünfzehn Jahre lang war Dr. Burger nur für seine Patienten da gewesen.
Doch dann war ihm die hübsche blonde Dr. Sabine Rodenwald aus Wien im Haus ihrer Tante Rika begegnet.
Sabine hatte eigentlich nur die Absicht gehabt, ein paar Ferientage in St. Christoph zu verbringen. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, dass sie ausgerechnet in St. Christoph der Liebe ihres Lebens begegnen würde. Noch dazu einem Mann, der sechzehn Jahre älter war als sie.
Aber wenn man es am wenigsten erwartet, dann passieren die wunderbarsten Dinge …
Martin und Sabine hatten sich so schnell ineinander verliebt, dass sie bis heute darüber staunten. Ihre Liebe war sozusagen der direkte Weg zum Standesamt und zum Altar gewesen.
Heute krönten ihre drei munteren Kinder das eheliche Glück. Tessa hatten die Burgers im Alter von zwei Jahren adoptiert, drei Jahre später kam Filli zur Welt und zuletzt als kleiner Sonnenschein das von allen heiß geliebte Laura-Mauserl.
Die kleine, muntere Schar brachte Leben ins Doktorhaus von St. Christoph und hielt Großvater Pankraz ebenso in Atem wie die altgediente Hausperle Zenzi Bachhuber. Sie hatte Dr. Burger senior seinerzeit nach dem Tod seiner Frau versorgt und sich auch um den jungen Martin gekümmert. Nun waren ihr die drei Burger-Kinder sehr ans Herz gewachsen.
Sabine und Martin hatten den Wanderparkplatz unterhalb des Feldkopfes erreicht und machten sich auf den Rückweg. Die Kabinenbahn stand still, denn es wurde allmählich dämmrig, auch wenn die Tage nun, Anfang März, schon wieder spürbar länger waren.
In den Nächten war es noch empfindlich kalt, und die Bergspitzen zierten dicke Schneehauben. Aber es gab bereits deutliche Zeichen, dass der Frühling nicht mehr weit war.
Der Bergdoktor hatte ein paar Schneeglöckchen erspäht, die im letzten Licht des Tages hell am Wegesrand leuchteten. Behutsam pflückte er eines und reichte es seiner besseren Hälfte, die sich sehr darüber freute. So sehr, dass sie ihm sogleich ein Busserl dafür schenkte. Dies wiederum gefiel Martin Burger dermaßen gut, dass er ihr ohne Zögern noch eines stahl. So ging die verliebte Tändelei hin und her.
»Guten Abend, Herr und Frau Doktor!«, ertönte plötzlich eine strenge Stimme in der Nähe.
Es war Ludwig Sirch, der Dorfgendarm von St. Christoph, dessen Haus das erste am Ortseingang war. Er hatte sein Motorrad gerade abgestellt und den Helm vom runden Kopf gezogen. Obwohl der Sirch recht beleibt war, zog er sein Zweirad doch dem Streifenwagen vor. Nun musterte er die Burgers prüfend, die sich ihm genähert hatten.
»Grüß Gott, Herr Sirch«, sagte Sabine freundlich. »Ein schöner Abend, net wahr? Es liegt schon ein Hauch Frühling in der Luft.«
»Mir ist’s eine Spur zu frisch, aber das ist natürlich Geschmackssache«, erwiderte er zugänglich. Die Arztfrau war ihm sehr sympathisch. »Ich war in Mayrhofen, neue Formulare besorgen. Ich sag es Ihnen, eines Tages werden wir noch in dem ganzen Papierkram ersticken.«
»Das wollen wir doch net hoffen«, meinte Martin, während Sabine zu lachen begann. »Und solange nix passiert, werden die Formulare ja auch nicht gebraucht, gelt?«
»Mir ist’s am liebsten, die stauben im Regal ein«, scherzte der Dorfgendarm ein wenig grimmig. »Dann noch einen schönen Abend.« Er blickte den Burgers, die nun ihren Heimweg fortsetzten, nach und dachte: Immer noch wie ein verliebtes Paar, die zwei.
Diesen Eindruck machte das Arztehepaar auf fast jeden unvoreingenommenen Betrachter. Wer sie nicht kannte, hätte sie kaum für ein gestandenes Ehepaar gehalten. Es mochte daran liegen, dass sie ihre Liebe zueinander mit besonderer Sorgfalt pflegten, und das Glück, das ihnen beschieden war, niemals als selbstverständlich betrachteten.
Wenig später erreichten die beiden das Doktorhaus, das am Ende der Kirchgasse stand. Es beherbergte in einem Anbau neben der Praxis mit Warte- und Sprechzimmer auch einen kleinen, vollständig eingerichteten OP, ein Labor, einen Röntgenraum sowie zwei Krankenzimmer für einen stationären Aufenthalt.
»Wie in einer richtigen Klinik«, hatte jemand mal gesagt. Und seither hieß diese Einrichtung im Volksmund die »Mini-Klinik«.
Im Vorgarten spitzten neben Krokussen und Schneeglanz bereits die ersten Hyazinthen aus der feuchten, dunklen Erde. Zenzi war eine begeisterte Hobbygärtnerin und liebte Frühlingsblüher.
Dr. Burger ließ seiner Frau den Vortritt und folgte ihr durchs Gartentor zum Haus. Bevor sie hineingingen, stahl Martin seiner Sabine noch ein Busserl.
»So einen Spaziergang nach Feierabend sollten wir uns öfter gönnen«, sagte er.
Er hörte keinen Widerspruch, sah nur ein zufriedenes Lächeln auf den ebenmäßigen Zügen seiner Frau und gewahrte die goldenen Pünktchen in ihren warmen braunen Augen, die ihm so gefielen.
***
Dr. Pankraz Burger war mit seinen siebenundsiebzig Jahren noch sehr rüstig. Seit er den aktiven Arztberuf aufgegeben hatte, studierte er regelmäßig medizinische Fachblätter und informierte sich so über die neuesten Entwicklungen. Er war für seinen Sohn, der seinen reichen Erfahrungsschatz sehr würdigte, ein wertvoller Ratgeber bei vielen verzwickten Fällen.
Zudem machte der agile Senior sich auch gern nützlich, indem er Telefondienst schob oder auch mal in der Praxis aushalf, wenn Not am Mann war. Sein Hobby war aber vor allem die Arbeit an einer Chronik des Zillertals, an der er bereits seit vielen Jahren arbeitete.
Fit hielt der alte Bergdoktor sich durch regelmäßige Gassi-Runden mit Familiendackel Poldi. Allerdings hatte seine Vorliebe für Zenzis Kochkunst bereits deutliche Spuren in seiner Körpermitte hinterlassen. Von einem Bäuchlein ließ Pankraz Burger sich jedoch nicht die Laune verderben. Er nannte es schlicht »meine Genussfigur« und lachte nur darüber.
Als Sabine und Martin von ihrem Spaziergang zurückkehrten, saß Pankraz in seinem Kabinettl neben der guten Stube, las und genoss ein Glas Grünen Veltliner, zu dem Zenzis salzige Sesamradeln hervorragend mundeten.
»Da seid ihr ja wieder, ihr zwei«, stellte er erfreut fest und gesellte sich zu Sohn und Schwiegertochter. »War’s schön?«
»Sehr. Du hattest recht, Vater. Es riecht nach Frühling.«
»Das hab ich heut Morgen bei der Runde mit Poldi gemerkt.«
Der Dackel hatte wohl seinen Namen gehört und kam nun aus der Diele getrabt, wo sein Körberl stand. Erwartungsvoll schaute er von einem zum anderen, aber leider schien keiner die Absicht zu haben, ihm ein Leckerli zu spendieren. Also ließ er sich zu Pankraz’ Füßen nieder und legte den Kopf auf die Pfoten.
Der Senior füllte noch zwei Gläser mit Wein und stellte sie Sabine und Martin hin, die es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatten.
»Droben alles ruhig?«, fragte die junge Frau ihren Schwiegervater, der zustimmend nickte.
»Laura schläft wie ein Engerl, und die beiden Großen sitzen noch an Schulaufgaben oder spielen ein bisserl. Die Zenzi ist vor einer Viertelstunde zur Chorprobe.« Pankraz wirkte zufrieden. »Ich hab alles im Griff.«
In diesem Moment ertönte aus dem Obergeschoss ein lautes Krachen, dem aufgeregtes Geschrei folgte. Und gleich darauf das durchdringende Weinen des jüngsten Burger-Sprosses.
»Auweh«, murmelte Pankraz.
Sabine seufzte und verließ rasch die gute Stube, während Martin sich erkundigte, ob während ihrer Abwesenheit jemand angerufen habe.
Pankraz holte seinen Notizblock hervor.
»Die Hauserin von Hochwürden kann das Kreislaufmittel nimmer finden, das du ihr verordnet hast«, berichtete er. »Sie möchte morgen vorbeikommen und ein neues Rezept abholen. Der Angerer hat wieder das Reißen im Rücken. Er hätt gern eine Spritze, ich hab ihn aber an die Salbe erinnert, die du ihm verschrieben hast.«
»Er will net abnehmen und sich net mehr bewegen«, meinte Martin. »Deshalb denkt er, eine Spritze tät’s auch.«
»Er ist halt unverbesserlich, unser Bürgermeister.«
Sabine kehrte nun mit Klein-Laura auf dem Arm in die gute Stube zurück. Martin wollte wissen, was los gewesen sei.
»Filli ist auf die glorreiche Idee verfallen, in seiner Kammer Fußball zu spielen«, erklärte sie ihm. »Das hat die Lampe net überstanden. Und von dem Knall ist unser Mauserl aufgewacht.«
Sie wiegte die Kleine, deren runde Bäckchen gleichermaßen vom Schlafen und Weinen gerötet waren, leicht hin und her. Doch Laura war nun munter und an Schlaf nicht mehr zu denken. Sie streckte die kurzen Ärmchen aus und wollte auf Papas Schoß. Martin tat ihr nur zu gern den Gefallen.
»Ach ja, der Moritz Talhuber hat auch noch angerufen«, fiel Pankraz da ein. »Die Pflegerin ist auf und davon. Er braucht einen Ersatz und kommt morgen in die Sprechstunde, um das mit dir zu bereden, Martin.« Pankraz machte eine verdrossene Miene. »Wenn du mich fragst, ist das vergebene Liebesmüh. Die Pflegerin, die den alten Valentin auf Dauer ertragen kann, ist noch net geboren.«
»Ich hab mir schon so was gedacht«, gab Martin zu. »Es war die dritte Kraft, mit der Moritz es versucht hat. Schwester Hedwig war couragiert und hatte zwanzig Jahre Berufserfahrung. Ich hab gehofft, sie packt es. Aber ich hätt’s besser wissen sollen.«
»Was ist nur so schlimm am alten Talhuber?«, wunderte Sabine sich. »Er ist doch ein ganz normaler Pflegefall nach einem Schlaganfall.«
»Dass er vor zwei Jahren einen Schlaganfall hatte, stimmt schon, aber ein normaler Pflegefall ist er leider net«, ließ Martin seine Frau wissen. »Ganz und gar nicht …«
»Schau, Sabine, der Fall geht viel weiter zurück als zwei Jahre«, erklärte Pankraz ihr seufzend. »Die Talhubers leben ja ganz abgeschieden auf ihrem Berghof zwischen St. Christoph und Hochbrunn. Der Valentin war Berghofbauer in der siebten Generation. Ein echter Gebirgler, schneidig und fesch.«
Sabine schoss es durch den Kopf, dass ihr geliebter Martin der schneidigste und fescheste Bursche von allen war, aber sie sagte nichts.
»Die Madeln sind ihm seinerzeit in Scharen nachgelaufen«, fuhr Pankraz fort. »Und er hat keine abgewiesen. Die Zeller-Martha hat er wegen der Mitgift geheiratet. Es war net unbedingt die große Liebe, aber im Laufe der Jahre haben sie sich doch zusammengerauft. Allerdings ist immer mal was vorgekommen, denn der Valentin war nie ein Kostverächter.«
»Du meinst, er hat seine Frau betrogen?«
»Es ist viel geredet worden, aber der Valentin war schon ein flotter Hirsch, das stimmt. Drei Buben hat die Martha ihm geboren, den Andi, den Timo und den Moritz, den jüngsten. Und da gab es dann Gerüchte, dass die Bäuerin es ihrem Mann heimgezahlt haben soll und der Moritz das Kind von einem Saisonarbeiter sei. Der Talhuber hat getobt und jeden gerauft, der so was erzählt hat. Aber die Gerüchte wollten net verstummen, und die Martha hat sich offenbar dazu ausgeschwiegen.«
»Sie hat sich auf die Art und Weise gerächt«, mutmaßte Sabine. »Net unbedingt schön, aber doch irgendwie verständlich.«
»Jedenfalls hat der Valentin es den Moritz von klein auf spüren lassen, dass er nur ein Kind zweiter Klasse ist. Er hat ihn schikaniert und wirklich schlecht behandelt. So weit sie konnte, hat die Martha dem Buben beigestanden. Aber nach ihrem Tod wurde es ganz schlimm. Der Valentin hat sich zum Tyrannen entwickelt, der nur noch brüllen konnte.«
Pankraz erzählte ihr auch, dass er seine beiden älteren Söhne aus dem Haus getrieben hatte.
»Der Moritz ist geblieben, obwohl er es am schlechtesten erwischt hat. Man kann den Burschen nur bewundern und eine Hochachtung vor ihm haben. Was der auszuhalten hat, das ist net ohne.«
»Als er vor zwei Jahren den Schlaganfall hatte, sah es lange nicht gut aus«, sagte Martin nun. »Die Kollegen im Spital waren nicht sicher, ob er durchkommt. Aber der Valentin hat einen eisernen Willen.«
»Sein Zustand ist jetzt stabil, gelt? Braucht er denn wirklich noch eine Pflege?«, fragte Pankraz seinen Sohn, der den Patienten jede Woche bei seinen Hausbesuchen sah.
»Er muss die meiste Zeit liegen, ermüdet schnell, kann sich net bei allem allein helfen. Und die Medikation ist auch net ganz einfach für einen Laien.«
»Was hast du ihm derzeit verordnet?«, wollte der Senior interessiert wissen.