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Der Wirt der Edelweißhütte stürzt so schwer am Berg, dass Dr. Burger das Leben des Verunglückten nicht mehr retten kann. Als Erbin hat Hans Kogler seine Nichte Larissa bestimmt, die in München als Model arbeitet. Als sie vom Tod des Onkels erfährt, kehrt sie sofort nach St. Christoph zurück. Dort trifft sie auch ihren Jugendfreund Jens Aschenbrenner wieder. Eine einzige Begegnung reicht aus, um die Glut, die noch immer in ihren Herzen glimmt, neu zu entfachen. Jens wird schlagartig bewusst, dass er nur mit Larissa glücklich werden kann. Doch als er sich von seiner Freundin Kathi Rossmüller trennt, sieht das rassige Madel rot. Kathi hat nicht vor, sich von diesem viel zu dünnen Stadt-Flitscherl in die Suppe spucken zu lassen! Voller Wut ersinnt sie einen perfiden Plan, um es der verhassten Nebenbuhlerin heimzuzahlen ...
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Seitenzahl: 135
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Das Edelweiß zu deinem Herzen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4586-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Das Edelweiß zu deinem Herzen
Dr. Burger und ein hart erkämpftes Glück
Von Andreas Kufsteiner
Der Wirt der Edelweißhütte stürzt so schwer am Berg, dass Dr. Burger das Leben des Verunglückten nicht mehr retten kann. Als Erbin hat Hans Kogler seine Nichte Larissa bestimmt, die in München als Model arbeitet. Als sie vom Tod des Onkels erfährt, kehrt sie sofort nach St. Christoph zurück. Dort trifft sie auch ihren Jugendfreund Jens Aschenbrenner wieder. Eine einzige Begegnung reicht aus, um die Glut, die noch immer in ihren Herzen glimmt, neu zu entfachen. Jens wird schlagartig bewusst, dass er nur mit Larissa glücklich werden kann. Doch als er sich von seiner Freundin Kathi Rossmüller trennt, sieht das rassige Madel rot. Kathi hat nicht vor, sich von diesem viel zu dünnen Stadt-Flitscherl in die Suppe spucken zu lassen! Voller Wut ersinnt sie einen perfiden Plan, um es der verhassten Nebenbuhlerin heimzuzahlen …
Traurig schüttelte Dr. Martin Burger, der Landarzt von St. Christoph und allgemein nur Bergdoktor genannt, den Kopf.
»Hans kann niemand mehr helfen«, bedauerte er und zog behutsam eine Decke über den Toten, um ihn vor dem strömenden Regen zu schützen, der seit Tagen das Hochtal heimsuchte.
Die Bergwacht hatte ihn zu dem Verunglückten gerufen. Hans Kogler, der Wirt der Edelweißhütte, einer Almwirtschaft am Hexenstein, war beim Versuch, ein Gamskitz zu befreien, das sich im Dornengestrüpp eines Felsens verfangen hatte, mehrere Meter in die Tiefe gestürzt.
Förster Fabian Reckwitz, der sich von keinem noch so miserablen Wetter von seinem Reviergang abhalten ließ, hatte den schwer verletzten Mann gefunden. Trotzdem war es Dr. Burger nicht mehr gelungen, den Verunglückten zu retten. Er war ihm unter den Händen gestorben.
Auch die kleine Gams saß noch in der Falle und schrie zum Gotterbarmen, während seine Mutter weit oberhalb der Felsnase nervös auf und ab patrouillierte. Die Bergretter taten sich ebenfalls schwer, das wild zappelnde Tier zu befreien.
»Allmächtiger, so eine Sauerei!«, ließ sich plötzlich die zornige Stimme von Karl Marschner vernehmen, einem schon älteren Retter, der seit vielen Jahren der Bergwacht angehörte.
Es gab fast nichts, was er noch nicht gesehen hatte, aber eine solche Niedertracht war ihm noch nicht untergekommen.
»Ein Wilderer hat im Gebüsch eine Drahtschlinge versteckt, in der sich nun das Kitz verfangen hat«, vermeldete er grimmig. »Es ist am Vorderlauf schlimm verletzt. Ruft den Tierarzt!«
»Wenn mir der Kerl unter die Finger kommt!«, knurrte Dominikus Salt, der Bergwachtleiter von St. Christoph, ein hagerer, großer Mann Mitte fünfzig. Er ballte die Hände zu Fäusten. »Wegen der Profitgier dieses verantwortungslosen Schurken musste Hans nun sein Leben lassen.«
Das Fleisch der Gams war besonders wohlschmeckend, und das Fell gab weiches Leder. Deshalb war das Tier bei Wilderern sehr begehrt.
Natürlich hatte man es nicht auf das arme Kitz abgesehen, sondern auf das stattliche Muttertier, das nun um sein Kleines bangte. Gefangen in der Drahtschlinge wäre der sonst schwer zu jagende Kletterkünstler eine leichte Beute gewesen. Aber noch verwerflicher war, dass das Kitz ohne seine Mutter noch nicht überleben konnte, und Hans Kogler hatte in der Blüte seines Lebens gestanden, als ihn der Tod ereilte.
Gerade mal einundfünfzig Jahre war der Wirt alt geworden. Zwar war er ein Eigenbrötler gewesen und wegen seiner mürrischen, schroffen Art bei den Einwohnern von St. Christoph nicht sehr beliebt. Auch lief die Almwirtschaft nicht gut, weil Hans mit seiner Übellaunigkeit das Personal vergraulte und die Gäste verdross.
Der Förster nickte grimmig und machte sich mit seinem Hund sofort auf Spurensuche, während der Salt den Tierarzt und den Dorfgendarmen Ludwig Sirch verständigte. Inzwischen hatte man die völlig erschöpfte Gams geborgen, aber die Wunde, welche die Drahtschlinge gerissen hatte, sah übel aus.
Der Bergwachtleiter rieb grübelnd sein Kinn.
»Wahrscheinlich hat Hans die aufgeregten Pfiffe der Muttergams gehört, die um ihr Kitz bangte, als er im Morgengrauen aus seiner Hütte kam«, überlegte er. »Dann hat er hier beim Schwarzkopffelsen nachgesehen und das Kleine entdeckt, worauf er versuchte, es zu befreien. Dabei verlor er den Halt und stürzte ab. Bei der Nässe ist der Fels wie mit Schmierseife überzogen.« Er schüttelte betrübt den Kopf.
»Ich habe dort drüben im Gestrüpp Fußspuren von derben Stiefeln entdeckt, glaub aber net, dass sie vom Hans stammen«, vermeldete Fabian Reckwitz, als er wieder zurückkam. Er deutete zu einem nicht weit entfernten Busch. »Wahrscheinlich hielt sich der Wilderer dort versteckt. Als ihm der Hans in die Quere kam, ist der Kerl wohl Hals über Kopf geflohen. Leider hat der Regen die meisten Spuren zerstört.«
»Vielleicht wollte der Hüttenwirt ja selbst seine Speisekarte bereichern«, argwöhnte nun Frieder Göttinger, mit knapp zwanzig Jahren noch ein Grünschnabel unter den Rettern. Er kratzte sich grübelnd am Kopf. »Das Kitz wollte er allerdings net haben und hat versucht, es zu befreien, bevor noch jemand seine Schandtat bemerkt. Dabei hat ihn dann sein Schicksal ereilt.« Er zuckte mit den Schultern. »So wird’s wohl gewesen sein.«
»Man soll einem Toten nix Schlechtes nachsagen«, zürnte Dr. Burger erbost über die Häme des jungen Buschen.
Er ließ von der kleinen Gams ab, der er ein Schmerzmittel gegen die ärgsten Qualen verabreicht hatte, stand auf und klopfte den Schmutz von der Hose.
»Man kann dem Hans vieles vorwerfen, aber ein Wilderer war er net«, fuhr der Arzt fort. »Er liebte die Tiere mehr als die Menschen. Von diesen fühlte er sich hintergangen.«
»Es kann der Anna wohl niemand verdenken, dass sie ihren grantigen Bruder verlassen hat, nachdem er ihr das Leben zur Hölle gemacht hat«, blaffte Karl Marschner. »Hans hat seine Schwester in der Almwirtschaft schuften lassen, während er sich einen lauen Lenz machte. Er stemmte lieber im Wirtshaus Zum Ochsen den Maßkrug, statt mit anzupacken. Auch hat er der Anna nie verziehen, dass sie mit dem Balg die Sünde auf den schmucken Berghof gebracht hat, und sie schikaniert.«
»Ganz so war’s ja doch net«, ergriff abermals Dr. Burger Partei für den Verstorbenen und funkelte den Verleumder wütend an. »Du malst da ein völlig falsches Bild vom Hans. Mag er auch ein Sonderling gewesen sein, ein Unmensch war er net. Die Almwirtschaft war das Erbe der Anna, sie hat sich für ihren eigenen Gewinn krummgelegt. Der Hans hat dafür den Berghof weiter bewirtschaftet, nachdem die Eltern bei dem Lawinenabgang vor zwölf Jahren ums Leben kamen.«
Der Bergdoktor verteidigte Hans vehement.
»Er war auch nur selten im Wirtshaus zu finden, und seine Nichte hat er über alle Maßen geliebt. Zum Zerwürfnis der Geschwister ist es nur gekommen, weil Anna Kogler die Almwirtschaft verkaufen wollte, Hans aber dagegen war. Sie hatte sich in den Bäckermeister aus München verliebt, der damals in St. Christoph Urlaub machte, und wollte ihm mit der Tochter in die Großstadt folgen.«
Dr. Burger wusste, warum Karl auf den Hüttenwirt nicht gut zu sprechen war. Hans hatte ihm in jungen Jahren die Freundin ausgespannt, die diesem dann aber später ebenfalls den Laufpass erteilte. Trotzdem konnte Karl dem ehemaligen Spezl nicht verzeihen.
Dominikus Salt nickte bedächtig.
»Um die Schwester auszahlen zu können, musste Hans den Berghof veräußern«, spann er den Gesprächsfaden weiter. »An dem Hof hing sein Herzblut, doch die Almwirtschaft warf mehr ab. Verziehen hatte er es der Anna nie, dass sie ihn zu diesem Schritt gezwungen hat.«
Er blickte streng in die Runde seiner Leute und ermahnte sie, nicht über den Verunglückten herzuziehen.
»Das hat er net verdient, egal, welcher Nörgler er zu Lebzeiten auch gewesen ist. Bringen wir seinen Leichnam zum Parkplatz runter, damit sich der Bestatter darum kümmern kann.«
Zur Almhütte führte ein breiter Schotterweg, der etwa hundert Meter tiefer an einem Wanderparkplatz endete. Den Rest musste man in einem halbstündigen Fußmarsch durch einen engen, steilen Hohlweg aufsteigen.
Die Waren für die Wirtschaft hatte Hans Kogler mit dem Lastenaufzug transportiert. Doch den Verstorbenen nun damit ins Tal zu schicken, erschien dem Bergwachtleiter zu würdelos.
Es würde jedoch mühsam sein, den Leichensack mit dem großen Mann, der mit seiner kräftigen Statur und dem zotteligen Bart schon fast der Sagengestalt des Rübezahls ähnelte, über den verwinkelten Pfad zum Parkplatz zu bringen, wo der Bestatter mit dem Wagen wartete. Der Einsatz einer Gebirgstrage, die ähnlich wie der Rettungsschlitten im Winter funktionierte, nur auf Rollen, war nicht möglich. Hier war Muskelkraft gefragt.
»Wer kommt denn nun für die Beerdigungskosten auf?«, bohrte Karl weiter nach. »Hans kam mit seinen Einnahmen gerade so über die Runden, er hat gewiss net vorgesorgt.«
Dominikus Salt strich versonnen eine Strähne seines schon schütteren Haares zurück.
»Ich nehme an, Anna beerbt ihren Bruder. Dann muss sie auch die Bestattung übernehmen.«
»Die Anna gewiss net«, fiel ein weiterer schon älterer Retter mit verächtlichem Schnauben ein. »Hans hat doch jeden Kontakt zu seiner Schwester abgebrochen. Allenfalls seine Nichte, die Larissa, könnte in den Genuss des Erbes kommen. Sie war die Einzige von der Familie, die Hans nach dem Disput in seiner Nähe duldete und die ihn noch besuchte.«
»Sofern es net doch noch andere Nachkommen gibt«, orakelte Frieder und verdrehte die Augen. »Vielleicht war der Wirt ein Schwerenöter, wovon keiner was ahnte. Stille Wasser gründen bekanntlich tief.«
»Jetzt ist’s aber genug«, ging Dr. Burger abermals zornig dazwischen. »Habt ihr denn überhaupt keinen Respekt vor dem Toten? Packt endlich mit an, Hans hat seine Ruhe verdient.«
Wie gescholtene Schulbuben zogen die Retter die Köpfe ein. Drei von ihnen sowie Dr. Burger ergriffen den Sack mit dem Verstorben an den dafür vorgesehenen Henkeln und trugen ihn talwärts, während Karl mit dem Förster bei der verletzten Gams blieb.
Unterdessen begab sich Dominikus Salt zur Edelweißhütte, um dort nach dem Rechten zu sehen.
***
Der Bergwachtleiter vergewisserte sich bei einem kurzen Rundgang, dass keine Gerätschaften in Betrieb waren, welche die Hütte womöglich in Brand setzen könnten. Dann nahm er eine Kassette mit den persönlichen Papieren des Verstorbenen an sich, die er in den Privaträumen gefunden hatte, und verschloss die Hütte wieder.
Auf dem Rückweg zum Schwarzkopffelsen begegnete er Ludwig Sirch, der mit seinem Motorrad heranknatterte. Der steile Bergpfad war für den Gendarmen kein Problem. Er war ein Künstler auf dem Zweirad, aber ein miserabler Bergsteiger, geriet mit seiner korpulenten Gestalt schnell aus der Puste. Das hinderte ihn aber nicht, einen Schurken über Stock und Stein zu verfolgen, sobald er eine Spur witterte.
Bedächtig hörte er sich den Bericht des Bergwachtleiters an. Dann nickte er grimmig und wandte sich an den Förster.
»Packen wir’s an, bevor uns der Bursche noch gänzlich durch die Lappen geht.« Er rückte seine Motorradjacke zurecht, vertauschte den Helm mit dem Polizeihut und folgte Fabian Reckwitz nach, der mit seinem Hund vorausging.
Just in diesem Moment kam der Tierarzt Dr. Steiger, beladen mit seinem schweren Rucksack, den Berg herauf.
»Wann stimmt der Gemeinderat von St. Christoph endlich dem Ausbau der Forststraße zu?«, belferte der Veterinär und wischte sich die Regentropfen von der Stirn. »Der steile Pfad ist eine Zumutung.«
Der Salt zuckte gleichmütig mit den Schultern.
»Solang das Geldsackl der Gemeinde an chronischem Schwund leidet, geschieht da nix.«
Der noch junge Veterinär nickte ergeben. Ihm machte der Aufstieg nicht wirklich was aus. Trotzdem hatte er seinem Unmut Luft machen müssen. Der Rucksack drückte schwer auf seine Schultern.
»Der Bergdoktor hat mich schon im Groben unterrichtet«, fuhr er fort und krauste zornig die Stirn. »Hoffentlich macht man den Wilderer bald dingfest. Es gibt nix Schlimmeres, als Fallen auszulegen, um besser an die Gams heranzukommen. Dabei ist sie jetzt im Frühjahr, wo sie ihr Junges im Klettern anlernt, ohnehin eine leichte Beute.« Er schob seinen Hut ins Genick. »Wo ist das verletzte Kitz?«
Der Bergwachtleiter deutete zu der kleinen Gams, die im Gras lag und im Regenschleier fast nicht zu sehen war. Sie hatte sich beruhigt, zitterte nur.
»Ich fürchte, du wirst hier net mehr viel helfen können, Ulrich«, bangte er. »Das Kleine ist ziemlich übel zugerichtet und sehr schwach. Die Gamsmutter ist inzwischen verschwunden, nachdem sie fast Amok gelaufen ist.«
Dr. Steiger schüttelte den Kopf.
»So schnell werfe ich die Flinte net ins Korn. Solang noch ein bisserl Leben in dem Tierchen steckt, päppele ich es in meiner Pflegestation schon wieder auf.« Er seufzte. »Um den Hans tut es mir leid, wenn er auch net unbedingt ein umgänglicher Zeitgenosse war. Trotzdem hat er es net verdient, so früh ins Gras zu beißen.«
Der Bergwachtleiter nickte beipflichtend.
»Der Reckwitz und der Sirch sind bereits hinter dem Übeltäter her, der den Hans mehr oder minder auf dem Gewissen hat. Ich möchte net in dessen Haut stecken. Wenn der Sirch eine Spur wittert, ist er wie ein Bluthund. Dann lässt er net locker.«
***
Die junge Frau glitt leichtfüßig über den Laufsteg des eleganten Münchner Modehauses und präsentierte mit der ihr eigenen Grazie die neuesten Kreationen.
Stefan Berlinger, dem Juniorchef des Etablissements, stand der Stolz auf seine Verlobte im Gesicht geschrieben.
Larissa war ein wirklich hübsches Mädchen. Blonde Engelslocken umrahmten ein anmutiges Gesicht mit faszinierenden blauen Augen. Man hatte das Gefühl, in einen Bergsee zu blicken, so klar waren sie. Aber Larissa war auch ein Kind der Berge.
Als sie knapp achtzehnjährig in die Firma seines Vaters gekommen war, um dort Bürokauffrau zu lernen, war ihm sofort die ungewöhnliche Anmut des Mädchens aus der Provinz aufgefallen. Als Chefdesigner des väterlichen Betriebs hatte er einen Blick für wahre Schönheit. Eine Frau konnte schön sein, aber trotzdem so wenig Ausstrahlung wie eine Schaufensterpuppe besitzen.
Larissa hingegen leuchtete von innen heraus. Nicht ihr hübsches Äußeres zog einen in den Bann, sondern ihre Sanftmut. Dazu dieses herzliche Lachen, das unter die Haut ging und mit dem das gekünstelte Lächeln anderer Models nicht mithalten konnte. Das war auch das Geheimnis ihres Erfolges, ebenso wie ihr Ehrgeiz und ihr Dickkopf.
Trotz des Angebots seines Vaters, Larissa zum Model ausbilden zu lassen, hatte sie darauf bestanden, zuerst ihre Lehre zu beenden. Inzwischen war sie jedoch das begehrteste Model auf dem Laufsteg der Modefirma Berlinger, und die Konkurrenz würde sich die Hände reiben, wenn es ihr gelänge, diese bildhübsche, talentierte junge Frau unter Vertrag zu bekommen.
Deshalb hatte Alfred Berlinger seinem Sohn vor knapp zwei Jahren geraten, sich mit der damals vierundzwanzigjährigen Larissa zu verloben. Auf diese Weise wollte er die junge Frau ans Haus binden.
Stefan empfand Zuneigung zu Larissa, aber Liebe war es nicht. Er war sechs Jahre älter und bevorzugte einen anderen Typ Frau, ein wenig mondän, gesellig und verführerisch. Trotzdem rührten ihn die arglose Art und der natürliche Charme des bezaubernden Bergmadels, sodass er sich gern dem Wunsch des Vaters beugte. Auch hatte er gehofft, dass sich Larissa noch ändern würde, je länger sie in der Großstadt lebte. Doch sie war im Herzen ein Kind der Berge geblieben.
Während Stefan Partys und Amüsement liebte und auf vornehmen Events glänzte, streifte sie lieber durch die Natur. Larissa konnte stundenlang in derben Schuhen und Wetterjacke durch den regenfeuchten Wald stiefeln oder im Dickicht nach Pilzen suchen, um sich wie ein Kind zu freuen, wenn sie fündig wurde.
Stefan dagegen mochte Schwammerln nur als Beigabe zu einem exzellenten Essen, das er sich in einem vornehmen Lokal servieren ließ, ohne vorher durch Wald und Flur stapfen zu müssen.
Ebenso bevorzugte Larissa einen Abend in stiller Zweisamkeit und legerer Kleidung vor dem Fernseher, was ihn nervös machte. Er war ein unruhiger Geist und brauchte Leben um sich.
Dennoch wollte er nicht mehr auf seine süße Braut verzichten, die dem Modehaus zu neuem Ansehen verholfen hatte. Er war auch überzeugt, dass aus seiner innigen Zuneigung, Liebe erwachsen würde, wenn sie erst verheiratet waren. Er würde Larissa jeden Wunsch von den hübschen Augen ablesen.
Allerdings würde er nicht dulden, dass sie in Joggingklamotten und vom Schlaf zerzausten Haaren am Frühstückstisch saß. Schließlich musste man in ihren Kreisen stets auf unverhofften Besuch gefasst sein, da war ansprechende Kleidung einfach eine Frage des guten Stils. Immerhin gehörte die Prominenz von München zu ihren Kunden.
Trotzdem wollte Larissa nicht einsehen, dass sich ihr Privatleben nicht abschotten ließ, und hasste es, auf dem Präsentierteller zu leben, wie sie es nannte. Das war auch der Grund, warum sie bis heute die Hochzeit hinauszögerte, obwohl sein Vater schon darauf drängte und die Öffentlichkeit argwöhnische Vermutungen anstellte.