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Dr. Burger ist spätabends auf dem Heimweg von einem Hausbesuch, als ihm in einem einsamen Waldstück plötzlich eine junge Frau vors Auto taumelt. Er kann gerade noch bremsen und erkennt Lissi, die Tochter vom reichen Weidenberger-Bauern! Was treibt sie dazu, im Dunkeln auf die Straße zu laufen? Um ein Haar hätte er sie überfahren!
Der Bergdoktor steigt aus - und bemerkt im nächsten Moment, dass Lissi verletzt ist. Blut tropft aus einer Wunde an der rechten Schläfe, ihre Bluse ist zerrissen, und sie zittert am ganzen Leib.
"Lissi! Um Himmels willen, was ist passiert?", will er wissen. Doch da bricht sie in seinen Armen zusammen ...
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Die perfekte Partie
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4587-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Die perfekte Partie
Doch mit Geld lässt sich kein Herz gewinnen
Von Andreas Kufsteiner
Dr. Burger ist spätabends auf dem Heimweg von einem Hausbesuch, als ihm in einem einsamen Waldstück plötzlich eine junge Frau vors Auto taumelt. Er kann gerade noch bremsen und erkennt Lissi, die Tochter vom reichen Weidenberger-Bauern! Was treibt sie dazu, im Dunkeln auf die Straße zu laufen? Um ein Haar hätte er sie überfahren!
Der Bergdoktor steigt aus – und bemerkt im nächsten Moment, dass Lissi verletzt ist. Blut tropft aus einer Wunde an der rechten Schläfe, ihre Bluse ist zerrissen, und sie zittert am ganzen Leib.
»Lissi! Um Himmels willen, was ist passiert?«, will er wissen. Doch da bricht sie in seinen Armen zusammen …
Josef Weidenberger konnte nicht schlafen.
Das war an und für sich nichts Neues. Seit zwei Jahren ging er abends in dem Wissen zu Bett, dass er nach einigen Stunden des Hin- und Herwälzens wieder aufstehen würde. Manchmal las er dann ein Weilchen, genehmigte sich ein Stamperl Klaren oder schnitzte eine neue Figur für sein Schachbrett.
Anschließend wälzte er sich wieder, schaute im Stall nach dem Rechten und fiel irgendwann erschöpft auf sein Lager – nur um vom ersten Morgenstrahl geweckt zu werden und seinen Stalldienst zu beginnen. Man hätte meinen können, er hätte sich inzwischen daran gewöhnt.
So war es jedoch nicht.
Jeden Abend legte Josef sich in der Hoffnung schlafen, endlich ohne stundenlanges Bemühen einschlafen zu können. Er versuchte, an nichts denken. In einem seiner zahlreichen Ratgeber hatte er gelesen, er solle sich vorstellen, sein Geist wäre eine leere Leinwand. Sein Verstand sah das allerdings als Aufforderung, diese im Handumdrehen vollzukritzeln und ihm zahllose Gedanken durch den Kopf zu schicken.
Josef zählte von zweihundert an rückwärts und ließ in seiner Fantasie zahllose Schafe seiner Heimat über einen imaginären Zaun springen. Nichts von alledem zeigte Wirkung.
Frühmorgens wankte er unausgeschlafen an seine Arbeit und schleppte sich wie ein Schlafwandler durch den Tag, bis alles von vorn begann. Sein Arzt hatte ihm Schlaftabletten verschrieben, die er jedoch höchst ungern einnahm. Sie verursachten bei ihm Albträume, nach denen er sich noch elender fühlte als nach einer durchwachten Nacht.
Auch an diesem Abend starrte Josef an die Decke seines Schlafzimmers und fragte sich, ob es nicht klüger wäre, aufzugeben und an die Arbeit zu gehen. Einzig das Ziehen in seinem Rücken ließ ihn zögern. Der verflixte Ischias! Seitdem er die fünfzig überschritten hatte, spürte er ihn immer öfter. Er stopfte sein Kopfkissen im Nacken zurecht und warf einen traurigen Blick auf die leere Bettseite neben sich.
Himmel, wie ihm seine Frau fehlte! Anna war sein Sonnenstrahl gewesen, selbst an trüben Tagen. Mit ihr war jeder Tag erfüllt von Wärme gewesen. Ohne sie … Nichts als kalte Einsamkeit.
Natürlich gab es Lissi. Seine Tochter war sein Ein und Alles, aber nicht einmal sie konnte ihn die Lücke vergessen lassen, die der Unfall seiner Frau in sein Leben gerissen hatte.
Ohne Anna war er unvollständig.
Josef drehte sich im Bett um und seufzte tonlos. Die Leuchtanzeige des Weckers wanderte unbarmherzig voran, und er war noch weit davon entfernt, in Morpheus’ Arme zu sinken. Vielleicht sollte er wieder aufstehen und sich um die Buchführung kümmern.
Einmal im Vierteljahr musste er die aktuellen Rechnungen und Belege sortieren und für die Abrechnung vorbereiten. Wenn er ohnehin nicht schlafen konnte, würde er sich wenigstens diese unliebsame Arbeit vom Halse schaffen. Das Problem war nur, dass er sich lieber mit einem Hammer auf den großen Zeh schlagen würde, als den Papierkram anzugehen.
Also blieb ihm nur, zu warten und darauf zu hoffen, dass ihm irgendwann die Augen zufielen.
Morgen Vormittag werde ich im Wald nach dem Rechten schauen, nahm er sich vor. Die Holzrücker müssten inzwischen mit der Arbeit fertig sein und die gefällten Baumstämme für den Abtransport ins Sägewerk bereit gemacht haben. Josef hoffte nur, dass sie ihm net die Waldwege zuschanden gefahren hatten mit ihren Maschinen, sonst musste er ein Wort mit ihnen wechseln.
Zum Weidenberger-Hof gehörte ein Waldstück nördlich von Josefs Heimatdorf St. Christoph. Er hatte es zusammen mit dem Gehöft von seinem Vater übernommen, der es wiederum von seinem Vater geerbt hatte. Mit Fleiß, Geschick und einem Quäntchen Glück hatte er aus dem Anwesen einen der größten Höfe im Tal gemacht. Um sein Auskommen musste er sich nicht sorgen. Trotzdem mied ihn der Schlaf, seitdem …
Tock! Tock!
Von draußen drang gedämpftes Poltern herein. Josef horchte auf. Was ging denn da vor sich? Das hörte sich beinahe so an, als würde jemand Steine gegen sein Fenster werfen. Das war jedoch höchst unwahrscheinlich. Aber was raschelte da unter seinem Fenster? Ein Waschbär womöglich?
Das Rascheln wiederholte sich. Lauter diesmal. Das musste ein verflixt großer Waschbär sein! Josef setzte sich im Bett auf und spitzte die Ohren. Trieb sich womöglich ein Einbrecher in seinem Garten herum?
Das wollen wir doch mal sehen! Energisch schwang er die Beine aus dem Bett und versteifte sich, als das Holzgestell knarrte. Vorsichtig, ja darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen, stand er auf. Er trat an die Glastür, die auf den Balkon führte, und stieß sie auf.
Ein sternenklarer Nachthimmel wölbte sich über dem Zillertal. Dunkel zeichneten sich die Silhouetten der Berge davor ab. Die Luft war kühl und roch wunderbar nach wilden Kräutern. Vom Dorf schimmerten vereinzelte Lichter herauf. Nicht viele seiner Nachbarn schienen noch wach zu sein.
Mit einem Mal tauchte etwas vor ihm auf, das ihn stutzig machte. Jemand lehnte eine Leiter an seinen Balkon!
Von wegen ein Waschbär! Empört schnappte Josef nach Luft. Er trat an die Brüstung und spähte nach unten. Ein junger Bursche aus dem Dorf schickte sich an, die Leiter zu erklimmen. Korbinian war es, der Knecht vom Hof seines Nachbarn. Vermutlich wollte er zu Lissi, aber nicht mit ihm!
»Da hast du dich wohl im Fenster geirrt, du Spitzbube!«, knurrte Josef und versetzte der Leiter einen Stoß, sodass sie umkippte. Mit einem erschrockenen Ausruf landete der nächtliche Besucher mitten in den Rosen.
»Autsch! Au! Aua!« Die Schmerzenslaute mischten sich in das Rascheln der Büsche, als sich der abendliche Besucher aufrappelte und mit eingezogenem Kopf davonhumpelte.
»Geschieht dir recht«, brummte Josef und betrachtete missmutig die Leiter, die er als seine eigene erkannte. Der abendliche Besucher musste sie aus seiner Scheune geholt haben. So ein Hallodri aber auch!
»Was geht denn hier vor sich?« Der Lärm hatte seine Tochter geweckt. Lissi trat auf den Balkon nebenan und gähnte. Ihre dunklen Haare waren zu einem Zopf geflochten, der sie jünger als ihre vierundzwanzig Jahre wirken ließ. Sie trug ein rotes Top und passende Shorts. »Alles in Ordnung, Vaterl?«
»Der Korbinian wollte bei dir fensterln, hat sich aber im Fenster geirrt und ist bei mir gelandet.«
»Korbinian war hier? Warum denn das?«
»Warum wohl? Um dich um den Finger zu wickeln! Die Burschen wollen alle nur an dein Erbe. Es ist ein Wunder, dass net jeden Abend einer im Garten steht und die Leiter anlegt.«
»Nur wegen meines Erbes?« Ein verschmitztes Lächeln huschte über Lissis Gesicht. »Weißt du, Vaterl, eine Frau mit einem weniger stabilen Selbstbewusstsein als ich könnte glauben, du hältst sie für eine kaltherzige Vogelscheuche, die nichts Liebenswerteres als ihr Konto aufzuweisen hat.«
»Schmarrn. So ist das bestimmt net«, brummte er.
Seine Tochter war klug und warmherzig, darin kam sie ganz nach ihrer Mutter. Auch dem Aussehen nach. Mit ihren braunen Augen und dem fröhlichen Lächeln erinnerte sie ihn so sehr an Anna, dass es ihm manchmal fast das Herz zerriss.
Lissi hatte ihr landwirtschaftliches Studium abgeschlossen und packte auf dem Hof mit an, dass er nur staunen konnte. Kurz nach ihrer Geburt war er enttäuscht gewesen, weil er sich einen Sohn als Nachfolger auf dem Hof gewünscht hatte. Für diesen Gedanken schämte er sich inzwischen. Kein Bub hätte fleißiger sein können als seine Tochter.
Sie arbeitete hart und brachte neue Ideen ein, um den Ertrag zu steigern und den Hof auf einem sicheren Fundament zu halten. Obendrein arbeitete sie ehrenamtlich bei der Bergwacht mit. Das behagte ihm zwar nicht, weil die Einsätze oftmals gefährlich waren, aber er war auch stolz auf seine Tochter, die ihre Freizeit daransetzte, um Menschen in Not zu helfen.
»Korbinian war net der Erste, der spätabends in deine Kammer wollte, und er wird net der Letzte sein«, murrte er. »Das wird erst aufhören, wenn du verheiratet bist.«
»Dafür brauche ich erst einmal den richtigen Partner, und der ist gar net so einfach zu finden.«
»Eben. Thorsten war ein völliger Fehlgriff.«
Lissi zuckte zusammen, als er sie an die Enttäuschung mit ihrem Freund erinnerte. Thorsten hatte ihr weisgemacht, nur Augen für sie zu haben, dabei hatte er sich nebenher durch die Betten der Mägde aus dem halben Dorf geschlafen.
»Mit dem Sohn vom Larcher-Rudolf würde dir das net passieren«, hielt Josef ihr vor.
Er hätte seine Tochter gern mit dem Sohn seines Geschäftspartners verbunden gesehen. Die Larchers waren eine angesehene Familie, und ihr Sohn hatte Interesse an Lissi bekundet. Sie erinnerte sich nicht mehr daran, aber sie waren sich einmal auf der Geburtstagsparty eines gemeinsamen Freundes begegnet.
Der junge Mann hatte selbst ein großes Erbe zu erwarten und es deshalb gewiss nicht nur auf ihr Geld abgesehen. Er wäre genau der Richtige für sie.
Leider wollte Lissi davon nichts wissen. Sie war verflixt stur, und darin kam sie ganz nach ihm.
»Lern ihn wenigstens einmal kennen, Lissi. Er war auf Anhieb bezaubert von dir. Und er ist einer festen Beziehung durchaus net abgeneigt.«
»Findest du das net auch verdächtig?« Lissi wickelte ihren Zopf um den Zeigefinger. »Was für ein Mann lässt sich denn verkuppeln? Noch dazu mit einer Frau, die er kaum kennt?«
»Freilich kennt ihr euch. Ihr seid euch auf der Party begegnet.«
»Ich erinnere mich aber net an ihn. Er hat keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.«
»Du aber bei ihm. Warum willst du ihn net wenigstens treffen? Lern ihn kennen und schau, was sich daraus entwickelt.«
»Das kommt net infrage. Ich werde mich auf keinen Fall verkuppeln lassen.«
»Aber er kommt aus einer guten Familie, ist fleißig und obendrein vermögend.«
»Und wenn er so reich wie Rockefeller wäre, mit seinem Geld kann er mich kein bisschen beeindrucken.«
»Er wäre die perfekte Partie für dich, Lissi. Er ist ein anständiger Bursche, der mehr Geld hat, als er jemals ausgeben kann. Und er hat das Herz am rechten Fleck.«
»Dann heirat du ihn doch«, brummte Lissi und zog die Nase kraus, wie sie es schon als Kind getan hatte, wenn ihr etwas gegen den Strich gegangen war.
Josef sah sie streng an.
»Elisabeth Weidenberger, du wirst wenigstens darüber nachdenken«, mahnte er.
»Das muss ich net.« Sie schüttelte energisch den Kopf. »Ich werde mich net verkuppeln lassen. Über mein Herz bestimme ich ganz allein!«
***
Simon Larcher führte das Schleifpapier so behutsam über das Holz, als könnte ein falscher Strich die Arbeit von Wochen zunichtemachen. Und so war es auch. Simon war beinahe fertig. Vor ihm stand ein nagelneuer Schreibtisch, den er selbst gebaut hatte. Die Schubladen waren mit Intarsien verziert und so zusammengefügt, dass sie allein durch ihre Fugen hielten, ganz ohne Leim. Auf diese Weise waren sie haltbarer.
Tagsüber bewirtschaftete Simon mit seinem Vater ein großes Sägewerk in Jenbach. Sie lieferten Holz, das anderen Firmen als Baumaterial diente. Abrechnungen und Zahlen waren Simons tägliches Brot.
Abends stand er nach Feierabend am liebsten in seiner Werkstatt und schuf Möbelstücke mit seinen eigenen Händen. Er arbeitete gern mit Holz, deshalb hatte er vor seinem Wirtschaftsstudium eine Tischlerlehre gemacht. Er liebte den Geruch und das warme, lebendige Gefühl des Holzes.
Der Schreibtisch war als Geschenk zum dreißigsten Firmenjubiläum seines Vaters gedacht, und er würde gerade noch rechtzeitig fertig werden.
Während Simon achtsam die letzten Kanten glättete, dachte er an die Geburtstagsfeier eines guten Freundes zurück. Dominikus leitete die Bergwacht von St. Christoph. Auf dem Fest war Simon einer jungen Frau begegnet, die ihm auf Anhieb gefallen hatte. Elisabeth war ihr Name, aber alle nannten sie Lissi.
Gerade, als Simon sie zum Tanzen auffordern wollte, war einer der anderen Gäste auf dem Parkett ausgerutscht und mitten in die Schüssel mit der Erdbeerbowle gefallen! Er war unglücklich zu Boden gegangen und hatte die Schüssel mitgerissen, die bei dem Aufprall in messerscharfe Scherben zerbrochen war. Das Glas hatte seine Armvene aufgeschnitten, woraufhin ein pulsierender Blutstrahl die übrigen Gäste in helle Aufregung versetzt hatte.
Lissi war jedoch ruhig geblieben. Sie hatte sich neben den Verletzten gekniet, seinen Arm abgebunden und einen Druckverband angelegt, um zu verhindern, dass er verblutete, bis die Rettung eintraf. Dabei hatte sie sogar noch Zeit gefunden, den verwirrt am Boden liegenden Mann beruhigend anzulächeln. Und dieses Lächeln … Lissis Lächeln … das konnte Simon nicht vergessen. Wie ein heller Frühlingsmorgen war es gewesen.
Lissi hatte dafür gesorgt, dass der Verletzte durchhielt, bis er ins Krankenhaus gebracht und verarztet werden konnte. Und seither bekam Simon sie nicht aus seinem Kopf. Eine warmherzige Frau, die auch im größten Lebenssturm ruhig blieb und das Richtige tat – ein Mann konnte sich kaum eine bessere Partnerin wünschen.
Vermutlich erinnerte sich Lissi nicht einmal mehr an ihn, immerhin hatten sie nicht ein einziges Wort miteinander gewechselt, aber er musste immer wieder an sie denken. Sie hatte ihm gefallen. Sehr sogar.
In den vergangenen Jahren war er hin und wieder ausgegangen. Es hatte Frauen in seinem Leben gegeben, aber bei keiner hatte es Klick in seinem Herzen gemacht – nur bei Lissi.
Nachdenklich beendete er seine Arbeit und entschied, dass es spät geworden war und Zeit für ihn, nach Hause zu gehen. Simon schloss die Werkstatt ab und lenkte seine Schritte über den Hof des Sägewerkes zu dem Wohnhaus hinüber, das seinem Vater gehörte. Simon bewohnte die obere Etage, zu der ein Balkon und ein separater Eingang gehörten. Von seinen Fenstern aus hatte er einen wunderbaren Ausblick auf den nahen Wald und die Berge.
Sein Vater saß auf der Gartenbank und drehte einen Bierkrug in den Händen. Rudolf Larcher ließ den Abend gern unter freiem Himmel ausklingen. Er war ein drahtiger Mann Mitte fünfzig, mit einem gepflegten Bart und lebhaft blitzenden grauen Augen, die hinter einer runden Brille hervorblickten und denen kein Detail zu entgehen schien.
»Wo kommst du denn so spät her, Bub?«
»Ich war noch in der Werkstatt.«
»Konntest du wieder net schlafen? Geistert dir Lissi immer noch durch den Kopf?« Sein Vater schüttelte missbilligend den Kopf. »Du solltest sie vergessen. Ihr Vater hat mir gesagt, dass sie net an einer Bekanntschaft mit dir interessiert ist. Da kannst du fei nix machen.«
»Sie kennt mich doch gar net.«
»Und sie denkt auch net daran, diesen Zustand zu ändern. Vergiss das net.«
»Vermutlich mag sie sich net verkuppeln lassen. Ihr Vater und du habt ja schon Pläne geschmiedet, wo wir später wohnen und wie viele Kinder wir haben werden. Mindestens zwei, damit jeweils ein Erbe für den Hof und das Sägewerk da ist.«
»Was ist falsch daran, die Zukunft zu planen?«
»Nichts, man darf nur net den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Es ist kein Wunder, dass Lissi abgeschreckt ist.«
»Denkst du denn net an eine gemeinsame Zukunft mit ihr?«
»Doch«, gab Simon ehrlich zu. »Ich möchte Lissi gern näher kennenlernen und herausfinden, ob das, was ich empfinde, nur ein Flirt ist oder womöglich mehr.«