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"Wenn man verliebt ist, dann tut sich schon auf der Erde ein Stück vom Himmel auf. Dann kann man das leise Lachen der Schmetterlinge hören und auf den weißen Sommerwolken ins ferne Paradies reisen ..."
So romantisch beschreiben Karins Freundinnen das Gefühl, wenn man endlich dem Traummann begegnet. Karin ist die Einzige, die immer noch allein ist und auf die Schmetterlinge im Bauch wartet. Es scheint, als ob Amor um sie einen großen Bogen macht ...
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Seitenzahl: 110
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Wo bleiben die Schmetterlinge im Bauch?
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock / Yellowj
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4667-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Wo bleiben die Schmetterlinge im Bauch?
Eine Hoftochter wartet auf die große Liebe
Von Andreas Kufsteiner
»Wenn man verliebt ist, dann tut sich schon auf der Erde ein Stück vom Himmel auf. Dann kann man das leise Lachen der Schmetterlinge hören und auf den weißen Sommerwolken ins ferne Paradies reisen …«
So romantisch beschreiben Karins Freundinnen das Gefühl, wenn man endlich dem Traummann begegnet. Karin ist die Einzige, die immer noch allein ist und auf die Schmetterlinge im Bauch wartet. Es scheint, als ob Amor um sie einen großen Bogen macht …
Was konnte es Schöneres geben als einen unbeschwerten Sonntag voller Sonne und Blütenduft, noch dazu, wenn man das Bergpanorama vom Liegestuhl aus betrachten konnte?
Karin Breitlinger sah sich im Garten um.
Ringsum summten die Bienen, ein paar Hummeln brummten wie winzige Hubschrauber vorbei, und eine Schar Junikäfer schwirrte um die Rosenbüsche. Die braunen Gesellen sahen aus wie kleine Verwandte der Maikäfer, deren Saison nun schon längst beendet war.
Klein, aber frech, dachte Karin.
Bis spät in den Abend hinein vergnügten sich die Junikäfer derzeit im Garten. Angezogen vom Licht der Gartenlaternen und der Windlichter, sausten sie zusammen mit den Glühwürmchen umher.
Immer paarweise oder in einem ganzen Käferclub, ging es Karin durch den Kopf.
Paarweise. Klar, dass sie jetzt daran dachte. Schließlich saß sie allein im Garten, nur Katze Tinka leistete ihr Gesellschaft, momentan allerdings in tiefem Schlummer. Welche Katze döste an einem warmen Tag nicht gern gemütlich vor sich hin?
Es war ungewöhnlich für eine junge Frau von sechsundzwanzig Jahren, allein zu sein. Karin kam sich manchmal vor wie ein Wesen aus einer anderen Welt, denn ihre Freundinnen waren entweder schon verheiratet oder fest verbandelt.
Ihre beste Freundin Brigitte, mit der Karin schon seit Kindertagen das eine oder andere Geheimnis geteilt hatte, heiratete in Kürze ihren Adrian. Sie nannte ihn »Bärli«, wogegen er offenbar nichts einzuwenden hatte.
Auf ihren persönlichen Wunsch hin nannte er sie »Vogerl«. Eigentlich hätte er es lieber bei »Gitti« bewenden lassen, der Koseform ihres Namens. Aber nein, sie wollte sein geliebtes Vogerl sein.
Weshalb gaben sich Verliebte immer Tiernamen? Mauserl, Hasi, Schneckerl, Bärchen, Spatz und so weiter. Na ja, gelegentlich gab es ja auch noch »Herzi oder »Herzerl«, das konnte man gelten lassen.
Karin fand es jedoch völlig unfassbar, dass eine Frau ihren Angetrauten in aller Öffentlichkeit »Maus« nannte.
Die Vroni vom Klieber-Hof rief ihren Mann nie bei seinem Taufnamen, sondern wirklich immer nur »Maus«. Wusste sie vielleicht gar nicht mehr, dass ihr Ehemann eigentlich Robert hieß?
Robert Klieber, das klang richtig gut, und es passte auch zu ihm. Aber »Maus« Klieber?
Karin kicherte leise vor sich hin.
Vielleicht bekam er inzwischen sogar Briefe vom Finanzamt oder anderen offiziellen Behörden mit folgender Anschrift: »Herrn Maus Klieber, St. Christoph, Brückenhof, Im Mausloch 9.« Oder eher in der Mausefalle? Denn Robert würde nie mehr von Vroni loskommen, das stand fest.
Sie hatte ihn gefangen. Zwar nicht mit Speck, aber mit Kuchen und Torten, denen er nicht widerstehen konnte. Ach ja, und ein kleines Mausebaby war auch schon in der Planung. Bestimmt würde es bald klappen.
Aber nun mal im Ernst. Hand aufs Herz – war es nicht lächerlich und sogar peinlich, einen großen, kräftigen Burschen wie den jungen Klieber-Bauern in eine Maus zu verwandeln, auch wenn es aus lauter Verliebtheit geschah?
Man kann alles übertreiben, dachte Karin.
Aber machte sie es sich nicht zu einfach, wenn sie die Herzerln, Mäuse, Bärlis & Co. einfach als arme, verwirrte Geschöpfe hinstellte, denen im Rausch der Gefühle die Vernunft abhandengekommen war?
Karin seufzte still in sich hinein.
Vielleicht war es ja auch so, dass sie einfach nicht wusste, wie sich die wahre Liebe anfühlte. Möglicherweise neigte man dazu, völlig abzuheben, wenn man den Richtigen gefunden hatte. Brigitte himmelte ihren Adrian ja auch hingebungsvoll an.
Karin erkannte ihre Freundin nicht wieder, denn seitdem am Hochzeitstermin nicht mehr zu rütteln war, redete sie von nichts anderem als von der festlichen Zeremonie.
Sie wollte in einem »Meer aus roten Rosen« heiraten. Rosen in der Kirche, im Brautstrauß, als Blumenschmuck bei der Feier und womöglich auch noch rund um das Ehebett der frisch Vermählten.
Nach Karins Empfinden war das einfach zu viel des Guten, es nervte. Aber Gitti bestand darauf. Denn rote Rosen galten als Zeichen der Liebe.
Außerdem war Adrian angeblich der absolute Märchenprinz, der Einzige, der diesen »Titel« verdiente. Und das, obwohl er der Hochzeit erst dann zugestimmt hatte, nachdem seine Gitti ihm mit ihrem ständigen Gejammer (»Wann heiraten wir endlich? Wir sind doch schon so lange verlobt!«) ständig auf die Nerven gefallen war.
Das hatte er übrigens seinen Freunden am Stammtisch nach ein paar Schoppen Wein ehrlich gestanden. Der im Hochzeitsfieber glühenden Gitti war der Vorfall zwar zu Ohren gekommen, aber sie hatte ihrem Bärli sofort vergeben und im Dorf verkündet: »Du meine Güte, was soll’s? Er ist eben wahnsinnig aufgeregt wegen der Hochzeit und daher ein bisserl durcheinander. Mir macht das gar nix aus. Er darf daherschwatzen, was er will.«
War das nun echte Liebe? Bei Gitti und ihrem »Bärli« sah es danach aus. Aber bei anderen Leuten? Versuchten nicht viele Paare nur, sich eine Beziehung schönzureden, damit sie nicht zerbrach?
Karin blickte den Schmetterlingen nach, die federleicht wie bunte Blüten durch die laue Sommerluft tanzten.
Wie war das eigentlich mit den Schmetterlingen im Bauch? Wie fühlte es sich an, wenn man sich wirklich und wahrhaftig bis über beide Ohren verliebt hatte?
Karin wusste es nicht. Aber sie ahnte, dass es nichts Schöneres geben konnte als die wahre Liebe. Wer wirklich liebte, für den tat sich schon auf der Erde ein Stück vom Himmel auf. Liebe, wie Karin sie sich wünschte, brauchte keine Wagenladungen voll Rosen, kein lautes Hochzeits-Spektakel, keine überflüssigen Worte. Das größte Glück war keine Show, sondern echt, warm und wunderschön.
Und wenn man sich von ganzem Herzen liebte, dann konnte man wahrscheinlich sogar das leise Lachen der Schmetterlinge hören und auf den weißen Sommerwolken, die bestimmt ein wenig wie süße Zuckerwatte schmeckten, ins ferne Paradies reisen …
Wunder gab es nur unter den Flügeln der Liebe.
***
Ein bisschen traurig wurde Karin nun doch, weil sie an diesem herrlichen Sonntag allein war.
Aber sie hatte überhaupt keine Lust dazu gehabt, schon in der Früh zusammen mit ihren Eltern nach Hintertux zu fahren, um dort Onkel Sebald Breitlinger, Vaters Bruder, und Tante Luiserl sowie ihren besserwisserischen Cousin zu besuchen.
Er hieß Alexander, wollte aber »Lex« genannt werden. Nach dem Essen verkrümelte er sich immer, weil er rund um die Uhr »echt wichtige Termine« hatte.
Seine Termine waren meistens sehr hübsch und etwa Anfang zwanzig. Unter diesem Gesichtspunkt konnte Karin es ihrem Cousin eigentlich nicht verdenken, dass er bei den regelmäßig stattfindenden Verwandtschafts-Besuchen lieber das Weite suchte.
Onkel und Tante waren gutmütig, aber leider ein wenig humorlos. Es wurde daher meistens über langweilige Dinge geredet wie Finanzen, Versicherungen und Ähnliches. Und wenn’s nicht um diese trockenen Angelegenheiten ging, dann stellte Tante Luiserl mit hundertprozentiger Sicherheit die Frage: »Na, wie steht’s mit dem Heiraten?«
»Das muss ich nicht haben, Tinka«, wandte sich Karin an die graue Hauskatze, die inzwischen aufgewacht war. »Ich geh die Wände hoch, wenn ich dauernd nach meinem Privatleben gefragt werde. Es gibt ja auch nichts Wesentliches zu sagen, jedenfalls net das, was die Verwandten und auch alle anderen Leut hören wollen. Tja, jetzt sind wir zwei also auf uns selbst angewiesen. Lukas ist mit Bobby auf der Grundl-Alm, weil er sich in die neue Aushilfs-Sennerin verguckt hat. Sie ist aus der Stadt hergekommen, aus Innsbruck, um eine Auszeit vom städtischen Trubel zu nehmen, aber das Nichtstun ist nichts für sie. Deshalb hat sie sich auf Zeit als Mädchen für alles auf der Alm verdingt. Jedenfalls sagt das mein Bruder. Angeblich ist diese vielseitig begabte Nina – so heißt sie – der Hauptgewinn. Ich fürchte, es hat meinen Bruder jetzt auch erwischt. Schon wieder ist jemand von Amors Pfeil getroffen worden. Lukas ist ganz vernarrt in dieses Madel.«
Jetzt seufzte sie tief. »Nur ich pack’s einfach net. Mir gefällt keiner. Dabei suche ich doch eigentlich auch nach der großen Liebe. Amor macht um mich einen großen Bogen. Oder was meinst du, Tinka-Miezi?«
Tinka rollte sich wieder zusammen, um vielleicht doch noch ein Auge voll Schlaf zu nehmen. Denn zu den Problemen, die Karin gerade angesprochen hatte, konnte sie leider nicht Stellung nehmen. Ihre einzige Empfehlung wäre gewesen, Katern aller Art am besten aus dem Weg zu gehen, weil auf sie kein Verlass war.
Karin nahm ein kleines, in rotes Leder gebundenes Büchlein zur Hand, das ihr Tante Luiserl vor, sage und schreibe, zehn Jahren mit dem Hinweis geschenkt hatte, ein Tagebuch sei für ein Madel immer der beste Freund und daher unersetzlich.
Das stimmte. Man konnte schnell etwas notieren, was einem wichtig erschien. Karin hatte dem Büchlein unter anderem anvertraut, dass »die Burschen doch alle nur ihren Spaß haben wollen« und dass keiner »eine Träne wert ist«.
Sie blätterte die Seiten durch. Das kleine Buch war mittlerweile ein wenig unansehnlich geworden, aber es beherbergte Karins geheimste Wünsche und Gedanken.
Natürlich war sie keineswegs immer nur daheim in ihrem Kammerl geblieben. Sie hatte sich nicht versteckt, und weil sie ein bildhübsches Mädchen mit blondem Haar und klaren, blauen Augen war, konnte sie auf eine ganze Reihe von »Eroberungen« zurückblicken. Aber wer nun glaubte, dass sie x-mal verliebt gewesen war, der irrte sich gründlich.
Namen wie Pirmin Lederer, Paul Dengel, Klemens Obermeyer und Leo Sterneder waren zum Beispiel nicht nur Schall und Rauch, aber außer mehr oder weniger schalen Erinnerungen war nichts geblieben.
Jeder Vorsatz, aus den jeweiligen Verabredungen mehr zu machen als nur eine oberflächliche Beziehung, war gescheitert. An den Männern hatte es nicht gelegen, jedenfalls nicht direkt. Sie waren eigentlich allesamt in Karin verliebt gewesen. Und auch jetzt hätte sie noch die besten Chancen gehabt …
Leo Sterneder war sogar mit einem Verlobungsring aufgetaucht, einem arg verschnörkelten Teil von anno dazumal aus der Schatulle seiner verstorbenen Großmama.
Keine besonders gute Idee, aber immerhin. Es war nicht ganz einfach gewesen, ihm klar zu machen, dass er den Ring am besten dorthin zurücklegen sollte, wo er ihn gefunden hatte, nämlich zu dem anderen Familienschmuck. Karin sah noch heute Leos ärgerliche und saure Miene vor sich, als sie mit einem höflichen Lächeln den Ring abgelehnt hatte.
Die anderen auf der Liste im Tagebuch hatten auch kein Glück bei ihr gehabt. Ihre Mutter sagte bei jeder Gelegenheit: »Vor deinen Augen findet kein Mann Gnade, Kind.«
Nun, Pech für die Herren der Schöpfung!
Karin musste zugeben, dass sie ganz schnell flüchtete, wenn es »ernst« wurde.
In keinen einzigen Mann hatte sie sich jemals verliebt – obwohl sie es sich gewünscht hätte – und auch jetzt dachte sie mit gelindem Schrecken daran, dass bei Brigittes Heirat Markus Kroninger neben ihr an der Hochzeitstafel sitzen würde.
Markus hatte nämlich eine ungewöhnliche Hartnäckigkeit bewiesen und es eine ganze Weile nicht gelten lassen, dass sie mal wieder ihr Heil in der Flucht gesucht hatte.
Aber was hätte sie denn sonst tun sollen? Ihm vorgaukeln, dass sie in ihn verliebt war? Ausgeschlossen!
Wenn ein Mann mehr will und frau will es nicht, dann muss ein Schlussstrich gezogen werden. Eine Niederlage für Markus, der zu denen gehörte, die ihren Kopf immer durchsetzen wollten.
Es hieß, dass er jetzt eine andere hatte, die aber bis auf Weiteres noch in Lech am Arlberg wohnte. Ganz sicher war das alles nicht. Im Dorf kursierten hin und wieder Gerüchte, die sich als reine Luftblasen entpuppten.
Warum hatten Brigitte und ihr künftiger Ehemann ausgerechnet Markus zur Hochzeit eingeladen?
Adrian und er waren in der Bergwacht, sie kannten sich gut. Man hätte sagen können, dass sie befreundet waren, aber sie sahen sich meistens nur bei den Einsätzen und Übungen. Eine »dicke« Freundschaft war’s jedenfalls nicht.
Karin mutmaßte, dass Gitti vorhatte, ein bisschen Schicksal zu spielen. Sie fand nämlich, dass der fesche Markus und ihre liebe Freundin es noch mal miteinander versuchen sollten.
Mit mir nicht, ich lasse mich nicht verkuppeln, dachte Karin.
Es war schon ein Kreuz mit der Liebe. Und mit den Schmetterlingen auch. Sollten sie doch bleiben, wo sie waren … in der Luft, auf den Blumen oder sonst wo!
***
Früher als erwartet kam Lukas mit Bobby nach Hause.
Beide, Hund und Herrchen, schienen ziemlich außer Atem zu sein. Bobby, ein Schweizer Sennenhund, stürzte sich auf seinen Wassernapf und schlabberte ihn bis auf den letzten Tropfen leer. Karin sorgte für Nachschub und versorgte den Vierbeiner mit seinem Lieblings-Trockenfutter »Crunchy Dog«. Bobby mochte alles, was beim Zerbeißen knisterte.
Derweil versuchte Tinka, mit Buckel und zurückgelegten Öhrchen die gefährliche Mieze aus der Rubrik »Hundeschreck« zu spielen.
Sie und Bobby waren zwar nicht verfeindet, aber auch nicht befreundet. Jedenfalls noch nicht, obwohl kleine Annäherungen durchaus möglich waren. Man würde sehen, was die Zukunft brachte.