Der Bergdoktor 1871 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1871 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Nur aus einem Grund kehrt Mira Reitmoser in diesem Sommer zurück nach St. Christoph: weil ihre Schwester ihre Hilfe braucht! Hannes, Antjes Mann, ist schon seit Tagen spurlos verschwunden.
Obwohl Mira ihr Heimatdorf vor fünf Jahren mit gebrochenem Herzen verließ und niemals mehr hierher zurückkehren wollte, zögert sie keine Sekunde. Während sie ihrer Schwester in ihrer Not zur Seite steht, sucht die Bergwacht fieberhaft nach dem verschwundenen Landwirt, doch vergebens. Auch Dr. Burger ist in großer Sorge, denn Antje ist schwanger, und jede Aufregung ist Gift für sie und das ungeborene Kind.
Plötzlich will ein Bauer Hannes gesehen haben. Angeblich irrt er total verwahrlost und verwirrt durch die Berge. Was, um Himmels willen, ist geschehen?

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Seitenzahl: 127

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Heim in die Berge!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-4736-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Heim in die Berge!

Als mit Mira endlich das Glück auf den Reitmoser-Hof zurückkehrte

Von Andreas Kufsteiner

Nur aus einem Grund kehrt Mira Reitmoser in diesem Sommer zurück nach St. Christoph: weil ihre Schwester ihre Hilfe braucht! Hannes, Antjes Mann, ist schon seit Tagen spurlos verschwunden.

Obwohl Mira ihr Heimatdorf vor fünf Jahren mit gebrochenem Herzen verließ und niemals mehr hierher zurückkehren wollte, zögert sie keine Sekunde. Während sie ihrer Schwester in ihrer Not zur Seite steht, sucht die Bergwacht fieberhaft nach dem verschwundenen Landwirt, doch vergebens. Auch Dr. Burger ist in großer Sorge, denn Antje ist schwanger, und jede Aufregung ist Gift für sie und das ungeborene Kind.

Plötzlich will ein Bauer Hannes gesehen haben. Angeblich irrt er total verwahrlost und verwirrt durch die Berge. Was, um Himmels willen, ist geschehen?

Das italienische Lokal war bis auf den letzten Platz besetzt.

Es war recht frisch an diesem Juniabend. Dunkle Wolken trieben über den Himmel und verbargen die untergehende Sonne. Die Gäste des Restaurants störte das kühle Wetter jedoch nicht. Wärmestrahler sorgten für angenehme Temperaturen auf der Terrasse des Lokals. Hinter dem Geländer rauschte die Salzach vorbei. Kleinere Zweige und Blätter trieben kreiselnd auf dem Fluss.

Mira mochte den Ausblick. Auf der anderen Uferseite ragte die hell erleuchtete Festung Hohensalzburg in den Abendhimmel – das Wahrzeichen ihrer Wahlheimatstadt Salzburg.

Der Duft von Oregano hing in der Luft. Mira und ihre Studienfreundin Susanne feierten den Abschluss ihres Studiums mit einem Essen in ihrem Lieblingsrestaurant.

»Nie mehr nächtelang vor einer Prüfung über den Lehrbüchern sitzen«, seufzte Susanne zufrieden. »Und nie mehr kalte Hände und Herzklopfen vor einem wichtigen Test. Wir haben es geschafft. Endlich geschafft!«

»Ich kann kaum glauben, dass wir die Uni tatsächlich hinter uns haben.«

»Haben wir, und ich für meinen Teil werde die Paukerei nicht vermissen. In den vergangenen Monaten gab es immer nur Lernen, Lernen und noch mehr Lernen. Ich weiß schon gar nimmer, wie man das Wort Freizeit buchstabiert. Ehrlich, ich brauche dringend mal wieder …«

Eine Droschke rumpelte an dem Restaurant vorbei. Das Trappeln der Hufe riss Susanne die Worte von den Lippen.

Mira verstand den Rest des Satzes nicht und sah ihre Freundinfragend an.

»Was hast du gesagt?«

»Sex!« Ihre Freundin warf ihre braune Mähne schwungvoll über die Schultern nach hinten. »Ich brauche dringend mal wieder Sex!«

Das unverblümte Geständnis erklang laut genug, um ihnen teils verblüffte, teils interessierte Blicke von den Nachbartischen einzubringen. Ein Mann prostete ihnen mit einem Weinglas zu.

Miras Wangen begannen zu glühen.

»Wenn du noch etwas lauter sprichst, hast du bald die freie Auswahl, scheint mir.«

»Oh, ich hätte nichts dagegen. Eine Beziehung. Eine Freundschaft mit Vorzügen. Ein One-Night-Stand. Ganz egal. Ich möchte endlich einmal wieder spüren, dass ich eine Frau bin und net nur ein Gehirn, das mit Lernstoff vollgepumpt wird.«

»Ein One-Night-Stand?« Mira riss die Augen auf.

»Warum net? Klar sind Beziehungen schöner. Sie sind wie ein gutes Essen im Restaurant, aber manchmal tut es eben auch ein Abstecher zum Schnellimbiss.«

»Bitte keine Bilder«, wehrte Mira ab. »Nein, das wäre nichts für mich.«

»Warum denn net? Ein Mann für zwischendurch?« Ihre Freundin blinzelte verschmitzt.

»Ich muss fest mit einem Mann zusammen sein, ehe ich mit ihm … Du weißt schon.« Verträumt blickte Mira zum Fluss hinunter. »Ich wünsche mir eine Liebe, die ein Leben lang hält. Wie bei meinen Eltern. Sie haben ihren Bauernhof viele Jahre lang zusammen bewirtschaftet, ehe sie ihn an meine Schwester und meinen Schwager übergeben haben. Keinen Tag waren sie in ihrer Ehe getrennt. So ein Zuhause wünsche ich mir.«

»Das hättest du auch haben können«, erinnerte ihre Freundin sie sanft. »Wenn du in den Bergen geblieben wärst.«

Mira schluckte trocken. Es stimmte, auf dem Hof wäre für sie Platz gewesen, aber sie hatte nicht bleiben können. Es hatte einen Grund, dass sie ihr heimatliches Tal verlassen hatte. Und dieser Grund presste ihr noch immer die Brust zusammen wie ein eisernes Band. Sie mochte nicht daran denken.

»Ein freier Sommer liegt vor uns.« Susanne lächelte. »Im Herbst werden wir unsere erste Stelle antreten, aber bis dahin sind wir frei wie die Vögel. Ist das net herrlich?«

Mira nickte. Auf sie wartete im September ein Posten als Lehrerin. Sie freute sich schon sehr darauf zu unterrichten.

Susanne und sie waren übereingekommen, sich auch weiterhin die Wohnung im Herzen der Mozartstadt zu teilen. Als Berufseinsteiger würden sie beide noch keine Reichtümer verdienen, deshalb wollten sie ihr Budget schonen. Außerdem wohnten sie gern zusammen, denn sie verstanden sich gut.

Während ihres Studiums hatte Mira davon geträumt, nach ihrem Abschluss zu verreisen. Bis zum Herbst waren es noch knapp drei Monate. Genug Zeit, um etwas von der Welt zu sehen. Mira hatte eisern gespart, um sich ihren Traum zu erfüllen, und nun stand ihr Abenteuer kurz bevor.

Ihr Handy meldete sich mit der Titelmelodie von »Unsere kleine Farm« – der erklärten Lieblingsserie ihrer Schwester.

»Hallo, Schwesterherz«, meldete sich Mira. »Was gibt es Neu …« Ein ersticktes Schluchzen am anderen Ende der Verbindung ließ sie stocken. »Antje? Ist etwas passiert?«

»Mi … Mira?« Ihre Schwester klang gar nicht wie sie selbst. Ihre Stimme war rau und voller Tränen. »Ich … ich weiß net, was ich tun soll. Er ist verschwunden!«

»Wer ist verschwunden?«

»Hannes!«

»Dein Mann?«

»Als ich heute früh aufgestanden bin, war er net daheim. Ich dachte erst, er wäre joggen gegangen. Das macht er manchmal, aber dann ist er net heimgekommen. Den ganzen Tag net. Er … ist weg!«

Mira presste das Handy unwillkürlich ein wenig fester an ihr Ohr. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Ihr Schwager betete ihre Schwester an. Gemeinsam hatten sie den Bauernhof von Miras und Antjes Eltern übernommen. Das erste Baby war unterwegs. Und nun war Hannes verschwunden, und ihre Schwester stand allein mit dem Hof da? Was war geschehen?

»Hat er gesagt, wo er hinwollte?«

»Nein«, schluchzte ihre Schwester. »Gar nix hat er gesagt.«

»Sind denn seine Sachen noch da?«

»Das meiste schon. Er hat eine Jeans an, und ein sauberes Hemd fehlt aus dem Schrank. Sein Rucksack ist aber noch da.«

Merkwürdig, ging es Mira durch den Kopf. Das klang weder so, als wäre ihr Schwager zum Sport gegangen, noch nach einer Tour durch die Berge, denn dorthin hätte er sicherlich seinen Rucksack mitgenommen.

Wo konnte er nur sein?

»Er war also den ganzen Tag net daheim?«

»Genau. Seine Arbeit hab ich erledigt, so gut es ging, aber das Misten hat mir der Arzt verboten. Ich … erreiche Hannes net auf seinem Handy. Das ist ausgeschaltet. Oder der Akku ist leer. Ich weiß es net. Wenn ihm nun etwas zugestoßen ist?« Die Stimme ihrer Schwester überschlug sich beinahe.

Mira hörte die Panik in ihrer Stimme und begann sich Sorgen um das ungeborene Kind ihrer Schwester zu machen.

»Hör zu, Antje, du musst dich unbedingt beruhigen. Ich …« Sie zögerte kurz, aber im Grunde blieb ihr keine Wahl: Sie musste nach St. Christoph fahren und ihrer Schwester beistehen, bis ihr Schwager zurückkehrte.

Das Problem war nur: Sie war nicht grundlos weggezogen. Vor fünf Jahren hatte sie begonnen, sich ein neues Leben in der Stadt aufzubauen. Hart war es gewesen, ihre geliebten Berge zu verlassen, aber es hatte sein müssen. Der Grund dafür hatte blaue Augen, ein kantiges Gesicht und breite Schultern, die eine Frau förmlich einluden, sich daran anzulehnen. Doch in seiner Brust schlug ein Herz aus Stein …

Mira schluckte trocken. Dann gab sie sich einen Ruck.

»Ich komme heim. Gleich morgen früh«, versprach sie ihrer Schwester.

»Wirklich? Danke, Mira!«

»Mach dir net zu viele Sorgen. Hannes ist in den Bergen aufgewachsen. Er kommt zurecht. Da bin ich mir sicher.«

»Ich weiß net. Er war so anders in den vergangenen Wochen. Manchmal hab ich ihn fast nimmer wiedererkannt.«

»Warum denn net?«

»Das erzähle ich dir lieber morgen, wenn du hier bist.«

»Also gut. Versuch zu schlafen, Antje. Du brauchst Ruhe und euer Baby auch.«

Im Hörer erklang ein ersticktes Stöhnen. Dann klickte es. Ihre Schwester hatte aufgelegt.

Beklommen schob Mira ihr Handy zurück in die Umhängetasche.

Ihre Freundin sah sie prüfend über ihren leeren Teller hinweg an.

»Du siehst besorgt aus. Was ist denn los?«

»So genau weiß ich das auch net, aber mein Schwager wird vermisst.«

»Der Hannes? Sag bloß, er hat kalte Füße gekriegt?«

»Kalte Füße?«

»Nach allem, was du mir erzählt hast, hat er früher in den Tag hineingelebt und es net eilig gehabt, sein Studium zu Ende zu bringen. Er hat nichts auf die Reihe gekriegt. Nun hat er eine Ehefrau und einen eigenen Bauernhof, und obendrein ist ein Baby unterwegs. Das kann den stärksten Mann umhauen. Womöglich ist er auf und davon, weil ihm alles zu viel geworden ist.«

»Das glaube ich net. Er liebt meine Schwester. Für sie hat er sich verändert. Hannes ist ein anderer Mann geworden. Sie kann sich auf ihn verlassen.«

»Kann sie das wirklich? So leicht ändern sich die Menschen meiner Erfahrung nach net. Womöglich sind seine alten Gewohnheiten wieder durchgebrochen.«

»Oder ihm ist etwas zugestoßen. Die Berge verzeihen keinen Fehler.«

»Also willst du zurück nach St. Christoph? In die Höhle des Löwen?«

»Löwe ist gut«, murmelte Mira und dachte an Thorben. Er hatte tatsächlich etwas von einem Raubtier – zumindest konnte er genauso gnadenlos sein, wenn es um das Herz einer Frau ging. »Ich werde mich bemühen, ihn net zu bemerken.«

Ihre Freundin sah sie zweifelnd an.

»Das hat das letzte Mal aber net besonders gut funktioniert, oder?«

***

Im knapp zweihundert Kilometer entfernten Zillertal zeigte sich der Abend von seiner milden Seite. Schleierwolken schoben sich träge über den Himmel. Von den Weiden wehte das helle Läuten der Kuhglocken heran. Irgendwo tuckerte ein Traktor über eine Wiese und zog einen Heuwender hinter sich her.

Das Doktorhaus von St. Christoph stand am Waldrand. Von hier aus war es nur ein Steinwurf zur Kirche und zum Gemischtwarenladen. Während die Arztpraxis im Anbau untergebracht war, bewohnte der Bergdoktor das Alpenhaus zusammen mit seiner Familie. Die Schaukel, die am Apfelbaum im Wind baumelte, verriet, dass Kinder hier lebten.

Im Garten werkelte Zenzi Bachhuber. Die Wirtschafterin kümmerte sich seit vierzig Jahren um die Bewohner des Doktorhauses. Sie war schon da gewesen, als der Vater des Bergdoktors die Praxis noch betrieben hatte. Pankraz Burger war vor einigen Jahren in den Ruhestand gegangen und hatte sie an seinen Sohn übergeben.

»Das Unkraut wächst heuer schneller, als ich mich umdrehen kann«, grummelte Zenzi an niemand Bestimmten gerichtet. Sie kniete zwischen den Erdbeerbeeten und rieb sich mit einem leisen Stöhnen den schmerzenden Rücken. Mit den Jahren kamen nicht nur die Erfahrungen, sondern auch die Zipperlein.

Zenzi seufzte leise. Dann strich sie sich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich vorwitzig aus dem Knoten gelöst hatte. Es war so warm, dass sie in ihrem blauen Dirndl gehörig schwitzte.

Sie zupfte das Unkraut aus und biss die Zähne zusammen, als ihr Rücken gegen das lange Knien protestierte.

Endlich war sie zufrieden. Die Beete sahen wieder ordentlich aus. Zenzi richtete sich auf, wischte ein paar Krümel Erde von ihrer Schürze und holte den Gartenschlauch, um den Garten zu wässern.

Sie war gerade fertig, als ein Geländewagen in die Auffahrt einbog. Dr. Burger stieg aus und nahm seinen Rucksack mit der Ausrüstung vom Beifahrersitz. Er war stundenlang mit der Bergwacht unterwegs gewesen und hatte nach einem vermissten Landwirt gesucht.

»Und?« Zenzi sah ihn fragend an. »Habt ihr eine Spur vom Hannes gefunden?«

»Leider net. Er ist tatsächlich wie vom Erdboden verschluckt. Niemand hat ihn gesehen oder eine Ahnung, wo er sein könnte. Die Berge nach ihm abzusuchen ist so, als würde man in der Nordsee einen bestimmten Fisch suchen. Er könnte überall sein!«

Der Bergdoktor fuhr sich durch die braunen Haare, die nur an den Schläfen silbrig schimmerten. Seine durchtrainierte Statur verriet, dass er gern und oft in den Bergen unterwegs war. Nun jedoch war ihm die Erschöpfung nach der stundenlangen Suche ins Gesicht gemeißelt.

»Ist noch jemand von der Bergwacht unterwegs?«

»Ja, unsere Ablösung sucht weiter, und auch der Hubschrauber ist unterwegs, aber bald wird es zu dunkel sein, um die Suche fortzusetzen. Leider gibt es zahlreiche Wege und Pfade, die Hannes eingeschlagen haben könnte. Wir wissen net einmal, ob er hoch in die Berge oder hinab ins Tal wollte.«

»Net zu fassen, dass ihn niemand gesehen hat.«

»Wenn er frühmorgens aufgebrochen ist, kann das schon sein. Das macht es nur umso schwerer, ihn zu finden.«

»In der Tat. Ich hab dir drinnen eine Portion vom Eintopf warm gehalten, Doktor. Kompott ist auch noch da. Die anderen haben schon gegessen.«

»Danke. Zuerst werde ich mich mal ein bisserl frisch machen und …« Er unterbrach sich, als eine junge Frau durch das Gartentor trat. Sie hatte ihre hellblonden Haare zu einem Zopf gebunden. Ihre hängenden Schultern verrieten ebenso wie ihr verweintes Gesicht, dass ein furchtbarer Tag hinter ihr lag. Unter ihrem Frühlingskleid zeichnete sich ein runder Babybauch ab.

»Antje.« Zenzi blickte der Bäuerin sorgenvoll entgegen.

Die Besucherin flüsterte einen Gruß. Dann wandte sie sich an den Bergdoktor.

»Gibt es etwas Neues von meinem Mann, Herr Doktor?« Die Verzweiflung in ihren Augen verriet, dass sie die Antwort auf diese Frage bereits kannte.

»Noch net«, erwiderte Dr. Burger sanft. »Aber wir bleiben dran. Es sind noch mehrere Helfer unterwegs, die Hannes suchen. Wir machen so lange weiter, bis er wieder daheim ist.«

»Er würde net einfach verschwinden«, wisperte sie. »Net mein Hannes.«

»Das glaube ich auch net.«

»Ich hab solche Angst.« Ihre Stimme klang gepresst, und ihr Gesicht war hochrot und verriet nichts Gutes.

»Antje, du darfst dich net aufregen. Dein Blutdruck scheint wieder zu hoch zu sein.«

»Was soll ich denn machen? Ohne meinen Mann …« Sie schwankte plötzlich, und ein Wehlaut entfuhr ihr.

Dr. Burger griff geistesgegenwärtig zu und stützte sie.

»Komm mit ins Haus, Antje. Ich werd deinen Blutdruck messen, und dann schauen wir, was ich für dich tun kann. Es wäre gut, wenn du über Nacht hierbleiben würdest, wo ich dich beobachten kann und zur Stelle bin, wenn du etwas brauchst.«

»Das geht net. Ich muss mich um unsere Kühe kümmern. Wenn Hannes net daheim ist, bleibe nur ich für die Arbeit.«

»Du solltest jetzt net allein daheim sein.«

»Ich hab meine Schwester gebeten zu kommen. Sie kann aber erst morgen da sein.«

»Dann bleib wenigstens über Nacht hier. Für eure Tiere finden wir eine Lösung. Versprochen.« Der Bergdoktor begleitete die Schwangere ins Haus.

Zenzi sah ihnen sorgenvoll nach. Sie hätte der jungen Bäuerin gern geholfen, aber das lag leider nicht in ihrer Macht.

Wo Hannes war, das musste die Zeit zeigen.

Sie traute es dem jungen Landwirt eigentlich nicht zu, Frau und Kind im Stich zu lassen. Aber wer konnte schon in einen anderen Menschen hineinblicken? Für Antje hoffte sie, dass sich bald alles aufklären und der Bauer heimkehren würde.

Zenzi entschied, der werdenden Mutter wenigstens etwas Tee und Gebäck zu bringen. Antje sollte sehen, dass sie nicht völlig verlassen war.

Die Wirtschafterin ging in die Küche und bereitete einen Kräutertee zu. Sie arrangierte selbst gebackene Plätzchen auf einem Teller und stellte eine kleine Vase mit einer Sommerblume dazu. Dann brachte sie das Tablett in die erste Etage.