Der Bergdoktor 1878 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1878 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Zusammen mit der Bergwacht hat Dr. Martin Burger schon viele gefährliche Rettungseinsätze erfolgreich geleitet. Doch dass sie Fenja lebend bergen können, grenzt selbst für ihn an ein Wunder. Viele Meter ist sie abgestürzt, bevor sie mit dem Rücken auf einem spitzen Felsvorsprung aufgeschlagen ist. Wie eine Puppe, deren Beine man nicht richtig am Körper befestigt hat, liegt sie da.
Vorsichtig berührt Dr. Burger die Verletzte, um ihr nur ja nicht noch mehr Schmerzen zuzufügen. Da merkt er, dass sie überhaupt kein Gefühl in den Beinen hat. Von der Taille abwärts zeigt sie keinerlei Reflexe - und das kann nur eins bedeuten: Fenja ist gelähmt!

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Seitenzahl: 111

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Herzen, die in den Himmel fliegen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5076-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Herzen, die in den Himmel fliegen

Für ein gelähmtes Mädchen wird ein Wunder wahr

Von Andreas Kufsteiner

Zusammen mit der Bergwacht hat Dr. Martin Burger schon viele gefährliche Rettungseinsätze erfolgreich geleitet. Doch dass sie Fenja lebend bergen können, grenzt selbst für ihn an ein Wunder. Viele Meter ist sie abgestürzt, bevor sie mit dem Rücken auf einem spitzen Felsvorsprung aufgeschlagen ist. Wie eine Puppe, deren Beine man nicht richtig am Körper befestigt hat, liegt sie da.

Vorsichtig berührt Dr. Burger die Verletzte, um ihr nur ja nicht noch mehr Schmerzen zuzufügen. Da merkt er, dass sie überhaupt kein Gefühl in den Beinen hat. Von der Taille abwärts zeigt sie keinerlei Reflexe – und das kann nur eins bedeuten: Fenja ist gelähmt!

Es sollte eine Überraschung für Michael sein.

Fenja wusste, dass er bestimmt nicht mit ihrem Auftauchen rechnete. Gegen elf Uhr am Vormittag machte sie sich mit einem Picknickkorb auf den Weg. Ihr Herz schlug schneller, als sie an ihren »Michi« dachte, mit dem sie seit einem Jahr beisammen war.

Zwar hätte sie daheim auf dem Wendlinger-Hof noch einiges zu tun gehabt, aber sowohl ihr Bruder als auch ihre Eltern drückten nachsichtig beide Augen zu. Denn Fenja war so sehr in Michael verliebt, dass sie am liebsten in jeder freien Minute bei ihm gewesen wäre, wenn er genug Zeit für sie gehabt hätte. Aber das war leider nicht der Fall, denn Michael war viel zu oft »ausgebucht«. Und auch Fenja hatte auf dem elterlichen Hof viel zu tun.

Ihr Lächeln, wann immer sein Name fiel, sagte mehr als tausend Worte. Jedes Treffen mit ihm, auch wenn es oft nur kurz war, machte sie glücklich.

Michael Seiler half seit ein paar Wochen seinem Freund Adrian dabei, die Mirlhütte oberhalb vom Achenwald gründlich zu renovieren.

Adrian, der in Innsbruck daheim war und nach eigenen Angaben Tag für Tag in seinem stressigen Job als Verkaufs-Manager feststeckte (er übertrieb allerdings ein bisschen), hatte die Blockhütte vor einiger Zeit gekauft.

Das Zillertal betrachtete er derzeit als Rückzugsort. Er wollte sich an den Wochenenden in der großartigen Berglandschaft erholen. Manchmal allein, aber sehr bald zu zweit.

Demnächst stand angeblich die Hochzeit mit seiner Verlobten ins Haus, und natürlich hatte er vor, seine Elfi für die Bergwelt zu begeistern.

Adrians Zukünftige war leider nicht besonders empfänglich für die Schönheit der Berge und erst recht nicht für die Hüttenromantik, von der ihr Zukünftiger in den höchsten Tönen schwärmte.

Sie hatte sich bislang energisch gegen die Mirlhütte gewehrt.

»In dieser Einsamkeit halte ich es nicht aus! Da oben sind Füchse, Dachse, Eulen und andere grässliche Viecher, die bei der Nacht umherschleichen. Und Strom gibt es auch nicht. Das ist ja wie im Mittelalter!«

Romantische Sonnenuntergänge und die goldenen Abendwolken rings um die Zillertaler Gipfel, bei denen andere ins Schwärmen gerieten, ließen Elfi kalt. Ihr gefiel es in großen Städten oder an südlichen Stränden am besten. Aber vielleicht würde sich ja alles ändern, wenn die Mirlhütte gemütlich eingerichtet war und den letzten Schliff erhalten hatte. Ein wenig »Politur« hatte das in die Jahre gekommene Blockhäuschen wirklich nötig.

Damit Elfi, die gern die »Gnädigste« spielte und über das Landleben die Nase rümpfte, sich demnächst doch noch in der »Einsamkeit« wohlfühlen konnte, werkelte Adrian zusammen mit Michael regelmäßig an der Hütte umeinander.

Er kam jeden Sonnabend aus Innsbruck herauf. Das wusste Fenja von Michael, der seinem Freund tatkräftig beim Herrichten der Hütte half. Manchmal werkelte er sogar sonntags weiter, obwohl Adrian dann in der Stadt blieb.

Sonntags wollte Elfi ihn nämlich für sich haben und schick ausgehen.

»Die Hütte hat Zeit, der Sonntag gehört nur uns beiden und nicht diesem Holzhäusl in den Bergen«, sagte sie dann immer. Und Adrian, der ihr rettungslos verfallen war, erfüllte ihre Wünsche – wenn auch hin und wieder mit leisem Murren.

Dass Michael immer zur Stelle war, war ein echter Freundschaftsdienst. Denn der junge Agrarwirt hatte daheim eigentlich genug zu tun. Zusammen mit seinem Bruder Steffen und den Eltern bewirtschaftete er den Spitzstein-Hof in Bergfelden.

Fenja träumte von einer baldigen Hochzeit mit Michael. Obwohl er noch keinerlei Andeutungen gemacht hatte und leider immer weniger Zeit für Zärtlichkeit und Zweisamkeit hatte. Sie sah ihm das alles nach und übte sich in Geduld, denn sie wollte ihn nicht verlieren.

Vielleicht brauchte er immer noch Zeit, um sich an den Gedanken zu gewöhnen, in den Hafen der Ehe einzulaufen. Früher hatte Michael immer allerlei Ideen und Pläne im Kopf gehabt, am liebsten wäre er Unternehmer geworden. Inzwischen schien er sich aber an die Realität zu halten.

Vor einiger Zeit hatte er davon gesprochen, dass er den elterlichen Hof übernehmen und erweitern wollte. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder hatte vor, sich bei passender Gelegenheit nach einem Anwesen in der Nähe umzusehen, dass sich für einen Bio-Hof eignete.

Finanziell schien alles geregelt zu sein, man redete innerhalb der Familie Seiler nur selten übers Geld. Kinkerlitzchen und Schnickschnack wurden nicht angeschafft, die Seilers sparten am so genannten »Kleinkram«. Größere Anschaffungen wurden erst dann getätigt, wenn es wirklich nötig war. Haus und Hof ruhten jedenfalls auf einem soliden Fundament.

Auf dem Seiler-Hof wurden Streitigkeiten nach Möglichkeit vermieden, wenn es aber doch dazu kam, dann ging es um rein private Dinge oder um den Hof. Michael und sein Bruder versuchten, sich möglichst schnell zu einigen, wenn es ab und zu Ärger gab. Das traf auch auf ihre Eltern zu.

Genauso war es auch in Fenjas Familie. Böse Worte waren im Hause Wendlinger verpönt. Falls Unstimmigkeiten auftauchten, was ja bekanntlich in den besten Familien vorkommt, setzte man sich am großen Zirbenholztisch zusammen und sah zu, dass geschwind alles wieder ins Lot kam.

Sowohl die Wendlingers als auch die Seilers waren in St. Christoph recht beliebte Mitbürger, die gern zu Festen eingeladen wurden und sich durchaus ein Mitspracherecht erlauben durften.

Wenn man eine so harmonische Kindheit verbracht hatte wie Fenja, dann war natürlich der Wunsch vorhanden, diese Harmonie auch im weiteren Leben zu erhalten.

Vor nichts grauste es dem hübschen, blonden Mädchen mehr als vor Zorn, Ärger, Enttäuschung und Unfrieden. So, wie es jetzt war, fühlte sie sich glücklich und frei wie ein Vogel im Wind.

Ein Käfig, auch ein goldener, wäre nichts für sie gewesen. Ihre Liebe zu dem gut aussehenden Seiler-Michael engte sie nicht ein, im Gegenteil. Wenn sie es wollte, konnte sie die Augen schließen und sich vorstellen, dass sie der Sonne am Tag und den Sternen bei Nacht entgegenflog.

Hoch in den Himmel fliegen, das Herz mitten hinein ins unendliche Blau hinaufschicken – war das nicht ein wunderbarer Traum?

Michael wollte sie ganz sicher nicht ändern. Er mäkelte nicht an ihr herum und wirkte sehr gelassen, wenn sie seine Meinung nicht teilte. Außerdem schätzte er ihre Naturverbundenheit. Sie konnte so sein und bleiben, wie sie war. Ihm war’s jedenfalls recht.

Wenn sie ihn manchmal fragte, ob sie sich für die eine oder andere Möglichkeit entscheiden sollte, meinte er nur: »Tu das, was du für richtig hältst. Das ist immer das Beste.«

Ihre kleinen »Besonderheiten« nahm er mit einem Lächeln hin. Er zerbrach sich nicht den Kopf darüber.

Zuweilen wirkte er sogar ein bisschen gleichgültig. Aber so war er nun mal, ein bisserl Distanz schien ihm sehr wichtig zu sein. Fenjas Gefühlen tat das keinen Abbruch.

Die hübsche Hoftochter war stets flink und leichtfüßig unterwegs, bei jedem Wetter hielt sie sich gern draußen auf. Einen Tag, an dem Fenja den Bergen nicht »Grüß Gott« sagte, und sei es auch nur mit einem Winken aus dem Garten, gab es bisher nicht.

Als Kind hatte sie sich vorgestellt, dass der mächtige Feldkopfgipfel mit seinem Gletscher mehr war als ein Berg, vielleicht ein verzauberter Märchenkönig, der das Tal bewachte und der es mit den Menschen gut meinte.

Es war erst Ende April, aber ein warmer Föhnsturm hatte schon zu Anfang des Monats dem Schnee auch in höheren Lagen den Garaus gemacht.

Das kam selten vor. Oft herrschte im zeitigen Frühjahr noch reger Skibetrieb an den Hängen. Aber heuer war nichts damit, allenfalls droben am Feldkopf konnten diejenigen, die sich von ihren Brettl’n nicht trennen wollten, noch ihrem Lieblingssport nachgehen.

Ein bisschen frisch war es freilich doch noch. Aus dem Picknick im Freien würde nichts werden. Aber drinnen in der Hütte schmeckte es natürlich genauso gut.

Fenja spähte durch den Türspalt.

Zu ihrem Erstaunen war anscheinend niemand da, obwohl sie extra ein hausgebackenes Weizenbrot heraufgeschleppt hatte. Michael liebte das »Hausbrot« vom Wendlinger-Hof. Nirgendwo sonst fand man, seiner Meinung nach, ein Brot, das auch nur annähernd so gut schmeckte.

Es gab auch wirklich nichts Besseres. Denn das Mehl für das köstliche Brot mit der reschen Kruste stammte aus eigenem Anbau. Seit langer Zeit besaß die Familie Wendlinger ein großes Weizenfeld im Talgrund.

Weizenanbau im Zillertal war nicht nur ungewöhnlich, sondern in den Augen der meisten Bergbauern ein Schmarrn. Denn was man hier brauchte, waren Wiesen und Weiden für die Almkühe. Allenfalls rentierte sich der Anbau von Mais oder Rüben als Ergänzungsfutter zum Heu im Winter. Aber Getreide? Passten Kornähren ins Gebirge?

Dass der Weizen der Familie Wendlinger dennoch zu St. Christoph gehörte wie die Glocken in den Kirchturm, wusste inzwischen jedes Kind im Dorf. Fenjas Urahnl hatte das Feld einst angesät und hernach gehegt und gepflegt wie eine Kostbarkeit.

Das Weizenfeld war ein Geschenk für seine Frau gewesen, Fenjas Urgroßmutter.

Die Urahnl hatte bis zur Hochzeit im Niederbayrischen gelebt und die weiten, wogenden Kornfelder rings um den Hof ihrer Eltern so sehr vermisst, dass der Ahnl aus lauter Liebe eine Wiese drunten am Rand des Talgrunds in ein Weizenfeld verwandelt hatte.

Und nun war es Fenja, für die das »Wendlinger-Feld« im Jahreslauf immer etwas ganz Besonderes darstellte.

Wenn im Sommer der Wind durch die goldenen Ähren strich, sodass man sich wie in einer Wellenschaukel fühlte, dann saß sie gern an einer verschwiegenen Stelle zwischen blauen Kornblumen und rotem Mohn, schaute von dort aus hinauf in den Himmel und lauschte auf das Knistern, Rauschen und Summen ringsum.

Aber natürlich war das Feld nicht nur ein wunderschöner Platz zum Träumen. Es gab immer eine ansehnliche Ernte und nach der Verarbeitung ein gutes Weizenmehl, natürlich biologisch und ohne schädliche Insektizide.

Das Korn ließ Alois Wendlinger, der Altbauer, in der Steigermühle drunten in Mayrhofen mahlen. Dort konnte man übrigens alles zu Mehl, Schrot oder feinsten Raspeln verarbeiten lassen. Egal, ob Dinkel, Hirse, Hafer oder Leinsamen, der Steigermüller verstand sein Handwerk.

»Michi, Adrian, wo seid ihr?« Fenja stieß die Tür auf und stellte ihren Picknickkorb in den kleinen Flur. »Habt ihr euch versteckt? Hallo, ich bin’s! Und ich hab euch etwas mitgebracht – eine gute Brotzeit!«

***

Es dauerte eine Weile, bis es unterm Hüttendach polterte. Zwei Kammern gab es dort droben. Beide waren mit robusten, aber einfachen Möbeln eingerichtet, die Schreinermeister Hurras eigens für die kleinen Kammerln angefertigt hatte.

Michael kam die Stiege hinunter, die er »Hühnerleiter« nannte. Eine richtige Treppe hatte in der Hütte keinen Platz.

»Fenja, was machst du denn hier?« Er wirkte ein bisschen zerfahren, jedenfalls schien er nicht erfreut zu sein. Wahrscheinlich hatte sie ihn bei der Arbeit gestört. Das mochte er gar nicht. »Du hast mir doch gesagt, dass du heute euren Wintergarten umräumen willst. Oder deine Verwandten in Schwaz besuchen. Oder …«

Sie lachte und fiel ihm um den Hals.

»Ja, ich hätte alles Mögliche tun können! Aber ich wollte dich überraschen. Und Adrian natürlich auch. Wo steckt er denn?«

»Ach, was weiß ich. Du siehst doch, dass er nicht hier ist. Komm, wir setzen uns ins Stüberl.«

Das Stüberl war der einzige größere Raum in der Hütte. Daneben gab es noch eine recht bescheidene Kochnische mit einem Herd, den man mit Holz heizen konnte.

»Was ist denn passiert, Michi?«, fragte Fenja verblüfft. »Wieso ist Adrian weg? Habt ihr euch gestritten?«

Er schüttelte den Kopf. »Unsinn. Adrian ist mein Freund, wir streiten uns net. Er war gar nicht da. In der Früh hat er mich angerufen und klang total deprimiert. Richtig fertig. Er scheint erledigt zu sein.«

»Nun rede schon!«

»Na ja, es zeichnet sich ab, dass aus der Hochzeit mit Elfi nichts wird. Sie hat ihm einen Brief geschrieben und ihm mitgeteilt, dass sie bis auf Weiteres verreist. Irgendwohin in den Süden, mindestens sechs Wochen. Und dann war noch von ihrem Ex-Freund die Rede, den sie zufällig wiedergetroffen hat. Offenbar ist dabei die Liebe wieder aufgeflammt. Er zahlt alles für sie – die Reise und was sonst noch anfällt.«

»Jesses, das ist ja entsetzlich! Wieso lässt Adrian sich so etwas gefallen?«

Michael seufzte. »Was soll er denn machen? Elfi hat ihm den Laufpass gegeben. Wenn sie ihn nicht heiraten will, kann er sie nicht dazu zwingen. Ich glaube, sie ist sauer, weil Adrian es mit den Bergen hat. Alles, was ihn auch nur entfernt an Strand, Palmen und Meer erinnert, geht ihm gegen den Strich. Da kann er echt bissig werden. Anfangs hat er ja meistens nix gesagt, wenn sie ihm etwas von den Kanaren oder Jamaika vorgefaselt hat. Er dachte, dass sie es net so ernst meinte mit all den Reisen, die ihr durch den Kopf gegeistert sind. Aber da hat er sich gründlich geirrt.«

»Und jetzt?«