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Max Seidel bewirtschaftet einen der größten Höfe in St. Christoph, allerdings kann er wegen einer Gehbehinderung seine Befehle nur vom Schreibtisch aus erteilen. Deshalb und wegen seiner düsteren Art wird er hinter der Hand nur "der Herrenbauer" genannt.
Der verschlossene Mann trägt ein schweres Schicksal. Die Schmerzen, die seinen Körper durchziehen, sind wie eine stete Mahnung, nicht zu vergessen, wie hart das Schicksal mit ihm umgesprungen ist. Das Leben ist für ihn eine Pflicht, mehr nicht.
Da klopft eines Tages eine junge Frau an seine Tür. An ihrer Hand geht ein kleiner, viel zu blasser Bub. Sie sucht Arbeit als Magd - und ein Zuhause ...
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Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Der Herrenbauer und seine Magd
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-5186-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Der Herrenbauer und seine Magd
Wie ein vom Schicksal gezeichneter Mann zu seinem Sohn kam
Von Andreas Kufsteiner
Max Seidel bewirtschaftet einen der größten Höfe in St. Christoph, allerdings kann er wegen einer Gehbehinderung seine Befehle nur vom Schreibtisch aus erteilen. Deshalb und wegen seiner düsteren Art wird er hinter der Hand nur »der Herrenbauer« genannt.
Der verschlossene Mann trägt ein schweres Schicksal. Die Schmerzen, die seinen Körper durchziehen, sind wie eine stete Mahnung, nicht zu vergessen, wie hart das Schicksal mit ihm umgesprungen ist. Das Leben ist für ihn eine Pflicht, mehr nicht.
Da klopft eines Tages eine junge Frau an seine Tür. An ihrer Hand geht ein kleiner, viel zu blasser Bub. Sie sucht Arbeit als Magd – und ein Zuhause …
»Also, Frau Böhm, Sie lassen sich das, was wir besprochen haben, einmal in Ruhe durch den Kopf gehen, ja? Ich will Sie zu nix drängen, was Sie net wollen. Aber es wäre tatsächlich eine wichtige Chance, auf die wir nicht einfach verzichten sollten.«
Annemarie Böhm seufzte leise. Sie war eine hübsche junge Frau von Mitte zwanzig mit blondem Haar und tiefblauen Augen. Ihr Lachen war ansteckend, und bis vor Kurzem hatte sie geglaubt, ihr Leben im Griff zu haben. Kaum ein halbes Jahr war es nun her, dass sich alles geändert hatte.
»Ich hab gleich daran gedacht, als feststand, dass ich als Spenderin net infrage komme«, gab sie nun zögernd zu. Nervös strich sie eine Haarsträhne hinters Ohr. All das hier, das Spital, dieses Gespräch mit dem Doktor, das erschien ihr noch immer wie ein böser Traum, aus dem sie endlich erwachen musste. Doch es ging nicht, denn es war die bittere Wirklichkeit.
»Haben Sie denn noch Kontakt zu Peters Vater?«, fragte Dr. Schubert sie nun behutsam.
Die junge Frau tat ihm leid. Sie stand allein, hatte keine Verwandten. Ihr kleiner Sohn Peter war der Mittelpunkt ihres Lebens.
Vor einem halben Jahr war der siebenjährige Bub von einem unachtsamen Autofahrer auf dem Schulweg angefahren und schwer verletzt worden. Die inneren Organe hatten Schaden genommen, vor allem die Nieren. Eine war so zerstört worden bei dem Aufprall, dass die Chirurgen sie gleich nach dem Unfall hatten entfernen müssen. Die zweite hatte vor vier Monaten aufgehört zu arbeiten.
Seither musste Peter dreimal die Woche zur Dialyse ins Schwazer Spital kommen. Bislang hatten sie die Nebenwirkungen im Griff, noch hatten sich keine Komplikationen eingestellt. Doch dies konnte sich jederzeit ändern, deshalb hatte Dr. Schubert Peter sofort auf die Warteliste für ein Spenderorgan gesetzt.
Allerdings war die Wartezeit lang, vielleicht zu lang.
Der umgehend vorgenommene Gewebsabgleich mit seiner Mutter war leider negativ ausgefallen. Peters Vater lebte in der Nähe, und zwar in St. Christoph. Als der Spitalsarzt die junge Wirtschafterin zum ersten Mal auf ihn angesprochen hatte, war sie völlig ablehnend gewesen. Sie hatte offensichtlich eine schwere Enttäuschung erlebt und wollte den Kindsvater nicht wiedersehen.
Doch hier ging es um mehr als verletzte Gefühle, hier ging es um das Leben des kleinen Peter.
»Nein, es war nix Rechtes, ich mein …« Annemaries tiefblaue Augen wurden noch dunkler vor Kummer und Schmerz. Dachte sie an Thomas Seidel, dann wurde ihr das Herz sehr schwer. »Er war net unbedingt auf was Dauerhaftes aus. Aber das hab ich erst begriffen, als es bereits zu spät war …«
Damals, vor beinahe acht Jahren, war Annemarie noch in der Ausbildung gewesen. Sie hatte die Hauswirtschaftsschule besucht und war ein lebenslustiges Madel gewesen. Mit ein paar Freundinnen hatte sie am Wochenende oft gefeiert.
Am liebsten war sie tanzen gegangen, hatte dabei den Burschen reihenweise die Köpfe verdreht, ohne es ernst zu meinen. Annemarie hatte gern geflirtet, sich aber nie auf mehr eingelassen.
Ihre Eltern waren ums Leben gekommen, als sie fünf Jahre alt gewesen war. Sie war im Heim aufgewachsen und hatte deshalb früh gelernt, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen.
Sie hatte die Hauswirtschaftsschule in Schwaz mit gutem Erfolg besucht und bereits kurz vor dem Abschluss gestanden, als ihr Thomas Seidel über den Weg gelaufen war. Der fesche Bursche von Anfang zwanzig hatte ihr Herz im Sturm erobert.
Bei Thomas war Annemarie all ihren Prinzipien untreu geworden, denn sie war sicher gewesen, in ihm nicht nur ihre große Liebe, sondern auch den Mann fürs Leben gefunden zu haben.
Die skeptischen Bemerkungen ihrer Freundinnen hatte sie als Neid abgetan. Alles, was das perfekte Bild vom großen Glück hätte trüben können, hatte sie einfach beiseitegeschoben.
Annemarie, die sonst ein bodenständiger und realistischer Charakter war, hatte so lange die Augen vor der Wahrheit verschlossen, bis es zu spät gewesen war. Bis sie eines Morgens allein und schwanger in ihrem Zimmer im Wohnheim am Fenster gestanden und ernsthaft daran gedacht hatte, hinauszuspringen. Sie hatte es nicht über sich gebracht. Trotz Kummer und Verzweiflung hatte der Gedanke an das neue Leben, das da in ihr heranwuchs, sie letztlich davon abgehalten.
Doch es war ein steiniger Weg gewesen, den sie gewählt hatte. Mit eiserner Disziplin hatte sie ihren Abschluss gemacht, ihr Kind bekommen und dank eines erstklassischen Zeugnisses auch bald eine Anstellung gefunden. Der Gerichtsrat a. D. Dengler und seine Frau waren bis auf den heutigen Tag sehr zufrieden mit ihrer tüchtigen Hauserin.
Peter hatte sein eigenes Zimmer in der Villa und wurde von den Denglers beinahe wie ein Enkelkind behandelt. Nach dem Unfall waren sie sehr verständnisvoll gewesen und hatten Annemarie in allem unterstützt. Wirklich helfen konnten sie ihr aber nicht. Das konnte womöglich nur einer, der nicht einmal von Peters Existenz wusste …
»Ich hab mir nach Peters Geburt geschworen, Thomas nie wiederzusehen. Schließlich hab ich auch meinen Stolz. Obwohl er mich im Stich gelassen hat, hab ich mir ein Leben aufgebaut, eine Existenz. Ich hab es auch ohne ihn geschafft.«
»Demnach weiß er nicht, dass er Vater ist.«
»Nein, ich hab es ihm net sagen wollen. Mei, jetzt werde ich wohl umdenken müssen.« Sie schaute den Spitalsarzt bekümmert an. »Gibt es denn keine andere Möglichkeit, Herr Doktor? Sie haben den Peter doch gleich auf die Warteliste für eine Spenderniere setzen lassen. Vielleicht findet sich ja bald das passende Organ, ich mein … Freilich möchte ich nix verpassen, mein Bub ist mir das Wichtigste auf dieser Welt. Dass wir uns da net falsch verstehen. Es fällt mir nur schwer, zum Thomas zu gehen und mit ihm zu reden.«
»Ich versteh Sie schon, Frau Böhm«, versicherte der Mediziner. »Die Anmeldung bei Eurotransplant ist allerdings keine Garantie dafür, dass sich tatsächlich ein passendes Organ findet, schon gar net in absehbarer Zeit. Die Wartezeit beginnt mit der ersten Dialyse, die bei Peter vor vier Monaten war.« Er machte ein ernstes Gesicht. »Wenn ich Ihnen sage, dass es Patienten gibt, die schon seit drei oder mehr Jahren warten, dann werden Sie verstehen, dass wir wirklich auf alle anderen Optionen dringend angewiesen sind.«
Annemarie erschrak und senkte den Blick. Schmerzhaft pochte ihr Herz gegen die Rippen. Angst um das Leben ihres Buben erfüllte sie, aber auch Angst vor dem Wiedersehen mit Thomas Seidel. Und noch größere Angst davor, dass er ihrer Bitte womöglich gleichgültig oder gar ablehnend begegnen würde.
»Ich verstehe, Herr Doktor. Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als es zu versuchen.«
»Das wäre wirklich die beste Lösung. Geben Sie mir Bescheid, wie Sie sich entschieden haben«, bat er beim Abschied.
Tatsächlich wäre es Dr. Schubert lieber gewesen, Peters Mutter diesen schmerzhaften und vielleicht sinnlosen Schritt zu ersparen. Er schätzte die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs nicht höher als fünfzig Prozent ein. Dass der Kindsvater nichts von der Existenz seines Sohnes wusste, machte das Ganze nicht leichter. Lehnte er ab, war eine wichtige Chance vertan, dann blieb nur das zermürbende Warten auf ein Spenderorgan.
Und der Mediziner wusste aus Erfahrung, dass die meisten Patienten leider darüber verstarben. Diese Tatsache setzte ihm und seinen Kollegen sehr zu, machte sie hilflos. Doch es gab nun einmal weitaus mehr Kranke, die ein neues Organ brauchten, als passende Spenderorgane …
Annemarie hatte das Ärztezimmer verlassen und holte ihren kleinen Sohn ab. Peter war wie meist müde nach der Blutwäsche und schlief gleich ein, nachdem sie ihn auf dem Rücksitz ihres Kleinwagens angeschnallt und die Tiefgarage unter dem Spital verlassen hatte.
Immer wieder warf sie einen Blick in den Rückspiegel und betrachtete kurz das schmale, blasse Bubengesicht.
Peter sah seinem Vater kaum ähnlich, er kam ganz nach Annemarie, wofür sie im Stillen dankbar war. Die Erinnerung an den größten Fehler ihres Lebens war schmerzhaft genug, ohne jedes Mal daran denken zu müssen, wenn sie ihren Sohn betrachtete.
Auf dem Heimweg fragte die junge Frau sich, wie Thomas wohl reagieren würde, wenn er von Peter erfuhr. Und von dessen Erkrankung.
Was sie in den vergangenen Jahren stets vermieden hatte, das tat Annemarie nun bewusst: Sie rief sich die Zeit mit Thomas noch einmal ins Gedächtnis zurück, um abzuschätzen, ob es eine Chance gab, dass er kooperierte.
Er war leichtlebig und egoistisch gewesen, er hatte seinen Spaß gesucht und sie dann gedankenlos sitzenlassen. Doch das war lange her. In der Zwischenzeit war Thomas gewiss erwachsen geworden, womöglich hatte er geheiratet und eine Familie gegründet.
Sie wusste, dass die Seidels einen großen Erbhof in St. Christoph besaßen, dass Thomas noch einen älteren Bruder namens Max hatte. Auch sein Vater hatte damals noch dort gelebt. Womöglich fand sie bei den beiden Unterstützung für ihr Anliegen.
Und wenn Thomas noch frei war und sich nicht verändert hatte? Dann würde sie versuchen, an sein Verantwortungsgefühl zu appellieren. Schließlich hatte sie niemals berechtigte Forderungen an ihn als den Kindsvater gestellt. Und nun ging es um das Leben ihres gemeinsamen Sohnes. Vielleicht würde er …
Annemarie seufzte schwer. Vielleicht, womöglich, wenn …
Es gab so viele Unbekannte in dieser Rechnung, alles schien offen, nichts wirklich sicher. Und dabei ging es doch um Peters Leben!
***
Das Ehepaar Dengler war seit einer Woche verreist.
Annemarie betrat ihre kleine Einliegerwohnung durch einen separaten Eingang. Sie brachte Peter ins Bett, dann ging sie nach oben, um dort nach dem Rechten zu sehen.
Als sie in ihre eigenen Räumlichkeiten zurückkehrte, klingelte es. Vor der Tür stand Karin Grewe, die Köchin. Sie hatte eigentlich frei, bis die Denglers von ihrer Reise zurückkamen. Doch sie und Annemarie waren gute Freundinnen.
Karin nahm regen Anteil an Peters Schicksal und wollte auch wissen, wie es der Freundin ging. Sie brachte einen frischen Gugelhupf mit und, wie meist, gute Laune.
»Sein Zustand ist stabil, aber Dr. Schubert hat mir noch mal geraten, mich mit Thomas in Verbindung zu setzen.«
»Was soll das bringen?« Annemarie hatte Karin alles über ihre unglückliche Liebe erzählt, weshalb diese nun vermutete: »Er wird sich nicht mal an dich erinnern. Und dass er Peters Vater ist, glaubt er dir bestimmt nicht.«
»Dann werde ich es ihm beweisen. So was ist doch heutzutage kein Problem mehr.« Annemarie schenkte Kaffee ein und setzte sich zu Karin. »Wenn der Gewebeabgleich positiv verläuft, könnte Peter wieder gesund werden. Das ist es wert, ich muss es einfach versuchen. Thomas könnte Peters einzige Chance sein, falls es wirklich so lange dauert, ein geeignetes Organ zu finden.«
Karin blieb skeptisch. »Und wie willst du es anstellen? Einfach nach St. Christoph fahren und Thomas vor vollendete Tatsachen stellen?«
»Das wäre wohl nicht der richtige Weg. Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht. Das Beste wird sein, ich stehe dort als Magd auf dem Erbhof ein.«
»Was? Wieso denn das?«
»Thomas hat einen älteren Bruder. Vielleicht lebt sein Vater noch, vielleicht ist sein Bruder verheiratet und hat eine Frau, mit der man reden kann. Verstehst du, worauf ich hinaus will?«
»Du suchst Verbündete.«
»So könnte man es ausdrücken. Ich muss auf Zeit spielen, auch wenn Peter davon nicht unbegrenzt viel hat. Aber wenn es mir gelingt, auf dem Seidel-Hof tatsächlich so etwas wie Verbündete zu finden, dann kann ich Thomas vielleicht überzeugen.«
»Und wenn du direkt mit seinem Vater redest? Oder mit dem älteren Bruder?«
»Das hätte wenig Sinn, diese Leute kennen mich nicht. Ich muss erst mal Vertrauen aufbauen, vorher werden sie mir nicht beistehen. Diese Sache ist einfach zu wichtig, ich muss alles richtig machen, denn Peters Leben hängt vielleicht davon ab.«
Karin legte eine Hand auf Annemaries Rechte und lächelte ihr aufmunternd zu.
»Du wirst es schon schaffen. Du hast bereits vor größeren Schwierigkeiten gestanden und net aufgegeben.«
»Ja, mag sein. Aber nie hatte ich so große Angst. Wenn Peter etwas zustößt, wie soll ich dann weiterleben?«
»Er wird bestimmt wieder gesund. Du tust schließlich alles, was nur möglich ist, um ihm dabei zu helfen.«
»Weißt du, Karin, damals, als ich in der Hoffnung gestanden hab, ganz allein war und net wusste, wie es weitergehen soll, da hab ich allerweil an das kleine Wesen gedacht, das da in meinem Bauch wächst. Ich hab es behüten wollen, ihm net nur das Leben schenken, sondern auch dafür sorgen, dass es ein gutes Leben wird. Jetzt hab ich große Angst, dass ich das nimmer kann, dass mir alles entgleitet und ich am End mit leeren Händen dastehe.«
Sie biss ich auf die Lippen, konnte aber nicht verhindern, dass ihr die Tränen kamen. Die Anspannung, unter der Annemarie seit Peters Unfall ständig stand, war manchmal einfach zu stark.
Karin nahm die Freundin in den Arm und tröstete sie auf ihre herzliche, mütterliche Art. Sie stammte aus einer großen Familie, hatte fünf Geschwister daheim. Manchmal erschien sie Annemarie wie ein Fels in der Brandung.
»Es wird schon werden«, versicherte sie begütigend.
Nachdem Annemarie sich wieder beruhigt hatte, wollte die Freundin wissen, wann sie nach St. Christoph gehen würde.
»Ich warte noch, bis die Denglers nächste Woche zurückkommen. Dann nehme ich meinen Jahresurlaub. Das müsste reichen, hoffe ich jedenfalls. Wenn net, muss ich eben kündigen.«
»Und Peter? Was wird aus ihm? Nimmst du ihn mit?«
»Freilich. Er ist schließlich die Hauptperson. Um ihn geht es. Und von St. Christoph aus können wir ebenso gut dreimal die Woche zur Dialyse fahren. Das sollte net das Problem sein.«
»Du scheinst alles bis ins Letzte durchdacht zu haben. Dann bleibt mir wohl nur noch, dir viel Glück zu wünschen. Ich drück dir die Daumen, dass es so klappt, wie du es dir vorstellst.«
Nachdem Karin sich eine Weile später verabschiedet hatte, schaute Annemarie nach ihrem Sohn. Peter war in der Zwischenzeit aufgewacht und wirkte recht munter. Als sie vorschlug, zu Abend zu essen, hatte er nichts dagegen.
»Ich hab einen Mordshunger«, gab er zu und lächelte dabei verschmitzt.
In solchen Momenten erinnerte er sie doch sehr an seinen Vater. Doch das waren zum Glück nur flüchtige Eindrücke.
An diesem Abend aber musste Annemarie noch etwas mit Peter besprechen. Bislang hatte sie ihm nämlich nichts von ihrem geplanten Aufenthalt in St. Christoph gesagt.
»Aber die Schule fängt in zwei Wochen wieder an«, gab er zu bedenken, nachdem sie ihm alles erklärt hatte. »Muss ich dann mit dem Bus fahren?«
»Nein, das wäre zu umständlich und auf die Dauer auch zu anstrengend. Du gehst einfach eine Weile dort zur Schule.«