Der Bergdoktor 1885 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1885 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Als Kind den Demütigungen eines herrschsüchtigen Vaters ausgesetzt und dann zu einer Ehe mit einer ungeliebten Frau gezwungen, hat Walter Sendlinger schließlich Trost im Alkohol gesucht. Nur einmal war der Bauer richtig glücklich in seinem Leben, aber das ist schon über zwanzig Jahre her. Damals kam die bildhübsche Rosie Eger mit dem goldblonden Haar als Magd zu ihnen und eroberte das Herz des jungen Burschen im Sturm. Doch der Vater hatte andere Pläne mit dem Sohn und jagte Rosie bei Nacht und Nebel vom Hof.

Jetzt hat der Bauer nicht mehr lange zu leben. Dr. Burger kann das Leiden des Kranken nur durch Medikamente ein wenig lindern. Walter Sendlinger tut es nicht leid um sein verpfuschtes Leben, aber einen einzigen Wunsch hat er noch: Er möchte seine geliebte Rosie, sein Engerl, noch einmal wiedersehen, ehe der Herrgott ihn zu sich ruft ...

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Komm zurück, Engel

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5223-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Komm zurück, Engel

Dr. Burger und die späte Reue eines Bauern

Von Andreas Kufsteiner

Als Kind den Demütigungen eines herrschsüchtigen Vaters ausgesetzt und dann zu einer Ehe mit einer ungeliebten Frau gezwungen, hat Walter Sendlinger schließlich Trost im Alkohol gesucht. Nur einmal war der Bauer richtig glücklich in seinem Leben, aber das ist schon über zwanzig Jahre her. Damals kam die bildhübsche Rosie Eger mit dem goldblonden Haar als Magd zu ihnen und eroberte das Herz des jungen Burschen im Sturm. Doch der Vater hatte andere Pläne mit dem Sohn und jagte Rosie bei Nacht und Nebel vom Hof.

Jetzt hat der Bauer nicht mehr lange zu leben. Dr. Burger kann das Leiden des Kranken nur durch Medikamente ein wenig lindern. Walter Sendlinger tut es nicht leid um sein verpfuschtes Leben, aber einen einzigen Wunsch hat er noch: Er möchte seine geliebte Rosie, sein Engerl, noch einmal wiedersehen, ehe der Herrgott ihn zu sich ruft …

Dr. Martin Burger, der Bergdoktor von St. Christoph im Zillertal, betrachtete mit bedenklicher Miene die Ergebnisse der letzten Untersuchung seines Patienten Walter Sendlinger, der vor seinem Schreibtisch saß.

»So schlimm?«, fragte der Bergbauer mit matter Stimme. »Seien Sie nur ehrlich, Herr Doktor. Ich weiß eh, dass es bald aus ist mit mir.«

In der markanten Miene des Landarztes arbeitete es. Es war sonst nicht seine Art, vorschnell einen Patienten aufzugeben. Fast immer fand sich noch ein Funken Hoffnung, der dem Kranken helfen, ihn aufrichten konnte.

Dr. Burger war nicht nur ein brillanter Arzt, er war auch ein warmherziger Mensch, der für seine Patienten stets Trost und Hilfe bereithielt.

In diesem Fall aber war es anders. Walter Sendlinger hatte tatsächlich nicht mehr lange zu leben. Seine über Jahrzehnte andauernde Alkoholsucht hatte nach und nach alle Organe geschädigt. Nun blieb dem engagierten Landarzt nichts weiter, als die Symptome des körperlichen Verfalls medikamentös zu mildern.

Eine Heilung konnte es nicht mehr geben.

So etwas machte Dr. Burger stets zu schaffen. Und dieser Fall war besonders belastend für ihn, denn der Bergbauer wusste Bescheid und kämpfte nicht mehr. Für ihn war das Leben seit langer Zeit eine Last, der Tod erschien ihm als Freund, den er bereits ohne Zaudern erwartete.

Eine erschütternde Vorstellung für den Bergdoktor, zumal er die Hintergründe dieses schweren Schicksals kannte. Er litt mit seinem Patienten, ohne wirklich helfen zu können. Und diese Situation belastete ihn sehr.

Trotz allem mochte er sich dem Unausweichlichen aber nicht einfach geschlagen geben. Zumindest konnte er sachlich mit seinem Patienten reden, ihm so zeigen, dass er ihn ernst nahm und nicht mit barmherzigen Lügen abspeiste. Er war überzeugt, dass dies Walter Sendlinger wichtig war.

»Das EKG ist besorgniserregend. Wir müssen die Dosis des Herzmedikaments erhöhen«, erklärte er deshalb mit ruhiger Stimme. »Die Leberwerte haben sich ebenfalls verschlechtert, die Zirrhose schreitet fort. Ich schreibe dir noch einen Säureblocker auf, um die Gastritis ein wenig abzumildern. Haben die Nervenschmerzen auf das neue Präparat angesprochen?«

Der Bergbauer nickte angedeutet.

»Die Schmerzen in den Beinen haben nachgelassen. Ich kann ein bisserl besser schlafen.«

»Das ist gut. Wenn wir erreichen können, dass du öfter eine Nacht durchschläfst, wird sich das positiv auf die Polyneuritis auswirken. Auf lange Sicht wird dann eine geringere Dosis des Medikaments genügen.«

»Sie machen sich viel zu viel Mühe, Herr Doktor«, meinte der Kranke betreten. »Ich bin doch nix mehr wert, mit mir war nie viel los. Und jetzt bin ich mir selbst eine Last. Es wird Zeit, dass ich endlich abtrete und keinem mehr zur Last falle.«

»Ich glaub, der Andreas sieht das ein bisserl anders.«

»Er ist ein guter Bursche, wohlgeraten. Mag dran liegen, dass ich net sein leiblicher Vater bin«, sinnierte Walter. »Aber er wird besser dran sein ohne mich, bin eh nur ein Klotz am Bein für den Buben. Er hat genug Arbeit mit dem Hof. Dass er mich dauernd zum Doktor kutschiert, ist mir gar net recht.«

»Er tut es gern. Und er sorgt sich sehr um dich, Bauer«, wusste Dr. Burger. »Er hat dich halt von Herzen lieb.«

»Einen alten Säufer hat keiner lieb, das wäre ja krank«, knurrte er abweisend.

»Du hast doch dem Andreas zuliebe das Trinken aufgegeben.«

»Ja, schon, aber zu spät. Ich hab mich ruiniert, bin selbst schuld an meiner Misere. Und deshalb mag ich einfach nimmer.« Er schaute Martin Burger offen an. »Sagen Sie mir, wie lang es noch dauern wird. Wann hab ich’s endlich überstanden?«

»So was höre ich net gern«, kam es ablehnend von dem Bergdoktor.

Er erhob sich und ging ein paar Schritte in seinem Sprechzimmer auf und ab. Hochgewachsen war der Landarzt, sehr sportlich und auch mit Anfang fünfzig noch fit. Regelmäßige Bergtouren mit seinem Spezl Dominikus Salt sorgten dafür, dass er stets im Training blieb und bei jeder Bergrettung mit von der Partie war. Dabei konnte er mit den Jungen locker mithalten.

Die Liebe zum Beruf, die Liebe zur Heimat, vor allem aber die Liebe zu seiner Familie, das waren die drei Säulen, auf denen das Leben des Bergdoktors unverrückbar ruhte. Manch einem in St. Christoph erschien er wie ein Fels in der Brandung. Ein Mensch, zu dem man immer kommen konnte, der stets Verständnis zeigte und meist auch einen guten Rat geben und helfen konnte.

Und dabei waren es gerade die scheinbar aussichtslosen Fälle, die ihm besonders am Herzen lagen und sein ganzes Engagement forderten.

Walter Sendlinger lächelte schmal. Früher war der Bergbauer ein fescher Bursche gewesen, groß und stattlich, mit einem breiten Kreuz und Händen, die zupacken und etwas wegschaffen konnten. Dazu hatte er über ein ruhiges, ausgleichendes Wesen verfügt, das ihn überaus sympathisch gemacht hatte.

Doch das Leben hatte ihm übel mitgespielt und ihn sozusagen durch die Mangel gedreht. Immer und immer wieder, bis er aufgegeben hatte.

Wehmut spiegelte sich nun in seinen tiefblauen Augen und eine Traurigkeit, die betroffen machte.

»Nehmen Sie es net so schwer, Herr Doktor«, bat er begütigend. »Ich tu’s auch net. Sie können halt nicht jeden Patienten heilen. Bei mir geht’s nimmer, das ist nun mal so.«

»Ich wünschte, ich könnte mehr tun«, gestand Dr. Burger ihm.

»Sie tun viel mehr, als jeder andere Arzt tun würde. Ich weiß das durchaus zu schätzen. Auch wenn ich’s net gewohnt bin, dass sich einer um mich sorgt. Aber ich muss zugeben, es ist ein schönes Gefühl. Und dafür bin ich Ihnen dankbar, ehrlich. Aber jetzt sagen Sie mir halt, wie lange ich noch hab. Schließlich muss ich mein Haus bestellen. Das eine oder andere ist noch net erledigt. Und ich mag mich vom guten, alten Sensenmann auch nicht überraschen lassen.«

Dr. Burger seufzte leise.

»Ein halbes Jahr, wenn alles gut geht. Allerdings gibt’s dafür keine Garantie. Falls ein Organ von jetzt auf gleich nimmer mitspielt …«

»Ich versteh schon. Ein paar Monate also, damit kann ich leben. Dann will ich Sie nimmer länger aufhalten. Ich hol noch meine Medikamente aus der Apotheke und fahr dann heim.«

»Einen Moment noch. Da ist noch eine Sache, über die ich gerne mit dir reden würde, Bauer. Der Andreas hat es erwähnt, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Die Rosie.«

Walter Sendlinger hatte aufstehen wollen, nun sackte er kraftlos auf seinen Stuhl zurück. Seine blasse, verhärmte Miene wurde noch eine Spur bleicher, und in seinen Augen schien es zu irrlichtern.

»Das hat doch keinen Sinn«, murmelte er.

»Der Andreas hat mir erzählt, dass du oft an sie denkst. Und jetzt wäre noch genügend Zeit, sie zu suchen und sich richtig von ihr zu verabschieden. Oder ist sie dir nimmer wichtig?«

»Mein Engerl? Nimmer wichtig?« Der Kranke wischte sich über die Augen, die sich mit Tränen gefüllt hatten. Zittrig klang seine Stimme, als er nuschelte: »All die Jahre hab ich nur an sie gedacht. Wäre da ein Funken Hoffnung gewesen, nie und nimmer hätte ich mich dem Suff ergeben. Aber sie war fort, es gab keine Spur. Und wie soll ich sie jetzt noch finden?«

»Jetzt wäre der rechte Zeitpunkt, um noch einmal nach ihr zu suchen«, begann Dr. Burger. »Dein Sohn würde dir helfen, er hat schon die eine oder andere Idee, wie man eine solche Suche anpacken könnte.«

Er legte seinem Patienten eine Hand auf die Schulter und schaute ihn eindringlich an.

»Heutzutage gestaltet sich das dank des Internets gar nimmer so kompliziert wie früher. Und es gibt ja auch private Ermittler, die einem dabei helfen können. Denk einmal darüber nach, Bauer. Die Zeit, die dir noch bleibt, möchtest du gewiss sinnvoll nutzen. Sich einfach hinzusetzen und in sein Schicksal zu ergeben, das ist keine Lösung.«

Walter Sendlinger seufzte schwer.

»Ich will es mir überlegen, Herr Doktor. Ich weiß, Sie und der Andi meinen es gut. Aber ich bin mir net einmal sicher, ob die Rosie mich überhaupt noch sehen will. Schließlich hab ich mich nicht gerade zu meinem Vorteil verändert.«

»Wenn ich an die Rosie denke, dann meine ich, dass ihr das wohl einerlei sein wird. Sie hatte dich von Herzen lieb.«

»Ich hab sie auch von Herzen lieb. Von dem Tag an, wo wir uns zum ersten Mal begegnet sind, bis zu dieser Stunde. Solange ich lebe, wird sie immer in meinem Herzen sein!«

***

»So, Chef, das war’s für heut Vormittag. Das Wartezimmer ist leer, und ich geh jetzt heim, falls Sie mich nimmer brauchen.« Bärbel Tannauer, die erfahrene Sprechstundenhilfe von Dr. Burger, schloss die Tür zum Sprechzimmer auf einen Wink ihres Chefs hin und trat an seinen Schreibtisch.

»Ich hab dem Sendlinger heut geraten, noch mal auf die Suche nach seiner Jugendliebe zu gehen, dieser Roswitha Eger. Der Andreas, sein Sohn, hat mich drauf gebracht, und ich hab es auch für eine gute Idee gehalten. Jetzt kommen mir allerdings leise Zweifel. Immerhin ist es net ratsam, dass der Bauer sich in seinem Zustand zu viel zumutet. Und eine neuerliche Enttäuschung wäre auch net unbedingt das, was man ihm wünschen würde. Was meinst du, Bärbel?«

»Mei, Chef, ich glaub, Sie haben es schon recht gemacht«, war sie überzeugt. »Der Andi kennt seinen Vater immerhin am besten. Er hängt sehr an dem alten … na ja, an dem alten Saufnagel, um es mal deutlich zu sagen. Und er will gewiss nur das Beste für ihn. Außerdem ist so eine Suche net unbedingt anstrengend. Und der Alte ist beschäftigt, dann wird er von seinen Beschwerden ein bisserl abgelenkt. Ich finde, das ist genau das Rechte.«

Martin Burger lächelte angedeutet.

»Deine pragmatische Sicht der Dinge ist erfrischend, Bärbel. Aber du hast recht. Es fällt mir immer schwer, einen Patienten zu verlieren. Beim Sendlinger ist das absehbar. Und wenn ich ihm mit einem Rat dabei helfen kann, sein Leben in Ordnung zu bringen, ist das wohl gut.«

»Das ist es sicher. Dann bis heut Nachmittag, Chef. Ich muss los, sonst verfüttert die Mama mein Essen an die Schweine.«

»Na, das wollen wir doch net hoffen.« Nachdem Bärbel gegangen war, hängte Dr. Burger seinen weißen Kittel an den Kleiderständer und verließ ebenfalls die Praxis. Sie befand sich in einem Anbau des Doktorhauses und war mit einem kleinen OP, Labor und Röntgenraum sowie zwei Krankenzimmern gut ausgestattet.

Im Volksmund hatte sich der Begriff »Miniklinik« eingebürgert, was ja auch nicht ganz falsch war. Auch wenn die Kapazitäten beschränkt waren, gab es doch die Möglichkeit, Patienten stationär zu behandeln und ihnen den Weg in die Stadt zu ersparen. Das war vor allem im Winter ein großer Vorteil.

An diesem sonnigen Septembertag waren die Temperaturen aber noch sehr angenehm. Nach einem langen Sommer mit großer Hitze und teils heftigen Unwettern hatte sich die dritte Jahreszeit nun mit ruhigen Sonnentagen und schon recht frischen Nächten angemeldet.

Noch blühten im Garten hinter dem Doktorhaus die Dahlien und Gladiolen, und im Apfelbaum leuchtete es gelb und rot. Doch in den oberen Waldregionen schimmerte hier und da bereits das erste bunte Laub, und am Morgen lag oft Nebel in den Talmulden.

Martin Burger nahm jede Veränderung in der Natur seines Heimattals wahr, denn er war oft in den Bergen unterwegs, und das bereits von Kindesbeinen an. So war er fest verwurzelt in St. Christoph, dem kleinen Dorf ganz am Ende des Zillertals, wo die Uhren noch anders gingen.

Sechs Berge umgaben den Ort wie steinerne Wächter, und nur eine einzige, schmale Straße führte hierher.

Die Menschen, die hier lebten, wussten dieses Idyll zu schätzen, keiner vermisste den Trubel der großen Städte. Man bewahrte, was die Natur einem bot, und lebte im Einklang mit ihr und den Jahreszeiten.

Diese Einstellung war auch dem Bergdoktor zu eigen. Er freute sich bereits auf das Wochenende, wenn er wieder mit seinem Spezl Dominikus Salt, dem Leiter der hiesigen Bergwacht, kraxeln gehen würde.

Als Martin Burger an der Küche vorbeikam, hörte er seine Frau Sabine und die altgediente Hauserin Zenzi Bachhuber reden. Sie besprachen ein neues Rezept für einen Kuchen, den Zenzi am Sonntag auf den Tisch bringen wollte.

Der Bergdoktor gesellte sich zu den beiden und legte einen Arm um jede.

»Da sind ja die wichtigsten Frauen in meinem Leben!« Er drückte Zenzi ein Busserl auf die Wange und schenkte seiner Frau dann einen zärtlichen Kuss.

Die Hauserin lächelte verschämt. Sie hatte ihren Martin lieb wie einen eigenen Sohn. Nach dem frühen Tod seiner Mutter war er von der Hauserin großgezogen worden, deshalb hatten die beiden noch immer ein besonderes Verhältnis zueinander. Doch beim Kochen störte er sie.

»Geh, Sabine, nimm schon mal die Teller mit, ich bin hier gleich so weit«, wies sie die blonde Arztfrau an, die diese Aufgabe lässig an ihren Mann delegierte. Nachdem die beiden die Küche verlassen hatten, konnte Zenzi wieder nach Belieben schalten und walten.

Sabine deckte den Tisch und ließ sich von Martin erzählen, was es Neues gab. Die hübsche Wienerin war selbst Ärztin. Sie und ihr Mann führten eine überaus glückliche Ehe, die von drei munteren Kindern gekrönt wurde.

An diesem Tag deckte Sabine nur für vier Personen, was ihren Mann irritierte.

»Tessa hat Wandertag, sie kommt erst am Nachmittag heim«, erinnerte Sabine ihn nachsichtig. »Und der Filli bleibt heut über Nacht bei einem Freund. Wir haben also mal unsere Ruhe.«

»Net schlecht«, konstatierte Martin. »Aber ich find trotzdem, dass nix über ein gemütliches Familienessen geht.«

»Keine Sorge, unser Laura-Mauserl wird schon dafür sorgen, dass es am Tisch net langweilig wird«, scherzte Sabine und meinte damit das zweijährige Nesthäkchen der Familie, das schon in seinem Hochstuhl saß und dabei munter krähte.

Gleich darauf erschien Pankraz Burger, der Senior im Haus, mit dem Familiendackel Poldi.

»Gut, wir sind noch pünktlich«, stellte er erleichtert fest.

Der alte Bergdoktor liebte Zenzis Kochkünste und hätte es sich niemals einfallen lassen, zu einer Mahlzeit zu spät zu kommen.

»Ich hab draußen den Sendlinger getroffen und ein bisserl mit ihm geschwatzt.« Pankraz setzte sich auf seinen angestammten Platz am Esstisch, Poldi ließ sich zu seinen Füßen nieder.

Und schon betrat auch Zenzi das Esszimmer, um zu servieren. Ihr Krustenbraten mit Blaukraut und Semmelknödeln fand wie immer ungeteilten Beifall. Und als Poldi ein Krüstchen ergattern konnte, schmatzte er dieses mit sichtlicher Wonne, während sein Schwänzchen unablässig schlug.

»Ich hatte den Eindruck, dass es ihm ein bisserl besser geht«, nahm Pankraz schließlich den Gesprächsfaden wieder auf. »Er wirkte jedenfalls munterer auf mich, nimmer so resigniert.«

»Sein Zustand verschlechtert sich aber«, warf Martin mit ernster Miene ein. »Er hat nimmer lang zu leben.«