Der Bergdoktor 1886 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1886 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Haimo lügt! Seit Julia zurück in St. Christoph ist und Haimo wiedergesehen hat, spürt sie, dass er irgendetwas vor ihr zu verbergen versucht. Anfangs hat sie gedacht, dass es vielleicht inzwischen ein anderes Madel in seinem Leben gibt. Doch inzwischen ist sie sicher, dass er etwas anderes vor ihr verheimlicht!

Julia ist bereit, um die Liebe ihres Lebens zu kämpfen. Doch um Haimos Herz zurückzugewinnen, damit die Hochzeitsglocken noch im Herbst für sie beide läuten, muss sie erst einmal wissen, wer überhaupt ihr Feind ist ...

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Seitenzahl: 109

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Hochzeitsglocken im Herbst

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5224-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Hochzeitsglocken im Herbst

Ihr ganzes Leben träumten sie von diesem Tag

Von Andreas Kufsteiner

Haimo lügt! Seit Julia zurück in St. Christoph ist und Haimo wiedergesehen hat, spürt sie, dass er irgendetwas vor ihr zu verbergen versucht. Anfangs hat sie gedacht, dass es vielleicht inzwischen ein anderes Madel in seinem Leben gibt. Doch inzwischen ist sie sicher, dass er etwas anderes vor ihr verheimlicht!

Julia ist bereit, um die Liebe ihres Lebens zu kämpfen. Doch um Haimos Herz zurückzugewinnen, damit die Hochzeitsglocken noch im Herbst für sie beide läuten, muss sie erst einmal wissen, wer überhaupt ihr Feind ist …

Auf dem Weg nach St. Christoph legte Julia eine kleine Pause ein.

Gemächlich schlenderte sie durch Innsbruck. Obwohl sie die Stadt von früheren Aufenthalten in Tirol gut kannte, entdeckte sie immer wieder etwas Neues – vielmehr war es dieses Mal etwas Altes.

Sie stieß in einer Nebenstraße auf ein etwas verstaubtes Antiquitätenlädchen von anno dazumal, in dem sie zwei kleine, runde Ölbilder aufstöberte, jedes nicht größer als eine Untertasse. Beide Bildchen zeigten die Zillertaler Bergwelt im Miniaturformat.

Julia war entzückt. Der Inhaber, ein gebeugter älterer Herr, verlangte herzlich wenig dafür.

»Wissen Sie, junge Dame, ich bin eh net mehr lange hier, nächste Woche fange ich mit dem Ausverkauf an. Es wird Zeit, dass ich endlich in den Ruhestand geh, heuer werd ich schon fünfundsiebzig. Ich schließe den Laden.«

»Schade«, meinte die junge Frau mit ehrlichem Bedauern. »Wieder eine kleine Kostbarkeit weniger in dieser Stadt.«

»Schön haben Sie das gesagt. Aber viel verkauft hab ich in der letzten Zeit ohnehin net mehr«, erhielt sie zur Antwort. »Die Leute bestellen ja alles im Internet. Nur wenige Menschen interessieren sich noch dafür, in einem alten Laden wie dem meinigen auf die Suche nach etwas Besonderem zu gehen. Dabei gibt’s hier in jeder Ecke einen Gegenstand, der Geschichten erzählen könnte. Und was für welche! Nun ja, es hat mir Freude gemacht, über die Jahre hinweg allerlei Schätze anzubieten. Meine Stammkunden kamen regelmäßig zu mir, wir setzten uns zusammen und plauderten ein wenig. Dann schauten sie sich um und fanden immer etwas. Sie sind mir treu geblieben.«

»Vielleicht schau ich noch mal vorbei«, versprach Julia. »Wie lange dauert Ihr Ausverkauf?«

»Ein paar Wochen lass ich mir Zeit damit. Wenn Sie dann noch da sind, junge Dame …«

»Bestimmt. Ich fahre ins Zillertal hinauf.«

»Und wohin, wenn ich fragen darf?«

»Nach St. Christoph.«

»Ein schöner Ort. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit dort droben und sehr viel Glück. Das kann man immer brauchen, denke ich.«

Versehen mit diesen guten Wünschen und den sorgsam in Seidenpapier eingewickelten Bildchen verließ Julia das Geschäft.

Die Türglocke bimmelte ein wenig heiser, sie war ebenfalls in die Jahre gekommen, genauso wie der kleine Laden und sein kauziger Besitzer.

Bei Kaffee und Apfelstrudel in einem Café kramte Julia den Brief aus ihrer Tasche, den sie vor zwei Wochen von Hanna, einer ehemaligen Mitstudentin aus Kufstein, erhalten hatte:

»Liebe Julia!

Heute habe ich eine sehr große Bitte an dich. Du weißt ja, dass ich schon lange auf die Gelegenheit warte, ein paar Semester Literatur in Oxford zu studieren.

Jetzt habe ich die Zusage erhalten, dass ich mich einschreiben kann. Möglicherweise nehme ich sogar in England eine Stelle in einer Privatschule an. Mike ist derzeit auf der Suche nach einer Wohnung in Oxford, damit wir beide gemeinsam in die Zukunft starten können. Ich bin wirklich sehr verliebt in ihn!

Trotz all tollen Aussichten tut es mir leid, mich nun aus St. Christoph zu verabschieden. Für ein Jahr lang habe ich an der Grundschule Deutsch und Sport unterrichtet. Wie du ja weißt, hatte ich die Wahl zwischen meinem Heimatort Kufstein und St. Christoph. Weil du mir während unseres Studiums so viel vom Zillertal vorgeschwärmt hast, habe ich mich spontan für St. Christoph entschieden.

Nun hat es sich ergeben, dass erst im Spätherbst eine neue Deutschlehrerin ins Dorf kommen kann. Den Sportunterricht übernimmt derweil ein Kollege. Könntest du vielleicht einspringen und die zweite Klasse in Deutsch unterrichten?

Ich weiß ja, dass du derzeit nur Privatunterricht gibst und dass dir das nicht mehr gefällt. Natürlich hängst du an Graz, es ist nun mal die Stadt, in der du sechsundzwanzig Jahre deines Lebens verbracht hast.

Aber du wolltest ja eigentlich sowieso den Absprung wagen – wie ich auch – und ein Sprachstudium in Frankreich beginnen. Dann wäre Graz für dich eh passé. Ich wette, du gehst noch vor dem Winter nach Paris und ziehst zu Jean-Paul in seine tolle Wohnung mit Blick auf die Seine. Bist du in ihn verliebt? Klar, gib’s zu! Und dann Paris, die Stadt der Liebe. Schöner könnte es doch gar nicht kommen. Glückwunsch!

Ja, wir beide sind eben Zugvögel. Wir wollen etwas von der Welt sehen. Ich muss schon in wenigen Tagen nach England fliegen, die Zeit rennt mir davon.

Mike erwartet mich. Ich freue mich so auf ihn! Bitte, ruf mich rasch an und sag mir, ob du bis zum Oktober die Vertretung in der Schule übernehmen kannst. Du warst ja eh schon einige Male in St. Christoph, zwar nur in den Ferien, aber du kennst dich einigermaßen aus.

Meine Wohnung in der Nähe der Kirche steht dir zur Verfügung, ich habe sie ja eh nur auf eine bestimmte Zeit angemietet. Die Glocken sind ziemlich laut, besonders am Sonntag. Aber du hast mir mal gesagt, dass du Glockengeläut magst. Es ist ja nicht für lange, im Herbst bist du wieder weg. Dann hörst du bald die Glocken von Notre Dame.

Melde dich bitte schnell! Danke im Voraus.

Deine Freundin und Kollegin Hanna.«

Julia seufzte. Typisch Hanna, immer auf dem Sprung, immer quirlig. Ob sie dauerhaft in England bleiben würde? Und ob die Beziehung zu Mike, einem jungen Anwalt, wirklich unter einem guten Stern stand?

Es konnte durchaus sein, dass Hanna sich wieder mal etwas vormachte und alles in einem goldenen Licht sah. Das war nämlich ihre Schwachstelle. Sie schrammte immer ein wenig an der Realität vorbei und wollte es nicht wahrhaben, dass nicht alles nach Wunsch verlief.

Jedenfalls war Julia durchaus bereit, einige Zeit in St. Christoph die Zweitklässler zu unterrichten. Das Sprachstudium in Paris stand zwar auf ihrem Plan, aber wahrscheinlich klappte es erst im nächsten Frühjahr. Und wenn nichts daraus wurde, dann ging die Welt auch nicht unter.

Jean-Paul, der charmante junge Franzose, den sie bei einem Kurzurlaub in der Provence getroffen hatte, war nur eine Zufallsbekanntschaft, nichts Ernstes.

Dass es so war, nahm er übrigens gelassen hin.

Er studierte noch und gönnte sich ein angenehmes Leben, seine Eltern zahlten alles. Langeweile? Für Jean-Paul ein Fremdwort. Er streckte seine Fühler nach allen Seiten aus – Malerei, bildende Kunst, Kunstgeschichte und dazu auch noch ein wenig Theater-Dramaturgie.

Abends genoss er gern das Pariser Nachtleben. Zweifellos hatte er es mit vielen, interessanten Leuten zu tun, vor allem mit hübschen Mädchen. Dagegen hatte er nicht das Geringste einzuwenden, denn er liebte die Abwechslung.

Er wäre mir niemals treu, das war mir von Anfang an klar, dachte Julia.

Nein, verliebt war sie nicht in ihn. Sie hatten sich über alles Mögliche unterhalten, er sprach gut Deutsch, und sie war ein paar Tage lang gern in seiner Gesellschaft gewesen. Später war er für eine Woche nach Graz gekommen, um sie zu besuchen, anschließend hatten sie gemeinsam ein Wochenende in Wien verbracht. Alles nett, locker, amüsant und unverbindlich. Julia mochte ihn, weil er die Dinge so nahm, wie sie waren. Und man konnte mit ihm lachen.

Julia fand auch jetzt noch, dass sein Humor ein großer Pluspunkt war. Doch im Grunde basierte ihre Bekanntschaft nur auf freundschaftlichen Gefühlen. Irgendwann würden sie sich wieder treffen. Bis dahin: Au revoir, Juliette. Adieu, Jean.

Wie kam Hanna eigentlich darauf, dass sie in Jean-Paul verliebt war? Nur, weil sie mit ihm ein paar Tage in der Provence verbracht hatte und weil sie – vielleicht! – ihre Französischkenntnisse erweitern wollte?

Hanna war zwar nett, aber ihre Übertreibungen nahmen immer mehr zu. Ein Jammer, dass sie alles aufbauschen musste.

In Julias Zukunft war Platz für viele Wege.

Welchen sie gehen würde, wusste sie noch nicht.

Immerhin hatte sie ihr Lehramtsstudium erfolgreich beendet. Ihre Tätigkeit als Privatlehrerin im Hause einer gestressten Unternehmer-Familie war ihr jedoch mehr und mehr zur Last geworden.

Zwei total verwöhnte Kinder, die sich keine Mühe gaben, etwas zu lernen, völlig überforderte und ständig unter Stress stehende Eltern am Rande eines Nervenzusammenbruchs, eine zickige Hausdame, ein übellauniger Gärtner und zwei knurrende Wachhunde, das gehörte nun zum Glück der Vergangenheit an.

Nie wieder Privatunterricht bei Leuten, die glaubten, sich alles leisten zu können!

St. Christoph, ich komme, dachte Julia.

Und dann fügte sie in Gedanken noch hinzu: Haimo, du wirst Augen machen, wenn ich plötzlich vor dir stehe!

Viel zu lang hatten sie sich nicht mehr gesehen. Und das, obwohl sie ihre Jugendträume miteinander geteilt hatten.

Immer dann, wenn Julia die Sommerferien oder einen Skiurlaub im Zillertal verbracht hatte, war Haimo Lindner vom Wildbach-Hof an ihrer Seite gewesen – und das seit ihrem zwölften Lebensjahr.

Damals hatten ihre Eltern die Idee gehabt, wegen der gesunden Bergluft in St. Christoph ein Ferienhaus anzumieten. Dem zwei Jahre älteren Haimo war Julia beim Radlfahren in die Quere gekommen.

Er hatte sie anfangs als »zickiges Stadtmadel« nicht für voll genommen. Doch aus der ersten Begegnung war eine Freundschaft entstanden, die über die Entfernung hinweg angedauert hatte.

Mit sechzehn war es Julia klar geworden, dass sie für den feschen, jungen Burschen aus dem Zillertaler Bergdorf mehr empfand als nur Freundschaft. Es kribbelte, wenn sie ihn ansah. Liebe? Nein, das war ihr doch eine Nummer zu groß gewesen.

Und er?

Julia wusste bis heute nicht, ob er gemerkt hatte, was damals in ihr vorgegangen war. Sie hatte nicht gewagt, ihm ihre Gefühle einzugestehen, und ihm war es vielleicht peinlich gewesen, darüber zu reden.

Aber eins hatten sie beide immer gewusst: Wenn zwei Menschen Ja zueinander sagten und Hochzeit feierten, dann sollte es für beide der schönste Tag im Leben sein. Wenn man heiratete, dann aus Liebe und aus keinem anderen Grund. Darüber waren sie sich einig gewesen.

Damals hatten sie viel unternommen: Wanderungen und Waldspaziergänge, Ausflüge an sonnigen Tagen auf die umliegenden Almen und Badefreuden an Seen und in den Freibädern.

Kleine und größere Abenteuer waren auch nicht ausgeblieben. Beim Abschied hatte Julia regelmäßig ihre Tränen zurückhalten müssen.

Und geredet hatten sie miteinander, stundenlang! Kein Thema war zu kurz gekommen – bis auf die Liebe. Eine gewisse Scheu vor dem Gefühl, dass zwischen ihnen vielleicht mehr sein konnte als nur unbeschwertes Händchenhalten, war sicherlich der Grund dafür gewesen. Und so hatten sie sich weiterhin auf die übliche Art und Weise in den Ferien getroffen.

Aber wie das so ist im Leben: Man kann nicht mehr so oft und unbeschwert beisammen sein, wenn man älter wird. Berufsausbildung, Arbeit, Pflichten, daran kommt niemand vorbei.

Auch bei Haimo und Julia war es so gewesen. Seit mehr als zwei Jahren hatten sie sich nicht mehr gesehen – und vorher leider auch nur an wenigen Tagen. Viel zu kurz, um ihre Gedanken auszutauschen und um an die vergangene, schöne Zeit anzuknüpfen. Vor allem Julia hatte ihre Fühler in verschiedene Richtungen ausgestreckt.

Hatten sie jetzt immer noch dieselben Wünsche wie damals, als sie im Sommerwind durch die blühenden Wiesen gewandert waren, manchmal bis weit hinauf zu den Berghütten und Almen?

Leuchteten ihre Augen immer noch so klar wie in jenen heiteren Tagen, an denen sie miteinander die schönsten Sommerfeste im Dorf gefeiert oder zur Winterzeit urige Hüttenabende verbracht hatten?

Während Julia daran zurückdachte, spürte sie wieder die Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit in ihrem Herzen, die sie ihr ganzes Leben lang begleitet hatte.

Eigentlich war sie gar kein »Zugvogel«, wie es Hanna in ihrem Brief ausgedrückt hatte. Zwar war sie in den vergangenen zwei Jahren viel herumgereist und hatte neue Eindrücke gewonnen, aber es war nicht das, was sie wirklich wollte.

Ich bin wie ein Vogerl, das sich ein warmes Nest wünscht, ging es ihr durch den Kopf.

Ein echtes »Nest« besaß sie nicht mehr. Zwischen ihr und den Eltern herrschte eine unterkühlte Atmosphäre, seitdem diese das Familienhaus in Graz verkauft hatten, um ihren Ruhestand im Süden zu verbringen.

Julia war Dauergast im Flieger nach Mallorca. Ihre Eltern bezahlten die Flüge, sie wollten ihre Tochter um sich haben. Es war jedoch sehr schwierig für sie geworden, mit den Eltern zurechtzukommen, denn sie beschwerten sich pausenlos. Die Insel sei neuerdings zu voll, zu laut und von Urlaubern geradezu überschwemmt.

Wenn Julia zu Besuch kam, redeten ihre Eltern nicht nur über den »Touristen-Rummel«, sondern auch ständig übers Geld. Angeblich wurde ihnen alles zu teuer. Man merkte aber nichts davon, denn sie erfüllten sich ihre Wünsche ohne langes Nachdenken, frei nach dem Motto: »Wir gönnen uns ja sonst nichts.«