Der Bergdoktor 1897 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1897 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Der Kranzthaler ist einer der größten und reichsten Bauern im Tal von St. Christoph, überaus fleißig und geschäftlich ein Fuchs. Sein Leben besteht nur aus Arbeit, sonst interessiert ihn nichts mehr seit damals ...

Ja, es gab vor einigen Jahren eine schlimme Tragödie auf dem Kranzthaler-Hof. Doch der Bauer hat jedem strikt verboten, darüber zu sprechen. Er will nie mehr daran erinnert werden, wozu Menschen fähig sind.

Doch irgendwann holt einen die Vergangenheit immer ein. Für Michael Kranzthaler geschieht dies an dem Tag, als der Bergdoktor ihn um eine Blutprobe bittet ...

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Seitenzahl: 128

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Wandlung des Kranzthalers

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf / Bastei Verlag

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-5689-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Die Wandlung des Kranzthalers

Ein hartes Männerherz wird vom Schicksal geläutert

Von Andreas Kufsteiner

Der Kranzthaler ist einer der größten und reichsten Bauern im Tal von St. Christoph, überaus fleißig und geschäftlich ein Fuchs. Sein Leben besteht nur aus Arbeit, sonst interessiert ihn nichts mehr seit damals …

Ja, es gab vor einigen Jahren eine schlimme Tragödie auf dem Kranzthaler-Hof. Doch der Bauer hat jedem strikt verboten, darüber zu sprechen. Er will nie mehr daran erinnert werden, wozu Menschen fähig sind.

Doch irgendwann holt einen die Vergangenheit immer ein. Für Michael Kranzthaler geschieht dies an dem Tag, als der Bergdoktor ihn um eine Blutprobe bittet …

St. Christoph lag abseits von Hektik und Lärm in einem stillen Seitental des berühmten Tiroler Zillertals. Nur eine schmale Bergstraße, die sich in vielen Serpentinen aufwärts schlängelte, führte in den Ort, dessen Menschen bodenständig und fest verwurzelt auf der Scholle ihrer Heimat waren.

Sechs Berge umgaben das Dorf wie steinerne Wächter. Der Höchste, der Feldkopf, grüßte weit ins liebliche Land hinein. Eine Kabinenbahn verkehrte in der warmen Jahreszeit zum Gipfel, wo man in der Feldkopfhütte einkehren und zünftig speisen konnte. Außerdem befand sich dort droben ein Wetterturm mit meteorologischer Beobachtungsstation.

Neben dem Feldkopf ragte der Hexenstein empor, mit zwei schrundigen Gipfeln und umgeben vom Krähenwald, einem gesunden Mischwald, der in westlicher Richtung vom Hörnlewald begrenzt wurde. Hier fand sich das Frauenhorn, neben dem der nur schwer zu besteigende Aschenkegel seinen Platz hatte. Der Rautenstein schließlich bildete mit dem flachen Tafelberg Beerenhalde die letzte Erhebung im steinernen Kabinett.

So geschützt vor Wind und Wetter, war St. Christoph für die Landwirtschaft prädestiniert. Viele stolze Erbhöfe fanden sich im Dorf und auch in den Weilern außerhalb. Das freie Tiroler Bauerntum hatte hier starke Wurzeln.

Einer der schönsten Höfe gehörte seit fünf Generationen der Familie Kranzthaler. Am Ortsrand gelegen, von großen landwirtschaftlichen Flächen umgeben, beeindruckte der Hof im traditionellen Gebirgsstil.

Über eine schmale Privatstraße, die von schlanken Ulmen gesäumt war, erreichte man das große Haupthaus mit den zahlreichen Nebengebäuden. Das tief gezogene, mächtige Schindeldach, die reich beschnitzten Holzbalkone sowie Fensterrahmen und die Haustür aus massiver Eiche machten aus dem Hof ein wahres Schmuckstück.

Der kunstvoll gepflasterte Wirtschaftshof, Gesindehaus, Remise, Ställe und Scheunen bildeten ein Ensemble, das schon an einen Gutsbetrieb erinnerte.

Alles war gepflegt und sprach von andauerndem Wohlstand, der über die Generationen gemehrt worden war. Doch erst in den letzten Jahren war der Erbhof tatsächlich zu dem geworden, was er nun war: ein Beispiel für unermüdlichen Fleiß und selten vorkommende Geschäftstüchtigkeit.

Vor über dreißig Jahren hatte der damalige Jungbauer Dominik Kranzthaler geheiratet und den Grundstein für die spätere Entwicklung gelegt, wenn auch noch ohne es zu ahnen.

Die hübsche Hoftochter Ursula Greiner aus Hochbrunn, dem Nachbarort, hatte Dominiks Herz gestohlen. Zwei Buben hatte sie ihrem stolzen Mann in die Wiege gelegt, und der hatte gemeint, das Glück gepachtet zu haben.

Doch wenige Tage vor ihrem dreißigsten Geburtstag war die Bäuerin tödlich verunglückt. Mitten im Winter war sie von der schneeglatten Fahrbahn abgekommen und in die Feldkopfklamm gestürzt.

Der Bauer war lange Zeit untröstlich gewesen. Der schwere Verlust schien ihm das Herz gebrochen zu haben, am Leben hatte er keinen Gefallen mehr gefunden. Über Monate hatte er dem Enzian zugesprochen und sich im rauschigen Zustand zu seiner Ursula gewünscht.

Die beiden Buben, damals erst sieben und drei Jahre alt, hatte die Magd Erna Hölzl in ihre Obhut genommen. Die energische Person war den kleinen Halbwaisen eine gute Ersatzmutter gewesen und hatte es schließlich mit beharrlicher Strenge auch geschafft, den Bauern wieder zur Besinnung zu bringen.

Michael und Frank waren herangewachsen, hatten sich allerdings in völlig verschiedene Richtungen entwickelt.

»Wie Feuer und Wasser sind die Buben«, hatte der Bauer oft seufzend gesagt und damit den Nagel auf den Kopf getroffen.

Michael, der Ältere, war klug, ernst und sensibel. Er hing mit inniger Liebe an Erna und auch am Vater. Alles wollte er diesem recht machen, denn der Bauer sollte stolz auf ihn sein.

Als Jahrgangsbester hatte er die Matura geschafft, und das Studium der Agrarwissenschaft, das sich anschloss, hatte er mit Auszeichnung beendet. Er wurde zu einem tüchtigen Bauern und zeigte zudem einen Sinn fürs Geschäftliche, der auch seinen Vater sehr beeindruckte. Trotzdem blieb der Kranzthaler seinem Ältesten gegenüber sein Leben lang reserviert und kritisch, während er Frank fest ins Herz geschlossen hatte.

Der jüngere Kranzthaler war ein fescher Hallodri ohne Tiefgang. Mit der verwegenen, blonden Haartolle und den schimmernden, blauen Augen eroberte und brach er jedes Mädchenherz. Er war faul und konnte sich nur schwer auf etwas konzentrieren. In der Schule hatte er versagt. Und was er mit seinem Leben anfangen sollte, schien er nicht so recht zu wissen. Ging es aber ans Feiern und Poussieren, dann war er zur Stelle.

Obwohl Frank seinem Vater nie wirkliche Freude machte, liebte dieser ihn doch wider jede Vernunft mit alles verzeihender Innigkeit. Es mochte daran liegen, dass der Bursche seiner früh verstorbenen Mutter so ähnlich sah und auch ihre liebenswürdige Art geerbt hatte. Was immer er verbockte, der Alte deckte es mit dem Mantel der Liebe zu.

Michael ärgerte sich oft über diese Ungerechtigkeit. Erna stand zu dem Jungbauern und redete seinem Bruder beständig ins Gewissen. Doch je älter die Brüder wurden, desto größer wurde auch die Kluft zwischen ihnen. Und der Altbauer frönte mit einer gewissen Niedertracht weiter seiner ungerechten Haltung.

Mit Mitte zwanzig verliebte Michael sich in die grazile Bauerntochter Christa Schwalm aus Hochbrunn. Bis dahin hatte er kein Madel angeschaut und sich deswegen ständig den Spott und die höhnischen Kommentare seines Bruders anhören müssen. Auch der Vater schlug in diese Kerbe, nannte seinen eigenen Sohn einen »Deppen, Spätzünder und Flohfänger, der eine Kuh net von einem Madel unterscheiden kann.«

Als Michael dann die bildschöne Christa heimbrachte, bekam sein Vater große Augen. Der Schwalm war kein armer Mann, Christas zwei ältere Schwestern hatten mit saftiger Mitgift geheiratet. Das schmeckte dem Bauern, und er zollte seinem Älteren zum ersten Mal im Leben verhalten Respekt.

Frank respektierte Michaels Wahl nicht, im Gegenteil. Er machte sich einen Spaß daraus, dem Bruder heimlich das Madel zu stehlen. Christa log er das Blaue vom Himmel herunter und lockte sie mit einem Ausbruch aus der Enge des Heimattals.

»Wir reisen durch die Welt und schauen uns alles an, was uns reizt. Und wo es uns am besten gefällt, da bleiben wir. Der Michael wird mich auszahlen, dann haben wir genug Geld, um uns ein schönes Leben zu machen«, behauptete er leichthin.

Christa hatte mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen, denn Michael bedeutete ihr viel. Doch letztlich war sie Franks Verführungskünsten erlegen und hatte mit ihm am Tag vor der Verlobungsfeier den Erbhof auf Nimmerwiedersehen verlassen.

Michael hatte diesen Schlag lange nicht verkraften können. Zunächst hatte er alles versucht, um Christa zu finden und heimzuholen. Doch vergeblich. Schließlich musste er sich damit abfinden, dass er sie verloren hatte. An den eigenen Bruder.

Der Verrat lastete schwer auf der Seele des Jungbauern. Erna versuchte, ihn zu trösten, ihm wieder Mut zu machen. So, wie sie einst seinen Vater aufgerichtet hatte nach dem frühen Tod der Mutter. Doch Michael war untröstlich.

Das Verhalten des Altbauern trug außerdem dazu bei, dass der Bursche fast am Leben verzweifelte. Der Kranzthaler fand fadenscheinige Ausreden, er nahm Frank in Schutz und drehte es sogar so, als ob Michael selbst schuld sei an der ganzen Misere.

Das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Vater und Sohn verschlechterte sich zusehends. Oft stritten sie tagelang oder schwiegen sich nur mit bösen Mienen an. Die Atmosphäre auf dem Erbhof war vergiftet, da konnte Erna noch so viel zwischen den Streithähnen vermitteln.

Nach und nach verhärtete sich das Herz des Jungbauern. Der unsägliche Schmerz, der ihn so lange gequält hatte, wandelte sich zu Verbitterung und Ablehnung allem und jedem gegenüber. Er wollte keinem Menschen mehr vertrauen, um nicht wieder verletzt zu werden. Nur die alte Erna fand noch Zugang zu ihm, aber ihr Einfluss auf Michael wurde immer geringer.

Dann starb der Altbauer am Schlag und hinterließ einen Sohn, dessen Herz zu keiner Regung mehr fähig war. Trübsinnig starrte Michael am Tag der Beerdigung in die Grube, unfähig zu trauern.

Von diesem Moment an gab es für Michael Kranzthaler nur noch eins: Arbeit. Sein ohnehin stark entwickelter Fleiß wurde zur bestimmenden Eigenheit seines Charakters. Er brachte den Erbhof zu neuer Blüte und schaffte es innerhalb weniger Jahre, den größten und schönsten Besitz im Tal von St. Christoph sein Eigen nennen zu können. Doch um welchen Preis …

***

Fünf Jahre waren nun vergangen seit jenem schicksalhaften Tag, an dem Christa Schwalm ihren Verlobten ohne ein Wort verlassen hatte, um mit seinem Bruder auf und davon zu gehen.

Michael Kranzthaler war einer der erfolgreichsten Großbauern im Tal von St. Christoph geworden. Sein Tag schien mehr als vierundzwanzig Stunden zu haben, bedachte man das Pensum, das er täglich schaffte. Auf dem Hof entging ihm nichts, er achtete darauf, dass jeder seine Pflicht erfüllte und keine Arbeit liegen blieb.

Neben der Hofführung war er zudem ständig in Geschäften unterwegs. Er kaufte und verkaufte Land, hatte seine Finger im Viehhandel und im Handel mit Landmaschinen und verschenkte keinen Cent an Subventionen, wenn sie ihm zustanden.

Bei aller Geschäftstüchtigkeit setzte er allerdings nie auf windigen Handel und mied krumme Wege. Seine Gewinne redlich zu erwerben, darauf legte der Kranzthaler nach wie vor großen Wert. Auch wenn er ein hartes Mannsbild geworden war, wollte er doch von Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit nicht lassen.

»Wann kommt der Bauer denn heim?«, fragte Tanja Steiner die Altmagd Erna an diesem trüben und kalten Novembermorgen.

»Nix Genaues weiß man net«, brummte die verstimmt.

Das feuchte Wetter setzte ihr zu, das Rheuma quälte sie. Während sie auf der Eckbank saß und zuschaute, wie die junge Hauserin das Frühstück richtete, dachte sie an die Zeiten zurück, als dies ihre Aufgabe gewesen war.

Es waren keine guten Zeiten gewesen, damals. Und heute erschien es Erna ebenso. Mit ihren fast siebzig Lenzen saß sie mittlerweile auf dem Altenteil und ließ die anderen machen. Manchmal wünschte sie sich, den Erbhof zu verlassen, um ihren Lebensabend bei ihrer Schwester in Südtirol verbringen zu können. Aber sie wollte nicht gehen, ehe der Bauer sich verheiratet hatte und es Aussicht auf eine neue Generation gab.

Im Grunde ihres Herzens wusste die Altmagd, wie unwahrscheinlich dies war. Auch wenn es ein Madel auf dem Hof gab, das den hartherzigen Bauern heimlich lieb hatte.

»Was macht er nur wieder für Geschäfte?«, sinnierte Tanja.

Sie war eine hübsche junge Frau mit rotbraunen Locken, einem ebenmäßigen Gesicht und klaren, grünen Augen. Als sie seinerzeit auf den Erbhof gekommen war, hatte Erna die leise Hoffnung gehabt, dass der Bauer sein Herz noch einmal verlieren könnte.

Jung und frisch, unkompliziert und liebenswert war Tanja. Aber der Kranzthaler hatte sie bisher kaum angesehen.

»Er hat seine Finger halt überall drin, wo es sich rentiert«, meinte die Alte. »Darüber solltest du dir keine Gedanken machen. Aber dass er mit dem Bürgermeister unterwegs ist, gefällt mir net. Der Angerer wird ihn noch in die Politik reden. Dafür hat der Bub nun wirklich keine Zeit.«

Tanja musste immer schmunzeln, wenn Erna den Bauern als »Buben« bezeichnete.

»Er weiß schon, was er will.«

»Ja, mag sein.« Erna schaute die junge Hauserin aufmerksam an. »Hast ihn gern, den Michael, gelt? Ich seh’s dir an, wenn du von ihm redest. Dann kriegst allerweil rosige Wangen.«

Das geschah auch jetzt, doch Tanja wehrte ab: »Schmarrn. Ich glaub nur, dass er net so hart ist, wie er tut. Er würde halt einen Menschen brauchen, der ihn liebt und versteht.«

»Und der Mensch wärst dann du.«

»Vielleicht. Aber darüber müssen wir net reden. Das steht ganz gewiss net zur Debatte. Vermutlich tät der Bauer mich gar nicht kennen, wenn wir uns zufällig auf der Straße treffen würden.«

»Na, ich weiß net …« Erna erhob sich ein wenig mühsam und ging zum Küchenfenster, denn in diesem Moment hielt ein Auto im Wirtschaftshof. Es war der Jeep des Bauern.

»Gut, dass er net so spät kommt. Ich muss nachher noch zu Dr. Burger, und Michael soll mich hinfahren.«

»Aber es ist doch nur ein Stückerl bis zum Doktorhaus.«

»Trotzdem. Darauf besteh ich«, erklärte Erna mit Nachdruck.

Michael Kranzthaler betrat nun das Haus. Er war ein hoch gewachsenes, sportliches Mannsbild mit breiten Schultern und dichten, braunen Locken. In seinem gut geschnittenen Gesicht bestachen die klugen, grauen Augen. Ein feiner Leidenszug lag um seine schmalen Lippen. Und sein Blick war stets kühl und beherrscht.

Als Erna ihm aus der Küche entgegenkam, begrüßte er sie freundlich und meinte: »Wir können gleich los, ich zieh mich nur rasch um.«

»Zuerst wird gefrühstückt. Und dabei kannst du mir erzählen, wie es in Innsbruck war. Ein bisserl neugierig bin ich schon.«

»Also schön«, gab der Bauer nach.

Wenig später wurde auf dem Erbhof das Frühstück serviert. Der Bauer nahm die Mahlzeiten zusammen mit dem Gesinde ein, so hatte er Gelegenheit, alles Wichtige des Tages gleich mit dem Großknecht zu besprechen.

An diesem Morgen sprach er über seine Reise nach Innsbruck und den Besuch der Landwirtschaftsmesse. Alle hörten ihm aufmerksam zu, keiner wäre auf die Idee gekommen, etwas einzuwerfen oder den Bauern zu unterbrechen. Denn das schätzte er gar nicht.

Nachdem der Kranzthaler sich noch mit seinem Großknecht abgesprochen hatte, fuhr er Erna zum Doktorhaus.

»Hast du dem Angerer die Wiese am Krähenbach abgekauft?«, wollte sie dabei wissen. »Deshalb hast du ihn doch eingeladen, mit dir zur Messe zu fahren, gelt?«

Der Bauer nickte langsam. »Dir kann man nix vormachen.«

»Ich kenn dich in und auswendig, Bub, also versuch es erst gar net«, riet sie ihm.

»Er wollte zu viel haben«, erklärte Michael und hielt vor dem Doktorhaus in der Kirchgasse. »Ich geb ihm ein bisserl Zeit, es sich zu überlegen. Wenn er mir mit dem Preis entgegenkommt, sind wir im Geschäft. Aber jede Summe zahle ich für das Stückerl Land net, das kommt nicht infrage.«

»Der Angerer ist net dumm. Er weiß, dass das Land dir fehlt, um zwei Felder zu verbinden«, gab Erna zu bedenken.

Der Bauer half ihr beim Aussteigen und führte sie dann behutsam zur Praxis des Bergdoktors, die sich in einem Anbau des Doktorhauses befand, das einst von Pankraz Burger gebaut worden war. Als sein Sohn Martin die Praxis übernommen hatte, waren umfangreiche Umbaumaßnahmen durchgeführt worden. Seither gab es neben Warte- und Sprechzimmer einen kleinen, vollständig eingerichteten OP, ein Labor, Röntgenraum und zwei Krankenzimmer. Diese Einrichtung hatte im Volksmund den Namen »Mini-Klinik« erhalten.

»Der Angerer würde es aber auch gerne sehen, wenn ich im Gemeinderat sitzen tät«, meinte der Bauer nun. Im Umgang mit der Altmagd zeigte das harte Mannsbild erstaunlich viel Fürsorge und Einfühlungsvermögen. »Ich hab angedeutet, dass ich mir das durch den Kopf gehen lasse …«

»Schlawiner!« Erna kniff ihn in die Wange, wie sie es schon getan hatte, als er noch ein Bub gewesen war. »Du weißt doch, ehrlich währt am längsten, das solltest net vergessen.«

»Ich werd nix versprechen, was ich nicht halten kann, du kennst mich. Aber die Wiese am Krähenbach würde mir halt doch in der Nase stecken …«

***

Bärbel Tannauer begrüßte Erna freundlich und führte sie gleich ins Sprechzimmer, während der Kranzthaler im Wartezimmer Platz nahm.