Der Bergdoktor 1911 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1911 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Ein feuchtfröhlicher Abend ist es gewesen für den Bergmüller-Walter. Mit so viel Alkohol im Blut darf man sich natürlich nicht hinters Steuer setzen, das weiß der junge Bauer - und doch tut er es. Und dann passiert es: Er fährt in eine Kurve und sieht zu spät, dass dort eine junge Frau mit ihrem Fahrrad unterwegs ist. Es gibt einen lauten Knall, dann liegt das Madel leblos im Graben. Nach einer Schrecksekunde beschließen Walter und seine Beifahrerin, die fesche Magd Erika, die Schuld auf Walters Freund abzuschieben, der hinten auf der Rückbank seinen Rausch ausschläft. Gemeinsam hieven sie den schwer alkoholisierten Robert auf den Fahrersitz ...

Zunächst scheint der Plan aufzugehen: Robert, der sich an nichts erinnern kann, wandert ins Gefängnis, und Walter kann sein Leben unbehelligt weiterführen. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass Erika ihr Wissen um seine Schuld für ihre eigenen Zwecke nutzen will ...

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Sein Pakt mit der Magd

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6188-9

www.bastei-entertainment.de

Sein Pakt mit der Magd

Er musste sich ihr Schweigen teuer erkaufen

Von Andreas Kufsteiner

Ein feuchtfröhlicher Abend ist es gewesen für den Bergmüller-Walter. Mit so viel Alkohol im Blut darf man sich natürlich nicht hinters Steuer setzen, das weiß der junge Bauer – und doch tut er es. Und dann passiert es: Er fährt in eine Kurve und sieht zu spät, dass dort eine junge Frau mit ihrem Fahrrad unterwegs ist. Es gibt einen lauten Knall, dann liegt das Madel leblos im Graben. Nach einer Schrecksekunde beschließen Walter und seine Beifahrerin, die fesche Magd Erika, die Schuld auf Walters Freund abzuschieben, der hinten auf der Rückbank seinen Rausch ausschläft. Gemeinsam hieven sie den schwer alkoholisierten Robert auf den Fahrersitz …

Zunächst scheint der Plan aufzugehen: Robert, der sich an nichts erinnern kann, wandert ins Gefängnis, und Walter kann sein Leben unbehelligt weiterführen. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass Erika ihr Wissen um seine Schuld für ihre eigenen Zwecke nutzen will …

Nun war er also da, der 14. März, der Tag seiner Entlassung. Nach zwei Jahren würde Robert Haselbeck die grauen Mauern der Justizvollzugsanstalt in Mayrhofen endlich verlassen – und nie wieder zurückkehren, das hatte er sich jedenfalls geschworen.

Sein Blick ging aus dem vergitterten Fenster hinüber zu den himmelhohen Gipfeln des Karwendels, nördlich von Mayrhofen. Majestätisch und unverrückbar ragten sie in den blassblauen Frühlingshimmel, wie Monumente für die Ewigkeit. Klein fühlte man sich bei diesem Anblick, aber auch erhaben, wenn man den kalten, harten Fels erklomm, um den Gipfel zu erreichen.

Der junge Mann war ein erfahrener und passionierter Bergsteiger gewesen, doch das war lange her.

Zwei Jahre. Vierundzwanzig Monate fort von daheim, von allem, was er kannte, was ihm lieb und teuer gewesen war. Er wusste, dass sich vieles geändert hatte in seinem Heimatort St. Christoph, ganz am Ende des Zillertals. Und nicht zum Guten …

Niemals hätte der groß gewachsene, fesche Bursche mit dem dichten, dunklen Haar und dem gut geschnittenen Gesicht sich vorstellen können, dass sein Lebensweg ihn ins Gefängnis führen würde. Niemals hatte er sich etwas zuschulden kommen lassen, war immer aufrichtig und ehrlich gewesen. Nur einmal hatte er einen Fehler begangen, einen schwerwiegenden Fehler, und plötzlich war alles anders gewesen.

Mit einer unbewussten Geste fuhr er sich an die Stirn, hinter der nun Schmerzen pochten. Immer wenn er versuchte, sich an jene verhängnisvolle Nacht zu erinnern, die sein Leben zerstört hatte, kamen sie, setzten ihm zu und verhinderten, dass er einen klaren Gedanken fassen konnte. Dann war alles verschwommen, nicht zu greifen. Und doch blieb eine vage Ahnung, ein Gefühl, dass etwas nicht stimmte, dass seine Schuld nicht echt war, dass er das gar nicht getan haben konnte, auch wenn alles gegen ihn sprach.

Ein leiser, gequälter Seufzer kam über seine Lippen. Zwei Jahre seines Lebens waren verloren. Gebüßt hatte er, doch die Zweifel blieben. Und die Frage, ob diese Buße gerechtfertigt war, ließ sich nicht so leicht beiseiteschieben, ebenso wenig wie Robert Haselbeck sie einfach hätte beantworten können.

Er wusste nicht mehr, was wahr war und was nicht. Alles Grübeln und Nachdenken in den vergangenen beiden Jahren hatte ihn keinen Schritt weitergebracht. Es war, als ob er sich in einem dunklen Raum befand und vergeblich nach dem Lichtschalter suchte.

Und nun würde er heimkehren, an einen Ort, der nicht mehr sein Zuhause war. Dabei erinnerte er sich ganz genau daran, wie alles gewesen war, als sein Leben noch nicht vollkommen aus den Fugen geraten war …

Robert war vor fünfundzwanzig Jahren als Sohn von Albert und Christine Haselbeck in St. Christoph geboren worden. Sein Vater war Forstarbeiter gewesen und bei einem Unfall ums Leben gekommen, als der Bub eben seinen fünften Geburtstag gefeiert hatte. Robert hatte nur eine vage Erinnerung an einen großen, sanften Mann mit dunklem Haar, der immer so gut nach frischer Luft und Holz gerochen hatte.

Die Mutter hatte ein Bild des Vaters mit einem ewigen Licht im Herrgottswinkel über der Eckbank in der Küche stehen. Sie hatte lange getrauert, denn Albert war ihre große Liebe gewesen. Dann hatte sie all ihre Zuneigung und Fürsorge ihrem einzigen Kind geschenkt und sich gefreut, als Robert seinem Vater jeden Tag ein wenig ähnlicher geworden war.

Auch er liebte die Natur, Tiere und Pflanzen der Heimat. Auch er war Forstarbeiter geworden und hatte sich noch etwas als Jagdgehilfe dazuverdient. Strebsam, bescheiden und freundlich, so hatte die Mutter sein Wesen beschrieben, und das traf es genau.

Von Kindesbeinen an war Robert mit dem Nachbarsbuben Walter Bergmüller befreundet gewesen. Dass dessen Vater einer der größten Bauern im Tal war, dass nebenan stets Wohlstand, ja, Überfluss herrschte, während die Mutter sich zu ihrer schmalen Witwenrente mit Schneiderarbeiten etwas dazu verdienen musste, dass Walter immer die neuesten und teuersten Spielsachen und Kleider hatte, all das hatte Robert nie gestört. Sie waren immer Spezln gewesen, ein Herz und eine Seele.

Auch als sie älter geworden waren, hatte sich daran nichts geändert. Nach und nach hatte Robert zudem erfahren, dass auch auf dem großen Erbhof nicht alles Gold war, was glänzte.

»›Reich sein‹ heißt net ›glücklich sein‹», hatte Roberts Vater immer gesagt. »Aber man kann glücklich sein, ohne reich zu sein.«

Dieser Spruch war allzu wahr, das hatte der Bub oft beobachten können. Das beste Beispiel war das Verhältnis zwischen Walter und seinem Vater.

Hubert Bergmüller war ein selbstherrlicher Patriarch, der nur seine eigene Meinung, seinen eigenen Willen kannte und nichts und niemanden neben sich gelten ließ. Er war der alleinige und uneingeschränkte Herrscher auf dem Erbhof und alle hatten sich seinem Willen zu beugen – ganz besonders Frau und Sohn.

Josefa Bergmüller war eine blasse, verhuschte Person, die ihrem herrschsüchtigen Mann nie etwas hatte entgegensetzen können. Und sie war auch ihrem Sohn keine Stütze gewesen, wenn der Vater ihn mit übertriebener Strenge gemaßregelt oder das kleinste Versagen drakonisch bestraft hatte.

So war aus Walter ein Duckmäuser geworden, der seinem Vater stets und immer alles recht machen wollte, während er sich aufspielte und den dicken Max markierte, sobald er mit seinen Freunden und Bekannten allein war.

Robert hatte den Spezl schnell durchschaut und ihm manche Prahlerei nachgesehen, wusste er doch, was den Burschen antrieb.

Seit ein paar Jahren begleitete Walter seinen Vater auf die Jagd. Der Großbauer hatte ein eigenes Revier, überließ Hege und Pflege aber bezahlten Kräften. Das Einzige, was ihn daran interessierte, war der Abschuss des kapitalsten Bocks im Herbst. Bei der Jagd hatte Walter sich endlich ein wenig profilieren können, und so war sie zu seinem Steckenpferd geworden.

Robert hatte ihn immer begleitet, er kannte die Natur rund um St. Christoph wie seine Westentasche, auch wenn er von der Jagd nichts hielt. Der junge Mann war tierlieb und respektierte die Schöpfung, wollte sie lieber so bewahren, wie sie war, als in sie einzugreifen.

Walter konnte das nicht verstehen, er liebte die Jagd. Neben dem Poussieren und ständig neuen, heimlichen Gspusis – vornehmlich mit Mägden vom eigenen Hof –, war sie seine liebste Beschäftigung.

Robert hatte sich vor drei Jahren mit der hübschen Marie Zander verlobt, einem Madel aus St. Christoph, das sich neben seinem Beruf als Altenpflegerin ehrenamtlich um herrenlose Tiere kümmerte. Der Bursche hatte von ihrer Arbeit gehört. Und als er ein kleines, verletztes Kätzchen im Schuppen gefunden hatte, hatte sein Weg ihn zu Marie geführt. Für beide war es Liebe auf den ersten Blick gewesen.

»Wäre der Unfall net passiert, könnten wir längst verheiratet sein«, flüsterte Robert bitter.

Der Unfall. Jene verhängnisvolle Sommernacht, die alles für ihn geändert hatte …

Damals hatte Walter ein Gspusi mit der rassigen Magd Erika angefangen. Wieder einmal heimlich, darauf bedacht, dass sein strenger Vater nichts erfuhr. Die Mutter war mittlerweile nach einem Schlaganfall ans Bett gefesselt und wurde von einer Pflegerin betreut.

Walter war seither ein noch größerer Heimlichtuer als vorher. Nun wollte er nicht nur der Strafe durch den Vater entgehen, sondern auch die Mutter schonen und ihr keinen Kummer bereiten.

Erika war ein Teufelsweib, von aufreizendem Äußeren und cholerischer Art. Der alte Bergmüller hatte sie seinerzeit nicht einstellen wollen, denn seiner Meinung nach taugten schöne Mägde nichts. Doch in dem einen Punkt hatte Walter sich durchgesetzt. Und es hatte nicht lange gedauert, bis aus den beiden ein Paar geworden war.

Sie trafen sich meist woanders, gingen aus und taten auf dem Hof so, als hätten sie nichts miteinander zu schaffen. Walter verlangte das, und Erika tat es ihm zuliebe, auch wenn sie heimlich ganz andere Pläne hatte. Erbhofbäuerin wollte sie werden, und dafür war ihr jedes Mittel recht.

An jenem Abend waren sie zu dritt nach Schwaz gefahren, zur Geburtstagsparty eines Spezls von Walter. Es war hoch hergegangen, und irgendwann hatte Robert einen heftigen Rausch gehabt. An die Heimfahrt erinnerte er sich nur noch bruchstückhaft. Er wusste, dass auch Walter nicht mehr nüchtern gewesen war. Er war viel zu schnell gefahren, aber bevor Robert ihn hatte mahnen können, war er eingeschlafen.

Ganz plötzlich hatte dieser Schlaf geendet. Benommen hatte er sich umgeschaut, als ihn jemand grob an der Schulter gerüttelt hatte. Da hatte er plötzlich hinter dem Steuer gesessen, und im Licht der Autoscheinwerfer hatte Maries verbeultes Fahrrad gelegen.

Die Polizei war da gewesen, der Sirch und Dr. Burger. Und ein Krankenwagen hatte neben Walters Sportflitzer gehalten. Blaues Licht hatte über die nachtdunklen Föhren am Straßenrand gezuckt, und jemand hatte behauptet, er habe Marie angefahren …

»Haselbeck, raustreten!«

Die Stimme des Schließers riss den Burschen aus seinen trüben Erinnerungen. Er drehte sich um und verließ seine Zelle.

»Der Direktor will dich noch sehen, bevor du gehst«, sagte der Beamte, ein wenig vertraulicher, zu ihm. Er kannte den Mann nun immerhin seit zwei Jahren und wusste, dass er sich stets gut geführt hatte. Es hatte nie Ärger gegeben, was wohl nicht selbstverständlich war.

»Ich begreif eh net, warum du bei deiner guten Führung net vorzeitig entlassen worden bist. Wenn’s nach mir gegangen wär …«

»Ist schon recht, jetzt hab ich’s ja hinter mir.«

»Weißt du denn, wohin du gehst?«

Robert Haselbeck lächelte schmal, dabei lag in seinen klaren, grauen Augen ein Ausdruck von Bitterkeit.

»Schon. Aber was mich da erwartet, das weiß ich noch net so genau.«

***

»Der Robert kommt heut raus, das weißt schon, oder?« Erika Brand musterte Walter Bergmüller aufmerksam.

Der Jungbauer saß auf der Eckbank und trank ein Haferl Kaffee. Diesen »Luxus« konnte er sich nur leisten, weil sein Vater an diesem Tag zum Steuerberater in die Stadt gefahren war. War er daheim, trieb er seinen Sohn gnadenlos an. Und der wiederum nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um sich heimlich auf die faule Haut zu legen.

Nun faltete er die Morgenzeitung zusammen, strich sich eine Locke seines widerspenstigen blonden Haares aus der Stirn und taxierte die Magd eine Weile schweigsam. In seinen tiefblauen Augen lag ein Ausdruck, den Erika nicht deuten konnte.

»Magst du dazu nix sagen? Oder ist es dir einerlei?«, fragte sie schließlich, als das Schweigen ihr zu lange dauerte.

»Was soll ich dazu sagen? Es wird sich schon alles fügen«, entgegnete er lapidar.

»Du meinst, er wird das Ganze auf sich beruhen lassen? So dumm ist er auch wieder net. Er wird Fragen stellen. Vor allem jetzt, wo das Häusel abgerissen ist und ihr sozusagen jede Erinnerung an die Haselbecks getilgt habt.«

»Red keinen Schmarrn daher! Kümmere dich lieber darum, dass am Mittag was Gescheites auf den Tisch kommt«, machte er sie abschätzig nieder. »Der Vater kann’s net leiden, wenn du nur einen Schweinefraß auftischst.«

»Passender wär’s jedenfalls«, parierte sie bissig.

Walter lachte nur und vertiefte sich wieder in seine Zeitung.

Während Erika am Herd hantierte, nahm ihr ebenmäßiges Gesicht mit den großen, traubengrünen Augen und den vollen Lippen einen verbitterten Ausdruck an.

Nach jener Nacht vor zwei Jahren war vieles anders gekommen, als sie es sich vorgestellt hatte. Ganz anders. Sie dachte an den Unfall und hatte dabei das Gefühl, als ob ihr einer die Kehle zuschnüren würde.

Heftig pochte ihr das Herz im Brustkasten. Nicht aus Mitleid mit dem Burschen, der zwei Jahre unschuldig im Gefängnis verbracht hatte, oder mit dem Madel, das unter den Folgen seiner Verletzungen noch täglich zu leiden hatte. Nein, Erika war wütend und enttäuscht, weil ihr der Pakt, den sie in jener Nacht mit Walter geschlossen hatte, nichts eingebracht hatte. Oder zumindest nicht das, was sie sich erträumt und ersehnt hatte.

Sie erinnerte sich noch ganz genau an die Alkoholfahrt des Jungbauern, der viel zu betrunken gewesen war, um auf die Straße zu achten. Plötzlich war da Marie Zander gewesen, mitten in der Nacht war sie mit ihrem Radl unterwegs gewesen.

Später hatte Erika erfahren, dass das Madel eine verwilderte Katze eingefangen hatte, um sie zum Tierarzt zu bringen. Tierschutzarbeit nannte sich das wohl.

Erika hielt das Ganze für einen Schmarrn. Und sie gab Marie die Schuld an dem Unfall. Warum musste sie um diese nachtschlafende Zeit mit dem Radl herumfahren? Wegen so einem verlausten Viecherl? Unfug!

Nachdem es gekracht hatte, waren sie beide auf einen Schlag nüchtern gewesen. Marie hatte bewusstlos im Straßengraben gelegen, sie konnte sich später an nichts erinnern.

Walter war zutiefst verzweifelt gewesen, die Angst vor den Konsequenzen hatte ihn zu einem wimmernden Häuflein Elend werden lassen. Alles hatte er ihr versprochen, wenn sie nur schwieg und ihm half, dem Robert die Schuld in die Schuhe zu schieben, der auf der Rückbank geschlafen hatte.

Hoch und heilig hatte er ihr in die Hand versprochen, dass sie seine Bäuerin werden würde. Nur deshalb hatte sie mitgemacht.

Doch ihre Falschaussage hatte ihr keinen Ehering eingebracht. Der Altbauer hatte Walter verboten, Erika zu heiraten. Seither versuchte der Bursche beständig, ihr Schweigen aufs Neue zu kaufen – mit Geld, teuren Geschenken … mit allem, was sie verlangte. Aber eben nicht mit dem, was sie wirklich wollte.

»Was willst du dem Robert sagen, wenn er nach dem Geld für das Häusel und das Grundstück fragt?«, wollte sie nun wissen. »Nach dem Tod von der Haselbeckin habt ihr euch alles eingesteckt. Meinst du, das nimmt er so einfach hin?«

»Hör auf, mich zu nerven«, fuhr der Bursche da auf und erhob sich. »Der Robert ist mein Spezl, wir kommen schon zurecht. Jedenfalls so lange, wie du deine dummen Goschen hältst. Ich warn dich, Erika …«

»Du?« Sie lachte perlend, in ihren Augen schien es Eis zu regnen. »Du glaubst doch net im Ernst, dass du mich einschüchtern kannst.«

»Wenn ich will, schon!« Er packte sie bei den Armen und starrte sie zwingend an. »Ich mach keinen Spaß, hörst? Ich mein es bitterernst!«

»Lass mich los, du Depp!«, zischte sie.

Einen Moment lang hielt er sie noch fest, dann gab er sie mit einem Ruck frei. Sie versetzte ihm eine gepfefferte Watschen, die er kommentarlos einsteckte. Da lachte sie ihn aus und nannte ihn einen Waschlappen. Walter kümmerte sich nicht weiter darum.

Sein Vater kam bald zurück, er musste in den Stall und sich den Anschein von Fleiß geben.

Missmutig stopfte er die Hände in die Hosentaschen und verließ die Küche. Er hörte noch Erikas Schimpftirade, die nicht so schnell enden wollte. Dabei lächelte er schmal. Sie war wirklich ein Teufelsweib!