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Seit sie Leon vor drei Jahren im Sommer auf einer Bergwiese gesehen hat, liebt Lisa ihn aus tiefstem Herzen. "Da schau her, eine Bergfee!", hat er damals gemeint und ihr einen Strauß aus Glockenblumen und Lichtnelken in die Hand gedrückt. "Für dich. Eigentlich wollte ich sie daheim in die Vase stellen, aber sie passen viel besser zu dir als in die Stube." Das war alles. Wenn sie sich später flüchtig gesehen haben, dann hat er manchmal gelächelt und ihr zugenickt, mehr nicht.
Wie kann sich ein Mädchen jahrelang nach einem Mann verzehren, der gar nicht weiß, dass er sehnsüchtig geliebt wird? Das fragt sich Lisa immer wieder - und das trotz all der üblen Gerüchte, die ihr immer wieder über den Jungbauern zu Ohren kommen. Da wird ganz sicher nichts dran sein, oder? Aber warum scheint ihm dann sonst niemand in St. Christoph zu glauben?
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Seitenzahl: 116
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Treue Liebe wird belohnt
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-6363-0
www.bastei-entertainment.de
Treue Liebe wird belohnt
Als sich alle von ihm abwandten, hielt Lisa zu ihm
Von Andreas Kufsteiner
Seit sie Leon vor drei Jahren im Sommer auf einer Bergwiese gesehen hat, liebt Lisa ihn aus tiefstem Herzen. »Da schau her, eine Bergfee!«, hat er damals gemeint und ihr einen Strauß aus Glockenblumen und Lichtnelken in die Hand gedrückt. »Für dich. Eigentlich wollte ich sie daheim in die Vase stellen, aber sie passen viel besser zu dir als in die Stube.« Das war alles. Wenn sie sich später flüchtig gesehen haben, dann hat er manchmal gelächelt und ihr zugenickt, mehr nicht.
Wie kann sich ein Mädchen jahrelang nach einem Mann verzehren, der gar nicht weiß, dass er sehnsüchtig geliebt wird? Das fragt sich Lisa immer wieder – und das trotz all der üblen Gerüchte, die ihr immer wieder über den Jungbauern zu Ohren kommen. Da wird ganz sicher nichts dran sein, oder? Aber warum scheint ihm dann sonst niemand in St. Christoph zu glauben?
Leon konnte es nicht vermeiden, dass Katrin ihm geradewegs in die Arme lief. Mitten auf dem Kirchplatz von St. Christoph – noch dazu beim Sommer-Flohmarkt, der von Mai bis September am ersten Sonnabend im Monat stattfand – fiel sie ihm, trotz seiner abwehrend erhobenen Hände, um den Hals.
Dass er alles andere als begeistert aussah, störte sie anscheinend überhaupt nicht. Im Gegenteil: Sie strahlte, als habe sie das große Los gezogen.
»So ein Zufall, dass ich dich hier treffe!«, rief sie. »Das freut mich wirklich! Hast du ein bisserl Zeit für mich?«
»Nein, ich bin in Eile, hab daheim noch eine Menge zu tun. Ich weiß auch net, was wir zwei noch miteinander zu schaffen hätten.« Leon hätte das Madel am liebsten abgeschüttelt wie ein lästiges Insekt. Eine Wespe am Zwetschgenkuchen konnte nicht lästiger sein als Katrin Gerlinger, der er vor einiger Zeit den Laufpass gegeben hatte.
Kein Wunder, dass ihm der Geduldsfaden gerissen war. Was sie sich erlaubt hatte, war schon eine Frechheit gewesen! Abgesehen davon hatten sie ohnehin überhaupt nicht zueinandergepasst.
Aber anstatt sich mit dem endgültigen Aus abzufinden und ihn in Ruhe zu lassen, lauerte sie ihm alle naselang auf. Kein Zweifel, sie wollte ihn zu einer Neuauflage ihrer gescheiterten Beziehung überreden. Alles noch mal auf Anfang, sich mehr in den anderen einfühlen, mehr Rücksicht nehmen, das musste ihrer Meinung nach doch möglich sein!
Doch all das waren nur schöne Worte und lobenswerte Vorsätze, von denen Leon nichts hielt. Er wusste, dass ihr Gerede nur Schall und Rauch war. Auf Katrin war kein Verlass. Wer wusste schon, was sie in diesem Moment wieder ausheckte. Auf alle Fälle nichts Gutes.
In der Vergangenheit waren die beiden immer wieder aneinandergeraten, weil Katrin immer nur ihren Kopf durchsetzen wollte – und das würde sich ganz gewiss auch künftig nicht ändern. Außerdem waren seine Gefühle für sie völlig erloschen. Da ging wirklich gar nichts mehr!
Warum sah Katrin das nicht endlich ein? Wenn zwei Menschen nicht miteinander harmonierten, weil sie zu verschieden waren, wenn man sich gegenseitig kränkte und immer nur erwartete, dass der andere nachgab, dann musste man sich trennen.
Aber Katrin dachte darüber ganz anders, und Leon steckte wieder mal in der Klemme. Sollte er sie einfach stehen lassen oder sich wenigstens kurz anhören, was sie ihm zu sagen hatte?
Auch jetzt war sie bestimmt nicht zufällig auf ihn gestoßen, sicherlich hatte sie ihn beobachtet. Meistens wusste sie ziemlich genau, woher er kam und wohin er ging.
Seinen Einwand, dass er daheim noch viel zu tun hatte, beachtete sie gar nicht. Das war typisch für sie. Wenn sie etwas nicht hören wollte, machte sie geschwind die Ohren zu.
»Es ist allerhand los hier«, sagte sie und schenkte Leon ein zuckersüßes Lächeln, das ihn aber kalt ließ. »Schauen wir uns doch gemeinsam ein bisserl um, wir finden bestimmt etwas Tolles. Ich suche schon die ganze Zeit nach einer kleinen Truhe oder einem Kastel. Es soll etwas Geschnitztes aus Zirbenholz sein.«
Während Katrin den verärgerten Leon immer wieder mit einem bittenden Augenaufschlag bedachte, setzte sie dieses vermeintlich rein zufällige Treffen gekonnt in Szene. Sie redete so laut, dass sie gut zu verstehen war, und wedelte mit den Händen in der Luft herum.
Dabei zupfte sie ständig an ihrer Dirndlbluse herum, sodass die Umstehenden zu ihr und Leon herüberschauten. Auf diese Weise entstand bei einigen bestimmt der Eindruck, dass sie beide wieder zusammen waren und als versöhntes Pärchen diesen schönen Tag miteinander verbringen wollten.
Leon wurde von Sekunde zu Sekunde zorniger. Er erkannte Katrins Absicht natürlich sofort.
»Hör auf mit dem Theater«, fuhr er sie an, freilich in gedämpftem Ton. Im Gegensatz zu ihr hasste er es, sich durch auffälliges Benehmen in den Vordergrund zu drängen. »Unmöglich, wie du dich benimmst! Komm mit, weg von hier. Ich mag es net, wenn man uns anstarrt.«
Sie lachte und hakte sich bei ihm unter. Immerhin konnte sie einen kleinen Erfolg verbuchen, auch wenn Leon sie ziemlich unsanft hinter sich herzog. Er verschwand mit ihr um die Ecke.
Auf der Angerwiese hinter der Kirche – dort spielten nur ein paar Kinder am Bach – drückte er sie auf die alte Bank am Linden-Marterl nieder.
»Da bleibst du jetzt sitzen und läufst mir nicht mehr nach, hast du mich verstanden?«, herrschte er sie an. »Misch dich net in meine Angelegenheiten ein! Außerdem muss ich mich net von dir verfolgen lassen. Ich könnte mal mit unserem Gendarmen darüber reden, wie ich dich loswerde.«
»Sei doch net so grantig«, moserte Katrin. »Wie redest du denn mit mir? Total unhöflich und grob! Meine Güte, Leon, kannst du net vergessen, was gewesen ist? Ich weiß ja, es hat ein bisserl Unfrieden gegeben. Aber das ist doch Schnee von gestern.«
»Ein bisschen Unfrieden nennst du das?« Leon verschlug es fast die Sprache. »Du hast mich als Deppen hingestellt. Ich kam mir vor wie der Ochs vorm Berg. Es war peinlich und blamabel. Und das ist immer noch so. Hör mir gut zu: Zwischen uns ist es aus, das sag ich dir heute zum letzten Mal. Sprich mich künftig net mehr an, sonst …«
Er musste sich Mühe geben, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Katrin spielte die Harmlose, dabei wusste sie ganz genau, was sie auf dem Kerbholz hatte. Um ihn wenigstens ein bisschen zu erweichen, blickte sie schweigend vor sich hin. Sie wirkte plötzlich traurig und leidend.
Katrin brachte es fertig, von einer Sekunde zur anderen ein Bild des Jammers abzugeben. Vorher noch Sonne, jetzt Regen – oder vielmehr Tränen.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie schließlich. »Ich wollte doch nur, dass wir beide zusammenbleiben. Deshalb hab ich überall rumerzählt, dass wir heiraten und dass der Termin schon feststeht.«
Sie seufzte ein wenig theatralisch.
»Und ja, ich war bei Pfarrer Roseder wegen des Aufgebots«, fuhr sie dann fort. »Er hat natürlich gemeint, dass du auch mitkommen musst. Aber meine Papiere konnte ich ihm schon mal übergeben. Geburtsurkunde, den Taufbrief und so weiter … Einladungskarten hab ich auch drucken lassen.«
»Die Leut haben mich angesprochen und mir gratuliert«, blaffte Leon. »‘Endlich mal wieder eine richtig große Hochzeit, das wird eine Riesengaudi’, hieß es. Einige wollten wissen, ob bei uns vielleicht schon etwas Kleines unterwegs sei, weil es auf einmal so schnell gehen sollte mit der Heirat. Und dann haben sie mir auf die Schulter geklopft und gemeint, dass ich als Vater gar net so übel wäre.«
»Ich dachte ja nur …« Katrin betupfte ihre Augen mit einem Tuch. Jetzt ging es ihr wirklich gar nicht mehr gut. Sie war sehr in Leon verliebt gewesen, außerdem hatten ihr die kleinen Streitereien gar nichts ausgemacht.
Es hätte ihr auch gefallen, Bäuerin auf dem Klausenhof zu werden. Die Familie Brandner musste keineswegs am Hungertuch nagen. Leon war der Hoferbe und konnte sich dies und das ohne viel Aufhebens leisten, was für andere einen sehr tiefen Griff ins Portemonnaie bedeutet hätte.
Katrin hatte sich ein sorgenfreies Leben an seiner Seite ausgemalt. Ihre Tätigkeit als Bürokraft im Sanatorium Bergfrieden wäre damit erledigt gewesen.
Aber nun saß sie doch wieder am Schreibtisch und musste so öde Dinge erledigen wie Rechnungen ausstellen, Zahlungen überweisen und Daten in den Computer eingeben. Und wehe, sie kam morgens zu spät! Dann gab es echten Ärger!
Immer musste sie auf die Minute pünktlich erscheinen. Katrin hasste es, in den langweiligen Alltag eingezwängt zu sein wie in ein enges Korsett. Manchmal fehlte einfach die Luft zum Atmen.
So kam es ihr jedenfalls vor. Dabei musste sie nur halbtags arbeiten, weil ihr verstorbener Vater ihr ein dickes Sparbuch hinterlassen hatte.
Wie schön wäre es gewesen, einen so feschen Mann wie Leon zu heiraten und möglichst gar nichts zu tun. Einfach nur faulenzen, einkaufen, spazieren gehen, die Seele baumeln lassen. Das ging bestimmt auch, wenn man einen großen Hof besaß. Wozu gab es Knechte und Mägde?
Aber Leon war richtig wütend. Sie hatte es sich mit ihm gründlich verscherzt.
»Du wolltest mich erpressen!«, fuhr er sie an. »Ich musste deine Lügengeschichten aus der Welt schaffen. Bis jetzt hab ich es net wirklich geschafft. Du hast das unschuldige Opfer gespielt, und mir wurde der Schwarze Peter zugeschoben.«
»Jetzt sei doch net so nachtragend.«
»Na, hör mal!«, fuhr Leon auf. »Ich war der Böse, der dich sitzengelassen hat, nachdem die Sache mit der Hochzeit doch angeblich schon unter Dach und Fach gewesen ist. Die Leute haben mich schief angesehen und getuschelt, was das Zeug hielt.«
Seine Stimme nahm einen ironischen Klang an, als er weitersprach.
»Ach, das arme Katrinchen, das Brautkleid hing doch schon im Schrank! Wie konnte der Brandner-Leon nur so hartherzig sein!«, äffte er seine Nachbarn nach. »Da hat dieser gewissenlose Kerl das nette Madel doch wahrhaftig abserviert … und das, obwohl schon alles für die Hochzeit vorbereitet war!«
»Ich hab’s doch net bös gemeint«, wimmerte Katrin.
»Doch, es hat ein ganz böser und egoistischer Gedanke dahintergesteckt. Du hast nur an dich gedacht. Es war dir egal, dass man mich hernach verteufelt hat. Einige glauben mir immer noch nicht, dass zwischen uns niemals vom Heiraten die Rede war. Ich hab im Dorf ziemlich viel Achtung eingebüßt. Deinetwegen!«
»Aber …«
»Kein Aber! Es bleibt immer etwas in den Kleidern hängen. Einer muss ja das schwarze Schaf sein. Aber eins sag ich dir: Lieber wäre ich als Einsiedler in den Bergwald gegangen und hätte mich bis an mein Lebensende von Wurzeln und Beeren ernährt, als dich zu heiraten!«
»Du bist gemein«, schluchzte Katrin. »Bild dir bloß nix ein! Ich brauch dich net. Und überhaupt weißt du gar nicht, dass ich mich schon ein paar Mal mit Benno verabredet hab.«
»Was denn für ein Benno?«
»Benno Schüssler. Ja, da staunst du! Er ist als Teilhaber ins Sägewerk eingestiegen. Und er versteht eine Menge davon, wie man so einen Holzhandel führt. Es geht richtig aufwärts in der Sägemühle, seit er dort ist. Er sagt, dass die Aufträge nur so hereinflattern. In einer neuen Werkshalle werden jetzt sogar Bauernmöbel hergestellt.«
»Weiß ich doch«, erwiderte Leon. »Benno ist in Ordnung. Er hat tolle Ideen und kann es noch weit bringen. Auch in der Bergwacht gibt er sein Bestes. Wir sind beide immer dabei, wenn etwas passiert. Das ist Ehrensache. Und wir verstehen uns auch gut.«
Er sah sie misstrauisch an.
»Ich hoffe, du hast über dieses Theater, das du inszeniert hast, nichts gesagt?«, wollte er dann wissen. »Mitgekriegt hat er es ja eh. Aber er gehört zu den wenigen, die den Mund gehalten und mich net darauf angesprochen haben.«
»Viel hab ich ihm net gesagt.« Katrin spielte die Beleidigte. »Ich muss ja vorsichtig sein, sonst beschwerst du dich am Ende wieder. Es könnte eventuell auch dahin kommen, dass ein paar Leut uns beide wieder als Paar sehen. Wir treffen uns ziemlich oft unterwegs, du und ich. Das fällt auf. Wenn dann auch noch Benno ins Spiel kommt, ist die Verwirrung komplett.«
»Ach ja? Schön für dich, es ist ja dein Hobby, Verwirrspiele anzuzetteln. Ich bin übrigens net daran interessiert, dich zu treffen, Katrin. Im Gegenteil, wenn ich dich doch irgendwo seh, schlag ich einen Haken und verschwinde um die nächste Ecke.«
Er sah sie verächtlich an.
»Aber du steigst mir nach«, warf er ihr dann vor, »das ist die Wahrheit. Ich merke das schon die ganze Zeit über. Du willst mich zwar für dumm verkaufen, aber ich bin nun mal kein Trottel.«
»Was faselst du denn da!« Katrin wurde erst rot, dann blass. »Wenn ich dich im Dorf sehe, muss ich dann so tun, als ob ich dich net kenne?«
Und schon fing sie wieder an, in ihr Taschentuch zu schluchzen. Es war ein erbarmungswürdiger Anblick, echtes Kino, sorgsam vor dem Spiegel eingeübt. Katrin wusste, wie sie sich in Szene setzen konnte.
Doch Leon ließ sich von ihrer dramatischen Darbietung nicht beeinflussen. Er hatte sie längst durchschaut.
»Ich geh jetzt heim«, blaffte er. »Und du solltest das auch tun. Gib dir keine Mühe mit deiner Mitleidstour. Ich finde dieses Theater einfach nur peinlich.«
»Mir ist schwindlig. Ich falle gleich um.« Jetzt wankte sie wirklich ein bisschen. Ausnahmsweise schien das nicht gespielt zu sein, denn sie war ganz blass um die Nasenspitze.
»Na gut, von mir aus gehen wir zusammen ein Stück, und ich achte darauf, dass du net stolperst«, lenkte er ein. »Du hast mich zwar vor allen Leuten im Dorf blamiert, aber ich will es dir net mit gleicher Münze heimzahlen. Wenn du hinfällst und dir die Knochen brichst, mag ich mir das net auf die Rechnung schreiben.«
Leon sah sie ernst an.