Der Bergdoktor 1928 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1928 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Luisa kann es nicht lassen! - Ein hübsches Madel spielt mit den Herzen der Männer


Luisa Krummenauer hat es faustdick hinter den Ohren! Egal auf welchem Hof die junge Hauserin auch eine Anstellung findet, stets verdreht sie den Männern dort den Kopf. Ernst meint sie es freilich nie - ganz im Gegensatz zu den bezirzten Burschen, die sich gegenseitig die Köpfe einschlagen, um die Gunst der Schönen zu gewinnen.

Sophie Krummenauer betrachtet das leichtfertige Verhalten ihrer Tochter mit Sorge, schließlich verliert Luisa auf diese Weise eine Anstellung nach der anderen. Wird sie denn nie erwachsen werden? Dr. Burgers Vorschlag, Luisa eine Stellung als Hauserin bei dem verbitterten Bergbauern Matthias Hellrieder zu vermitteln, kommt ihr daher gerade recht. Endlich wird Luisa irgendwo ankommen können, denn der geschiedene Einsiedler ist ganz sicher immun gegen Luisas Reize - oder?

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Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Luisa kann es nicht lassen!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6567-2

www.bastei-entertainment.de

Luisa kann es nicht lassen!

Ein hübsches Madel spielt mit den Herzen der Männer

Von Andreas Kufsteiner

Luisa Krummenauer hat es faustdick hinter den Ohren! Egal auf welchem Hof die junge Hauserin auch eine Anstellung findet, stets verdreht sie den Männern dort den Kopf. Ernst meint sie es freilich nie – ganz im Gegensatz zu den bezirzten Burschen, die sich gegenseitig die Köpfe einschlagen, um die Gunst der Schönen zu gewinnen.

Sophie Krummenauer betrachtet das leichtfertige Verhalten ihrer Tochter mit Sorge, schließlich verliert Luisa auf diese Weise eine Anstellung nach der anderen. Wird sie denn nie erwachsen werden? Dr. Burgers Vorschlag, Luisa eine Stellung als Hauserin bei dem verbitterten Bergbauern Matthias Hellrieder zu vermitteln, kommt ihr daher gerade recht. Endlich wird Luisa irgendwo ankommen können, denn der geschiedene Einsiedler ist ganz sicher immun gegen Luisas Reize – oder?

Rund und silbern stand der Vollmond über dem Feldkopf, ungezählte Sterne flimmerten am samtschwarzen, klaren Firmament. Im Holunderbusch schlug eine Nachtigall, und ein leichter Wind trug den Duft der eben erblühten Rosen heran. Es war eine Sommernacht, wie gemacht für zwei verliebte Herzen.

»Mei, Luisa, ist das net schön? So romantisch kann’s in unserem Tal sein. Ich mein fast, das liegt an dir. Hast du vielleicht magische Kräfte, mein schöner Engel?«

Lukas Hagelmoser, Jungbauer auf dem elterlichen Erbhof, war sonst nicht unbedingt ein lyrischer Typ. Er war groß und kräftig, mit breitem Kreuz und Händen, die zupacken konnten. Ohne mit der Wimper zu zucken, mistete er den langen Kuhstall in einem Rutsch aus oder packte vom ersten Sonnenstrahl bis spät in die Nacht bei der großen Ernte mit an.

Er war ein Pragmatiker wie seine beiden Brüder Markus und Julian. Und bislang hatte es noch kein Madel geschafft, ihn einzufangen, wie er das nannte.

Doch seit Luisa Krummenauer auf dem Erbhof als Hauserin angestellt war, hatte sich das gründlich geändert. Das schöne Madel mit den goldblonden Locken und den klaren, himmelblauen Augen hatte Lukas vom ersten Moment an in seinen Bann geschlagen. Seit der Vater sie ihm mit einem wohlwollenden Lächeln vorgestellt hatte, konnte er den Blick nicht mehr von ihr abwenden.

Dass es seinen Brüdern ebenso erging, hatte er nicht bemerkt. Überhaupt gab es für Lukas nur noch Luisa, sie beherrschte sein Denken und Fühlen. Sie brachte ihn dazu, mit offenen Augen zu träumen, Rosen zu verschenken und die Poesie einer Sommernacht zu genießen.

Luisa, Luisa, Luisa – sie war sein Augenstern!

»Ich bin doch nur ein ganz normales Madel«, meinte sie nun gespielt bescheiden und warf ihm dabei einen dermaßen koketten Blick zu, dass ihm gleich der Kragen eng wurde. »Du machst viel zu viele Worte, Lukas. Sei halt lieb, dann ist alles gut!«

Das ließ der Bursche sich nicht zweimal sagen. Nur zu gern nahm er die schlanke Luisa in seine starken Arme und schenkte ihr ein inniges Busserl voller Zärtlichkeit und Verlangen.

Doch als es ihr zu viel wurde, entwand sie sich ihm geschickt.

»Nur net übertreiben, das mag ich net«, tadelte sie ihn.

»Verzeih mir. Es ist nur … ich hab dich halt von Herzen lieb. Hast du net einmal über das nachgedacht, was ich dir heut gesagt hab? Dass wir zwei heiraten sollten?«

»Heiraten?« Luisa wiederholte dieses Wort, als stamme es aus einer ihr unbekannten Fremdsprache. Dann lachte sie perlend und versicherte: »Das wäre net das Rechte. Eine Hauserin ist doch keine Bäuerin. Du musst ein Madel mit Mitgift nehmen.«

»Auf die Mitgift ist gepfiffen!«, warf der Jungbauer sich daraufhin in die Brust. »Ich will nur dich, sonst keine!«

»Mei, Lukas, sei halt vernünftig. Ich bin ein ganz armes Madel. Meine Eltern sind gestorben, als ich noch klein war. Dann haben die Tante Sophie und ihr Mann mich an Kindes statt angenommen. Sie waren allerweil gut zu mir, aber sie hatten gerade genug zum Leben. Daran hat sich bis heut nix geändert. Meine Pflegemama lebt auch auf ihre alten Tage noch von der Hand in den Mund. Deshalb muss ich mir meinen Lebensunterhalt ja selbst verdienen und hab keine Aussicht aufs Einheiraten.«

»Ich biet dir die Einheirat. Lass uns gleich zum Vater gehen!«

»Das wäre falsch – und ich will’s auch net. Der Bauer wird denken, dass ich mich ins gemachte Nest setze. Ich bin zwar arm, aber meinen Stolz hab ich schon auch!«

»Sag mir, was ich machen soll. Ich tu alles, damit wir zwei beisammen sein können«, flehte der liebeskranke Jungbauer da.

Luisa bedachte ihn mit einem tadelnden Blick. Noch ehe sie ihm aber eine Antwort geben konnte, wurde die Lampe über der Haustür eingeschaltet, und im nächsten Moment erschien Markus Hagelmoser. Seine finstere Miene verhieß nichts Gutes.

Lukas’ jüngerer Bruder war ebenso groß und stark wie er. Und er war ebenso verliebt in Luisa …

»Wo kommt ihr zwei denn um diese Zeit noch her?«, raunzte er aufgebracht. »Ich dachte, du bist am Stammtisch, Lukas, das hast du dem Vater zumindest beim Nachtmahl gesagt. Und jetzt erwisch ich dich zu nachtschlafender Zeit mit meinem Madel. Was hat das zu bedeuten?«

»Dein Madel?«, wiederholte Lukas und bekam schmale Augen. »Du träumst wohl! Die Luisa ist meine Liebste, wir werden bald heiraten. Heut hab ich ihr einen Antrag gemacht, dass du es nur weißt!«

»Heiraten? Dich?« Markus lachte bellend auf. »Ich frag mich, wer hier träumt. Aber ich werde dich gleich aufwecken, keine Sorge!«

»Bitte, vertragt euch«, mahnte die junge Hauserin die Brüder, die gerade aufeinander losgehen wollten. »Es ist spät, ihr werdet alle aufwecken.«

»Und wenn schon. Das muss jetzt ausgefochten werden, vorher gibt’s eh keine Ruh«, knurrte Lukas.

Im nächsten Moment fing sein Bruder sich bereits eine Backpfeife ein, ein Kinnhaken folgte, und gleich darauf wälzten die beiden sich auf dem Boden.

Luisa wich den Kämpfenden aus und wollte nach drinnen, aber in der Haustür war nun auch noch Julian erschienen. Der jüngste der drei Brüder legte sorgsam einen Arm um das Madel.

»Ich werde dich vor diesen Grobianen beschützen, mein Herzerl«, versicherte er. »Und ihr Deppen, hört gefälligst auf zu raufen. Ihr werdet noch das ganze Haus rebellisch machen.«

Kurz stutzte Lukas, als er sah, dass Julian sich sehr vertraut mit Luisa benahm. Markus nutzte die Gelegenheit, ihm eins zu verpassen.

»Schau hin, du Blödling, unser Küken macht uns die Luisa abspenstig«, schrie der Jungbauer. »Was sagst du jetzt? Ist denn so was zu fassen?«

»Küken?« Julians Miene verfinsterte sich. »Ich werde euch zeigen, wer da das Küken ist. Und die Luisa, die gehört eh zu mir. Sie hat mich lieb und wird die Meine werden!«

Damit stürzte er sich auf seine beiden Brüder, und sogleich ging die Rauferei munter weiter.

Luisa stand unschlüssig in der Diele. Was sollte sie nur tun?

Dass die Burschen sich ihretwegen rauften, war für sie nichts Neues. Seit sie vom Kind zur Frau erblüht war, konnte sie die Verehrer kaum zählen, die ihr mehr oder weniger heimlich nachstellten. Deshalb blieb sie auch auf keinem Hof und in keinem Haushalt lange.

Überall war es das gleiche Lied. Ihr Liebreiz ließ eben kein Mannsbild und keinen Burschen kalt.

Dass dies auch ihre Schuld war, auf den Gedanken kam Luisa nie. Das Spiel mit Männerherzen war eben ihre ureigenste Natur. Dagegen konnte sie nicht an, ebenso wenig wie die Burschen gegen Luisas unwiderstehliche Anziehungskraft.

»Was ist da los?« Johann Hagelmoser trat aus seinem Arbeitszimmer, wo er noch über Abrechnungen gesessen hatte. Er konnte es kaum glauben, als er einen Blick nach draußen warf und seine Söhne im verbissenen Faustkampf erblickte.

»Ich weiß net, Bauer«, behauptete Luisa harmlos. »Ich war ein bisserl mit dem Lukas spazieren. Und als wir heimkamen, sind die Brüder mit einem Mal wie närrisch aufeinander losgegangen.«

»Das hat gewiss nix mit dir zu tun, gelt?«

»Mit mir? Wie kommst du jetzt auf die Idee?«

Der Altbauer schluckte eine heftige Zurechtweisung herunter. Nicht zum ersten Mal verfluchte er den Tag, an dem er dieses Madel angestellt hatte. Allen Warnungen zum Trotz hatte er Luisa eine Chance geben wollen. Sie war ja schließlich patent, fleißig und eine erstklassische Köchin. Dass sie zugleich eine Männer mordende Circe war, die jedem Burschen in ihrer Nähe so sehr den Schädel verrückte, dass er nicht mehr klar denken konnte, war aber leider auch wahr.

Bislang hatte Johann darüber hinweggesehen, dass sein Großknecht in Luisas Nähe Stielaugen bekam und die Arbeit vergaß – und dass seine drei Buben sich darin übertrafen, dem Madel schönzutun. Aber was sich da nun mitten in der Nacht auf dem Wirtschaftshof abspielte, das konnte der Altbauer nicht einfach so hinnehmen. Etwas musste geschehen!

Zunächst versuchte er, seine Söhne mit Worten zur Vernunft zu bringen, was allerdings unmöglich zu sein schien. Die Drei schlugen dermaßen verbissen aufeinander ein, als ob sie es mit den ärgsten Feinden zu tun hätten. Mit Verstand und Vernunft war da nichts mehr zu gewinnen. Also eilte der Hagelmoser ins Gesindehaus, weckte drei kräftige Knechte und bat sie, seine Söhne mit allen Mitteln zu trennen.

Luisa schaute mit großen Augen zu, wie aus der Rauferei fast eine Massenschlägerei wurde. Schließlich schafften es die Knechte aber mit vereinten Kräften, die schon recht lädierten Hofsöhne auseinanderzubringen.

Und da hockten sie dann nebeneinander auf der Haustreppe: blutend, voller Beulen, zerzaust, mit zerrissenen Hemden und geknicktem Stolz.

Der Altbauer ging mit strenger Miene vor ihnen auf und ab und hielt ihnen eine Gardinenpredigt, die sich gewaschen hatte.

»Ihr geht zum Bergdoktor und lasst euch verarzten«, endete er. »Wir können net riskieren, dass was zurückbleibt, so kurz vor der Ernte. Und ich werde der Luisa kündigen, fristlos!«

Bei dieser Drohung kam wieder Leben in die müden Helden.

»Das kannst du net machen, Vater, die Luisa hat nix verbrochen«, widersprach Lukas dem Altbauern vehement.

»Und zum Doktor gehen wir auch net, wir sind doch keine Madeln«, murrte Markus.

»Hier bestimme immer noch ich!«, brauste der Hagelmoser da auf. »Von mir aus wartet bis morgen in der Früh. Aber dann geht ihr ins Doktorhaus. Ich bring euch, dass das klar ist!«

»Und die Luisa? Du wirst sie doch net entlassen?« Julian schaute den Vater bittend an. »Das kannst du uns net antun.«

Der Alte schüttelte ärgerlich den Kopf.

»Darüber reden wir morgen. Geht jetzt schlafen«, knurrte er dann. »Ich will heut keinen mehr von euch sehen!«

***

Als der Wecker piepste, drehte Martin Burger sich unwillig auf die andere Seite. Seine Frau Sabine stellte den Quälgeist ab und erhob sich leise. Ihr Mann, der Landarzt von St. Christoph, den alle hier nur den »Bergdoktor« nannten, war bis vor zwei Stunden auf dem Angermaier-Hof in Hochbrunn gewesen, wo die Bäuerin von einem strammen Buben entbunden worden war.

Sabine ging ins Bad und kleidete sich an, um die Kinder für Schule und Kindergarten fertig zu machen und Laura, das zweijährige Nesthäkchen, zu versorgen. Dabei achtete sie darauf, ihren Mann nicht zu wecken, denn der hatte den Schlaf bitter nötig.

Es war freilich keine Seltenheit, dass Dr. Burger nach Sprechstunde und Hausbesuchen auch noch in der Nacht zu einem Notfall oder einer Geburt gerufen wurde. Und er kam immer, denn die Patienten standen für den Mediziner mit Leib und Seele stets an erster Stelle.

Drunten in der Küche werkelte die altgediente Hauserin Zenzi Bachhuber bereits fleißig. Die Zenzi war nun seit mehr als vierzig Jahren im Doktorhaus und gehörte sozusagen zur Familie.

Als Pankraz Burger, Martins Vater, vor der Zeit Witwer geworden war, hatte sie sich des mutterlosen Buben angenommen und den Haushalt im Doktorhaus in Schwung gehalten.

Auch heute bestand noch eine besondere Verbindung zwischen der Zenzi und dem jetzigen Dr. Burger. Sie sah noch den Buben in ihm, an dem sie Mutterstelle vertreten hatte. Und sie war ebenso stolz wie eine Mutter, wenn sie erlebte, wie die Menschen im Zillertal ihren Doktor respektierten, ihm vertrauten und wie hoch sie ihn schätzten.

»Schläft der Doktor noch? Es war spät, gelt?«, meinte sie nun, und Sabine nickte. »Ich hab keinen rechten Schlaf finden können, der Rücken hat mir wieder so wehgetan.«

»Hast du deine Tabletten net genommen?«

»Ich hab’s vergessen.« Zenzi seufzte. »Sei mir net bös, Sabine, ich weiß, du meinst es gut. Aber wenn ich die schlucke, dann komm ich mir so alt und gebrechlich vor.« Sie hob die Schultern. »Deppert, gelt?«

»Ich versteh dich schon. Trotzdem tut es net gut, wenn du die ganze Nacht wach liegst vor Schmerzen. Vielleicht sollte ich dich nachher einreiben, was meinst du?« Sabine wusste, wovon sie sprach, denn sie war selbst Medizinerin.

Zenzi nickte. »Dafür wär ich dir wirklich dankbar.«

»Schön, dann machen wir es so. Aber jetzt muss ich mich um die Kinder kümmern.« Sabine verließ die Küche, um Tessa, die Älteste, und ihren jüngeren Bruder Philipp zu wecken.

Nachdem sie die kleine Laura gewickelt hatte, versammelte sich die Familie im Esszimmer um den Tisch.

Pankraz Burger, der Senior im Haus, hatte bereits eine Gassirunde mit Dackel Poldi hinter sich und einen rechten Kaffeedurst. Tessa las etwas, während ihr Bruder, den alle Filli nannten, schon sein Müsli in Angriff genommen hatte.

Als Zenzi den Kaffee brachte, erschien auch Martin Burger.

»Guten Morgen, allerseits«, grüßte er in die Runde. »Guten Morgen, mein Schatz.«

Der hochgewachsene, dunkelhaarige Mediziner schenkte seiner Frau ein zartes Busserl und setzte sich dann neben sie an den Frühstückstisch.

Sabine bedachte ihn mit einem tadelnden Blick.

»Warum bist du schon aufgestanden, Martin? Du hattest kaum Schlaf. Das ist ungesund«, mahnte sie ihn.

»Papa sieht aber ganz gesund aus«, meinte Filli.

»Gesünder als du jedenfalls, du Zwerg«, versetzte seine Schwester, woraufhin er sie in die Seite knuffte.

»Seid friedlich, ihr beiden«, bat Martin. »Ich bin wirklich noch nicht ganz fit. Aber ich kann ja auch nicht den ganzen Tag im Bett liegen bleiben, während das Wartezimmer sich füllt und eine Liste mit Hausbesuchen abgearbeitet werden will.«

»Dein Pflichtbewusstsein ist bewundernswert, Bub«, lobte Pankraz. »Trotzdem muss ich Sabine recht geben. Es ist ja net so, dass du in diesem Haus der einzige Doktor bist.«

Obwohl Pankraz bereits in den Siebzigern war, hielt er sich mit der Lektüre medizinischer Fachblätter auf dem neuesten Stand der Wissenschaft und sprang immer gerne ein, wenn Not am Mann war.

Martin wusste das zu schätzen. Und er wusste auch, dass seine Frau ihn jederzeit in der Sprechstunde vertreten konnte. An diesem Morgen war allerdings eine Patientin angemeldet, mit der er lieber persönlich reden wollte.

»Nachher kommt die Sophie Krummenauer. Ihr wisst ja, sie bringt allerweil ein Sorgenpackerl mit, das sie am liebsten mir anvertraut. Und ich mag sie net im Stich lassen.«