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Frei sein kann ich nur hier - Marianne entscheidet sich für ihre Heimat - und ihre Liebe!
Vom quirligen München zurück aufs Land? Ein Albtraum für die lebenslustige Marianne! Sie hat große Träume und ist fest entschlossen, sich in der Stadt etwas aufzubauen. Leider ist das schwerer gesagt als getan: Beruflich tritt sie auf der Stelle. Und die Schwärmerei für ihren Chef scheint unerwidert zu bleiben. Da lädt dieser sie zu einem Abendessen ein. Mariannes Herz klopft wild und träumerisch. Empfindet er etwas für sie? Oder möchte er ihr die heiß ersehnte Beförderung zukommen lassen? Sie kann das Treffen kaum erwarten!
Doch am Tag vor der Verabredung erreicht Marianne ein Hilferuf aus der Heimat. Ihr Bruder fleht sie verzweifelt an, umgehend heim nach St. Christoph zu kommen ...
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Frei sein kann ich nur hier
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-6764-5
www.bastei-entertainment.de
Frei sein kann ich nur hier
Marianne entscheidet sich für ihre Heimat – und ihre Liebe!
Von Andreas Kufsteiner
Vom quirligen München zurück aufs Land? Ein Albtraum für die lebenslustige Marianne! Sie hat große Träume und ist fest entschlossen, sich in der Stadt etwas aufzubauen. Leider ist das schwerer gesagt als getan: Beruflich tritt sie auf der Stelle. Und die Schwärmerei für ihren Chef scheint unerwidert zu bleiben. Da lädt dieser sie zu einem Abendessen ein. Mariannes Herz klopft wild und träumerisch. Empfindet er etwas für sie? Oder möchte er ihr die heiß ersehnte Beförderung zukommen lassen? Sie kann das Treffen kaum erwarten!
Doch am Tag vor der Verabredung erreicht Marianne ein Hilferuf aus der Heimat. Ihr Bruder fleht sie verzweifelt an, umgehend heim nach St. Christoph zu kommen …
Wer jemals einen Sommer im Zillertal verbracht hat, wird ihn nie vergessen. Fest und unverbrüchlich bewachen hohe Berge die Region. Kristallklare Flüsse mäandern an den Bergdörfern vorüber, und der milde Sommerwind bringt den Duft von frisch gemähten Wiesen mit.
Ein Netz aus zahlreichen Wanderwegen zieht sich durch die höheren Regionen. Je weiter man voranschreitet, umso mehr scheinen alle Grenzen und Sorgen zu schrumpfen, bis sie so klein werden wie die Höfe unten im Tal. Ein wunderbares Gefühl von Freiheit ist es, wenn man seinem Gefühl vertrauend den Wegen folgen kann. Links oder rechts? Allein das Herz entscheidet, und jeder Pfad bietet neue, zauberhafte Eindrücke.
Auch Marianne Fink stand an einem Scheideweg ihres Lebens. Allerdings ahnte sie das noch nicht, als sie an diesem Abend ungeduldig in ihrem Zimmer auf und ab trippelte und auf das vertraute Geräusch des Fernsehers nebenan wartete, das verriet, dass ihre Eltern das Tagwerk beendet hatten und sich den Nachrichten zuwandten.
Marianne – oder Anni, wie sie von ihren Freundinnen in der Schule genannt wurde – wusste, dass sie eigentlich ihre Hausaufgaben machen sollte. Doch das Lernen fiel ihr leicht, sie würde später die Vokabeln für den Englisch-Test wiederholen.
Vorher war sie mit ihrem Freund verabredet. Erik wollte an der verabredeten Stelle auf sie warten, und sie konnte es kaum erwarten, ihn zu sehen.
Da! Die Melodie der Nachrichtensendung! Jetzt würden ihre Eltern sie nicht vermissen, wenn sie eine Weile verschwand.
Leise verließ sie ihr Zimmer. Die Tür zum Kinderzimmer nebenan stand offen. Ihr zweijähriger Bruder saß in seinem Gitterbett und spielte mit seinen Zehen. Ein bunter Zoo aus Plüschtieren leistete ihm Gesellschaft.
Felix war das Nesthäkchen der Familie. Als er sich angemeldet hatte, hatte ihre Mutter zunächst geglaubt, sie würde frühzeitig in die Wechseljahre kommen, weil ihre Periode ausgeblieben war. Doch dann hatte der Bergdoktor ihr zu ihrer Schwangerschaft gratuliert. Die Verblüffung ihrer Eltern war groß gewesen.
Felix machte kugelrunde Augen und quietschte, als er Marianne bemerkte. Sie legte einen Finger an die Lippen.
»Spiel schön weiter«, flüsterte sie. Dann huschte sie auf Zehenspitzen, ihre Sandalen in der Hand, lautlos die Treppe hinunter. Die zweite Stufe von oben ließ sie aus, die knarrte immer. Leise, leise, damit die Eltern sie in der Wohnstube ja nicht hörten, öffnete sie die Haustür und schlüpfte hinaus.
Geschafft!
Draußen wehte ihr das helle Läuten der Kuhglocken entgegen. Die Herde graste ein Stück den Hang hinauf, hinter dem Bauernhaus. Auf dem handgeschnitzten Schild neben dem Stall stand zu lesen: Finken-Hof. Täglich frische Milch. Darunter war ein weiteres Schild angebracht: Honig aus eigener Imkerei.
Die Bienen waren das Steckenpferd ihres Vaters. Anton Fink hegte all seine Tiere voller Hingabe. Nicht nur die Kühe und Bienen, sondern auch die Katzen, die sich hin und wieder zu ihnen auf den Hof verirrten.
Schon so mancher Streuner hatte bei ihnen ein neues Zuhause gefunden. Wie Mimo, die kleine orangefarbene Katze, die kaum größer als eine Handvoll gewesen war, als Anton sie am Bach gefunden hatte. Blutend und misstrauisch, weil ihr noch nicht viel Gutes in ihrem Leben widerfahren war. Sie hatte ein verletztes Auge und zahlreiche blutende Wunden gehabt. Vermutlich von einem Hund verursacht. Genau wussten sie es nicht.
Anton hatte sie gesund gepflegt. Inzwischen war sie ein lieber Wildfang, der sich auf dem Hof wie zu Hause fühlte. Ihr verletztes Auge war nicht zu retten gewesen, aber das behinderte sie kaum bei der Mäusejagd. Maunzend strich Mimo um Mariannes Beine.
»Verrat mich net«, wisperte Marianne und nahm sich die Zeit, das Kätzchen zu kraulen, ehe sie sich wieder aufrichtete und ihre Sandalen überstreifte.
Dann eilte sie zu ihrer Verabredung. Sie musste den schmalen Pfad zwischen den Wiesen hinunter zum Ufer des Mühlbachs laufen. Unter den Weiden wartete Erik auf sie. Es war ihre Lieblingsstelle. Flache Steine gab es da, auf denen man wunderbar sitzen und sich unterhalten oder Musik hören konnte. Manchmal setzte sich Marianne auch allein mit einem Buch in den Schatten der Weiden. Sie liebte den Frieden hier am Bach.
Ihr Herz klopfte wild und aufgeregt, während sie mit langen Schritten hangabwärts lief.
Erik war ihr erster richtiger Freund. Mit seinen neunzehn Jahren war er zwei Jahre älter als sie und hatte die Matura bereits bestanden. Er wusste genau, was er wollte. Das gefiel ihr. Ebenso wie sein warmes Lachen, das sie immer ein wenig an ein Lagerfeuer erinnerte, weil es sie von innen wärmte.
Eriks Eltern gehörte der Bauernhof nebenan. Sie kannten einander schon von klein auf. Verliebt hatten sie sich im letzten Winter beim Skifahren. Marianne war aus Versehen in ihn hineingefahren. Sie waren zusammen durch den Schnee gepurzelt, und in dem Flockenwirbel hatte sie tief in seine waldseeblauen Augen geblickt – es war, als hätte sie ihn zum ersten Mal gesehen. Wie nah sie sich damals gewesen waren … Ihr Herz machte einen glücklichen Satz, als sie daran zurückdachte.
Ihre Eltern mochten Erik, fanden allerdings, sie sollten es langsam angehen lassen. Immerhin waren sie beide noch jung und hatten viel Zeit. Diese Ansicht teilte Marianne jedoch nicht. Sie hätte am liebsten jede freie Minute mit ihrem Schatz verbracht.
Endlich tauchten die Weiden vor ihr auf. Marianne zwang sich, langsamer zu gehen, aber dann machten sich ihre Füße selbstständig und flogen ihrem Schatz entgegen, der unter den Bäumen bereits auf sie wartete.
Mit seiner großen, kräftigen Statur und den funkelnden Augen war Erik ihr Traummann. Sie malte sich bereits aus, wie sie beide heiraten und die Höfe ihrer Eltern zusammenlegen würden. Zwischen ihnen passte einfach alles. Und das machte Marianne überglücklich.
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm ein Busserl.
»Hallo! Wartest du schon lange auf mich?«
»Net lange.«
»Das ist gut. Ich musste erst warten, bis die Eltern beim Fernsehen sitzen, ehe ich gehen konnte.«
»Wollten sie dich etwa net weglassen? Warum denn net?«
»Weil ich morgen einen Englisch-Test schreibe. Sie finden, ich sollte lieber lernen und net abends noch einmal weggehen.«
»Damit haben sie recht, denkst du net?«
»Schon, aber ich kann nachher immer noch lernen.« Marianne bemerkte seinen bekümmerten Blick und glaubte, er würde sich Sorgen wegen ihrer Noten machen, deshalb fügte sie hinzu: »Ich beherrsche die meisten Vokabeln im Schlaf. Sicherheitshalber schaue ich sie mir nachher noch einmal an.«
»Das ist gut.« Erik fuhr sich durch die dunklen Haare und wirkte seltsam abwesend.
»Wo bist du denn mit deinen Gedanken?« Marianne zog ihn an der Hand mit sich zu einem der großen, flachen Steine am Bachufer und bat: »Erzähl mir, was dich beschäftigt.«
»Ach, das ist eine ganze Menge.«
»Ich bin ganz Ohr.« Sie zwinkerte ihm zu.
»Mein Vater hat heute einen neuen Traktor für den Hof bestellt.«
»Wirklich? Das ist toll. Wir bräuchten auch einen neuen. Unser Traktor wurde vermutlich schon zu Napoleons Zeiten zusammengeschraubt. Oder jedenfalls beinahe. Ein neuer Traktor wird euch die Arbeit erleichtern, oder?«
»Schon möglich.«
»Du wirkst net sehr erfreut. Dabei erinnere ich mich, dass du im letzten Sommer öfters mit dem Traktor liegen geblieben bist und vom Feld heimlaufen musstest. Damals hast du geschimpft wie ein Rohrspatz. Mit dem neuen wird das nimmer passieren.«
»Das stimmt schon.« Erik wich ihrem Blick aus und starrte auf das dunkle Wasser des Bachs.
Ein flaues Gefühl schlich sich in ihr Herz.
»Etwas bedrückt dich, nicht wahr?« Marianne legte ihre Hand auf seine. »Magst du mir net erzählen, was es ist?«
»Ich … ach, das würdest du net verstehen.«
»Warum denn net?«
»Weil ich mich ja selber net verstehe.«
»Nun kriege ich richtig Angst.« Unsicher sah sie zu ihm auf. »Was ist denn los, Erik?«
»Ich … ich möchte einfach mehr als das, weißt du?«
»Mehr als was?«
»Mehr als den Hof und die tägliche Arbeit im Stall. Ich erledige jeden Tag dieselben Handgriffe, kümmere mich um die Tiere und die Wiesen, tagein, tagaus. Und wenn alles so läuft, wie meine Eltern es geplant haben, werde ich den Hof in ein paar Jahren übernehmen und verbringe den Rest meines Lebens zwischen Stall und Wiesen«, brach es aus ihm heraus, als wäre ein Damm gebrochen.
»Was ist daran denn so schlimm? Das ist ein gutes Leben.«
»Aber so vorhersehbar. Ich bin neunzehn und will net jetzt schon den Rest meines Lebens vorausplanen. Ich möchte die Möglichkeiten haben, neue Wege zu gehen und Dinge zu versuchen, die ich bisher net versucht hab.«
»Was denn für Dinge?«
»Ich möchte mich zum Tanzlehrer ausbilden lassen!«
»Du … willst … was?« Entgeistert sah Marianne ihren Freund an, nicht sicher, ob er sie gerade auf den Arm nahm oder nicht. »Aber wie denn? Und wo? Und warum?«
»Weil ich es möchte. Dieser Plan geistert mir schon lange im Kopf herum. Nun bietet ein Bekannter in Hamburg eine Ausbildung zum Tanzlehrer an. Das will ich machen. Oder nein, das muss ich machen. Verstehst du das, Anni?« Flehend sah er sie an.
»Hamburg?«, echote sie und schnappte nach Luft. »Aber das ist ein ganzes Land weit weg! Du willst wirklich von hier wegziehen? Nach Hamburg?«
»Zumindest für eine Weile, ja.«
In Mariannes Kopf drehte sich alles. Diese Neuigkeit war ein Schock für sie.
»Was sagen deine Eltern dazu?«
»Sie sind von meinem Plan alles andere als begeistert. Sie finden, ein Bauer gehört auf seinen Hof und sonst gar nix.«
»Und du denkst das net?«
»Doch, aber ich möchte auch meiner Sehnsucht folgen.« Erik sah sie unsicher an. »Du verstehst es net, oder?«
»Ich möchte es gern verstehen. Was ist denn mit uns? Wir werden uns nimmer sehen können, wenn du nach Hamburg ziehst, oder doch? Das ist so weit weg, und wir haben beide noch kein Auto. Wie wollen wir das denn machen?«
»Gar net«, gab Erik rau zurück. »Es tut mir leid, ehrlich, aber ich bin noch net bereit für eine feste Beziehung.«
»Was sagst du da?«, flüsterte sie.
»Wir beide sind zu jung, um uns schon fest zu binden. Findest du das net auch? Man muss sich seine Träume erfüllen, solange man kann, sonst sind sie irgendwann zu lange her, und man bereut nur noch, was man verpasst hat. Dann fühlt man nix mehr als Bitterkeit. Das will ich net erleben müssen.«
Marianne wollte etwas erwidern, aber sie konnte es nicht. Erik machte Schluss mit ihr? Er wollte seinen Träumen folgen. Aber was war mit ihren Träumen? Fragte er danach gar nicht? Ungläubig sah sie ihn an.
»Erik?«
»Es tut mir wirklich leid, Anni.«
»Du willst das also machen?« Sein bekümmerter Blick verriet ihr alles, was sie wissen musste. Zutiefst verletzt sprang sie auf und funkelte ihn an. »Dann geh!«, rief sie. »Ich brauche dich net!« Sie wirbelte herum und lief davon, damit er die Tränen nicht sah, die ihr nun aus den Augen stürzten.
Ich bin ihm net genug, pochte es hinter ihren Schläfen, sonst würde er mich net verlassen. Ich bin net interessant genug für ihn. Oh, ich hoffe, ich muss ihn niemals wiedersehen!
***
Zehn Jahre später
Oh, mein Kopf zerspringt gleich. Wo soll ich diesen Termin noch unterbringen? Der Kalender des Chefs ist brechend voll …
»Erde an Marianne, Erde an Marianne.«
»Hm?« Marianne blickte von ihrem Computer hoch und direkt in das sommersprossige Gesicht ihrer Kollegin. Nele hatte ihr Büro-Outfit, schwarze Hose und weiße Bluse, bereits gegen ein luftiges meerblaues Sommerkleid mit Fransen ausgetauscht. Ihre kurzen Haare waren rosablond gefärbt und passten gut zu dem verschmitzten Funkeln in ihren Augen.
»Du warst gerade meilenweit weg, oder?«
»Gerade ist eine Anfrage hereingekommen. Ein Interessent möchte eine Werksbesichtigung machen. An sich wäre es kein Problem, ein passendes Zeitfenster zu finden, aber er will innerhalb der nächsten drei Tage kommen, und der Chef ist schon mehr als beschäftigt. Wir dürfen einen zukünftigen Kunden aber auch net vor den Kopf stoßen und absagen.« Ratlos starrte Marianne den Kalender an.
»Übernimm die Führung doch einfach selbst. Du weißt alles, was es zu wissen gibt, und kannst dem Besucher seine Fragen allesamt beantworten.«
»Das geht net. Er hat ausdrücklich nach dem Chef gefragt. Ich könnte höchstens seine Besprechung mit den Handwerkern übernehmen, die die Fassade der Firma neu gestalten sollen. Dann hätte er eine halbe Stunde frei für die Führung.«
»Siehst du, für jedes Problem findet sich eine Lösung.« Nele zwinkerte ihr zu. »Machst du jetzt auch Schluss? Dann können wir zusammen zum Zumba gehen.«
»Daraus wird leider nichts. Ich hab noch Unmengen zu tun.«
»Wolltest du das Tanzen net mal ausprobieren?«
»Ja, aber ich komme hier noch net weg.« Marianne sah ihre Kollegin bedauernd an. Dabei erhaschte sie einen Blick auf ihre Reflexion in der Fensterscheibe ihres Büros.
Ihre dunklen Haare waren zu einem praktischen Bob geschnitten, der morgens nicht viel Zeit zum Stylen brauchte. Sie hatte eine weiße Bluse und einen dunkelblauen Rock an. Ihr Make-up war so dezent, dass es praktisch unsichtbar war. Die einzige Extravaganz bei ihrem Äußeren waren die silbernen Ohrringe in der Form eines Kussmundes, die Nele ihr geschenkt hatte.
»Zumba macht Spaß«, lockte Nele sie. »Komm doch mit. Man kann die Arbeit dabei wunderbar vergessen. Außerdem ist es schon spät. Längst Feierabend. Wenn du noch mehr Überstunden ansammelst, brauchst du einen Monat net zur Arbeit zu kommen.«
»Schön wär’s. Tut mir leid. Mir geht viel zu viel im Kopf herum. Ich komme ein anderes Mal mit, ja?«
Nele kommentierte ihre Worte mit verdrehten Augen.
»Wie du meinst. Du solltest dir wirklich einmal etwas Schönes gönnen. Oder willst du ewig mit dem Beruf verheiratet sein?«
Marianne schüttelte den Kopf und biss die Lippen zusammen, damit ihr kein sehnsüchtiges Seufzen entfuhr. Natürlich sehnte sie sich nach einem Partner, nach Liebe und einer Beziehung, aber momentan stand ihr Beruf für sie an erster Stelle. Sie wollte unbedingt Karriere machen! Leider trat sie dabei seit Monaten auf der Stelle.
Kürzlich war die Stelle der Assistentin der Geschäftsleitung frei geworden. Marianne hatte sich Hoffnungen auf die Beförderung gemacht, aber am Ende hatte ihre Kollegin Renate den begehrten Karrieresprung gemacht. Renate konnte einen Masterabschluss sowie Kenntnisse in mehreren Sprachen nachweisen.
Nun entfuhr Marianne doch ein Seufzen.
Auf ihrem Schreibtisch stapelten sich Papiere, Briefe und Listen. Sie bemühte sich, Ordnung zu halten, aber sobald ein Dokument abgearbeitet war, trafen zwei neue ein. Es war ein schier aussichtsloser Kampf.
Ihren Kollegen erging es nicht anders, aber Nele blieb angesichts der Arbeitsberge gelassen und erklärte immer: Wenn noch Arbeit auf dem Schreibtisch liegt, weiß man, dass man gebraucht wird.
So entspannt konnte Marianne das nicht sehen. Sie selbst wurde von den unerledigten Dingen manchmal bis in die Nacht hinein und bis in ihre Albträume verfolgt.
Ihre Kollegin erspähte ein Schreiben, das Marianne vor wenigen Stunden ausgefüllt, aber noch nicht abgeschickt hatte.