Der Bergdoktor 1941 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1941 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Entfremdet - Als Andreas nach St. Christoph zurückkehrte, hatte Marie ihm nichts mehr zu sagen


Fünf Jahre hat Andreas Obermaier in der Fremde verbracht, um die Schulden seines Vaters bezahlen zu können und den heimischen Gutshof zu retten. Während all der Zeit hat er nicht aufgehört, an sein Madel daheim zu denken: die hübsche Marie Sattler. Dass sie ihn allerdings auch noch in ihrem Herzen trägt, daran zweifelt er stark. Immerhin bleiben seine Briefe unbeantwortet, und ans Telefon geht sie schon lang nicht mehr.

Doch nun ist endlich der Tag gekommen, an dem Andreas wieder nach Hause kann. Heim ins schöne St. Christoph, heim zu seiner Liebsten. Am Bahnhof erwartet ihn der treue Knecht Hias. Aber der hat leider gar keine guten Neuigkeiten für Andreas: Marie hat sich mit einem anderen verlobt - ausgerechnet mit seinem Erzfeind Florian Kreuztaler. Wie hat es nur so weit kommen können? Und ist wirklich unwiderruflich alles verloren?

***

Im schönen Zillertal lebt und wirkt der Mann, den Millionen Leser und Fernsehzuschauer seit Jahren lieben: Dr. Martin Burger - Der Bergdoktor. Ein Mann, dessen persönliches Schicksal ihn empfänglich gemacht hat für die Probleme und das Leid seiner Mitmenschen. Ein Arzt, der stets bereit ist, das Äußerste für seine Patienten zu wagen. Das idyllische Dorf St. Christoph dient als Kulisse für die spannenden Geschichten. Hier ist Dr. Martin Burger eine soziale und moralische Instanz - ein aufrechter, geradliniger Charakter, der alle guten traditionellen Werte in sich vereinigt und selbstlos danach handelt.

Mit inzwischen über 1800 Folgen, einer Gesamtauflage von über 55 Millionen Exemplaren und einer gleichnamigen TV-Serie hat "Der Bergdoktor" längst den Gipfel der Berg- und Heimatromane erklommen. Eine echte Erfolgsserie!

Jede Woche erscheint eine neue Folge.
Jede Folge ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Folgen der Serie gelesen werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Entfremdet

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-7167-3

www.bastei-entertainment.de

Entfremdet

Als Andreas nach St. Christoph zurückkehrte, hatte Marie ihm nichts mehr zu sagen

Von Andreas Kufsteiner

Fünf Jahre hat Andreas Obermaier in der Fremde verbracht, um die Schulden seines Vaters bezahlen zu können und den heimischen Gutshof zu retten. Während all der Zeit hat er nicht aufgehört, an sein Madel daheim zu denken: die hübsche Marie Sattler. Dass sie ihn allerdings auch noch in ihrem Herzen trägt, daran zweifelt er stark. Immerhin bleiben seine Briefe unbeantwortet, und ans Telefon geht sie schon lang nicht mehr.

Doch nun ist endlich der Tag gekommen, an dem Andreas wieder nach Hause kann. Heim ins schöne St. Christoph, heim zu seiner Liebsten. Am Bahnhof erwartet ihn der treue Knecht Hias. Aber der hat leider gar keine guten Neuigkeiten für Andreas: Marie hat sich mit einem anderen verlobt – ausgerechnet mit seinem Erzfeind Florian Kreuztaler. Wie hat es nur so weit kommen können? Und ist wirklich unwiderruflich alles verloren?

Die Bachhuber-Zenzi betrachtete nachdenklich die beiden großen Erntekörbe voller tiefblauer Pflaumen. Am Vortag hatte die ganze Familie Burger fleißig beim Ernten geholfen, und nun stand die süß duftende Pracht in der Speisekammer und wartete aufs Weiterverarbeiten.

Nun, nicht wirklich alle Burgers hatten dazu beigetragen, dass die Erntekörbe sich füllten … freilich Dr. Martin Burger, der Bergdoktor von St. Christoph, und seine Frau Sabine. Auch Martins Vater Pankraz hatte mit angepackt, ebenso wie die neunjährige Tessa und ihr fünf Jahre alter Bruder Philipp, den alle nur Filli riefen. Allerdings hatte die kleine Laura, das zweijährige Nesthäkchen der Familie, die süßen Früchte lieber in ihr Mündchen gesteckt und damit ihr Kleidchen »verziert«.

Zenzi fragte sich, ob die Flecken wohl wieder aus dem Stoff herausgehen würden. Wenn nicht, musste die altgediente Hauserin, die nun an die vierzig Jahre im Doktorhaus lebte und wirkte, eines ihrer Hausmittel zum Einsatz bringen.

»Soda oder Seifenkraut«, sinnierte sie.

»Ich glaube, ein Datschi würde besser schmecken«, scherzte da Sabine Burger hinter ihr. »Und natürlich Marmelade.«

Zenzi wandte sich um und lächelte, wodurch ihr herbes Gesicht mit dem strengen Haarknoten gleich viel jünger wirkte.

»Guten Morgen, Sabine. Du bist heut aber früh auf den Beinen.«

»Ich war schon eine Runde joggen. Jetzt ist das ideale Wetter dafür«, ließ die hübsche Blondine mit den warmen, rehbraunen Augen sie wissen.

Tatsächlich hatte der September nach der langen Sommerhitze angenehme Tage ins Zillertal gebracht. Ein blassblauer Himmel und die schon recht frische Morgenluft kündigten allmählich die dritte Jahreszeit an.

»Kann ich was helfen?«, bot die Arztfrau praktisch an.

»Das Frühstück hab ich bereits gerichtet, nur der Kaffee will noch gebrüht werden, wenn du magst …«

Sabine schnappte sich Kaffeekanne und Filter, während Zenzi einen aufmerksamen Blick in ihr Rezeptbuch warf.

»Was hast du denn Geheimnisvolles vor mit den Zwetschgen?«, wollte Sabine neugierig wissen. »Du weißt schon, dass alle, besonders der Pankraz, auf deinen berühmten Datschi warten …«

»Einen Datschi gibt’s freilich«, gestand Zenzi ihr zu. »Aber ich will auch mal was anderes machen. Vielleicht ein Chutney mit Gemüse und Früchten, süßsauer. Das soll sehr fein sein zum Sonntagsbraten.«

»Keine schlechte Idee. Darf ich denn helfen?« Sabine Burger war Ärztin aus Leidenschaft, aber ebenso sehr liebte sie das Backen und Kochen. Zusammen mit Zenzi in Haus und Garten zu werkeln, das kam der bodenständigen Sabine entgegen.

»Freilich, auf deine Hilfe möchte ich net verzichten.«

»Das ist lieb von dir. So, der Kaffee ist fertig, dann deck ich geschwind den Tisch. Und hernach wird’s auch schon Zeit, die Kinder zu wecken.« Sie schnappte sich das voll beladene Tablett und eilte aus der Küche.

Zenzi schaute ihr wohlwollend hinterher. Mit Sabine hatte das Glück seinerzeit im Doktorhaus endlich wieder Einzug gehalten. »Ihr« Doktor, den sie lieb hatte wie einen Sohn, hatte Schweres durchgemacht, bis die Liebe wieder in sein Leben getreten war.

Martin Burger hatte nämlich als junger Arzt in der Ausbildung seine einstige Jugendliebe Christel geheiratet. Nach nur einem Jahr Ehe war diese bei der Geburt des ersten Kindes an schweren Komplikationen gestorben und hatte das Kleine mit sich genommen.

Dieser harte Schicksalsschlag hatte Martin bewogen, Tirol zu verlassen, um an einer Münchner Klinik zu arbeiten. Er hatte sich weitergebildet, seinen Facharzt als Unfallchirurg gemacht und über Jahre nur für seinen Beruf gelebt.

Irgendwann aber hatte das Heimweh ihn zurück ins Zillertal geführt. Pankraz war in die Jahre gekommen, und im Doktorhaus von St. Christoph hatte ein Generationswechsel angestanden.

Nach einer gründlichen Renovierung hatte Martin dann die Praxis übernommen und sich bald den Respekt und die Anerkennung seiner Mitmenschen im Tal erworben. Lange Jahre hatte er nur für seine Patienten gelebt. Die Liebe hatte keine Rolle mehr in seinem Dasein gespielt …

… bis er der zauberhaften jungen Kollegin Dr. Sabine Rodenwald im Haus ihrer Tante Rika in St. Christoph begegnet war. Für beide war diese Begegnung schicksalhaft gewesen. Die berühmte Liebe auf den ersten Blick hatte ihre Herzen so fest miteinander verbunden, dass nichts mehr sie trennen konnte.

Martin und Sabine führten inzwischen eine überaus glückliche Ehe, die von drei munteren Kindern gekrönt wurde.

Zenzi seufzte leise. Wenn sie an die Vergangenheit dachte – an den frühen Tod von Pankraz’ Frau, an den mutterlosen Buben, dem sie nach Kräften das Fehlende zu ersetzen versucht hatte –, so schien es fast, als ob die Dinge sich wiederholt hätten. Beide Ärzte, leidenschaftliche Mediziner, die ihr Leben dem Helfen und Heilen verschrieben hatten, hatten eine Tragödie durchleiden, einen geliebten Menschen vor der Zeit hergeben müssen.

Glücklicherweise hatte Martin Sabine gefunden und war wieder glücklich geworden. Und auch Pankraz hatte sich sein Leben im Ruhestand so eingerichtet, dass er zufrieden sein konnte.

Mit Ende siebzig war er noch geistig rege, las aktuelle medizinische Publikationen und arbeitete zudem an einer Chronik des Zillertals. Regelmäßig hielt er im Heimatverein Vorträge über seine Fortschritte und hatte dafür schon viel Anerkennung erhalten.

Ob er nun in seinem Kabinettl neben der guten Stube in dicken Wälzern schmökerte oder in Sachen Heimatforschung unterwegs war, Poldi, der Familiendackel, war stets dabei. Die treue Seele hing besonders am Senior.

Zenzi legte ihr Rezeptbuch entschlossen weg.

Genug geträumt!, dachte sie. In der Vorratskammer wartet Arbeit auf mich. Frisch ans Werk!

Und wenn die rührige Hauserin genauer darüber nachdachte, so war dies gewiss nicht die einzige Arbeit, die sie an diesem Tag erledigen musste …

***

Sabine atmete auf, als Tessa und Filli wenig später zu Schule und Kindergarten aufbrachen und die kleine Laura frisch gewickelt war. Nun konnte sie noch eine Viertelstunde in aller Ruhe mit Mann und Schwiegervater bei einem Haferl Kaffee sitzen.

»Er müsste längst in den Ruhestand gehen. Eine Kur würde gewiss auch helfen. Aber von alldem will der Hias nix wissen, bis der Andreas wieder daheim ist.«

Sabine schenkte Kaffee nach.

»Von wem ist denn die Rede?«, wollte sie dabei wissen. Alle drei Ärzte im Doktorhaus interessierten sich in gleichem Maße für die Patienten und ihre Probleme.

Martin Burger hatte das große Glück, in Sabine nicht nur eine verständnisvolle Frau, sondern auch eine ebenso engagierte Kollegin gefunden zu haben, die ihn in allem unterstützte. Die drei Burgers zogen stets an einem Strang, ganz besonders, wenn es darum ging, zu helfen.

»Wir reden grad vom alten Hias Zirzler, droben auf dem Obermaier-Hof. Das Rheuma macht ihm arg zu schaffen. Er nimmt zwar die Medikamente, die ich ihm verschreibe, aber den Hof allein in Schuss zu halten, das ist einfach zu viel für ihn. Ganz zu schweigen von all dem Ärger, den der Kreuztaler ihm ständig macht.«

Sabine setzte sich. »Was ist das eigentlich für eine Geschichte mit dem jungen Obermaier? Sein Vater war doch Patient bei uns, net wahr? Ehrlich gesagt blick ich da net ganz durch.«

»Der Georg Obermaier war ein sturer Hund. Er hatte eine Menge Geheimnisse, aber seinem Sohn hat er den Harmlosen vorgespielt«, wusste Pankraz. »Als er plötzlich starb, ist alles ans Licht gekommen. Da hatte der Andreas gewiss keine Freud.«

»Der alte Obermaier litt unter Hypertonie. Ich hab ihn behandelt und ihn medikamentös so eingestellt, dass er halbwegs normal hätte leben können – wenn er denn die Medikamente regelmäßig eingenommen hätte«, ergänzte Martin.

»Wieso hat er das net? Hing er denn nicht am Leben?«, wunderte sich Sabine.

»Er war ein notorischer Spieler«, erklärte ihr Mann. »Der Hias hat ihn oft gemahnt, die heimlichen Besuche im Kasino sein zu lassen. Aber der Bauer war spielsüchtig und konnte es net lassen. Er hat sich hoch verschuldet, letztendlich sogar den Hof verpfändet.«

»Warum hat die Bank das Anwesen dann net versteigert? Das ist doch wohl in so einem Fall üblich, oder?«

»Weil der Obermaier das Geld nicht von der Bank hatte, sondern von seinem angeblichen Spezl Sepp Kreuztaler«, wusste Pankraz. »Es heißt, dass der Kreuztaler bloß auf den Berghof scharf war und auf das Ackerland, das an seinen Besitz grenzt. Er hat den Obermaier in die Pleite getrieben, ihn zum Spielen und Trinken animiert.«

»Ach herrje!« Sabine war bestürzt.

Der Bergdoktor nickte.

»Und damit nicht genug!«, fuhr er dann fort. »Nach dessen Tod ist er mit den Schuldscheinen zum Andreas gegangen. Der hat ihn gebeten, das Geld abbezahlen zu dürfen. Er hat sich eine Stelle als Verwalter auf einem Mustergut in der Steiermark gesucht und nur den Hias auf dem Berghof gelassen, damit der auf alles aufpasst. Fünf Jahre lang war er weg. Dieser Tage soll er heimkommen, denn die Schuld ist jetzt wohl getilgt.«

»Da wird er wieder keine Freud haben«, meinte Pankraz.

»Der Kreuztaler hat sich alles angeeignet. Seine Anwälte sind sehr gewieft und schrecken wohl vor nix zurück. Der Andreas wird auf verlorenem Posten stehen, wenn er heimkommt. Und seine Verlobte, die Marie Sattler, steht jetzt mit dem Florian Kreuztaler im Wort. Das ist bitter.«

»Mei, das ist ja ein rechtes Drama«, stellte Sabine mitleidig fest. »Und der alte Hias steckt mittendrin.«

»Er steht fest zu seinem Brotherrn. Der Andreas ist wie ein Sohn für ihn. Trotzdem wird es schwierig werden«, befürchtete Martin. »Der Kreuztaler ist ein reicher Bauer, der lässt sich die Butter net vom Brot nehmen. Es wird einen Kampf geben, fürchte ich. Mit ungewissem Ausgang …«

Wenig später begann im Anbau des Doktorhauses die Sprechstunde. Martin Burger verfügte nicht nur über Warte- und Behandlungszimmer. Daneben gab es hier einen kleinen, vollständig eingerichteten OP, ein Labor, Röntgen- und Sonografie sowie zwei Krankenzimmer für stationäre Aufenthalte. Diese »Mini-Klinik«, wie sie im Volksmund genannt wurde, hatte ihm schon oft gute Dienste geleistet.

Vor allem in der kalten Jahreszeit, wenn die Serpentinenstraße nach St. Christoph nur schwer zu befahren war, konnte der Bergdoktor seine Patienten vor Ort behandeln und, wenn nötig, bis zu ihrer Genesung im Doktorhaus behalten. So blieb ihnen die oft strapaziöse Fahrt ins Spital nach Schwaz erspart.

Bärbel Tannauer, Dr. Burgers patente Arzthelferin, wünschte ihrem Chef einen schönen Morgen und ließ ihn wissen, wer bereits im Wartezimmer saß. Bärbel war meist guter Laune und auch an trüben Tagen oder bei Hektik ein Fels in der Brandung. Sie verehrte ihren Chef und war stolz darauf, für den Bergdoktor von St. Christoph arbeiten zu dürfen.

»Der Hias war mal wieder der Erste. Er war schon vor mir da«, erzählte sie schmunzelnd. »Soll ich ihn gleich zu Ihnen reinschicken, Chef?«

»Ja, freilich. Er hat einen langen Weg zu uns ins Tal und braucht net unnötig zu warten«, entschied der große, sportliche Mediziner mit dem gut geschnittenen Gesicht und den warmen Augen.

Dr. Burger war ein passionierter Kraxler und machte an der Wand noch manchem Jungen etwas vor. Dass er die Fünfzig bereits überschritten hatte, sah man ihm wirklich nicht an.

Gleich darauf betrat der Altknecht vom Berghof dann das Sprechzimmer. Hias war zwar Anfang siebzig, hielt sich aber noch gerade und wirkte durchaus jünger.

In seinem schmalen Gesicht leuchteten die blauen Augen, sein ergrautes Haar war noch dicht und lockig, und der Bart verlieh ihm etwas Verwegenes. Er schien dem Urbild des kernigen Gebirglers vollkommen zu entsprechen.

Als er sich dann vorsichtig setzte, sah man ihm aber doch an, dass er nicht gesund war. Er wirkte gebrechlich und stöhnte leise, als er ein Bein ausstreckte und das andere leicht anwinkelte.

»Wie fühlst du dich heut, Hias? Schmerzen?«, fragte Dr. Burger, während er seinen Patienten untersuchte.

»Es zwickt ein bisserl in den Knochen, wenn der Herbst kommt. Die Feuchtigkeit, wissen Sie, Herr Doktor?«

Martin Burger nickte. »Unsere Zenzi hat auch wieder Schmerzen. Es ist wirklich so, dass die feuchte Herbstluft das Leiden verstärken kann. Ich sag es net gern, Hias, weil ich weiß, dass du es net hören willst, aber du musst dringend zur Kur. Eine Luftveränderung ist unabdingbar. Die Medikation allein wird auf Dauer nicht reichen.«

»Ich weiß, Herr Doktor. Und sobald der Andreas sich daheim wieder eingelebt hat, werde ich Ihren Rat auch befolgen. Aber noch geht das net. Den Bub erwartet hier nix Schönes. Er braucht einen, der ihm beisteht. Und das bin ich. Sein Vater hat ihn hintergangen, ich aber bin für ihn da.«

»Der Obermaier war stur, er hat sich net helfen lassen.«

»Es war ja net nur das.« Hias seufzte. »Dass er dem Andreas seine Krankheit verheimlicht hat, war schlimm genug. Aber die Spielsucht, die Schulden … mei, so was tut man seinem einzigen Kind net an. Der Bub hat früh die Mutter verloren. Er hat sich immer auf seinen Vater verlassen. Und am End war er dann verlassen.«

»Wann kommt der Andreas denn heim?«

»Anfang nächster Woche. Im Grund freu ich mich, wenn er endlich wieder daheim ist. Er gehört auf den Berghof, das ist sein Daheim. Ich weiß, wie er daran hängt. Und jetzt, wo er fünf Jahre seines Lebens dafür hat hergeben müssen, erst recht. Aber es wird mir schwer, ihm die Wahrheit zu sagen.«

»Über die Marie?«

»Das ist gewiss das Ärgste für ihn.« Hias nickte. »Was der Kreuztaler allerdings alles hinter seinem Rücken getrieben hat … das wird ihm einen Schock versetzen.«

»Vielleicht mag er gar nimmer hier leben. Er hat doch eine gute Position auf diesem Mustergut.«

»Für Andreas war’s nie mehr als ein vorübergehender Zustand. Glauben Sie mir, Herr Doktor, dem Bub bedeutet der Berghof alles. Das macht das Ganze ja umso schlimmer …«

»Ich kann’s mir denken. Aber jetzt möchte ich dich gern röntgen, Hias, um festzustellen, wie deine Knochen aussehen.«

»Gewiss net besser als beim letzten Mal«, scherzte der Alte grimmig und folgte Bärbel, die Dr. Burger hereingerufen hatte, in den Röntgenraum.

Die Untersuchung ergab, dass sich der Zustand des Patienten kaum verändert hatte. Martin Burger deutete dies positiv. Er verschrieb Hias sein Rheumamittel und mahnte ihn, es gewissenhaft einzunehmen.

»Nur dann setzt auch die Wirkung ein«, erklärte er.

Hias versprach es, dann verließ er das Doktorhaus. Sein Weg führte ihn zunächst in die Roswitha-Apotheke, wo er sein Rezept einlöste, dann machte er sich an den mühsamen Aufstieg zum Berghof.