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Das zweite Versprechen - Packender Roman um eine späte Wiedergutmachung
Alles wird wieder gut! Dieses Versprechen hat Christian Zirnbacher seiner Schwester Caroline gegeben - damals, als ihre Eltern gestorben sind und der Hof der Familie in den Besitz des skrupellosen Großbauern Josef Burgstaller übergegangen ist.
Leider ist auch jetzt, drei Jahre später, gar nichts wieder gut. Caroline arbeitet inzwischen als Magd auf dem Hof, auf dem sie einst Jungbäuerin war, und ihren Bruder hat sie seit einer Ewigkeit weder gesehen noch gehört. Als er endlich wieder vor ihr steht, entlädt sich all die Wut, die sich über die Jahre hinweg in ihr angestaut hat. Warum nur hat er sein Versprechen nicht gehalten?
Christian, der noch immer voller Wut auf den Burgstaller-Sepp ist, verspricht erneut, dass sich alles zum Guten wenden wird. Doch stattdessen wird alles noch schlimmer, als der Bauer mit einer Mistgabel in der Brust aufgefunden wird. Hat Christian etwa auf diese Weise versucht, für Gerechtigkeit zu sorgen?
***
Im schönen Zillertal lebt und wirkt der Mann, den Millionen Leser und Fernsehzuschauer seit Jahren lieben: Dr. Martin Burger - Der Bergdoktor. Ein Mann, dessen persönliches Schicksal ihn empfänglich gemacht hat für die Probleme und das Leid seiner Mitmenschen. Ein Arzt, der stets bereit ist, das Äußerste für seine Patienten zu wagen. Das idyllische Dorf St. Christoph dient als Kulisse für die spannenden Geschichten. Hier ist Dr. Martin Burger eine soziale und moralische Instanz - ein aufrechter, geradliniger Charakter, der alle guten traditionellen Werte in sich vereinigt und selbstlos danach handelt.
Mit inzwischen über 1800 Folgen, einer Gesamtauflage von über 55 Millionen Exemplaren und einer gleichnamigen TV-Serie hat "Der Bergdoktor" längst den Gipfel der Berg- und Heimatromane erklommen. Eine echte Erfolgsserie!
Jede Woche erscheint eine neue Folge.
Jede Folge ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen Folgen der Serie gelesen werden.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Das zweite Versprechen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Bastei Verlag / Michael Wolf
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-7387-5
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Das zweite Versprechen
Packender Roman um eine späte Wiedergutmachung
Von Andreas Kufsteiner
Alles wird wieder gut! Dieses Versprechen hat Christian Zirnbacher seiner Schwester Caroline gegeben – damals, als ihre Eltern gestorben sind und der Hof der Familie in den Besitz des skrupellosen Großbauern Josef Burgstaller übergegangen ist.
Leider ist auch jetzt, drei Jahre später, gar nichts wieder gut. Caroline arbeitet inzwischen als Magd auf dem Hof, auf dem sie einst Jungbäuerin war, und ihren Bruder hat sie seit einer Ewigkeit weder gesehen noch gehört. Als er endlich wieder vor ihr steht, entlädt sich all die Wut, die sich über die Jahre hinweg in ihr angestaut hat. Warum nur hat er sein Versprechen nicht gehalten?
Christian, der noch immer voller Wut auf den Burgstaller-Sepp ist, verspricht erneut, dass sich alles zum Guten wenden wird. Doch stattdessen wird alles noch schlimmer, als der Bauer mit einer Mistgabel in der Brust aufgefunden wird. Hat Christian etwa auf diese Weise versucht, für Gerechtigkeit zu sorgen?
»Warum heißt dieser Weg eigentlich Schmugglerpfad, Papa?«
Tessa deutete zu dem Wegweiser hinauf, der windschief zwischen den Felsen aufragte und einen Grat hinaufwies. Flechten auf dem Holz bezeugten, dass er schon viele Jahre hier stand. Er wies den Pfad in Richtung Norden aus.
Dr. Martin Burger legte seiner Tochter einen Arm um die Schultern.
»Der Weg heißt so, weil hier früher Schmuggler unterwegs waren«, erklärte er. »Kurz nach dem Krieg waren viele Menschen bitterarm. Einige sind nach Italien gewandert, um Lebensmittel zu holen und in Innsbruck zu verkaufen. Das war ein riskantes Unterfangen. Oft gerieten sie in Gewitter oder Schneestürme. Mit ihrer schweren Last aus Mehl und Zuckerersatz auf dem Rücken waren sie auch net sehr beweglich und wurden ab und zu von den Zöllnern ertappt, die hier oben patrouillierten.«
»Und was geschah dann mit ihnen?«
»Nun, sie wurden eingesperrt. Es war verboten, die Grenze heimlich zu überqueren, um Waren zu schmuggeln.«
»Es war net recht, sie einzusperren. Sie haben aus Not so gehandelt. Ich finde, man hätte ihnen helfen müssen!« Tessa zupfte nachdenklich an einem ihrer braunen Zöpfe. Mit ihren acht Jahren hatte sie einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und scheute sich nicht, sich für das einzusetzen, was sie für gut und richtig hielt.
Martin Burger liebte sie von ganzem Herzen, ebenso wie seine beiden jüngeren Kinder Filli und Laura. Sie saßen in der Nähe auf der Wiese und bauten Steinmännlein.
Nach seiner Sprechstunde hatten sie alle zusammen einen gemütlichen Spaziergang zu der Brücke gemacht, die über den Mühlbach führte. Eine halbe Stunde Weg war das gewesen. Ihr Heimatdorf lag in einem stillen Seitenarm des Zillertals und hoch genug, dass man jetzt im September täglich mit dem ersten Schnee rechnen musste.
Dackel Poldi hatte sich neben den Kindern im Gras zusammengerollt und ließ sie nicht aus den Augen. Wachsam achtete er auf sie, stets bereit, sie bei Gefahr zu verteidigen.
Versonnen ließ Martin Burger den Blick über die Umgebung schweifen. Die Sonne stand tief über dem Ahornkogel im Westen. Das sanfte Licht ließ alle Schrunden und Felsen des Berges deutlich hervortreten. Auf seinem Gipfel grüßte ein Kreuz, das die Kameraden der Bergrettung vor einigen Jahren errichtet hatten.
In der Nähe jagten einige Murmeltiere einander über die Wiese. Bald würden sie sich in ihr Winterquartier zurückziehen, aber die letzten warmen Sonnenstrahlen schienen sie noch einmal übermütig zu machen.
Im Frühling und Sommer blühten hier zahllose Trollblumen, Anemonen und weißer Hahnenfuß, jetzt zog sich die Natur langsam in sich selbst zurück und bereitete sich auf den Winter vor. Das Gras wuchs nur noch spärlich, und die nahen Gipfel waren bereits weiß.
Martin Burger wurde das Herz weit bei diesem Anblick.
»Wenn es dir einmal net gut geht, steige auf einen Berg«, hatte ihm sein Vater schon als Bub mit auf den Lebensweg gegeben. »Der Weg macht dir den Kopf frei, und der Blick von oben zeigt so manches in einem anderen Licht.«
Dieser Rat hatte ihm schon so manches Mal geholfen, wenn ihn die Sorgen niedergedrückt hatten.
Die Berge hatten auf ihn eine heilsame Wirkung. Er hätte sich nicht vorstellen können, irgendwo anders zu leben. Hier war er aufgewachsen, und hierhin hatte es ihn nach den vielen Jahren des Studiums und Arbeitens zurückgezogen.
Er hatte die Praxis seines Vaters übernommen und liebte seine Arbeit als Hausarzt, auch wenn er nur selten pünktlich Feierabend machen konnte. Oft genug geriet ihm ein Notfall dazwischen.
Auch an diesem Nachmittag hätten einige Hausbesuche den geplanten Ausflug mit seinen Kindern beinahe in letzter Minute vereitelt, wäre seine liebe Frau nicht eingesprungen. Sabine war ebenfalls Ärztin und hatte die Termine mit einem »Du brauchst auch einmal einen freien Nachmittag, sonst weißt du bald nimmer, wie man Freizeit überhaupt buchstabiert« übernommen.
Bei dem Gedanken an sie huschte ein Lächeln über sein gebräuntes Gesicht. Sabine war sein Ein und Alles. Nach langen Jahren der Einsamkeit hatte sie das Glück in sein Leben zurückgebracht.
Sie beide gehörten so innig zusammen, als wären sie schon immer ein Teil voneinander gewesen. Wenn sie einmal uneins waren, genügte ein Blick oder eine liebevolle Berührung, um sie einander wieder nahezubringen.
»Das sollte reichen.« Tessa beugte sich im Gras vor und sortierte das bunte Laub, das sie unterwegs gesammelt hatten. Dabei nickte sie zufrieden.
Für die Schule sollte sie eine Sammlung aus getrockneten Blättern anlegen und beschriften. Besonders stolz war sie auf den Fund einiger Blutbuchen-Blätter. Die Sammlung war wirklich umfangreich geworden.
Unvermittelt blitzte etwas über ihnen auf. An der Wetterstation auf dem Feldkopf war eine orangefarbene Lampe angegangen, die im steten Wechsel aufleuchtete und erlosch. Ein Warnlicht!
Martin Burger ahnte nichts Gutes.
In der Hütte lebte ein junger Meteorologe, der sämtliche relevanten Wetterdaten erfasste und zur Auswertung sammelte: Windrichtung und -stärke, Temperatur, Niederschlag und Sonnenscheindauer …
Sorgsam gab Albert auf das Wetter acht und leitete die Daten weiter. Er gab Warnungen heraus, wenn sich ein Unwetter zusammenbraute oder Muren und Lawinen drohten.
Nun verhieß die Warnleuchte an seiner Hütte nichts Gutes. Am Himmel waren noch keine Wolken zu sehen, also näherte sich vermutlich ein Sturm, und wer wusste schon, was der bringen würde? Sicherlich eine Wetteränderung. Also vielleicht doch ein Gewitter? Auf jeden Fall musste man die Warnung ernst nehmen, deshalb rief Martin Burger seine Kinder zusammen.
»Es wird Zeit für den Heimweg«, mahnte er, als Filli nicht von seinen Steinmanderln ablassen mochte.
Der Fünfjährige brummelte etwas, das zutiefst enttäuscht klang. Er hatte mehrere Steine zu einem Turm aufgeschichtet und so ausbalanciert, dass auf der Spitze ein besonders dicker Stein thronte. Nun wollte er noch einen weiteren aufsetzen.
Da knuffte seine ältere Schwester ihn in die Seite und erinnerte ihn daran, dass Zenzi ihnen für den Abend Kaiserschmarren versprochen hatte. Sofort hellte sich seine Miene auf.
»Stimmt ja!« Filli nahm Poldis Leine auf und stapfte voraus.
Martin Burger hob seine Jüngste auf den Arm. Die Zweijährige schmiegte sich an ihn und schloss die Äuglein. Die frische Luft hatte sie müde gemacht. Vermutlich würde sie einschlafen, noch bevor das Doktorhaus in Sicht kam.
Tessa bückte sich unterwegs noch mehrmals und sammelte weiter rötliche und goldene Blätter für ihre Sammlung auf. Der Wind frischte derweil spürbar auf und ließ das Laub tanzen.
Das Warnlicht sollte recht behalten!
Das Doktorhaus stand am Rand von St. Christoph, nicht weit von der Kirche entfernt. Ein hübsches Alpenhaus mit einem großen Garten war es.
Manchmal wagten sich Rehe bis zum nahen Waldrand, und hin und wieder kam ein besonders vorwitziges sogar in den Garten und zupfte an den Kräutern und Gemüsepflanzen – sehr zu Zenzis Verdruss. Die Wirtschafterin sah die Tiere nicht gern zwischen ihrem Grün.
»Herr Doktor? Warten Sie bitte kurz auf mich, ja?«
Martin Burger setzte seine Tochter im Garten ab und drehte sich um. Ein grauhaariger Mann humpelte über die Dorfstraße geradewegs auf ihn zu.
Wind und Wetter hatten tiefe Furchen in sein Gesicht gegraben, und Schmerzen verzerrten seine Züge. Er keuchte leise.
Über seiner blauen Latzhose mit dem Werkzeuggürtel trug er eine abgewetzte Arbeitsjacke. Eine rötliche Flüssigkeit färbte seine Hosenbeine dunkel.
»Quirin?« Alarmiert blickte Martin Burger dem Landwirt entgegen. Dann wandte er sich an seine Kinder. »Geht bitte schon ins Haus, Kinder. Sagt Zenzi, dass ich mich noch um einen Patienten kümmern muss.«
»Aber …« Filli musterte den Besucher neugierig. Er hätte wohl gern gewusst, was diesem fehlte.
»Geh mit deinen Schwestern, Filli. Ich komme bald nach.«
»Na gut.« Widerstrebend trollte sich der Bub mit seinen Schwestern ins Haus. Dort würde sich die Wirtschafterin um die Kinder kümmern, bis Martin Burger dazustieß.
»Was ist denn passiert, Quirin?«
»Ich hab mir einen Nagel ins Hinterteil getrieben«, schnaufte der Mittfünfziger. »Wie ein blutiger Anfänger. Ich könnte mich ärgern, wenn es net so wehtun würde.«
»Einen Nagel?«
»Freilich. Ich schätze mal, die Wahrscheinlichkeit, einen Sechser im Lotto zu haben, ist größer. Beim nächsten Mal nehme ich dann lieber den Sechser.« Quirin lächelte schief.
»Komm, ich nehme dich mit hinein und schaue gleich einmal, was ich für dich tun kann.« Martin Burger stützte seinen Patienten auf dem Weg in die Praxis.
Im Sprechzimmer schaltete er das Licht an, zog seine Jacke aus und streifte ein Paar Einmalhandschuhe über.
Der Landwirt streckte sich unterdessen auf dem Bauch aus. Er gab keinen Mucks von sich, als der Bergdoktor behutsam die Hose aufschnitt, um an die Verletzung zu gelangen.
Tatsächlich steckte ein Dachdecker-Nagel tief in Quirins Gesäß! Die Verletzung blutete stark und war bereits rings um die Wunde gerötet.
»Es grenzt an ein Wunder, dass du es mit dieser Verletzung hierher geschafft hast.«
»Man kann vieles schaffen, wenn man es muss«, schnaufte Quirin. »Mir graut vor Krankenhäusern, deshalb mochte ich keinen Rettungswagen rufen. Die Sanitäter hätten mich ja sofort mitgenommen. Da bin ich lieber zu Ihnen gekommen. War ja zum Glück net so weit.«
»Weit genug.« Martin Burger entschied, zuerst etwas gegen die Schmerzen seines Patienten zu unternehmen. Behutsam injizierte er ein lokales Schmerzmittel. »Die Wunde ist tief, Quirin. Es wäre wirklich besser, du würdest dich ins Krankenhaus bringen und dort behandeln lassen. Die Kollegen verfügen über wesentlich mehr Diagnose-Technik als ich hier.«
»Bloß das net. Bitte behandeln Sie mich hier. Ich vertraue Ihnen, Herr Doktor. Sie werden es schon richten.«
Martin Burger überlegte kurz. »Ich muss dich röntgen und schauen, ob ein Knochen verletzt wurde und wie schlimm die Verletzung ist. Dann erst kann ich entscheiden, ob es möglich ist, dich hier zu behandeln oder net.«
»Ist gut. Machen Sie ruhig, Herr Doktor.«
Es würde noch heftiger bluten, wenn er den Nagel herauszog, deshalb ließ Martin Burger ihn vorerst an Ort und Stelle. Er musste zuerst mehr über das Ausmaß der Verletzung herausfinden.
»Wie konnte das eigentlich passieren, Quirin?«
»Ich wollte das Stalldach neu decken, aber ich war abgelenkt und bin mit der Kehrseite an die Luftdrucknagelpistole gekommen. Und ehe ich es mich versah, hatte ich schon den Nagel im Hintern.«
Er seufzte abgrundtief.
»Ich hoffe nur, das spricht sich net herum«, meinte er dann besorgt. »Ich kann mir gut vorstellen, dass mich die Nachbarn am Stammtisch liebend gern mit meiner Treffsicherheit aufziehen werden. Vermutlich spendieren sie mir ein Schnapserl als Zielwasser, damit ich beim nächsten Mal besser treffe.«
»Abgelenkt warst du?«, hakte der Bergdoktor nach.
»Hm-m. Ich habe jemanden gesehen, von dem ich dachte, ihn hier nimmer wiederzusehen. Das war eine Überraschung, kann ich Ihnen sagen.«
»Wen hast du denn gesehen?«
»Erinnern Sie sich noch an den Zirnbacher-Christian, Herr Doktor?«
»Ja, freilich.« Überrascht ließ Martin Burger seinen Tupfer sinken. »Sag bloß, er ist wieder hier? Bist du dir sicher?«
»Und ob! So verblüfft wie Sie jetzt hab ich auch geschaut. Es war Christian, daran habe ich keinen Zweifel. Ich kenne ihn von klein auf und würde ihn immer wiedererkennen. Er ist vor drei Jahren fortgegangen. Seitdem hat niemand etwas von ihm gehört. Net einmal zur Beerdigung seiner Großmutter ist er heimgekommen. Ein Frevel war das, wenn Sie mich fragen. Ich wüsste zu gern, was ihn nun heimgeführt hat.«
»Seine Schwester womöglich?«
»Möglich ist das schon, aber ich befürchte, das ist net der einzige Grund.« Der Bauer hob den Kopf und sah Martin Burger sorgenvoll an. »Womöglich will er Rache nehmen für das Unrecht, das seiner Familie wiederfahren ist.«
»Wenn das stimmt, dann stehen uns unruhige Zeiten bevor.«
»Da sagen Sie etwas, Herr Doktor.« Der Bauer nickte sorgenvoll. »Da sagen Sie etwas!«
***
»Komm schon, Clemens, nimm es einfach. Es ist wirklich nix dabei. Ein Freund hilft dem anderen.« Schmeichelnd wie ein laues Lüftchen umwehten die Worte ihren Vater.
Die Augen seines Gegenübers blickten scheinbar freundlich, aber es lag ein kalter Ausdruck darin, der Caroline einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
Die beiden Männer saßen am Stammtisch zusammen. Caroline hätte gar nicht hier sein sollen, aber eine unsichtbare Macht schien sie festzuhalten.
»Euer Stall war schon zu Napoleons Zeiten nimmer modern«,hörte sie den Burgstaller-Josef raunen, »genauso wie das Dach und der Ofen. Das ist net einfach nur ein Schönheitsfehler, das ist eine Gefahr für deine Familie! Überleg nur mal: Willst du wirklich eine Kohlenmonoxid-Vergiftung riskieren, weil euer Schornstein nimmer zieht? Du brauchst das Geld, Clemens, und ich kann es gerade entbehren. Also greif zu!«
»Vaterl?« Bang zupfte Caroline am Ärmel ihres Vaters. »Tu das net, bitte. Mir ist net wohl dabei.«
Ihr Vater schien sie nicht zu hören. Stumm sah er sein Gegenüber an.
Josef Burgstaller streckte seine rechte Hand aus und zog fragend eine buschige dunkle Augenbraue hoch.
»Nun, Clemens, was sagst du?«
»Ich …« Ihr Vater zögerte. »Mit der Rückzahlung eilt es also net, sagst du?«
»Gar net. Da werden wir uns schon einig. So lange, wie wir beide uns schon kennen …« Josef Burgstaller grinste jovial, aber es kam Caroline so vor, als würde er die Zähne fletschen. Angst erfasste sie und ließ ihr Herz wild hämmern.
»Bitte, Vaterl, lass dich net darauf ein!« Ihre Worte waren kaum heraus, als ihr Vater seine Hand in die des Burgstallers legte.
Damit war es abgemacht. Ein Handschlag galt hier in den Bergen als ein festes Versprechen, das nicht gebrochen werden durfte.
»Nein«, stieß Caroline entsetzt hervor. »Oh nein!«
»Neeein!« Mit einem Ruck fuhr Caroline in die Höhe. Auf ihrer Brust lastete ein Druck, als wäre sie von einer großen Faust erfasst worden, die unbarmherzig zudrückte. Ihr Atem kam schnell und stoßweise, und ihr rasender Puls beruhigte sich nur langsam wieder.
Ein Albtraum, sagte sie sich. Aber es war schlimmer: Es war eine Erinnerung!
Ihr Vater hatte den Versprechen des Burgstallers geglaubt und das Angebot angenommen. Das Darlehen hatte ihrer Familie geholfen, einige dringend notwendige Reparaturen auf dem Hof zu bezahlen, und sogar einen neuen Traktor hatten sie anschaffen können, nachdem das alte Gefährt keinen Meter mehr gefahren war.