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Er war ihr jede Träne wert - Greta wusste, dass es kein Happy End geben kann
Fünf Jahre ist es nun her, dass Greta ihre Freundin Sabine Burger in St. Christoph besucht hat. Damals ist ihr der faszinierende Bergbauer Christian Sigl begegnet. Zwischen ihm und Greta hat es sofort gefunkt, doch es war eine Liebe ohne Zukunft, denn Christian war frisch verheiratet und seine Frau Evi erwartete ein Kind.
Heute ist Greta mit dem etwas unterkühlten Chirurgen Dr. Roland Bergmann verheiratet, und ihre Ehe steckt nach einer Fehlgeburt in einer Krise. Als sie erneut Rat bei Sabine Burger sucht, erfährt sie etwas Furchtbares: Christians Sigls Frau und das Baby sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Seitdem leidet der herzkranke Bergbauer unsäglich! Inzwischen ist sein Herz so mitgenommen, dass nur ein Spenderorgan sein Leben retten könnte. Doch Christian hängt nicht mehr an seinem Leben.
Als Greta das erfährt, zögert sie nicht: Sie packt ihren Koffer und zieht zu Christian auf den Berghof. Kurz blüht die alte Liebe wieder auf, doch beide wissen, dass ihnen nicht mehr viel gemeinsame Zeit auf Erden bleibt ...
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Er war ihr jede Träne wert
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Bastei Verlag / Michael Wolf
Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-7391-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Er war ihr jede Träne wert
Greta wusste, dass es kein Happy End geben kann
Von Andreas Kufsteiner
Fünf Jahre ist es nun her, dass Greta ihre Freundin Sabine Burger in St. Christoph besucht hat. Damals ist ihr der faszinierende Bergbauer Christian Sigl begegnet. Zwischen ihm und Greta hat es sofort gefunkt, doch es war eine Liebe ohne Zukunft, denn Christian war frisch verheiratet und seine Frau Evi erwartete ein Kind.
Heute ist Greta mit dem etwas unterkühlten Chirurgen Dr. Roland Bergmann verheiratet, und ihre Ehe steckt nach einer Fehlgeburt in einer Krise. Als sie erneut Rat bei Sabine Burger sucht, erfährt sie etwas Furchtbares: Christian Sigls Frau und das Baby sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Seitdem leidet der herzkranke Bergbauer unsäglich! Inzwischen ist sein Herz so mitgenommen, dass nur ein Spenderorgan sein Leben retten könnte. Doch Christian hängt nicht mehr an seinem Leben.
Als Greta das erfährt, zögert sie nicht: Sie packt ihren Koffer und zieht zu Christian auf den Berghof. Kurz blüht die alte Liebe wieder auf, doch beide wissen, dass ihnen nicht mehr viel gemeinsame Zeit auf Erden bleibt …
Mit einem leisen, bekümmerten Seufzer schloss Dr. Greta Bergmann den Deckel des fertig gepackten Koffers. Während sie ihren Blick noch einmal über das luxuriös eingerichtete Schlafzimmer gleiten ließ, um sich zu vergewissern, dass sie nichts für ihre Reise vergessen hatte, überkam sie das heulende Elend.
Wie von selbst liefen ihr die Tränen aus den Augen, und ein tiefes Schluchzen schüttelte sie. Es dauerte nicht lange, bis sie die Hände vors Gesicht schlug und mit einer kraftlos anmutenden Bewegung aufs Bett sank.
Es war nicht das erste Mal. In letzter Zeit passierte ihr das immer häufiger. Und nicht nur, wenn sie allein war!
Sie konnte einfach nichts dagegen tun. Es war, als ob tief in ihrem Innern etwas Hartes, Kaltes wohnen würde. Es fühlte sich an wie ein quälender Druck, ein böser Traum voller Verzweiflung und Angst.
Dieses Etwas bestimmte mehr und mehr ihr Denken und Fühlen. Es zeigte ihr nur düstere Bilder, schlimme Erinnerungen und erzählte ihr von Hoffnungslosigkeit und dem Verlust von allem, was für sie schön und gut gewesen war.
Roland, ihr Mann, hatte dafür natürlich eine Erklärung, die noch dazu auf der Hand lag. Er war ein Verstandesmensch und ging alles im Leben mit klarer Ratio an. Vielleicht war er deshalb ein so erfolgreicher Chirurg und Chefarzt. Und vielleicht war ihre Ehe deshalb so unglücklich.
Für Roland war klar, dass Greta noch unter den »emotionalen Folgen« der Fehlgeburt litt, die ja erst ein halbes Jahr zurücklag. Für ihn war auch klar, dass sie Ruhe und Erholung brauchte.
Deshalb war er gleich einverstanden gewesen, als sie beschlossen hatte, ihre Studienfreundin Sabine Burger für eine Weile zu besuchen. Fort von Wien, vom Lärm und der Hektik der Großstadt, fort vom Klinikbetrieb mit all seinen stressigen Anforderungen – und auch fort von ihm.
Ihr war nicht entgangen, wie er sie manchmal musterte. In stillen Momenten, wenn er sich unbeobachtet glaubte, zeichnete sich Ungeduld in seinem Blick ab, vielleicht auch Widerwillen.
Greta glaubte noch an ihre Liebe. Aber sie ahnte, dass die Krise, in der ihre Ehe momentan steckte, alles zerstören könnte, wenn sie jetzt nicht auf Abstand ging. So wie schon einmal, vor fünf Jahren, als die junge Ärztin am Scheideweg gestanden hatte.
Damals war Greta eben mit ihrer Ausbildung fertig gewesen und hatte ihre erste Stelle in der Wiener Privatklinik Bergmann angetreten. Rolands Vater war der Direktor dieses renommierten Hauses. Und Roland hatte sie gerade gebeten, seine Frau zu werden.
Sie hatten sich ineinander verliebt, nicht stürmisch, denn das war nicht seine Art. Aber die tiefen Gefühle, die der junge Arzt ihr entgegengebracht und durchaus auch in ihr geweckt hatte, hatten Greta glücklich gemacht. Trotzdem hatte sie gezögert, seinen Antrag anzunehmen.
Da war ihr Sabine Burgers Einladung nach Tirol gerade recht gekommen. Sie und Greta waren gute Freundinnen. Sabines Ehe war sehr glücklich, und Greta hatte sich im Doktorhaus von St. Christoph auf Anhieb wohlgefühlt.
Ihr damaliger Urlaub im Zillertal hatte ihr Leben für eine kurze Weile auf den Kopf gestellt. Letztendlich hatte sie sich aber für Roland entschieden.
Heute fragte sie sich, ob das nicht ein Fehler gewesen war. Ob sie nicht besser …
Ihr Handy klingelte. Es war Sabine Burger, die anrief.
Bevor Greta sich meldete, putzte sie sich rasch die Nase. Trotzdem klang ihre Stimme noch ziemlich nasal.
Sabine bemerkte es natürlich.
»Alles in Ordnung bei dir?«, erkundigte sie sich besorgt. »Hoffentlich störe ich nicht.«
»Nein, ich freue mich, deine Stimme zu hören«, beteuerte sie.
»Du klingst, als hättest du geweint.«
»Das tue ich in letzter Zeit öfter, es hat nichts zu bedeuten. Bei euch alles gesund und munter?«
Sabine zögerte kurz, dann ging sie auf Gretas lockeren Ton ein.
»Alles bestens«, versicherte sie. »Die Kinder sind schon sehr neugierig auf dich. Und ich freue mich, dass wir uns endlich wiedersehen. Fünf Jahre sind viel zu lang!«
»Ihr hättet mal nach Wien kommen können«, hielt Greta ihr entgegen. »Hast du denn nie Heimweh?«
»St. Christoph ist mein Daheim. Natürlich liebe ich meine Geburtsstadt nach wie vor. Wenn ich könnte, würde ich öfter hinfahren. Aber leider bleibt meist keine Zeit. Mit einer Familie ist man eben sehr eingespannt. Und Martin lässt seine Patienten nur äußerst ungern allein.«
»Dein Mann ist schon was Besonderes.«
»Und deiner? Roland liebt dich.«
»Ja, wir lieben uns«, bestätigte Greta pflichtschuldig. »Aber manchmal ist das nicht genug.«
»Dass du euer Baby verloren hast, hat auch ihn getroffen.«
»Sicher, sonst wäre er ja kein Mensch. Ich wünschte nur, er würde mit mir über seine Gefühle reden. Er hat von Anfang an bloß danach gefragt, wie es mir geht. Er war fürsorglich, aber ich hatte immer den Eindruck, dass es nur pflichtschuldig ist.«
»Tust du ihm damit nicht Unrecht?«
»Ich weiß nicht, vielleicht …« Greta rieb sich die Stirn, hinter der zähe Kopfschmerzen ihre Bahn zogen, und gestand der Freundin zu: »Alles ist ziemlich festgefahren. Unsere Ehe steckt in einer Krise. Ich bin wahrscheinlich ungerecht. Und wahrscheinlich erwarte ich auch zu viel, aber …«
Sie verstummte und schwieg, als habe sie plötzlich den Faden verloren.
»Du kommst her, dann wird es dir bald besser gehen«, meinte Sabine herzlich. »Wir möbeln dich schon wieder auf. Und mit etwas Abstand werden sich auch die Stellen, an denen es in eurer Ehe hakt, leichter kitten lassen. Warte nur ab.«
»Ich bin froh, dass es euch gibt«, gestand Greta ihr da aus ehrlichem Herzen. »Wenn ich an euer Haus denke, kommt es mir vor wie ein rettender Hafen.«
»So soll es sein. Dafür hat man schließlich Freunde. Und weshalb ich eigentlich anrufe: Wir holen dich morgen in Schwaz von der Bahn ab. Dein Zug kommt um vierzehn Uhr an, nicht wahr?«
»Ja, aber ich könnte doch auch den Bus …«
»Unsinn. Wir sehen uns morgen am Bahnhof. Bis dann! Und grüß Roland von uns allen.«
»Grüß deine Lieben. Bis morgen.« Greta legte das Handy weg, stand auf und trat hinter das Fenster, das einen weiten Blick über die Donau-Metropole zuließ.
Im Osten erkannte sie die charakteristische Spitze des Stefansdoms, in der Ferne das dunkle Grün des Wiener Waldes. Der Himmel war grau, abendlicher Nebel stieg allmählich auf und verwischte die Konturen.
Der November brachte kühle, immer kürzere Tage. Im hellen Neonlicht der Stadt fiel das kaum auf, aber im Zillertal lebten die Menschen noch mit der Natur und den Jahreszeiten.
Ein kleines Lächeln malte sich auf den ebenmäßigen Zügen der jungen Ärztin ab. Vielleicht würde es ihr ja tatsächlich gelingen, in St. Christoph ihren inneren Frieden wiederzufinden – und auch ihr Leben endlich wieder in den Griff zu bekommen.
***
Dr. Roland Bergmann saß noch im Bereitschaftsraum, obwohl es schon auf zehn Uhr zuging. Er hätte längst Feierabend machen können, doch er zögerte heimzufahren.
In letzter Zeit passierte das immer häufiger. Der engagierte Mediziner war ein begnadeter Chirurg, unter dessen sensiblen Händen schon viele Menschen Heilung gefunden hatten. Sein Ruf reichte weit über die Mauern der Wiener Klinik hinaus.
Kollegen bewunderten ihn, eiferten ihm nach. Und er erhielt regelmäßig Angebote aus den besten Häusern der ganzen Welt. Doch er blieb der Klinik treu, die sein Vater oft als »Familienunternehmen« bezeichnete.
Trotz aller beruflichen Erfolge war der hochgewachsene, schlanke Mann mit dem dichten, dunkelbraunen Haar und den tiefblauen Augen bescheiden geblieben. Für ihn zählte nur der Auftrag, den er als Mediziner hatte: Menschen zu retten und zu heilen, Leben zu bewahren. Alles andere betrachtete er als zweitrangig. Er ging völlig auf in seinem Beruf, der ihm von Anfang an auch Berufung gewesen war.
Privat sah das anders aus. Als er sich damals in die grazile, bezaubernde Greta verliebt hatte, war er lange unsicher und zögerlich gewesen. Linkisch hatte er sich in ihrer Gegenwart gefühlt, hölzern. Nie hatte er die richtigen Worte gefunden, um auszudrücken, was er empfand.
Zudem hatte er sich geniert, dies überhaupt auszusprechen. In seiner Familie war nicht groß über Gefühle geredet worden, und so hatte er es schlicht nicht gelernt. Dass Buben nicht weinten, war eine Weisheit seines Vaters, und die Mutter war stets kühl und distanziert geblieben.
Roland wusste, dass seine Eltern ihn liebten und stolz auf ihn waren. Aber sie hätte ihm das nie ins Gesicht gesagt.
Er hatte sich redlich bemüht, Gretas Herz auch ohne schwülstige Liebeserklärungen zu gewinnen, und zu seiner eigenen Verwunderung war ihm das auch tatsächlich gelungen. Als er das erste Mal den Wiederklang seiner eigenen Gefühle in ihren schönen Augen gesehen hatte, war er einfach nur glücklich gewesen.
Er liebte seine Frau von Herzen. Und er meinte, dass sie das wusste. Dass es nun, nach fünf Jahren Ehe, keiner Worte mehr bedurfte. Er hatte sich stets um jede Gefühlsäußerung gedrückt, auch wenn er ahnte, dass Greta etwas fehlte.
Aber dann hatte sie das Baby verloren, und plötzlich war nichts mehr selbstverständlich gewesen. Der Schmerz in ihren Augen, die Verzweiflung und der stumme Schrei nach Trost, nach Liebe und Verständnis … Roland hatte diesem emotionalen Berg hilflos gegenübergestanden.
Seine Fürsorge, seine Liebe waren echt und tief empfunden. Er hatte durchaus mit Greta gelitten, aber er konnte diese Empfindungen nicht in Worte kleiden, so sehr er sich auch bemüht hatte.
Er hatte die Frage in ihrem Blick gesehen, später die Enttäuschung. Die Gewissheit, dass er sie allein gelassen hatte in ihrem Schmerz, hatte ihm sehr zugesetzt.
Mittlerweile drifteten ihre Leben immer weiter auseinander. Sie sprachen nur noch über Belangloses. Er vergrub sich in der Klinik unter Arbeit, sie daheim in ihrem Kummer.
Der brillante Chirurg, dessen Hände scheinbar Wunder vollbringen konnten, wenn es darum ging, ein Menschenleben zu retten, vermochte es nicht, diese Hände nach Greta auszustrecken. Offen mit ihr zu reden, schwach zu sein und ihren Schmerz wie seinen eigenen zu teilen.
Er wünschte sich nichts mehr als das. Aber er schaffte es einfach nicht.
Ein schrecklicher Gedanke ließ ihn seit einer Weile nicht mehr los. Was, wenn er Greta verlor? Wenn seine emotionale Verstocktheit ihn den Menschen kostete, der ihm alles war?
Bei dieser Vorstellung sträubte sich alles in seinem Inneren. Und doch schien er hilflos angesichts dessen, was sich seinem Einfluss einfach entzog.
»Roland, du bist noch hier? Solltest du nicht bei Greta sein? Ich dachte, sie fährt morgen in Urlaub.«
Ohne dass er es bemerkt hatte, war Prof. Bergmann in der offenen Tür zum Bereitschaftsraum erschienen. Er wirkte wie eine ältere Ausgabe seines Sohnes, die beiden Männer sahen sich erstaunlich ähnlich.
»Was ist los mit dir?« Der Klinikchef musterte Roland aufmerksam. »Du siehst schlecht aus. Machst du dir Sorgen um Greta?«
»Natürlich mache ich mir Sorgen.« Der junge Arzt seufzte. »Sie leidet seit der Fehlgeburt, es geht ihr schlecht, und ich habe ihr nicht wirklich helfen können. Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich sie im Stich gelassen habe.«
»Hat sie das gesagt?«
»Nein, aber so etwas spürt man doch. Falls man überhaupt noch irgendetwas spürt …« Er klappte das Notebook, das vor ihm auf dem Tisch stand, zu und erhob sich. »Ich sollte heimfahren.«
»Warte, Junge.« Der Professor legte eine Hand auf den Arm seines Sohnes und sah ihn ernst an. »Wenn es so steht, solltest du Greta nicht allein fortfahren lassen. Begleite sie. Ihr könntet zweite Flitterwochen machen. So eine gemeinsame Reise kann manchmal Wunder bewirken.«
»Glaubst du das wirklich?« Roland lächelte ironisch. »Als ob es so einfach wäre …«
»Deine Frau hat euer Baby verloren, das ist ein traumatisches Erlebnis. Vielleicht wäre es sinnvoll, eine Therapie …«
»Ich bitte dich! Was passiert ist, lässt sich nicht mehr ändern. Wozu noch weiter an dieser Wunde rühren …«
»Es könnte Greta helfen. Schlag es ihr vor.«
»Das werde ich ganz bestimmt nicht tun«, brauste Roland auf. »Es schmeckt zu sehr danach, die Verantwortung noch weiter von mir zu schieben. Und das habe ich nicht vor.«
»Ich begreife dich nicht, Junge.«
»Wie auch? Du hast keine Ahnung, was es bedeutet, ein Baby zu verlieren. Danach ist nichts mehr wie vorher.«
»Ich weiß sehr gut, wie das ist«, erwiderte der Professor da leise. Und als sein Sohn ihn verständnislos musterte, fuhr er bekümmert fort: »Bevor deine Mutter dich bekommen hat, war sie schon einmal schwanger. Sie hat das Kind verloren. Es war eine sehr schwere Zeit für uns.«
Roland war perplex. Er hatte plötzlich den Eindruck, nur sehr wenig über seine Eltern zu wissen, und fragte sich, was es noch für Geheimnisse gab, die er vielleicht nie erfahren würde.
»Warum habt ihr mir das nicht gesagt?«, fragte er unsicher.
»Wozu? Glücklicherweise hast du dich bald angekündigt.«
»Und damit war die Sache erledigt? Habt ihr nicht getrauert?«
»Wofür hältst du uns eigentlich?«, fragte der Vater da schärfer als beabsichtigt. »Natürlich haben wir getrauert. Aber das Leben geht weiter. Ich hatte eine Klinik zu leiten. Und deine Mutter war sehr glücklich, als sie dich zum ersten Mal in den Armen hielt.«
Der junge Arzt sagte nichts, doch ein kaltes Gefühl des Ausgeschlossenseins erfüllte ihn. Selten waren seine Eltern ihm so fremd erschienen wie in diesem Moment.
»Wirst du Greta nach Tirol begleiten?«, fragte der Professor ihn schließlich. »Du hast noch Urlaub und …«
»Nein, das wäre nicht das Richtige«, wies er den Vorschlag seines Vaters zurück.
»Aber warum nicht?«
»Wenn es uns hier nicht gelingt, unsere Ehe zu kitten, wird diese Reise uns auch nicht dabei helfen.«
»Junge, du willst damit doch nicht sagen …«
Der Mediziner lächelte schmal. »Nicht alles lässt sich mit Entschlossenheit und Disziplin erreichen, Vater. Manche Dinge entziehen sich einem einfach. Und leider sind das meist die, die einem am meisten bedeuten.« Damit wandte er sich ab und verließ den Bereitschaftsraum.