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Dr. Burger und das Drama um Felix
Als der kleine Junge auf seinem Pony verschwand
Von Andreas Kufsteiner
In St. Christoph machen sich zahlreiche Dörfler, mit Mistgabeln und Jagdgewehren bewaffnet, auf die Suche nach Florian Sandmaier. Veronika, die Mutter des an Autismus erkrankten Zwanzigjährigen, hat die Leute zusammengetrommelt und gegen ihren eigenen Sohn aufgehetzt. Er soll den kleinen Felix vom Moosbacher-Hof entführt haben. Gemeingefährlich soll der Florian sein und zu allem fähig, behauptet die Mutter.
Nun beginnt eine wilde Jagd auf den jungen Mann, der noch nie einer Fliege etwas zuleide getan hat. Dr. Burger, der sich mit dem Leiter der Bergwacht und Felix’ Vater an der Suche nach Felix und Florian beteiligt, hofft, dass sie die beiden Jungen schnellstens finden und dass sie die aufgehetzten Dörfler noch rechtzeitig stoppen können ...
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Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Dr. Burger und das Drama um Felix
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Fam Veld / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar
ISBN 9-783-7325-7924-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Dr. Burger und das Drama um Felix
Als der kleine Junge auf seinem Pony verschwand
Von Andreas Kufsteiner
In St. Christoph machen sich zahlreiche Dörfler, mit Mistgabeln und Jagdgewehren bewaffnet, auf die Suche nach Florian Sandmaier. Veronika, die Mutter des an Autismus erkrankten Zwanzigjährigen, hat die Leute zusammengetrommelt und gegen ihren eigenen Sohn aufgehetzt. Er soll den kleinen Felix vom Moosbacher-Hof entführt haben. Gemeingefährlich soll der Florian sein und zu allem fähig, behauptet die Mutter.
Nun beginnt eine wilde Jagd auf den jungen Mann, der noch nie einer Fliege etwas zuleide getan hat. Dr. Burger, der sich mit dem Leiter der Bergwacht und Felix’ Vater an der Suche nach Felix und Florian beteiligt, hofft, dass sie die beiden Jungen schnellstens finden und dass sie die aufgehetzten Dörfler noch rechtzeitig stoppen können …
„Das hast du gut gemacht, braves Mädchen.“ Patrick Moosgruber kraulte der Haflinger-Stute die Mähne und steckte ihr einen Zuckerwürfel ins weiche Maul.
Der Bauer und Pferdewirt aus St. Christoph achtete sonst strikt auf eine gesunde Ernährung seiner Tiere. Aber die kleine Stute hatte gerade einem strammen Fohlen das Leben geschenkt und sich eine besondere Leckerei verdient.
Wohlig schnaubend knackte sie die Süßigkeit, um sich danach gleich wieder ihrem Nachwuchs zu widmen.
Der hochgewachsene Mann mit dem dichten Haar und den ruhigen grauen Augen betrachtete Mutter und Kind noch einen Moment lang gedankenverloren.
Sein ganzes Leben hatte Patrick Tiere und den Umgang mit ihnen geliebt. Nach dem frühen Tod des Vaters hatte er bereits mit Mitte zwanzig den Hof in einem schmalen Seitental zwischen St. Christoph und Hochbrunn im schönen Tiroler Zillertal übernommen.
Kurz danach hatte er seine Jugendliebe Susanne geheiratet. Zwei glückliche Jahre waren gefolgt, bis die junge Bäuerin bei der Geburt des ersten Kindes gestorben war. Ganz plötzlich war es geschehen, und Patrick war in tiefste Verzweiflung gestürzt.
Dr. Burger und die Hebamme waren bei der Hausgeburt dabei gewesen, als Susannes Herz einfach aufgehört hatte zu schlagen. Der Landarzt, den die Menschen im Tal respektvoll „Bergdoktor“ nannten, hatte alles versucht, um sie zu retten, aber vergebens.
Da hatte Patrick dann gestanden, allein mit einem Neugeborenen und der bohrenden Frage nach dem Warum.
Seine Mutter hatte sich des Kindes angenommen, eine Amme war für den kleinen Buben eingestellt worden, der auf den Namen Felix getauft werden sollte. Das Kind wuchs und gedieh, umsorgt von der Großmutter und schließlich auch von seinem Vater, denn ein wenig lebte ja auch die Mutter in dem Kleinen weiter.
So waren fünf Jahre vergangen. Patrick liebte seinen Sohn von Herzen, die Verzweiflung über Susannes Tod war einem stillen Schmerz gewichen, der zum ständigen Begleiter geworden war. Die Liebe spielte in seinem Leben keine Rolle mehr, er hätte dies als Verrat an der Frau betrachtet, die ihm alles gewesen war.
Also hatte der junge Witwer all seine Energie in den Hof gesteckt und neben der Landwirtschaft eine kleine, aber feine Haflingerzucht aufgebaut. Die robusten Pferdchen erfreuten sich bei Hobbyreitern wachsender Beliebtheit. Von ruhigem Wesen, genügsam, bergfest und eigentlich unverwüstlich eigneten sie sich besonders für Wagenfahrten, für Bergtouren und natürlich als Hobbypferde für Kinder.
Auch Felix hatte sein Lieblingspony, Pünktchen, dessen aparte Fellzeichnung es aus der Masse heraushob. Die lange helle Mähne und der helle Körper standen im Kontrast zum braunen Kopf und Hals. Und auf der Stirn, einer Blesse ähnlich nur viel kleiner, fand sich ein heller Punkt.
Der Bub liebte Tiere ebenso wie sein Vater. Schon mit vier Jahren hatte er das erste Mal auf einem Pony gesessen und war mittlerweile ein guter Reiter. Manchmal freilich etwas zu waghalsig, da musste Patrick ihn bremsen. Er hatte das Temperament der Mutter geerbt und war ihr auch in vielen Dingen ähnlich, sodass der Vater auch durch den kleinen Buben immer an seine geliebte Frau erinnert wurde.
Vor einem halben Jahr war Patricks Mutter plötzlich umgefallen. Eben noch hatte sie das Mittagsmahl vorbereitet, im nächsten Moment hatte der schrille Schrei der Küchenmagd den Bauern alarmiert.
Elisabeth hatte einen Schlaganfall erlitten, wie der eilig herbeigerufene Bergdoktor festgestellt hatte. Sie musste einige Wochen im Spital in Schwaz verbringen und war nun auf Hilfe angewiesen.
Die Altbäuerin war eine stolze Frau, der es gar nicht gefiel, sich bedienen zu lassen. Ihr Zustand zwang sie zu manchem Zugeständnis, am schlimmsten aber war für sie das Wissen, dass sie ihrem Sohn zur Bürde geworden war. Er konnte nicht die ganze Hofarbeit machen, sich um die Pferde kümmern und sie auch noch pflegen. Das ging einfach nicht.
Elisabeth hatte mit Dr. Burger darüber gesprochen, der der gleichen Meinung war. Er hatte Patrick geraten, eine Pflegerin einzustellen, die auf dem Hof wohnte und die Kranke betreuen konnte. Eigentlich wollte der junge Mann sich lieber selbst um seine Mutter kümmern, doch auch er musste einsehen, dass dies auf Dauer unmöglich war. Ihm fehlte einfach die Zeit.
Dr. Burger hatte versprochen, nach einer geeigneten Kraft zu suchen, und die Moosgrubers waren überzeugt, dass er sie nicht enttäuschen würde. Sie vertrauten ihm, wie alle im Tal von St. Christoph, denn sie wussten, dass er nicht nur ein hervorragender Mediziner war, sondern auch ein Mensch, der das Herz auf dem rechten Fleck hatte.
Der Bergdoktor sah nie nur den Fall, die Krankheit, die es zu heilen galt. Stets blickte er hinter die Dinge, sah die Ängste und Sorgen seiner Patienten und schaute dabei nicht selten in menschliche Abgründe. Nichts Menschliches war ihm fremd, sein Verständnis und sein Wunsch zu helfen, erlahmten nie.
Als die Stalltüre mit dem vertrauten leisen Quietschen geöffnet wurde, wandte Patrick den Kopf. Er lächelte, denn er hatte sich schon denken können, wer da kam.
Es war sein Sohn, barfuß und im Schlafanzug. Mit verwuscheltem Haarschopf und schlafroten Wangen, denn draußen war die Sonne noch nicht aufgegangen, und eigentlich war es noch viel zu früh für Felix, um auf den Beinen zu sein. Doch die Neugier hatte ihn nicht ruhen lassen. Und als der kleine Bub nun das neugeborene Fohlen sah, juchzte er leise und verzückt.
„Mei, Papa, wie lieb es ist!“, murmelte er.
Er wusste schon, wie man sich den Tieren gegenüber verhalten sollte, dass lautes Schreien oder Hektik etwas waren, das sie gar nicht mochten, vor allem so früh am Morgen, wenn es noch ganz still war.
Mit großen blauen Augen betrachtete der Bub das kleine Pferdchen, das noch etwas wacklig auf den Beinen war und von seiner Mutter zärtlich gestupst wurde, denn es sollte trinken.
„Hast du schon einen Namen?“, fragte Patrick, nahm seinen Sohn auf den Arm und stellte fest: „Du hast Eisfüße. Über einen Namen können wir auch drinnen nachdenken, mit Socken.“
„Es schaut aus wie ein Schneeflöckchen“, meinte Felix.
„Im April? Ich weiß net. Wie wär’s mit Gänseblümchen?“
Der Bub lachte.
„Das passt. Ist es denn ein Madel?“
„Jawohl, eine kleine Stute.“ Patrick verließ mit Felix auf dem Arm den Stall und querte den Wirtschaftshof. Im Osten lugte nun die Sonne über die Berge, ein Rotschwanz sang sein kratziges Lied, und weit über ihnen im noch blassen Himmelsblau zog ein Pfeil Kraniche über das Tal.
„Wohin fliegen die, Papa?“, fragte der Bub.
„Nach Norden, dahin, wo’s kalt ist.“
„Mei, so was Dummes. Endlich wird’s Frühling, da fliegt man doch net ins Kalte“, sagte der Bub da naseweis.
„Wir net, aber die Kraniche schon. Die wissen, was sie tun.“
„Nachher muss ich dem Filli gleich erzählen, dass das Fohlen da ist“, beschloss Felix, als er wenig später mit seinem Vater beim Frühstück saß. „Und der Florian wird sich fei auch freuen. Er hat gesagt, die Stute kriegt Zwillinge, weil sie so dick ist. Aber es war doch nur eins.“
„Der Florian hat einen guten Blick für die Pferde. Ich glaub, er könnte uns mehr helfen, aber seine Mutter will’s net.“
„Sie erlaubt ihm gar nix, bloß, weil er ein bisserl anders ist. Das find ich net recht. Sag du ihr doch, sie soll ihn mehr in Ruh lassen, Papa.“
„Das kann ich net, es ist ihre Sache.“
„Aber der Florian ist doch … wie sagt man, schon groß.“
„Er ist erwachsen, aber net mündig, weil er net für sich selbst entscheiden kann. Das macht seine Mutter. Und jetzt solltest du dich auf den Weg machen, sonst kommst du zu spät in den Kindergarten. Bis heut Mittag.“
„Ja, ich muss los!“, rief Felix geschäftig und hängte sich seine kleine Vespertasche um. „Ich hab viel zu erzählen! Pfiat di, Papa, bis dann!“ Fröhlich hüpfte er aus der Küche.
Patrick blickte ihm versonnen nach und dankte dem lieben Gott im Stillen, dass der ihm so einen Sohn geschenkt hatte. Noch immer verstand er nicht, warum seine Susanne so früh hatte sterben müssen. Der Bub aber war wie ihr Vermächtnis. Er machte Patrick jeden Tag aufs Neue glücklich und froh.
Als er seiner Mutter dann das Frühstück brachte, wollte diese wissen, ob sich schon eine Pflegerin vorgestellt habe.
„Noch net. Der Bergdoktor kommt ja nachher zum Hausbesuch, dann kann ich ihn fragen. Es dauert gewiss seine Zeit, eine gute Kraft zu finden. Und bis dahin geht’s ja auch so“, meinte Patrick, während er seiner Mutter Kaffee einschenkte.
„Ich leid es net, dass ich dir unnötige Arbeit mach, statt meinen Anteil auf dem Hof zu leisten.“
„Schmarrn. Ich will nix mehr davon hören, Mama. Du musst dich schonen, bis es dir besser geht. Geduld. Es wird schon.“
„Hoffentlich hast du recht. Ich mag net für den Rest meines Lebens unnütz herumsitzen, davor graust mir.“
In diesem Moment wurde drunten am Klingelstrang gezogen.
Der Bauer schaute nach, wer zu so früher Stunde vorbeikam, und traf auf die Nachbarin Veronika Sandmaier.
„Wie geht’s deiner Mama? Kann ich was helfen, Patrick?“, fragte sie freundlich. „Ich weiß ja, wie es ist mit einem Kranken, da ist man für ein bisserl Hilfe allerweil dankbar, gelt?“
„Der Florian macht sich doch auch nützlich.“
„Schon. Nur meistens weiß er kaum, was er tut.“ In dem verhärmten Gesicht der Bäuerin blitzten die stahlblauen Augen kurz verächtlich auf. „So hat halt ein jeder sein Packerl zu tragen, net wahr?“
„Wenn du magst und Zeit hast, Veronika, kannst du nach der Mama schauen. Sie wird sich über ein bisserl Gesellschaft freuen.“
„Das mach ich gern.“
Gleich darauf hockte die Nachbarin an Elisabeths Bett und beklagte sich wieder einmal ausgiebig über ihren Sohn. Dabei fuhr sie sich mit der abgearbeiteten Hand über den strengen grauen Haarknoten oder verschränkte die Hände so fest ineinander, dass sie ganz weiß wurden.
Elisabeth mochte Veronika nicht. Sie tat freundlich und gab sich stets den Anstrich frommer, überaus gottesfürchtiger Bescheidenheit. Doch sie hatte etwas an sich, das die Bäuerin abstieß.
Und so war diese froh und erleichtert, als der Besuch der Nachbarin schließlich ein Ende fand und sie wieder ihre Ruhe vor Veronika hatte.
***
Wenig später kehrte Veronika Sandmaier nach Hause zurück.
Das Nachbarhaus der Moosgrubers war bescheiden, zudem nicht gerade gut in Schuss. Einige Dachschindeln fehlten, die Löcher im Dachstuhl waren provisorisch zugestopft. Die Fassade hätte schon längst einen neuen Anstrich gebraucht, ein Fenster war blind, daneben hing ein Klappladen schief in den Angeln. Auch drinnen sah es nicht besser aus, denn Veronika war nicht unbedingt ordentlich.
Seit ihr Mann sie vor über zwanzig Jahren verlassen hatte, ging es auf dem Sandmaier-Hof drunter und drüber. Und an alldem trug nach Veronikas Meinung nur einer die Schuld: ihr Sohn Florian.
Einmal im Leben hab ich gesündigt, o Herr, dachte sie bitter, während sie in der Küche das benutzte Geschirr von einer Ecke in die andere räumte. Und du lässt mich bis heut dafür büßen, das ist fei net recht.
Damals, mit Mitte dreißig, war die Bäuerin schon ebenso unzufrieden gewesen mit ihrem Leben wie heut. Ihr Mann Franz hatte mehr Interesse an Bier und Enzian als an der Hofarbeit oder ihr gezeigt. Hatte sie sich beschwert, hatte es was gesetzt.
Dann war dieser fesche Saisonknecht eingestanden. Luigi war sein Name gewesen, aus Südtirol war er gekommen. Er hatte ihr einsames Herz im Sturm erobert. Ausgehungert nach Liebe und Zuwendung hatte die Bäuerin sich auf ein heimliches Gspusi eingelassen.
Luigi hatte ihr das Blaue vom Himmel versprochen. Er wollte sie mitnehmen in seine Heimat, ein ganz neues Leben wollten sie beginnen. Veronika hatte ihm jedes Wort geglaubt und von einer rosaroten Zukunft geträumt. Dann war sie in die Hoffnung gekommen, und Luigi war über Nacht verschwunden, hatte sich quasi in Luft aufgelöst, ebenso wie ihre Träume.
Die Bäuerin hatte ihrem Mann die Wahrheit gestehen müssen, als ihr Zustand sich nicht länger hatte verheimlichen lassen. Auf Knien hatte sie ihn um Verzeihung gebeten. Doch Franz hatte nur einen Koffer gepackt, ihr einen letzten, verächtlichen Blick zugeworfen und sie klar und deutlich wissen lassen, dass er mit einem Bastard nichts zu tun haben wollte. Da hatte sie dann gestanden, allein und schwanger und völlig verzweifelt.
Es hatte lange gedauert, bis sie sich mit ihrem Schicksal abgefunden hatte, zumindest nach außen hin. Sie hatte angefangen, jeden Gottesdienst zu besuchen, hatte sich einen frommen Anstrich verpasst, bescheiden und fleißig. Im Dorf hieß es bald, dass ihr Mann sie wegen einer anderen hatte sitzen lassen.
Freilich ließ sie keinen Zweifel daran aufkommen, dass Florian der Sohn ihres Mannes war. Mit diesen Lügen lebte es sich besser, aber längst nicht gut. Die aufgestaute Wut, all der Hass und Neid auf jene, denen es vermeintlich oder tatsächlich besser ging, mussten sich Bahn brechen. Und das geschah. Heimlich, im Verborgenen und dort, wo es keinen Widerstand gab, am schwächsten Glied.
Von klein auf war Florian seiner übellaunigen Mutter schutzlos ausgeliefert gewesen. Dr. Burger hatte bei dem Buben Autismus diagnostiziert und der Bäuerin geduldig erklärt, was es damit auf sich hatte und wie sie damit umgehen konnte.
„Autisten leben in ihrer eigenen Welt. Florian ist körperlich gesund. Aber er kann net so wie andere Kinder auf seine Umwelt reagieren. Du musst sehr viel Geduld aufbringen, Bäuerin. Was er tut, kannst du vielleicht net immer verstehen. Aber er tut es net aus bösem Willen, er folgt sozusagenen seinen eigenen, inneren Gesetzen. Und noch etwas kommt hinzu. Er ist geistig auf der Stufe eines Fünfjährigen. Ob sich daran im Laufe der Zeit etwas ändern wird, kann man net voraussagen. Mit Liebe und Geduld ist aber in solchen Fällen schon vieles erreicht worden.“
Liebe und Geduld! Als ob jemals jemand für sie solche Gefühle aufgebracht hätte.
Nach einer freudlosen Kindheit hatte sie den falschen Mann geheiratet. Einmal nur hatte sie nach dem Glück greifen wollen und war so hart bestraft worden. Ein Depp, ein Fantast war der Junge, und nichts war mit ihm anzufangen. Nicht mal für die einfachsten Hofarbeiten taugte er. Schlief dabei ein, rannte fort oder trieb irgendeinen Unsinn.