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Ungeliebt im Hause der Verwandten
Warum Bruni ihnen nicht willkommen war
Von Andreas Kufsteiner
Bruni fährt der Schreck in die Glieder, als plötzlich mitten in den Bergen Louis vor ihr steht. Seitdem das Madel bei ihrem Onkel auf dem Hof in St. Christoph lebt, stellt der Knecht ihr nach. Und dabei ist er fest mit Brunis Cousine verbandelt.
Schon einmal konnte sie seinen dreisten Annäherungsversuchen nur entkommen, weil ihr in letzter Minute ein Urlauber zu Hilfe kam.
Diesmal allerdings scheint Louis fest entschlossen, sein Ziel zu erreichen. Schon packt er Bruni und schiebt eine Hand unter ihr Kleid. Als sein Griff sich kurz lockert, nutzt Bruni die Chance und reißt sich los. In jäher Panik rennt sie um ihr Leben. Als sie den Eingang zu einem alten Stollen entdeckt, läuft sie blitzschnell hinein - und sitzt in der Falle ...
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Ungeliebt im Hause der Verwandten
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: RStollner / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-8660-8
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Ungeliebt im Hause der Verwandten
Warum Bruni ihnen nicht willkommen war
Von Andreas Kufsteiner
Bruni fährt der Schreck in die Glieder, als plötzlich mitten in den Bergen Louis vor ihr steht. Seitdem das Madel bei ihrem Onkel auf dem Hof in St. Christoph lebt, stellt der Knecht ihr nach. Und dabei ist er fest mit Brunis Cousine verbandelt.
Schon einmal konnte sie seinen dreisten Annäherungs-versuchen nur entkommen, weil ihr in allerletzter Minute ein Urlauber zu Hilfe kam.
Diesmal allerdings scheint Louis fest entschlossen, sein Ziel zu erreichen. Schon packt er Bruni und schiebt eine Hand unter ihr Kleid. Als sein Griff sich kurz lockert, nutzt Bruni die Chance und reißt sich los. In jäher Panik rennt sie um ihr Leben. Als sie den Eingang zu einem alten Stollen entdeckt, läuft sie blitzschnell hinein – und sitzt in der Falle …
„Net diese beiden Becher, Bruni!“ Ihre Mutter griff nach ihrem Arm. „Die können wir net wegwerfen.“
„Aber sie sind schon kaputt.“ Bruni blickte auf die beiden Gefäße nieder. Sie waren aus Steingut und mit Sommerblumen bemalt. „Sieh nur: An dem einen sind Kanten abgeschlagen, und bei dem anderen wackelt der Henkel. Dabei haben wir ihn schon x-mal mit Sekundenkleber festgeklebt.“
„Die Becher haben dein Vater und ich in Prag gekauft.“ Maria Lorentz blickte wehmütig darauf nieder. „Wir hatten uns die Reise zu unserem zehnten Hochzeitstag geleistet. Damals waren wir so glücklich. Wir hatten gerade herausgefunden, dass du unterwegs bist. Darauf haben wir mit den Bechern angestoßen. Mit Apfelsaft, den dein Vater in einer kleinen Taverne gekauft hat. Seitdem haben wir die Becher. Es hängen so viele Erinnerungen daran.“
„Wir können net alles mitnehmen, Mama“, gab Bruni zu bedenken.
„Ich weiß ja, ich weiß.“ Die Augen ihrer Mutter schimmerten verräterisch.
Auch Brunis Sicht war an diesem Morgen verschwommen. Sie packten gerade die letzten Kisten für den Umzug ein. Brunis Elternhaus war bereits verkauft. Sie mussten es an diesem Tag verlassen. Längst war es zu groß für sie beide geworden. Zu teuer leider auch. Allein die Heizkosten verschlangen mehr Geld, als Bruni verdienen konnte. So blieb ihnen nichts anderes übrig, als es zu verkaufen.
Brunis Onkel Roman hatte sich bereit erklärt, sie aufzunehmen. Für den Übergang, wie Tante Renate betont hatte.
Sie würden ins Zillertal auf den Hof der Affelbachs ziehen.
Bruni hatte versucht, das zu verhindern. Sie hatte sich gleich nach ihrem Abschluss einen Job gesucht und gearbeitet, aber das Geld war ständig knapp und reichte kaum für das Nötigste. Ihre Mutter war zu krank zum Arbeiten. Der Umzug war unumgänglich.
In den Bergen wird Mama gute Luft und viel Ruhe haben, machte sich Bruni Mut. Das wird ihr guttun. Womöglich ist der Umzug net das Ende, sondern ein neuer Anfang?
Die Hände ihrer Mutter zitterten sichtlich. Vor acht Jahren war bei ihr Morbus Parkinson diagnostiziert worden. Anfangs hatte sie nur unter einem gelegentlichen Zittern gelitten. Dann waren Schmerzen in Schultern und Armen dazugekommen. Sie hatte ihren Geruchssinn verloren und ihre Arbeit als Köchin aufgeben müssen. Damit haderte sie noch immer. Maria hatte es geliebt, in einer Schulküche zu arbeiten und für die Kinder zu kochen. Als das nicht mehr gegangen war, hatte sie wochenlang geweint.
Und nun der Umzug. Bruni schluckte und griff nach Küchenkrepp.
„Also schön. Wir nehmen die Becher mit. So viel Platz wird schon sein.“
„Ist das net albern?“, fragte ihre Mutter leise. „Sie sind ja wirklich schon ziemlich angeschlagen.“
„Das sind wir auch. Sie passen also prima zu uns.“ Bruni zwinkerte ihrer Mutter zu und packte die Becher ein. Zehn Umzugskartons hatte Onkel Roman ihnen bewilligt. Für mehr reichte der Platz auf seinem Hof nicht aus. Sie mussten ihr bisheriges Leben in diese zehn Kartons stopfen: Kleidung, Bücher, lieb gewordene Fotografien …
„Was würde ich ohne dich anfangen?“, sagte ihre Mutter und umarmte sie.
„Zum Glück müssen wir das net herausfinden.“ Bruni erwiderte die Umarmung, ehe sie mit dem Einpacken fortfuhr. Ihr Vater war vor fünf Jahren gestorben. Sie vermissten ihn schmerzlich. Die Lücke, die sein Tod gerissen hatte, war so groß wie der Marianengraben.
„Nichts mehr drin, das wir mitnehmen könnten.“ Ihre Mutter schloss die Schranktür und stützte sich unvermittelt auf die Anrichte. Tränen rannen ihr über das Gesicht. „Oh nein, ich wollte nimmer weinen. Es hilft ja doch nix!“ Hastig wischte sie sich über die Wange, aber es kamen immer neue Tränen. „Hier in der Küche hast du laufen gelernt. Ich hab gerade einen Apfelstrudel gebacken, da hast du dich am Tischbein hochgezogen und bist losgelaufen.“
„Weit bin ich net gekommen, oder?“
„Ganze drei Schritte hast du geschafft, ehe du dich auf den Hosenboden gesetzt hast. Mei, es kommt mir so vor, als wäre es gestern gewesen. Hier haben wir deine Geburtstage gefeiert, mit all deinen Schulfreunden. Es waren so viele wunderbare Augenblicke. Ich wünschte, ich hätte sie festhalten und in einem Glas verwahren können, um sie später hervorzuholen.“ Der Blick ihrer Mutter verlor sich in der fernen Erinnerung. „Ich will hier net weg“, wisperte sie. „Das Haus ist doch alles, was wir von deinem Vater noch haben!“
„Wir nehmen ihn in unserem Herzen mit ins Zillertal“, versuchte Bruni ihre Mutter zu trösten, und dabei musste sie sich selbst die Tränen verbeißen. „Er ist bei uns, wenn wir an ihn denken.“
„Mei, wenn das doch nur genug wäre.“ Maria wandte das Gesicht ab, aber Bruni wusste, dass ihrer Mutter Tränen über die Wangen liefen, und es schnürte ihr die Kehle zu.
Sie war schon früher zu Besuch auf dem Hof ihres Onkels gewesen. Das Bauernhaus stand idyllisch an einem Hang und bot einen wunderbaren Ausblick auf das nahe Dorf. Doch es zog sie nicht dorthin.
Ihr Zuhause war hier, am Starnberger See. Leider nur noch für wenige Stunden.
Als ihr Onkel und ihre Tante mit dem Lieferwagen eintrafen, war Bruni das Herz so schwer wie ein Stein.
„Nun schaut net so traurig“, brummte ihr Onkel.
Roman Affelbach war ein gestandener Bauer von achtundvierzig Jahren, dem man ansah, dass er es gewohnt war zuzupacken. Seine Hände waren rau und kräftig. Ein buschiger Bart wucherte um sein Kinn. Einige wenige silberne Strähnen zogen sich hindurch.
„Es wird euch schon gefallen bei uns. Ich weiß, es ist eine Veränderung, aber davor muss es euch net bange sein. Ihr zieht ja net auf den Mond, sondern ins Zillertal“, tröstete er Bruni und fuhr mit einer schwieligen Hand über ihre Wange. Dann machte er sich daran, die Kisten und Kartons nach draußen zu schaffen und aufzuladen. Brunis Hilfe lehnte er ab. „Lass nur, Madel, ich bin das gewohnt. Für mich ist das nix weiter. Du sollst dir an den schweren Kisten net den Rücken verrenken.“
„Danke, dass du uns bei euch wohnen lässt, Roman“, sagte Brunis Mutter.
„Na hör mal. Das ist doch keine Frage. Wir sind eine Familie. Und wir stehen füreinander ein. Außerdem haben wir auf dem Hof Platz genug.“
„So viel nun auch wieder net, Roman“, warf Tante Renate ein. „Wir werden uns einschränken müssen, wenn ihr da seid. Immerhin gibt es nur eine Küche für das ganze Haus.“
„Und die ist das Herz des Hofes. Ist doch schön, wenn wir uns dort alle begegnen. Meinst du net auch?“
„Nun ja.“ Tante Renate verzog das Gesicht, als hätte sie einen üblen Geruch in der Nase. Sie war eine sehnige Frau, die ihre dunklen Haare zu einem Zopf geflochten und aufgesteckt trug. Das ließ ihre Züge herb und unnahbar erscheinen.
Ohne ein weiteres Wort verließ sie das Haus. Ihr Mann folgte ihr mit einer der Umzugskisten.
Noch ein letztes Mal ging Bruni durch die Räume, die während der vergangenen zweiundzwanzig Jahre ihr Zuhause gewesen waren. Draußen im Garten war sie zum ersten Mal von einem Jungen geküsst worden. In den Sommerferien. Linus hatte mit seinen Eltern am See gecampt. Der erste Liebeskummer war auf dem Fuße gefolgt, als er abgereist war und nie wieder von sich hatte hören lassen.
Bruni lief in ihr Zimmer und schaute mit schwerem Herzen auf den Starnberger See. Wie sie ihn vermissen würde!
„Leb wohl, geliebte Heimat!“, murmelte sie.
Und mit einem Mal schlich sich ein banges Flattern in ihr Herz: Was würde sie wohl in ihrem neuen Zuhause erwarten?
***
„Autsch! Oh! Verflixt!“ Florian Hildner blickte erschrocken auf seine rechte Hand. Beim Öffnen der Coladose hatte es kurz gezischt, dann hatte sich die Metallöse in seinen Zeigefinger gebohrt. Nun lief ein Streifen Blut an der Wunde hinunter.
„Ach du liebe Zeit!“ Albert starrte die Verletzung seines besten Freundes an. „Du musst das ausspülen. Am besten desinfizieren wir die Wunde mit einem Spray. Warte, ich müsste es hier irgendwo haben.“ Er holte seinen Rucksack aus dem Flur und kramte darin herum. Dabei brachte er eine Wundsalbe, eine Schachtel Tabletten gegen Reiseübelkeit, Schmerzmittel, Ohrentropfen und noch allerlei mehr hervor.
Aber wo war das verflixte Wundspray?
Sein Freund betrachtete kopfschüttelnd das Arsenal.
„Mit all dem Kram könntest du deine eigene Apotheke aufmachen, weißt du? Damit könntest du ein Vermögen machen.“
„Wie kommst du denn darauf? Ich will die Sachen net verkaufen. Ich hab sie für den Notfall!“ Albert tauchte tiefer in seinen Rucksack ein, fand das Gesuchte jedoch nicht.
„Lass nur, es geht auch so.“ Florian schob sich den Finger in den Mund und saugte daran. „Siehst du?“
„Florian!“
„Was guckst du denn so? Es blutet kaum noch. Alles gut.“
„Von wegen! Weißt du, wie viele Keime dein Speichel enthält?“
„Hab sie noch net gezählt. Meine Großmutter hat immer gesagt: ‚Spucke heilt‘.“
„Die Kirchhöfe sind voll mit Leuten, die das auch geglaubt haben“, grummelte Albert. „Im Internet steht: Jeder Mensch hat Millionen von Mikroorganismen in seinem Mund. Dort geht es wilder zu als auf der Kirmes! Beim Küssen werden Millionen Bakterien ausgetauscht. Lies mal nach!“
„Lieber net. Ich will mir den Spaß net verderben.“
„Du solltest das wirklich net auf die leichte Schulter nehmen. Ah, da ist es ja!“ Endlich fand Albert das Wundspray und sprühte die Hand seines Freundes großzügig ein.
„Autsch! Das brennt!“
„Das muss es auch. Nur so wirkt es.“
„Sadist.“
„Ich sorge nur vor. Auf unbehandelten Wunden können sich Keime ungehindert vermehren. Man nennt das Kolonisation. So ähnlich wie die Besiedelung Amerikas.“
„Na schön, Kolumbus, jetzt reicht es mir mit deinen Schauermärchen“, brummte Florian. Er nahm einen Schluck Cola, ehe er sich auf den Küchenstuhl sinken ließ und nach einem Notizzettel griff. „Diese Woche bin ich mit Einkaufen dran. Hab schon Klopapier aufgeschrieben. Was brauchen wir noch?“
„Haushaltsreiniger. Aber den teuren. Außerdem …“ Albert stockte kurz, weil plötzlich ein scharfes Ziehen durch seinen Bauch schoss und ihm sekundenlang den Atem nahm. Seit Wochen ging das schon so! Bauchweh war sein ständiger Begleiter geworden. Ein Schatten, auf den er liebend gern verzichtet hätte. Der Schmerz verebbte so schnell, wie er gekommen war, aber mulmig war ihm trotzdem noch.
Anfangs hatte er geglaubt, sich den Magen verdorben oder sich einen Virus eingefangen zu haben. Aber dann hatte er seine Beschwerden gegoogelt.
Albert hatte seine Symptome mehrmals eingegeben. Und jedes Mal war dasselbe Ergebnis auf dem Bildschirm erschienen: Ein Tumor in der Bauchspeicheldrüse. Ihm blieben höchstens noch ein paar Monate zu leben.
Sein Mitbewohner wusste noch nichts davon, aber er schien zu spüren, dass etwas nicht in Ordnung war.
„Geht es dir gut?“, fragte er.
„Mir ist ein bisserl flau. Ich brauche wohl meine Tropfen.“
„Du brauchst keine Tropfen, sondern ein Madel!“
„Was? Wie kommst du denn jetzt darauf?“
„Eine Freundin würde dich beschäftigen und davon abhalten, ständig in dich hineinzuhorchen.“
„Ich horche net ständig in mich hinein.“
„Oh doch, genau das tust du. Du misst deine Körpertemperatur dreimal am Tag.“
„Aber nur, weil ich rechtzeitig wissen will, wenn ich Fieber bekomme, damit ich gegensteuern kann. Wenn man so etwas verschleppt, kann sich eine Herzmuskelentzündung einstellen.“
„Mei, du machst dich verrückt, wenn du dich so reinsteigerst.“
„Ich steigere mich net hinein.“
„In deinem Zimmer gibt es mehr medizinische Fachbücher als bei so manchem Medizinstudenten!“
„Ich informiere mich halt gern.“
„Verstehst du überhaupt, was du da liest? Ich kapiere von den meisten dieser Wälzer net mal die Titel, geschweige denn den Inhalt.“
„So schlimm ist das net. Da liest man sich schon ein.“
„Alternative Mitochondrientherapie? Mikrophtalmie?“ Florian verdrehte die Augen. „In deiner Sammlung fehlt nur noch ein Buch über Morbus Google.“
„Das ist keine anerkannte Erkrankung.“
„Sollte es aber sein. Für Menschen, die ihre Symptome googeln und selbst eine Diagnose stellen, anstatt sich einem Arzt anzuvertrauen.“
„Was ist verkehrt daran?“
„Das kann gewaltig schiefgehen. Weißt du nimmer? Kurz vor Weihnachten? Du dachtest, du hättest eine Zervizitis, bis sich rausgestellt hat, dass das eine Entzündung der Gebärmutter ist. Die du net mal hast.“
„Ja, da hab ich mich geirrt.“
„Weil du eben kein Arzt bist.“
Albert schwieg. Er mochte es nicht, dass sein Freund glaubte, er würde sich seine Beschwerden nur einbilden. Genau wie die Nachbarn. Cyperchonder, hatte ihn der alte Herr Winkler aus der Eckwohnung neulich genannt. Nicht sehr freundlich. Dabei war Albert kein Hypochonder. Er bildete sich das nicht ein. Auch nicht mit Hilfe des Internets.
Seine Bauchschmerzen waren echt!
Genauso wie die schrumpfende Zahl, wenn er sich auf die Waage stellte. Er aß genauso viel wie immer und nahm trotzdem ab. Das war doch nicht normal!
Unsicher schaute er aus dem Fenster. Florian und er teilten sich eine Wohnung am Rand von München. Die drei Zimmer hatten Vor,– aber auch Nachteile. Nachteilig war der weite Weg, wenn sie in die Stadt wollten. Dafür war die Miete bezahlbar und der Blick auf den Wald und das Voralpenland wunderschön.
Sie hatten zusammen Informatik studiert. Während Florian nach dem Abschluss eine Stelle als Programmierer bei einem Automobilhersteller angenommen hatte, hatte sich Albert als Software-Entwickler selbstständig gemacht. Er liebte Computer. Schon als Kind waren Zahlen und Programme sein Steckenpferd gewesen.
In der Schule wäre Albert vielleicht ein Außenseiter gewesen, hätte er nicht seine gutmütige Art besessen und obendrein die angesagtesten Computerspiele gehabt.
„Wasser“, sagte er nun. „Wir brauchen noch Mineralwasser, wenn du einkaufen gehst.“
„Richtig.“ Sein Freund notierte es auf dem Einkaufszettel. „Ich bringe uns auch Eis mit. Bei dieser Hitze ein Muss.“
„Eis ist der süße Tod mit Sahnetupfer.“
„Schmarrn. Es ist Nervenfutter. Und jetzt lass es gut sein, du wirst mir mein Eis net ausreden können.“
„Schon gut“, begütigte Albert. „Nächste Woche soll das Wetter so heiß und trocken weitergehen. München verwandelt sich langsam, aber sicher in einen Brutofen.“
„In der Tat. Wir sollten zuschauen, dass wir hier wegkommen.“
„Wegkommen?“
„Ganz recht. Was hältst du von folgendem Plan: Wir schnappen uns unsere Fahrräder und machen eine Tour quer durch das Zillertal! Gleich morgen früh fahren wir los. Mit dem Zug in die Berge und von dort mit dem Rad weiter. Das herrliche Spätsommerwetter sollten wir genießen, findest du net?“
„Bekommst du denn so einfach Urlaub?“
„Freilich. Ich hab meinen Jahresurlaub im August net antreten können, weil bei uns allerhand Leute krank waren. Der Chef schuldet mir noch eine freie Woche. Also? Wie ist es? Kommst du mit? Wir schauen uns ein paar Tage lang die idyllischsten Flecken in den Bergen an.“