Der Bergdoktor 1995 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 1995 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Mit leeren Händen stand sie da
A
ls für die arme Resi ein Martyrium begann

Von Andreas Kufsteiner

Resi freut sich ungeheuer auf den Urlaub mit ihrem Buben im Zillertal, denn sie hat die Erholung wirklich bitter nötig. Seit Wochen machen ihr starke Rückenschmerzen zu schaffen, die von Tag zu Tag schlimmer werden. Zudem quälen sie selbst zwei Jahre nach dem tödlichen Autounfall ihres alkoholsüchtigen Mannes noch immer furchtbare Albträume. Resi hofft nun auf Ruhe und Entspannung, um an Körper und Seele zu gesunden.
Auch der kleine Felix ist Feuer und Flamme. Doch kaum sind die beiden in ihrer Ferienhütte im idyllischen St. Christoph angekommen, da bricht die Hölle über sie herein ...

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Seitenzahl: 126

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Mit leeren Händen stand sie da

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Anne von Sarosdy

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8818-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Mit leeren Händen stand sie da

Als für die arme Resi ein Martyrium begann

Von Andreas Kufsteiner

Resi freut sich ungeheuer auf den Urlaub mit ihrem Buben im Zillertal, denn sie hat die Erholung wirklich bitter nötig. Seit Wochen machen ihr starke Rückenschmerzen zu schaffen, die von Tag zu Tag schlimmer werden. Zudem quälen sie selbst zwei Jahre nach dem tödlichen Autounfall ihres alkoholsüchtigen Mannes noch immer furchtbare Albträume. Resi hofft nun auf Ruhe und Entspannung, um an Körper und Seele zu gesunden.

Auch der kleine Felix ist Feuer und Flamme. Doch kaum sind die beiden in ihrer Ferienhütte im idyllischen St. Christoph angekommen, da bricht die Hölle über sie herein …

„Der verflixte Nebel wird immer dichter!“ Pankraz Burger zog fröstelnd die Schultern hoch und packte die Hundeleine fester. „Komm, Poldi, wir sollten uns beeilen. Ich möchte daheim sein, ehe man hier draußen gar nichts mehr sieht.“

Der Rauhaardackel gab einmal Laut, als wolle er sagen: Bin zu allem bereit!, und flitzte neben ihm her, dass seine Schlappohren wippten.

Der Großvater beschleunigte seine Schritte und folgte dem Weg, der in steilen Serpentinen bergan führte. Dabei kam sein Atem schwer und stoßweise. Der Anstieg machte ihm von Jahr zu Jahr mehr zu schaffen. Dichte Nebelschwaden waberten um ihn herum und dämpften jedes Geräusch. Und feuchte Nebelschleier legten sich auf sein Gesicht wie ein kühles Tuch.

Pankraz Burger hatte sein ganzes Leben im Zillertal verbracht und sich in seinem Heimatdorf St. Christoph eine Arztpraxis aufgebaut. Vor einigen Jahren hatte er sie an seinen Sohn übergeben.

Martin trat voll und ganz in seine Fußstapfen und tat alles für die Menschen in den Bergen. Hin und wieder sprang Pankraz noch in der Praxis ein, wenn er gebraucht wurde, ansonsten widmete er sich seiner Chronik des Zillertals, an der er schon seit Jahren schrieb.

An diesem Abend war er bei dem Darnhofer-Bauern zu Besuch gewesen. Blasius hatte ihm allerhand Geschichten über das alte Silberbergwerk droben am Feldkopf erzählt. Noch sein Großvater hatte dort geschuftet, deshalb wusste Blasius alles über die Bergleute und die Unglücke, die es unter Tage gegeben hatte.

Pankraz hatte fleißig mitgeschrieben und dankbar die Zeichnungen eines früheren Bergmannes angenommen, die vom kargen Leben unter Tage erzählten. Damit würde er seine Chronik erweitern können. Allerdings waren sie so ins Reden gekommen, dass er die Zeit für den Aufbruch verpasst hatte.

Das rächte sich nun. Grundgütiger! Er konnte im Nebel kaum weiter als ein, zwei Armlängen sehen.

Gleich müsste die Talstation der Kabinenbahn kommen, beruhigte er sich. Falls er unterwegs nicht den Abzweig verpasst hatte.

Er kniff die Augen zusammen und stapfte weiter. Einmal stolperte er über eine aufragende Wurzel, weil er den Weg verlassen hatte. Beinahe wäre er gestürzt! Im allerletzten Moment fing er sich wieder und schnaufte.

„So ein Beinahe-Sturz bringt das Herz auf Trab, was, Poldi?“

Sein vierbeiniger Begleiter blickte zu ihm hoch und wedelte freundlich. Poldi hatte ein Herz aus Gold und eine Schwäche für Käsebrocken. Für die drei Enkelkinder des alten Arztes war er der allerbeste Kamerad.

Pankraz Burger lief nun vorsichtiger. Eile war gut und schön, aber einen Sturz mochte er nicht riskieren.

Flechten hingen dicht von den Zweigen der Kiefern. Sie bewegten sich im Dunst wie unheimliche Finger. Wieder lief ihm ein Schauder über den Rücken. Die Luft schien immer dichter zu werden, als könnte er sie mit einer Klinge zerteilen. Eine unheimliche Stille hatte sich über den Wald gelegt.

Sein Heimatdorf lag in einem hoch gelegenen Seitenarm des Zillertals. Hier heroben schien der Himmel näher zu sein als unten im Tal, dafür gab es auch öfter Nebel. Besonders jetzt, wo sich der Spätsommer allmählich dem Herbst zuneigte. Die Luft roch nach Pilzen und feuchtem Zirbenholz.

Da! Vor ihm zeichneten sich die Umrisse eines Gebäudes im dichten Nebel ab. Die Talstation der Kabinenbahn. Die Bahn führte auf den Feldkopf. Täglich brachten die Gondeln zahlreiche Ausflügler auf den Berg. Bei schönem Wetter herrschte hier reger Betrieb. Die Aussicht vom Gipfel war spektakulär und reichte bis nach Italien. Jetzt allerdings konnte man kaum bis zur eigenen Nasenspitze schauen.

Pankraz stapfte weiter. Bis nach Hause hatte er noch zwanzig Minuten Weg vor sich. Plötzlich bemerkte er eine Bewegung zu seiner Rechten und blickte unwillkürlich hinüber. Eine Gestalt zeichnete sich zwischen den weißen Schwaden ab. Geduckt schlich dort jemand um die Station herum!

Merkwürdig, huschte es ihm durch den Sinn. Möchte da etwa noch jemand auf den Berg fahren? Bei diesem Wetter?

„Die Bahn hat für heute schon geschlossen!“, rief er.

Jäh zuckte die Gestalt zusammen, wirbelte herum und verschwand mit langen Sätzen im Nebel.

Nanu? Verblüfft schüttelte der alte Arzt den Kopf. Was hatte das denn zu bedeuten? Das hatte ja beinahe den Eindruck gemacht, als hätte da jemand ein schlechtes Gewissen!

***

Das Doktorhaus stand am Rande von St. Christoph. Unmittelbar dahinter begann der Krähenwald, sodass man in der Dämmerung häufig Rehe und andere Waldbewohner beobachten konnte.

Erbaut war es im Alpenstil und so gemütlich eingerichtet, wie es das Zuhause einer Familie nur sein konnte. Im Anbau war die Praxis untergebracht, die jetzt dunkel und geschlossen war. Die Fenster des Wohnhauses jedoch waren hell erleuchtet und wirkten einladend und warm.

Aufatmend trat Pankraz Burger durch das Gartentor und drehte sich an der Haustür noch einmal um. Seit der Begegnung im Wald war ihm unheimlich zumute. Ganz so, als würde ihm jemand folgen!

Ach was! Ein Schnauben entfuhr ihm. Da war niemand!

Trotzdem war er froh, als er eintreten und die Tür hinter sich schließen konnte. Im Flur war es warm und trocken. Während Poldi schon in die Küche flitzte und es sich vermutlich auf seinem Lieblingsplatz – der rustikalen Eckbank – gemütlich machte, schlüpfte der Großvater aus seinen Stiefeln und hängte die Jacke auf einen Bügel.

Danach folgte er dem Dackel in die Küche.

Auf einem der Stühle saß seine älteste Enkeltochter und klammerte sich an den Rand des Sitzmöbels. Mit ihren dunklen Zöpfen und den fröhlichen Sommersprossen war die Achtjährige ein lieber Wirbelwind. Sie konnte Gedichte im Handumdrehen auswendig lernen und hatte den festen Vorsatz, später Schauspielerin zu werden.

Bang verfolgte sie, wie ihr Vater vor ihr kauerte und ihr rechtes Knie mit Mull abtupfte. Es blutete. Die Haut war abgeschürft.

„Mei, wie ist denn das passiert?“, erkundigte sich der Großvater.

„Beim Rollschuhlaufen. Olly, Jasmin und ich sind um die Wette gelaufen. Fünfmal um die Kirche herum.“

„Was, etwa bei diesem Wetter?“

„Och, so schlimm war es vorhin noch net.“ Tessas Augen glänzten. „Ich hab gewonnen! Aber dann hab ich nach dem Ziel net aufgepasst und bin hingefallen.“

„Autsch.“

„Hm“, pflichtete das Madel ihm bei.

Ihr Vater säuberte die Wunde sorgsam, ehe er ein Pflaster draufklebte.

„Das wird eine kleine Narbe geben, Spatzerl.“

„Das macht nix. Dafür hab ich gewonnen.“ Tessa beäugte ihr Pflaster wie einen Orden.

Auf dem Herd stand ein großer Topf. Anscheinend hatte Zenzi schon vorgekocht. Hoffentlich wieder ihre würzige Kartoffelsuppe. Für die hatte Pankraz Burger eine Schwäche. Zenzi schnitt Würstl hinein und würzte sie so pikant, dass er sich gern mehrfach nachnahm. Leider wollte sie ihn wegen seines Bäuchleins alleweil auf Diät setzen und schaute ihn dann strafend an. Dabei aß er für sein Leben gern.

Schnaufend ließ er sich auf einen Stuhl sinken.

„Warum bist du denn so außer Atem, Vater?“ Martin blickte zu ihm hoch.

„Da draußen wird der Nebel immer dichter. Ich dachte schon, ich würde nimmer heimfinden. Und dann hatte ich auch noch eine unheimliche Begegnung am Berg.“

„Was denn für eine Begegnung?“

„Ist dir etwa der Wolpertinger begegnet, Opa?“

„Nein, der ist nur eine Legende, Spatzerl. Aber eine Gestalt hab ich gesehen. An der Bergbahn. Herumgeschlichen ist sie, als würde sie etwas im Schilde führen. Ich weiß nur net, was das sein könnte. Die Station war ja geschlossen.“

„Vielleicht wollte jemand auf den Berg fahren.“

„Bei diesem Wetter? Na, das glaube ich net. Ich hatte auch eher den Eindruck, als würde die Gestalt die Station ausspähen. Als ich gerufen hab, ist sie geflohen.“

„Das hört sich ja wirklich seltsam an.“ Sein Sohn rieb sich das Kinn. „Ob sich da jemand verlaufen hatte?“

„Dann hätte derjenige mich nach dem Weg fragen können. Hat er aber net. Hat sich erschrocken, als er mich gesehen hat.“

„Er? Dann war es also ein Mann?“

„Nun …“ Pankraz Burger strich sich über das bärtige Kinn. „Ganz sicher bin ich mir net. Konnte ja kaum etwas erkennen, aber ich glaub schon, dass es ein Mann war. Die hagere Statur und die Bewegungen … Doch, ja, ich würde sagen, die gehörten zu einem Mann.“

„Und hast du eine Ahnung, wer es war?“

„Leider überhaupt net. Dafür war die Sicht viel zu schlecht.“

„Vielleicht war es ein Gespenst“, wisperte Tessa und zog den Kopf ein wenig ein wie eine vorsichtige Schildkröte.

„Geister gibt es net“, winkte er ab. „Hab in meinem ganzen Leben noch keinen gesehen.“

„Heute aber vielleicht doch.“

„Na, bestimmt net. Geheuer war mir die Begegnung aber net, deshalb hab ich dem Gendarm erzählt, was ich gesehen hab. Hab ihn von unterwegs angerufen. Und ich hatte Glück, er war noch auf seinem Posten.“

„Und?“, hakte sein Sohn nach. „Was hat er dazu gesagt?“

„Er fand das net weiter ungewöhnlich. Er meinte, es wäre nix dabei, wenn jemand abends noch einen Spaziergang macht und bei Nebel an der Bergbahn vorbeikommt. Vielleicht war er nur neugierig, was für ein Gebäude das ist.“

„Das könnte schon sein.“

„Freilich, aber ich finde es trotzdem verdächtig, wie er um die Station herumgeschlichen und dann weggelaufen ist.“

Pankraz Burger legte eine Hand auf seinen Bauch. Darin rumorte es wie immer, wenn er mit etwas nicht ganz im Reinen war. Die Begegnung im Wald verfolgte ihn. Er wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Warum sollte jemand die Gondelbahn ausspähen? Dafür sah er keinen Grund. Womöglich war es wirklich nur ein Wanderer gewesen, der sich ein wenig umgeschaut hatte? Denkbar war das schon.

„Alles gut, Opa?“ Tessa blickte ihn fragend an.

„Sicher, Spatzerl. Ich mache mir nur Gedanken.“ Er spähte aus dem Fenster. Draußen war die weiße Nebelwand inzwischen schier undurchdringlich geworden. An diesem späten Nachmittag mochte er keinen Fuß mehr hinaussetzen.

Eines hätte er jedoch wirklich gern gewusst: Wer war da an der Talstation unterwegs gewesen?

Sosehr Pankraz es auch versuchte, er wurde das Gefühl nicht los, dass da jemand finstere Absichten hegte. Absichten, die noch für allerhand Aufregungen im Dorf sorgen würden!

***

Verflixt, jetzt wimmerte der Bub schon wieder auf der Rückbank!

„Sei endlich stad, Felix!“, brummte er und warf einen mürrischen Blick in den Rückspiegel. Sein Sohn saß im Kindersitz und schniefte, während ihm Tränen über die Wangen kullerten. Übermüdet war er, das sah Franz ein, aber das war nun wirklich kein Grund, ihm die Ohren vollzuplärren, oder?

Genervt langte er nach der Flasche, die eigentlich auf dem Beifahrersitz liegen sollte, aber da war sie nicht. Ein kurzer Blick, und er fluchte. Sie war heruntergerollt und kullerte nun im Fußraum herum. Dabei fühlte sich seine Kehle schon wieder ganz trocken an. Er brauchte dringend einen Schluck!

„Heute geht aber auch wirklich alles schief“, murmelte er mit schwerer Zunge. Er hatte bereits einen ordentlichen Hieb aus der Flasche genommen und fühlte sich angenehm leicht. Beim Fahren beeinträchtigte ihn das kein bisschen. Davon war er überzeugt. Er konnte schon allerhand vertragen. War schließlich keine Memme.

Vor ihm führte die Straße schnurgerade weiter. Warum also nicht?

Franz behielt eine Hand am Lenkrad, während er sich zur Seite beugte und mit der anderen nach der Flasche tastete. Wo war sie nur? Er schaute nach unten. Ah! Na also! Hab ich dich! Er langte nach der Flasche, richtete sich wieder auf, spähte nach vorn und stieß einen erschrockenen Laut aus. Wie aus dem Nichts war ein Hirsch vor ihm auf der Fahrbahn aufgetaucht!

Verflixt noch mal! Wo kam der denn her?

Impulsiv trat er die Bremse durch und riss das Lenkrad herum. Zu spät erkannte er seinen Fehler.

Da prallte sein Wagen schon gegen die Leitplanke und überschlug sich mehrmals. Er hörte noch das Brüllen seines Buben, dazu ein grässliches metallisches Knirschen. Ein entsetzlicher Schmerz raste durch seinen Körper. Sein Sohn schrie. Dann verschluckte ihn eine endlose Schwärze …

„Neein!“ Mit wild galoppierendem Herzen fuhr Resi im Bett hoch. Blinzelnd schaute sie sich um und brauchte einige Sekunden, bis sie erkannte, dass sie nur geträumt hatte. Sie saß nicht in dem Unfallwagen, sondern daheim in ihrem Bett.

Nur ein Traum? Nicht ganz!

Der Unfall ihres Mannes quälte sie seit zwei Jahren fast jede Nacht. Sie wachte dann immer mit schrecklichen Bildern im Kopf auf. Dabei war sie bei dem Unglück gar nicht dabei gewesen. Sie kannte nur die Berichte von Polizei und Presse. Die genügten, um vor ihrem inneren Auge den Ablauf abzuspulen wie einen Film.

Wann würde das endlich aufhören? Wann? Ein gedämpftes Schluchzen entfuhr ihr.

Vor ihrem Fenster dämmerte gerade erst der Morgen. Der Nieselregen des vergangenen Tages war weitergezogen. Jetzt wölbte sich ein wolkenloser Himmel über ihrer Heimatstadt München und versprach einen schönen Tag. Das Rauschen des Verkehrs, das selbst nachts nie ganz abbrach, dröhnte schon wieder.

Ihre kleine Wohnung lag im Dachgeschoss und an einer Hauptstraße. Einen Fahrstuhl gab es nicht. Aber die Wohnung war bezahlbar und nicht weit entfernt von der Kita ihres Sohnes und dem Café, in dem sie arbeitete. Beides wichtige Punkte für Resi. Vor allem, weil sie seit zwei Jahren allein mit ihrem Sohn war.

Ihr Mann hatte den schweren Autounfall nicht überlebt. Felix war jedoch wie durch ein Wunder unverletzt geblieben. Er musste einen wachsamen Schutzengel gehabt haben.

Resi schob ihre Zudecke zur Seite und stand auf.

Sie tat alles, damit es ihrem Kind an nichts fehlte. Dazu kam die Arbeit. Zeit zum Ausgehen blieb ihr nicht, aber sie vermisste es auch nicht.

Eine neue Beziehung stand für sie ohnehin außer Frage. Es fiel ihr schwer, sich zu öffnen und jemandem zu vertrauen.

Ihre Ehe war nicht glücklich verlaufen. Ihr Mann hatte nicht nur am Abend seines Unfalls zu viel getrunken, sondern häufig. Seitdem seine Tischlerei nicht mehr gut gelaufen war, hatte er immer öfter Vergessen im Alkohol gesucht. Der Schnaps hatte ihn reizbar und launisch gemacht und das Leben mit ihm zu einem Tanz am Rand eines Vulkankraters. Resi hatte nie gewusst, womit sie ihn wieder gegen sich aufbringen würde.

Seit seinem Tod stand sie allein mit Felix und einem Berg an Schulden, die sie mühsam abstotterte.

Nicht hängen lassen, ermahnte sie sich nun und eilte ins Bad, um zu duschen und sich anzuziehen. Das veilchenblaue Kleid schwang bei jedem Schritt um ihre Beine und betonte ihre zierliche Taille.

Die viele Lauferei im Café wirkte besser als jedes Fitnessstudio. Ihre blonden Locken steckte sie locker im Nacken auf.