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Du musst die Wahrheit erfahren
Bringt der Bauer seine Frau in Gefahr?
Von Andreas Kufsteiner
Mit dem Tag ihrer Hochzeit wollen Henry und Jenny endlich die schweren hinter Zeiten sich lassen und optimistisch in die gemeinsame Zukunft blicken. Noch während die Gäste ausgelassen feiern, brechen sie heimlich in die Flitterwochen auf. Nur eine Woche wollen sie fortbleiben, denn länger können sie den Hof nicht Henrys unzuverlässigem Bruder anvertrauen. Schon oft genug ist Florian seinen Pflichten nicht nachgekommen, wenn er am Abend zuvor zu lange gefeiert hat.
Zurück daheim stellt Henry dann schnell fest, dass auf dem Hof irgendetwas anders ist. Bloß was? Jenny gegenüber sagt er zunächst nichts davon. Stattdessen beginnt er nachzuforschen - und entdeckt Erschreckendes ...
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Seitenzahl: 122
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Du musst die Wahrheit erfahren
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BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-8820-6
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Du musst die Wahrheit erfahren
Bringt der Bauer seine Frau in Gefahr?
Von Andreas Kufsteiner
Mit dem Tag ihrer Hochzeit wollen Henry und Jenny endlich die schweren hinter Zeiten sich lassen und optimistisch in die gemeinsame Zukunft blicken. Noch während die Gäste ausgelassen feiern, brechen die Brautleute heimlich in die Flitterwochen auf. Nur eine Woche wollen sie fortbleiben, denn länger können sie den Hof nicht Henrys unzuverlässigem Bruder anvertrauen. Schon oft genug ist Florian seinen Pflichten nicht nachgekommen, wenn er am Abend zuvor zu lange gefeiert hat.
Zurück daheim stellt Henry dann schnell fest, dass auf dem Hof irgendetwas anders ist. Bloß was? Jenny gegenüber sagt er zunächst nichts davon. Stattdessen beginnt er nachzuforschen – und entdeckt Erschreckendes …
Die Oktobernacht war klar und kalt. Nebel lag in den Senken der abgeernteten Felder rund um St. Christoph im schönen Zillertal. Wie geheimnisvolle Bergfeen schlängelte sich der helle Dunst um die Stämme der Bergkiefern und Föhren im Forst und an den Steilhängen der sechs Berge ringsum das idyllisch gelegene Tiroler Dorf.
Auch der Gipfel des höchsten Berges, des Feldkopfs, versteckte sich hinter dem geheimnisvoll wirkenden Schleier der Natur. Stille lag über dem Land. Der volle Mond übergoss das Tal mit seinem silbenen Licht, ungezählte Sterne funkelten am samtig schwarzen Firmament.
Doch nicht alle Talbewohner schliefen.
Hinter den Fenstern der Feldkopfhütte brannte noch Licht, helle Vierecke malten sich auf dem Platz vor der Hütte ab, dazu klang gedämpft ein harter Beat nach draußen.
Drinnen herschten reger Betrieb und trotz der späten Stunde eine muntere, ausgelassene Stimmung. Florian Stegmaier feierte hier seinen Geburtstag.
Der jüngere Bruder des Erbhofbauern Henry Stegmaier wurde an diesem Herbsttag neunundzwanzig Jahre alt. „Kurz vor der Rente“, wie er das ausdrückte, denn mit dreißig sei doch eh alles vorbei.
Das hatte er seinem Bruder am Morgen beim gemeinsamen Frühstück misslaunig wie immer aufs Brot geschmiert und zugleich verlangt, dass dieser seine ziemlich kostspielige Fete finanzieren sollte.
Henry, nachsichtig und verständnisvoll wie immer, hatte gute Miene dazu gemacht. Auch wenn seine Verlobte Jenny das etwas anders sah. Sie fand es falsch, dass Henry den jüngeren Bruder „verhätschelte“, wie sie das nannte.
„Ja, mei, er hatte einen Unfall, ich weiß. Aber das ist Jahre her. Und seither tut er keinen Handschlag mehr und lebt von deiner Gutmütigkeit“, hatte sie ihm vorgeworfen.
Henry wollte das nicht gelten lassen. Er meinte, seinen Bruder besser zu kennen. Schließlich war Florian ein gefeiertes Skiass gewesen. Die vielen glänzenden Pokale in einer Vitrine der guten Stube zeugten von seinen Erfolgen. Ein schwerer Sturz vor drei Jahren hatte dem ein abruptes Ende bereitet.
Florian hatte sich das rechte Bein gebrochen, der Bruch war kompliziert, der Knochen gesplittert. Wochen hatte der Bursche im Spital in Schwaz verbracht, danach ein halbes Jahr in einer Rehaklinik. Drei Operationen waren nötig gewesen, um den Knochen zu stabilisieren und die zahlreichen Splitter zu entfernen. Geblieben war ein auffälliges Hinken. Und ständige Schmerzen.
Dr. Martin Burger, der Bergdoktor von St. Christoph, behandelte Florian seitdem. Fortgesetzte Krankengymnastik und eine medikamentöse Therapie hatten die Beschwerden erträglich gemacht. Von einer kompletten Heilung konnte allerdings keine Rede sein.
Seither war aus dem fröhlichen Charmeur ein griesgrämiger Grantler geworden, der mit allem und jedem auf Kriegsfuß stand. Einzig sein älterer Bruder kam noch mit ihm aus, aber wohl nur, wie dessen Verlobte meinte, weil er ihm alles durchgehen ließ.
Florian dachte nicht daran, auf dem Hof mitzuarbeiten. Und er zeigte auch keine anderweitigen beruflichen Ambitionen. Er lebte in den Tag hinein und verbrachte seine Zeit zwischen Arztterminen und dem Besuch von Partys der zweifelhaften Spezln, die er sich nach seinem Unfall zugelegt hatte.
An seinem Geburtstag nun wollte er glänzen, hatte die Spendierhosen an und machte sich keine Gedanken darüber, woher das Geld kam. Er hatte die ganze Feldkopfhütte für diesen Tag gemietet, dazu ein opulentes kaltes Büffet und Getränke bis zum Abwinken.
Dass eine Menge Schnorrer aufgetaucht waren, denen es nur darum ging, ausgehalten zu werden, war Florian einerlei. Hauptsache, er hatte genügend Menschen um sich, war der Mittelpunkt und alle anderen waren lustig.
So konnte es weitergehen bis in die Puppen, das war ganz nach seinem Geschmack. Doch die rechte Feierlaune stellte sich bei ihm wieder einmal erst nach einem Dutzend geleerter Maßkrüge und dazu passenden Stamperln mit Enzian ein. „Kampfgeschirr“ hieß das in seinen Kreisen, und seine Spezln versuchten einmal mehr, sich gegenseitig unter den Tisch zu saufen.
Das „Geburtstagskind“ hockte in einer Ecke, um sich seine besten Freunde geschart, und philosophierte zu fortgeschrittener Stunde über das Leben und dessen Unwägbarkeiten. Wie immer mit bitterem Unterton. Und wie immer ging es dabei auch gegen seinen älteren Bruder, über den er mit Leidenschaft herzog.
„Der Henry ist so ein richtiges Engerl“, merkte er mit schwerer Zunge abfällig an. „Alles macht er richtig, allerweil trifft er die rechte Entscheidung. Der gute Märchenonkel, der …“
„Was meinst jetzt damit?“, wollte Trixie Brand wissen. Das blonde, auffällig geschminkte Dirndl arbeitete als Bedienung beim Ochsenwirt in St. Christoph und war zeitweise Florians Freundin gewesen. Sie mochte ihn noch immer, aber seit „nichts mehr mit ihm los war“, wie sie das ausrückte, waren sie nur noch locker befreundet.
„Ja, mei, damals, als der Vater den Hof nimmer führen konnt, da ist er eingesprungen. Obwohl er noch zur Landwirtschaftschule gegangen ist. Hat den Hof geführt und gelernt, einen glänzenden Abschluss gemacht und sich auch daheim keinen Schnitzer erlaubt. Der perfekte Landwirt.“ Er lachte meckernd. „Nach meinem Sturz, da hat er sich wie ein Krankenpfleger um mich gekümmert. Und jetzt heiratet er noch das hübscheste Madel im Tal. Wer will dagegen schon ankommen, gegen so viele wunderbare Talente …“
„Sei net ungerecht. Der Henry löhnt immerhin deine Party“, riet sein Spezl Bernie Wanninger ihm. Der Bursche hatte den elterlichen Hof wegen einer Pollenallergie nicht übernehmen können und machte nun eine Lehre als Mechatroniker. „Bei dem hast du Narrenfreiheit und musst nix leisten. Mein Alter hat mir die Hölle heißgemacht, bis ich eine Lehrstelle gefunden hab. Und Spaß macht das auch net immer.“
„Wenn du ihn so toll findest, kannst du ihn gerne haben“, giftete Florian seinen Kumpel an. „Ich schenk ihn dir, meinen wunderbaren Bruder!“ Hektisch kam er auf die Füße, griff nach seinem Stock und humpelte wütend hinüber zur Bar.
„Jetzt sei doch net gleich beleidigt“, bat Bernie, aber Florian beachtete ihn nicht mehr. In seinem Innern kochte es. Er konnte es nicht ausstehen, wenn einer Henry in Schutz nahm, noch dazu einer seiner Spezln. Dann sah er rot.
„Was ist los? Frust?“
Florian warf dem Burschen, der neben ihm an der Bar lehnte, einen gleichgültigen Blick zu. Er kannte ihn nur flüchtig, wusste, dass er Ferdl Zesch hieß und mit seinen beiden Spezln Bert Sander und Robbi Altmaier in Schwaz das Nachtleben unsicher machte. Er hatte keine Ahnnung, wovon die drei genau lebten, doch es schien ihnen nicht schlecht zu gehen. Goldene Uhren, Schmuck und teure Klamotten waren ihr Markenzeichen.
„Was sonst?“, knurrte Florian und kippte einen Enzian auf Ex.
Obwohl sich schon alles vor seinen Augen drehte, trank er weiter. Er war am liebsten so betrunken, dass er nichts mehr fühlen und denken musste. Das war sein Lieblingszustand.
„Muss doch net sein.“ Ferdl schob ihm unauffällig ein kleines Briefchen mit einem weißen Pulver zu. „Probier das mal. Wirkt besser als dieser Fusel und macht dich so recht glücklich.“
Florian starrte eine Weile auf das Kokain, dann schob er es Ferdl wieder zu.
„Das kann ich mir net leisten, bin ja nur ein armer Verwandter, von meinem Bruder bloß geduldet.“
„Selbst schuld. Mach halt was aus deinem Leben. Es liegt nur an dir, ob du ein Verlierer bleibst oder wieder auf die Gewinnerseite wechselst.“
„Und wie soll ich das, bitt schön, anstellen?“
„Ganz einfach.“ Bertl tippte auf das Tütchen. „Damit.“
Florian lachte ironisch auf. „Ja, freilich. Das Einzige, was mir dieser Stoff verschafft, sind Illusionen. Und von denen hab ich mich längst verabschiedet.“
„Du verstehst halt net. Schau, was denkst du, woher der Bertl, der Robbi und ich unsere Kohle beziehen? Gewiss net vom Amt.“ Er grinste breit. „Wir machen einen guten Umsatz in Schwaz. Das Partyvolk braucht allerweil Treibstoff. Aber wir würden gern expandieren. Auch hier auf dem Land herrscht nämlich Nachfrage, verstehst?“
„Hier? Wen sollen wir denn dopen? Vielleicht das Milchvieh?“
„Du würdest dich wundern, wer anbeißt, wennst nur ein bisserl Reklame unter der Hand machst.“
Florian musterte sein Gegenüber nachdenklich.
„Du meinst, ich soll bei euch einsteigen? Ich weiß net …“
„Überleg es dir halt. Was wir brauchen, ist einer, dem wir voll und ganz vertrauen können. Du bist mir sympathisch, Flori, ich denk, das könnte was werden. Du brauchst nur ein gutes Versteck, wo der Stoff auch bei einer Kontrolle sicher ist. Du verkaufst, machst einen schönen Schnitt. Und für den Eigenbedarf fällt genug ab, zu Sonderkonditionen versteht sich.“ Er schob Florian das Rauschgift wieder zu. „Da, nimm. Geht auf Kosten des Hauses. Und sag mir Bescheid, ob’s was wird mit uns.“
Florian zögerte nur einen Moment, dann steckte er das Briefchen ein. Ferdl Zesch klopfte ihm die Schulter und wandte sich ab.
„Lass uns net zu lang warten“, mahnte er noch.
Einen schönen Schnitt machen, endlich wieder sein eigener Herr sein, unabhängig, erfolgreich. Das war es, was Florian wollte. Er grinste. Wenn er einen klaren Kopf hatte, würde er einmal gründlich darüber nachdenken.
Doch er hatte das unbestimmte Gefühl, dass dies genau das Richtige für ihn war. Leicht und einfach wieder ganz nach oben kommen, es Henry und der ganzen übrigen Welt zeigen. Das klang wie Musik in den Ohren von Florian Stegmaier…
***
„Ich glaub, wir sollten doch lieber die Torte backen.“ Jenny Moser deutete auf ein Foto in dem Kochbuch, das vor ihr auf dem Tisch lag. „Die hat nur zwei Etagen. Ich hab Angst, dass alles zusammenstürzt, wenn wir höher hinaus wollen.“ Das hübsche Madel mit dem glänzenden Haar und den nussbraunen Augen lachte. „Und das wäre fei kein gutes Omen für unsere Ehe.“
Resie, die Altmagd vom Stegmaier-Hof, schüttelte schmunzelnd ihr in Ehren ergrautes Haupt.
„Wie du meinst, Madel.“ Sie stellte zwei Haferln Kaffee auf den Küchentisch und setzte sich dann zu Jenny auf die Eckbank.
Ein flüchtiger Blick streifte das Foto der Bauersleute im Herrgottswinkel, vor dem ein ewiges Licht brannte. Die Bäuerin war früh im Kindbett gestorben, der Bauer vor ein paar Jahren am Herzen. Er war lange bettlägerig gewesen, Henry hatte sich fürsorglich um ihn gekümmert. Ebenso wie später um seinen nichtsnutzigen Bruder.
„Einen guten Mann kriegst du“, sagte die Altmagd aus ihren Gedanken heraus. „Den Besten, den man sich wünschen kann.“
Jenny nickte mit einem warmen Lächeln. Sie kannte Henry von Kindesbeinen an und hatte ihn immer lieb gehabt. Er hatte sie vor den großen, frechen Buben beschützt, mit ihr zusammen Streiche ausgeheckt und war immer für sie da gewesen. Er hatte auch zu ihr gehalten, wenn die anderen Kinder sie bloß mitleidig oder verständnislos angeschaut hatten, weil sie wieder einmal abseits stand und nach Luft rang.
Jenny Moser, die hübsche Hoftochter, litt seit ihrer Geburt unter Bronchialasthma. Seit einigen Jahren war sie bei Dr. Burger in Behandlung. Der hatte sie so gut eingestellt, dass sie keine Beschwerden mehr hatte. Und seit sie mit Henry glücklich war, da vergaß sie manchmal sogar, dass sie nicht ganz gesund war.
„Glück ist die beste Medizin“, hatte Dr. Burger einmal zu ihr gesagt. Und Jenny wusste aus eigener Erfahrung, wie wahr dies war. Ihr Glück mit Henry war perfekt. Nur einer störte es immer wieder.
„Ich wünschte mir bloß, dass er net immer so nachgiebig und allzu verständnisvoll wäre. Jedenfalls net jedem gegenüber.“
Resie wusste, was sie meinte.
„Der Florian nutzt seinen Bruder schamlos aus. Er war schon immer ein Hallodri, der sich auf Kosten anderer durchs Leben laviert hat. Die Skifahrerei, das war doch kein Beruf. Und hernach, als es nimmer ging, da hat er einfach aufgesteckt. Bildet sich ein, es tät ihm zustehen, die Füße auf die Tisch zu legen und andere für sich schaffen zu lassen. Eine Schande ist das!“
„Ich kann dir net widersprechen, Resie. Leider lässt der Henry in dem Punkt aber net vernünftig mit sich reden. Wir haben sogar mal Steit gekriegt, weil er allerweil zum Florian steht. Ich hab schon alles versucht, um ihn zur Einsicht zu bringen, aber es war umsonst.“
In diesem Moment betrat der Bauer die Küche. Henry Stegmaier war ein ebenso fesches Mannsbild wie sein jüngerer Bruder. Groß, schlank und sportlich, mit dichtem, dunklem Haar und klaren, strahlenden Augen.
Doch im Gegensatz zu Florian, dessen unsolider Lebenswandel sich allmählich auf seinen Zügen abzeichnete, hatte der Bauer ein offenes, ehrliches Gesicht. Nie führte er etwas Böses im Schilde, Verschlagenheit und Vorteilsdenken waren ihm fremd. Er war ein direkter, aufrichtiger Mensch, und so ging er auch durchs Leben.
„Schatzerl, wir müssen bald los“, sagte er zu Jenny, drückte ihr ein zartes Busserl auf die blühenden Lippen und tippte dann auf das Kochbuch. „Schaut zum Anbeißen an.“
„Die Torte? Oder ich?“, kokettierte sie.
Da lachte er und versicherte: „Ihr beide! Wo ist denn der Flori? Er hat heut auch einen Untersuchungstermin beim Bergdoktor. Wir könnten ihn gleich mitnehmen.“
Jenny verdrehte die Augen. „Muss das sein?“
„Warum denn net? Du weißt selbst, dass er net allerweil an die Besuche beim Dr. Burger denkt. Aber sie sind wichtig, damit sein Zustand sich net wieder verschlechtert.“
„Der arbeitet schon selbst an seinem Zustand“, warf Resie ein und erhob sich. Während sie das Kochbuch verstaute, murmelte sie: „Ein versoffener Malefitz ist der Bub geworden, ein Nichtsnutz, Faulpelz und …“
„Resie, net!“ Henry schüttelte den Kopf. „Er wird sich auch wieder fangen. Das braucht nur alles seine Zeit.“
„Wie lange? Bis zur letzten Ölung?“, ätzte sie.
Da Florian nicht auftauchte, fuhren die Verlobten allein zum Doktorhaus in der Kirchgasse von St. Christoph. Henry begleitete Jenny zu jeder Untersuchung, denn er wusste, dass sie sich dann besser fühlte. Und er wollte natürlich auch gleich aus erster Hand erfahren, wie es ihr ging.
Während sie Hand in Hand zur Praxis liefen, fragte er: „Was soll ich denn anders machen beim Flori? Meinst du, ich hätte mir darüber net auch schon viele Gedanken gemacht? Freilich geht es net an, dass er sein Leben vergeudet und nix aus sich macht. Aber ich kann ihn ja auch net dazu zwingen.“