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Dr. Burger und der Simulant
Niemand glaubte ihm, als er um Hilfe rief
Von Andreas Kufsteiner
Ferdinand Steinbichler gehört einer der schönsten Höfe in St. Christoph. Seit der Erbhofbauer verwitwet ist, hat er sich zu einem rechten Hypochonder entwickelt. Ständig konsultiert er den Bergdoktor, weil er überzeugt ist, an einer ernsten Krankheit zu leiden.
Dr. Martin Burger behandelt ihn mit Geduld und pflanzlichen Stärkungsmitteln und versucht, ihm wieder etwas Lebensfreude zu vermitteln, die ihm als Witwer offenbar verloren gegangen ist. Im Dorf hat Ferdinand bereits den Spitznamen "Simulant", es wird viel hinter seinem Rücken geredet und gelacht. Besonders seine Tochter Marlis leidet darunter, dass ihr Vater sich mit seinen erfundenen Krankheiten so lächerlich macht, kann aber nichts daran ändern. Auch dass er eine Pflegerin einstellt, kann sie ihm nicht ausreden.
Marlis ist von Anfang an klar, dass die junge Frau lieber einheiraten als pflegen möchte. Doch sie kann nicht ahnen, wie berechnend und überaus schamlos Heidi die "Schwäche" des Bauern ausnutzt ...
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Dr. Burger und der Simulant
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-8951-7
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Dr. Burger und der Simulant
Niemand glaubte ihm, als er um Hilfe rief
Von Andreas Kufsteiner
Ferdinand Steinbichler gehört einer der schönsten Höfe in St. Christoph. Seit der Erbhofbauer verwitwet ist, hat er sich zu einem rechten Hypochonder entwickelt. Ständig konsultiert er den Bergdoktor, weil er überzeugt ist, an einer ernsten Krankheit zu leiden.
Dr. Martin Burger behandelt ihn mit Geduld und pflanzlichen Stärkungsmitteln und versucht, ihm wieder etwas Lebensfreude zu vermitteln, die ihm als Witwer offenbar verloren gegangen ist. Im Dorf hat Ferdinand bereits den Spitznamen „Simulant“, es wird viel hinter seinem Rücken geredet und gelacht. Besonders seine Tochter Marlis leidet darunter, dass ihr Vater sich mit seinen erfundenen Krankheiten so lächerlich macht, kann aber nichts daran ändern. Auch dass er eine Pflegerin einstellt, kann sie ihm nicht ausreden.
Marlis ist von Anfang an klar, dass die junge Frau lieber einheiraten als pflegen möchte. Doch sie kann nicht ahnen, wie berechnend und überaus schamlos Heidi die „Schwäche“ des Bauern ausnutzt …
„Oha, was war jetzt das?“ Ferdinand Steinbichler riss die Augen erschrocken auf.
Eine beängstigende Beklemmung hatte von seinem Herzen Besitz ergriffen und schien sich mit jedem Schlag, mit jeder Sekunde zu verstärken. Der Altbauer atmete ganz flach und vorsichtig, in der Hoffnung, dass sich die Beschwerden schnell wieder legten. Er presste die Lippen fest zusammen und gestattete es nur noch einem ganz schmalen Luftstrom, durch seine Nasenlöcher zu fließen.
„Ruhe, immer mit der Ruhe!“ In den tiefblauen Augen des Sechsundziebzigjährigen schimmerte das pure Unbehagen. Er musste sich zusammenreißen und sich entspannen. Dr. Burger hatte ihm das immer wieder gesagt. Nur keine Panik, alles ging vorbei. Und meist steckte nicht viel hinter den Beschwerden. Doch man wusste ja schließlich nie …
„Auweh!“ Ein Stich wie von einem Hirschfänger, mitten ins Herz hinein. Und dazu diese Beklemmung, die sich ständig weiter intensivierte, obwohl er es kaum noch wagte, Luft zu holen. Das war nicht normal. Und das konnte auch nicht harmlos sein.
Oh nein, solche Schmerzen, die in seinem Brustkasterl einen wahren Orkan des Leidens entfachten, die mussten etwas bedeuten!
Nur noch ein paar Sekunden, dann würde es gewiss besser.
Ferdinand langte mit zittrigen Händen nach seinen Herztropfen. Das Fläschchen entglitt seinen Fingern und rollte unter sein Bett. Auch das noch!
In Momenten wie diesem vermisste er schmerzlich eine Pflege, die auch den Namen verdiente. Nicht das halbherzige „das wird schon wieder“ von seiner Tochter, nicht das geheuchelte Mitleid seines Schwiegersohns. Eine seriöse Pflegerin brauchte er. Jemanden, der in solchen Notsituationen wie gerade jetzt für ihn da war, ihn betreute und den Bergdoktor alarmierte.
Ja, Dr. Burger musste her! Die Beschwerden ließen einfach nicht nach. Das konnte und durfte er nicht anstehen lassen. Dagegen musste etwas getan werden!
Der Altbauer beugte sich ächzend zur Seite und drückte auf den Alarmknopf, der drunten im Erdgeschoss schrillte. So laut, dass er es auch in seiner Schlafkammer noch hören konnte.
Eigentlich hatte er ja einen direkten Alarmruf ins Doktorhaus verlangt, doch davon hatte seine Tochter nichts wissen wollen.
„Magst du dich vielleicht noch mehr blamieren mit deinen eingebildeten Krankheiten? Man traut sich ja nimmer aus dem Haus, weil die Leute sich kaputtlachen“, hatte Marlis ihn gescholten, sich dann aber zumindest zu diesem internen Notruf überreden lassen.
Ferdinand wusste, dass er das Dr. Burger verdankte. Der Bergdoktor, wie er von den Menschen in St. Christoph respektvoll genannt wurde, hatte stets Verständnis für all seine Patienten, auch für ihn. Dass die Leute im Dorf über ihn lachten, ihm den Spitznamen „der Simulant vom Erlenhof“ verpasst hatten und ihn als alten Spinner betrachteten, der vom Leben nichts mehr wissen wollte, sich deshalb in eingebildete Krankheiten flüchtete, wusste er natürlich.
Auch wenn er bettlägerig war und sein Allgemeinzustand meist sehr zu wünschen übrig ließ, hatte er doch den Kontakt zur Außenwelt nicht ganz verloren. Bimberl, der Großknecht vom Erlenhof, war ihm treu ergeben und hielt ihn über alles, was sich in St. Christoph so abspielte, auf dem Laufenden.
Ferdinand keuchte. Die Beklemmung in seiner Brust war nun so stark, dass er Angst bekam zu ersticken. Und drunten regte sich nichts.
Wütend malträtierte er den Alarmknopf. Waren die vielleicht taub? Oder war es ihnen schlicht egal, dass er hier schreckliche Qualen zu leiden hatte? Eine solche Ignoranz war wirklich kaum zu fassen.
Seit er die Hofleitung aus gesundheitlichen Gründen an seinen Schwiegersohn Franz übergeben hatte, war er wohl abgemeldet. Zu nichts mehr gut, nur noch überflüssiger Ballast, den man am liebsten bei nächster Gelegenheit abwerfen wollte. Aber nicht mit ihm! Er war noch immer der Herr auf dem Erlenhof. Und er konnte deshalb auch verlangen …
„Mei, Vater, was ist denn jetzt schon wieder?“ Marlis Feist, die Bäuerin, erschien in der Kammertür und musterte ihren Vater unwillig.
Sie war eine dralle Person mit goldblondem Haar und den gleichen tiefblauen Augen, wie Ferdinand sie hatte. In der Regel war Marlis eine Seele von Mensch, und sie führte eine harmonische Ehe, aus der die hübsche Tochter Lisa hervorgegangen war.
Diese machte momentan eine Ausbildung zur Pferdewirtin in der Steiermark und würde bald heimkehren. Alle freuten sich auf ihre Rückkehr, auch der Großvater. Zugleich tat er aber alles, um die sonst stets friedliche Atmosphäre auf dem Erlenhof mit seinen Vorwürfen und Beschwerden zu belasten.
„Was soll sein? Ich sterbe vielleicht. Freut’s dich?“, stieß er ärgerlich aus. „Einen Respekt bitt ich mir aus. Ruf den Bergdoktor, es geht mir sehr schlecht.“
Marlis trat an das Bett des Vaters und musterte ihn aufmerksam.
„Du hast zu viel gegessen. Ich hab’s dir gleich gesagt. Zwei Stücke Strudel packt deine Galle net. Jetzt hast du den Salat.“
„Bist du neuerdings Ärztin? Ich verzichte auf deine falschen Schlüsse und verlange …“
„Schon gut, ich ruf Doktor Burger. Wirst sehen, dass ich recht behalt. Ein schweres Essen am Abend hat er dir doch schon so oft verboten. Wenn du so unvernünftig bist …“ Sie hob die Schultern und wandte sich zum Gehen.
Ferdinand griff sich mit Leidensmiene ans Herz.
„Sei net so frech. Vielleicht redest du gerade das letzte Mal mit mir.“
Die Bäuerin seufzte, schenkte sich eine Erwiderung und verließ die Schlafkammer, die in früheren Zeiten von beiden Eltern benutzt worden war. Doch seit ihre Mutter das Zeitliche gesegnet hatte, war die Kammer zum Krankenzimmer geworden, obwohl es auf dem Erlenhof keinen ernsthaft Kranken gab.
Marlis war davon überzeugt, dass ihr Vater sich aus Kummer und Einsamkeit in seine eingebildeten Krankheiten flüchtete. Er vermisste die Mutter, ohne sie schien das Leben für ihn keinen Sinn mehr zu haben. Und obwohl sie und ihr Mann Franz schon vieles versucht hatten, um das wieder zu ändern, blieb Ferdinand bei seiner Haltung. Vielleicht glaubte er ja selbst an all die Leiden, die ihn angeblich ständig quälten.
„Was war denn?“ Franz trat aus dem Arbeitszimmer und bedachte seine Frau mit einem fragenden Blick.
Er war ein Gemütsmensch, mit dem man nur schwer in Streit geraten konnte. Aus seinem gutmütigen Gesicht blickten die Augen nachsichtig in die Welt. Franz sah in allem nur das Gute, er konnte nicht anders.
Deshalb stieß der Altbauer mit seinem Lamento beim Schwiegersohn eher auf Verständnis, auch wenn Franz ihm das nicht zu deutlich zeigte, um ihn in seiner Haltung nicht noch zu bestärken.
Was Ferdinand für Desinteresse hielt, war in Wahrheit hilfloses Mitgefühl. Oft genug hatte der Bauer das Gefühl, zwischen allen Stühlen zu sitzen. Es jedem auf dem Erlenhof recht zu machen schien leider unmöglich. Und das lief seinem Harmoniebedürfnis ganz und gar zuwider.
Marlis ging ins Arbeitszimmer und griff nach dem Telefon, um Dr. Burger anzurufen.
„Zu viel gegessen hat er. Und jetzt ist’s ein Stöhnen, Heulen und Zähneklappern. – Herr Doktor? Bitte entschuldigen Sie die Störung, da ist die Marlis Feist. Mein Vater klagt über Beklemmungen und Herzbeschwerden. Könnten Sie … Ja? Mei, das ist nett von Ihnen, vielen Dank.“ Sie legte das Telefon weg und seufzte. „Er kommt gleich vorbei.“
Franz ließ sich wieder hinter dem Schreibtisch nieder, an dem er eben Lohnabrechnungen geschrieben hatte, und bedachte seine Frau mit einem unbehaglichen Blick.
„Es ist net recht, dass wir ihm den Feierabend stehlen, wenn der Ferdl nur Blähungen hat.“
„Wem sagst du das. Aber was soll ich machen? Der Vater besteht drauf. Magst du dir vielleicht den ganzen Abend über dieses Geklingel anhören? Du kennst ihn doch, so schnell gibt er net auf.“
„Hast recht. Ich wünschte nur, der Bergdoktor hätte was gegen seine eingebildeten Krankheiten.“
Marlis lachte freudlos auf.
„Ein Mittel gegen Hypochondrie? Mei, wenn das einer erfinden tät, der hätte den Nobelpreis verdient!“ Sie verließ das Arbeitszimmer und ging hinüber in die Küche. Bimberl, der Großknecht, saß auf der Eckbank und trank sein abendliches Haferl Kaffee.
„Geh, schau mal nach dem Vater“, bat die Bäuerin ihn. „Der Bergdoktor kommt gleich. Vielleicht kannst du was helfen.“
Bimberl nickte und erhob sich. Er war ein stämmiges Mannsbild in den Vierzigern, schon über zwanzig Jahre auf dem Erlenhof und genoss das absolute Vertrauen des Altbauern. Als er gleich darauf dessen Schlafkammer betrat, atmete Ferdinand auf.
„Gut, dass du kommst. Reich mir mal meine Herztropfen. Das Flascherl ist unters Bett gerollt.“
„Ist schon recht, Bauer.“ Bimberl fischte das pflanzliche Präparat, das unter anderem Weißdorn und Digitalis enthielt, vom Boden und fragte: „Soll ich gleich zehn Tropfen für dich in Wasser abzählen?“
Der Altbauer nickte. Nachdem er die Tropfen genommen hatte, ließ er sich mit einem erschöpften Seufzer in seine Kissen gleiten.
„Setz dich noch zu mir, Bimberl, bis der Bergdoktor kommt“, bat er. „Ich mag jetzt net allein sein. Mein Herz macht mir immer noch schwer zu schaffen.“
Der Großknecht zog sich einen Stuhl heran und ließ sich darauf nieder. Er war nicht sonderlich gesprächig, ein eher verschlossenes Mannsbild. Eben das schätzte Ferdinand an ihm. Keine unnützen Worte. Aber wenn er gebraucht wurde, war er da.
Wenig später traf Dr. Burger ein. Bimberl verließ die Schlafkammer und machte sich auf den Weg „Zum Ochsen“, um dort sein wohlverdientes Feierabendbier zu trinken.
***
Pankraz Burger, der Vater des Bergdoktors und Mediziner im Ruhestand, saß an diesem Abend mit seinem alten Schulkameraden und langjährigen Spezl Alois Heubner beim Ochsenwirt.
Die beiden Mannsbilder, der ehemalige Landarzt von St. Christoph und der Viehhändler im Ruhestand, hatten es sich zur Gewohnheit werden lassen, einmal in der Woche bei einem Glas grünem Veltliner eine Partie Schach zu spielen. In der urigen Umgebung des Wirtshauses fühlten die beiden sich wohl und unterhielten sich dabei über Gott und die Welt.
„Bist zu beneiden, Pankraz“, meinte Alois an diesem Abend im Februar. Draußen tobte ein eisiger Sturm, aber in der Wirtsstube war es warm und gemütlich. „Mit einem Sohn wie deinem Martin bist du wahrlich gesegnet, anders kann ich’s net ausdrücken.“
Pankraz lächelte zufrieden.
„Da widerspreche ich dir net.“
„Dass die Kinder das, was man selbst aufgebaut hat, anstandslos weiterführen, das wünschen wir uns schließlich alle. Leider funktioniert das aber net immer so perfekt wie im Doktorhaus.“
„Ganz so perfekt ist’s fei auch net gewesen, jedenfalls am Anfang“, widersprach der alte Doktor seinem Spezl. Er dachte an die schwere Zeit im Leben seines Sohnes, als dieser ein junger Assistenzarzt im Spital von Schwaz gewesen war.
Damals hatte Martin nach nur einjähriger Ehe seine Frau im Kindbett verloren. Nichts war ihm geblieben, nur Kummer und Schmerz. Eine Weile hatte er sogar woanders gelebt, weil die Erinnerung an den schweren Verlust ihn des Lebens nicht mehr froh hatte werden lassen.
Irgendwann hatte das Heimweh ihn aber zurück ins Zillertal, in sein geliebtes St. Christoph geführt. Und heutzutage, da lebte er mit seiner zweiten Frau Sabine, die ebenfalls Ärztin war, in sehr glücklicher Ehe. Drei muntere Kinder brachten Leben ins Doktorhaus, eine Familie wie aus dem Bilderbuch. Stolz war Pankraz auf sie. Und glücklich, in ihrer Mitte leben zu dürfen.
„Mag sein“, gestand sein Spezl ihm nun zu und trank einen Schluck Wein. „Aber als es drauf angekommen ist, da hast du einen Nachfolger für deine Praxis gehabt. Darauf kommt’s doch an.“
„Dein Bub hat die Viehhandlung ja auch übernommen.“
„Schon. Aber der Christian ist net mit dem Herzen dabei. Er sieht im Viehhandel nur einen Gelderwerb. Der Umgang mit den Bauern, ein Händchen fürs Nutzvieh und die Liebe zum Beruf, all das gehört dazu. Das vermiss ich bei meinem Buben.“
„Er wird noch hineinwachsen in seine Aufgaben.“ Davon war Pankraz überzeugt. „So was braucht Zeit. Schach!“
„Alter Fuchs, du hast mich ausgetrickst“, fuhr Alois auf.
„Man tut, was man kann.“ Pankraz lachte. „Zum Trost spendiere ich noch eine Runde. Bin gleich wieder da.“
Nun, zur Stoßzeit am frühen Abend, herrschte viel Betrieb beim Ochsenwirt. Statt auf die nicht sonderlich schnelle Bedienung zu warten, trat Dr. Burger senior lieber selber an den Tresen und ließ sich von Joschi noch einmal die beiden Weinrömer füllen.
Während Pankraz darauf wartete, hörte er ganz in seiner Nähe ein paar junge Burschen Witze reißen. Es handelte sich um Knechte von den umliegenden Höfen, die hier ihr Feierabendbier genossen. In ihrer Runde fand sich auch Bimberl Schlenz, der Großknecht vom Erlenhof.
„Geh, Bimberl, erzähl halt, was der Simulant sich jetzt wieder für ein Leiden ausgedacht hat“, drängten die anderen ihn.
„Ja, die Geschichte mit der Gallenblase!“, forderte einer aus der Runde. „Die mag ich am liebsten.“
Sein Tischnachbar winkte ab.
„Viel zu unappetitlich. Ich find die Sache mit dem verschluckten Nagel besser!“
„Ach was, das Beste überhaupt war das Kabinettstückerl, als der Bauer im Hochsommer die Grippe hatte“, erinnerte ein Dritter die anderen. „Und auch noch lebensbedrohlich, wie immer beim alten Steinbichler!“
„Ja, die ist gut. Also dann, Bimberl, erzähl!“, wurde der Großknecht vom Erlenhof von allen Seiten gedrängt. Doch dieser zuckte mit den Schultern.
„Der Bauer weiß schon, was los ist“, erklärte er dann. „Schließlich merkt er selbst am besten, wo es ihn zwackt.“
Diese Antwort schien seinen Spezln nicht zu gefallen, denn die ergingen sich nun selbst in detaillierten Schilderungen über den „Simulanten“. Pankraz nahm den Wein in Empfang.
„Dass die Leute es net sein lassen können, sich über den Ferdl Steinbichler lustig zu machen“, meinte Joschi. „Ich hör’s wirklich net gern, Herr Doktor, wirklich net.“
„Schadenfreude ist leider für viele Leute die schönste Freude“, gab Pankraz seufzend zurück. „Das lässt sich kaum ändern.“
„Was war denn los?“, wollte gleich darauf Alois wissen.
„Das dumme Gerede über den Ferdl Steinbichler geht mir gegen den Strich. Ich kann’s net leiden, wenn er so zur Witzfigur gemacht wird.“