1,99 €
Im Pulverschnee küsst es sich besser
Ein Skiausflug bringt Reni in große Gefahr
Von Andreas Kufsteiner
Der Bergdoktor und seine Kollegen von der Bergwacht sind in ständiger Alarmbereitschaft: Die anhaltenden Schneefälle vervielfachen das Risiko von Lawinenabgängen. Schon jetzt müssen etliche Pisten gesperrt werden, und der Wetterdienst warnt vor weiteren Niederschlägen. Die erfahrenen Gebirgler wissen: Ein Unheil braut sich über ihrem Tal zusammen!
Davon ahnt Reni allerdings nichts, als sie ihre Skier anschnallt. Sie wundert sich lediglich, warum an diesem Tag nur so wenige Skifahrer unterwegs sind, als plötzlich ein bedrohliches Grollen den ganzen Berg erzittern lässt. Eine gewaltige Schneelawine rast Richtung Tal und reißt alles mit sich, was ihr im Weg steht ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Im Pulverschnee küsst es sich besser
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Pressmaster / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9041-4
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Im Pulverschnee küsst es sich besser
Ein Skiausflug bringt Reni in große Gefahr
Von Andreas Kufsteiner
Der Bergdoktor und seine Kollegen von der Bergwacht sind in ständiger Alarmbereitschaft: Die anhaltenden Schneefälle vervielfachen das Risiko von Lawinenabgängen. Schon jetzt müssen etliche Pisten gesperrt werden, und der Wetterdienst warnt vor weiteren Niederschlägen. Die erfahrenen Gebirgler wissen: Ein Unheil braut sich über ihrem Tal zusammen!
Davon ahnt Reni allerdings nichts, als sie ihre Skier anschnallt. Sie wundert sich lediglich, warum an diesem Tag nur so wenige Skifahrer unterwegs sind, als plötzlich ein bedrohliches Grollen den ganzen Berg erzittern lässt. Eine gewaltige Schneelawine rast Richtung Tal und reißt alles mit sich, was ihr im Weg steht …
„Mei, ist das eine Kälte.“ Dominikus Salt rieb die Hände aneinander und hauchte sie an. „Man könnte meinen, wir würden in einer Tiefkühltruhe sitzen.“
„Tun wir ja auch.“ Ein leises Lachen schwang in der Stimme von Martin Burger mit. „Immerhin sitzen wir hier zwei Meter unter dem Schnee. Kälter geht es kaum.“
„Da ist was dran. Und wir haben uns freiwillig eingraben lassen. Ist das zu fassen?“
„Erzählen darfst du das niemandem.“ Der Bergdoktor drehte beim Sprechen automatisch den Kopf zu dem anderen Mann, obwohl von diesem in der Dunkelheit kaum mehr als seine Silhouette auszumachen war. „Alles in Ordnung bei dir?“
„Schon. Ja. Ich kann es allerdings kaum erwarten, wieder daheim zu sein und in die warme Badewanne zu steigen. Da komme ich erst wieder raus, wenn meine Haut so schrumpelig ist wie ein Apfel vom vergangenen Jahr.“
„Gesund ist das aber net, Dominikus.“
„Mir den Hintern abzufrieren, auch net.“
„Bin gespannt, wann sie uns finden.“
„Hoffentlich bald!“
Die beiden Männer unter dem Schnee verfielen wieder in Schweigen.
Sie waren an diesem frostigen Wintertag mit ihren Kameraden von der Bergrettung auf den Hexenstein aufgestiegen, um eine Lawinensuchübung durchzuführen. Die Hänge waren hier oben tief verschneit und boten beste Bedingungen für ihr Training.
Der Bergdoktor und sein Kamerad hatten sich eingraben lassen und harrten nun ruhig aus. Rings um sie war es so still, dass ihnen die Ohren davon dröhnten. Noch schien niemand auch nur in der Nähe zu sein, um sie finden zu können.
Wie lange würden sie wohl noch durchhalten müssen?
„Ich hoffe, die beeilen sich ein bisserl“, murmelte Dominikus mit gesenkter Stimme. „Heute Abend kommt ein Krimi im Fernsehen, den ich net verpassen möchte.“
„Wenn wir bis heute Abend net gefunden wurden, haben wir noch ein ganz anderes Problem.“
„Stimmt, dann gehen wir als menschliches Eis am Stiel durch. Mir schläft gerade das Bein ein.“ Dominikus rutschte hin und her, sodass die Thermomatte unter ihm knirschte. „Verflixt noch mal. Ich werde langsam zu alt für diese Sachen.“
„Erzähl mir nichts. Ich weiß doch, wie viel Spaß du immer im Schnee hast.“
„Ja, im Schnee. Aber net darunter!“
„Ich finde es ganz behaglich.“
„Behaglicher wäre es, wenn wir eine ordentliche Portion Würstl und Sauerkraut mitgebracht hätten.“
„Ich wäre schon mit einem heißen Kaffee zufrieden.“
„Den kriegst du, sobald sie uns gefunden haben.“
Martin Burger brummte etwas Zustimmendes. Die Bergretter trafen sich regelmäßig, um Notfall-Einsätze durchzuspielen und Handlungsabläufe zu trainieren, bis sie saßen, ohne dass sie noch darüber nachdenken mussten. An diesem Tag war die Suche mit Lawinenhunden an der Reihe.
Im Zillertal schneite es im Winter dermaßen viel und heftig, dass Lawinen eine dauernde Gefahr waren. Nicht immer konnte der Wetterdienst rechtzeitig warnen, deshalb waren die Suchhunde immens wichtig.
In dieser Saison hatte es noch keine Lawine gegeben, aber das konnte sich ändern. Dann wollten sie bereit sein.
Dr. Burger war seit vielen Jahren mit dem Leiter der Bergwacht befreundet. Zusammen hatten sie schon so manche Gefahr überstanden. Sie wussten, dass sie sich aufeinander verlassen konnten.
„Hast du eigentlich eine Schaufel dabei, falls uns hier niemand findet?“, fragte Dominikus unvermittelt.
„Ich dachte, du bringst eine mit“, neckte Martin Burger ihn.
„Das ist net witzig. Allmählich schlafen mir hier wirklich sämtliche Glieder ein. Wie lange sitzen wir hier schon fest?“
„Net lange. Noch keine Viertelstunde, schätze ich.“
„Wirklich? Es kommt mir länger vor.“
„Mir auch. Hier unten verliert man jedes Zeitgefühl.“
„Ich frage mich, wie es sich dann erst bei einem echten Notfall anfühlen muss.“
„Vermutlich dauert dann jede Minute eine Ewigkeit.“
„In der Tat.“ Dominik schnaufte. „Ich glaub, das wird heute nix mehr. Die werden uns net finden.“
„Was macht dich da so sicher?“
„Weil der Korbinian mit der Lida angetreten ist. Sie ist ein Kuscheltier, aber kein Lawinensuchhund. Die Schildkröte meines Nachbarn wäre geeigneter, um uns auszugraben.“
„Lida ist ein Samojede, nicht wahr? Eine russische Rasse. Diese Hunde gelten als freundlich und gesellig.“
„Eben. Jäger sind es keine. Obendrein sollen sie schwer erziehbar sein. Aus so einem Hund machst du keinen Suchhund.“
„Dem Korbinian traue ich es zu. Er hat einen guten Draht zu seinen Tieren. Außerdem ist er konsequent und weiß sie zu führen. Er kriegt das hin.“
„Glaub ich net. Hörst du das net, Martin?“
„Nein, was denn?“
„Draußen ist alles ruhig. Kein Gebell. Kein Knirschen von Schritten. Das bedeutet: Die beiden sind noch net mal in unserer Nähe. Ich wette, die Lida wird uns net finden.“
„Das glaube ich aber doch. Korbinian weiß, was er tut.“
„Da bin ich mir net so sicher. Wie auch? Er sagt ja kaum was. Ich kenne den Mann seit fünf Jahren und hab ihn noch keine zehn Worte am Stück reden hören.“
„Trotzdem: Mit seinen Hunden kann er gut umgehen. Lida wird uns schon aufspüren.“
„Wird sie net. Wollen wir wetten?“
„Du willst wetten?“
„Das vertreibt die Zeit wenigstens ein bisserl. Du sagst also, sie finden uns, und ich sag, sie schaffen es net. Wer recht behält, bezahlt dem anderen unten im Dorf ein Stück Strudel und einen Becher Kaffee. Abgemacht?“
„Abgemacht.“ Dr. Burger sah vor sich die Ahnung einer Hand und schlug schmunzelnd ein. „Hoffentlich hast du genug Kleingeld.“
„Wieso?“
„Weil mir so ist, als würde ich etwas hören.“
„Ich hör nix … Oder doch?“ Stoff raschelte, als sein Kamerad den Kopf hob und lauschte.
Tatsächlich wurde gedämpftes Gebell laut. Dann knirschten Schritte über ihnen. Die beiden Männer unter dem Schnee verhielten sich nun absolut ruhig. Im Ernstfall konnten Unglücksopfer vielleicht auch keinen Laut von sich geben. Trotzdem mussten sie gefunden werden.
Hunde besaßen je nach Rasse bis zu zweihundertzwanzig Millionen Riechzellen, der Mensch hingegen nur fünf Millionen. Und dieser ausgeprägte Geruchssinn machte sie zu ausgezeichneten Suchhunden.
Jetzt scharrten über ihnen Pfoten im Schnee. Ein Hund gab Laut. Dann stach von außen eine Sonde in ihr Schneeloch. Dominikus hielt sie fest.
„Gefunden!“ Über ihnen erklang ein Ruf. „Wir haben euch!“
Tatsächlich bedeutete die Sonde, dass die Hündin und ihr Hundeführer sie aufgespürt hatten. Wenig später wurde der Schnee über ihnen fortgeschaufelt, und sie durften ins Freie kriechen. Die Wintersonne war wohltuend nach der Dunkelheit unter dem Schnee.
Lida war eine flauschige weiße Hündin, die an einen Spitz erinnerte und so heftig wedelte, dass ihr gesamtes Hinterteil in Bewegung geriet. Ein rotes Dreieckstuch wärmte ihren Rücken. Stöberdecke wurde es genannt. Darauf war mit weißen Buchstaben aufgedruckt: Tiroler Bergrettung.
Korbinian lobte seine Hündin ausgiebig und belohnte sie mit einem Leckerbissen für ihren Fund.
Der junge Landwirt war ein hochgewachsener Mann, dessen Haut selbst im Winter sonnengebräunt war, weil er sich täglich viele Stunden im Freien aufhielt. Sein Hof stand abseits von St. Christoph auf halber Höhe des Hexensteins. Dort betrieb er nicht nur Landwirtschaft, sondern züchtete und trainierte auch Rettungshunde. Ein dunkler Dreitagebart beschattete sein Gesicht. Seine Augen waren blau und schienen immer ein wenig zu ernst zu schauen.
Dr. Burger warf Dominikus Salt einen Blick zu.
„Ich nehme den Strudel noch warm und meinen Kaffee mit Milch und ohne Zucker, bitte.“
Der Leiter der Bergrettung grinste.
„Geht klar.“
Rings um sie war das Übungsfeld mit roten und gelben Fähnchen abgesteckt. Das Areal war groß, aber Lida hatte sie gefunden.
Dafür lobte Korbinian sie noch einmal. Er trug eine rote wattierte Jacke mit Fellkapuze, Jeans und feste Stiefel. Dazu warme Handschuhe. Sein Atem stieg weiß vor seinem Gesicht auf. Er hob den Kopf und musterte den Himmel. Von Westen schoben sich bleigraue Wolken heran. Die drei Männer wussten genau, was das bedeutete: noch mehr Schnee. Viel mehr Schnee. Vermutlich würde es schon am frühen Abend losschneien und dann stundenlang nicht aufhören.
Der Schnee verwandelte das Zillertal in ein Paradies für Wintersportler. Auf einer Piste östlich von ihnen fuhren Skifahrer wie bunte Farbtupfer den Hang hinunter. Sie schienen sich nicht wegen des Wetters zu sorgen.
„Der Himmel gefällt mir gar net“, murmelte Dominikus Salt. „Wir werden dem Quirin Bescheid geben müssen, dass er oben am Hexenstein nach dem Rechten schaut und gegebenenfalls eine kontrollierte Sprengung vornimmt, damit uns der Schnee net lawinenartig über das Dorf hereinbricht.“
„Da sagst du was“, murmelte Dr. Burger. Die seit Wochen anhaltenden Schneefälle vervielfachten das Risiko von Lawinenabgängen. Schon jetzt waren Pisten gesperrt worden, weil die Gefahr für die Skifahrer dort oben zu groß war. Und nun warnte der Wetterdienst vor weiteren Niederschlägen. Da braute sich nichts Gutes über ihrem Tal zusammen!
Korbinian verabschiedete sich und stapfte mit seinem Hund quer über den Hang davon. Sein Hof stand nicht weit von hier, deshalb war er zu Fuß gekommen.
Martin Burger und Dominikus Salt marschierten zu zweit zurück zur Straße, wo sie ihre Autos geparkt hatten. Bevor sie jedoch dort ankamen, näherte sich ein roter Kleinwagen aus dem Tal. Plötzlich geriet er ins Schlingern. Bremsen quietschten, aber es war zu spät! Das Fahrzeug schlitterte über die Fahrbahn, und es war ein Segen, dass gerade kein anderes Auto entgegenkam, weil ein Zusammenstoß sonst unvermeidlich gewesen wäre. Nun rotierte das kleine rote Auto gar um die eigene Achse!
„Um Himmels willen!“ Den Ausruf von Dominikus Salt begleitete ein dumpfes Geräusch, mit dem sich der Kleinwagen mit der Motorhaube voran in eine Schneewehe bohrte. Der Motor erstarb. In dem Wagen tat sich nichts. Und niemand stieg aus!
Die beiden Männer tauschten einen alarmierten Blick, dann stürmten sie wie auf ein stummes Kommando hin los. Mit langen Schritten rannten sie zu dem Unfallwagen …
***
„Ist Ihnen etwas passiert?“ Der Bergdoktor öffnete die Fahrertür des Unglückswagens und beugte sich vor.
Hinter dem Lenkrad saß eine junge Frau, die auffallend blass war. Ihre braunen Haare fielen glatt auf ihre Schultern herab und rahmten ein schmales Gesicht mit klugen braunen Augen ein. Sie trug einen weißen Rollkragenpullover und eine karierte Hose. Auf den ersten Blick wirkte sie unverletzt, aber Martin Burger wollte sich vergewissern.
„Haben Sie Schmerzen?“
„Was?“ Ihre Unterlippe bebte. Dann ging ein Ruck durch sie. „Nein, mir fehlt nichts. Ich bin nur fürchterlich erschrocken.“
„Das glaube ich. So eine Rutschpartie kann das Herz ganz schön auf Zack bringen.“
„In der Tat.“
„Wie viele Finger halte ich hoch?“ Er hob seine Hand.
„Warum fragen Sie mich das? Glauben Sie etwa, ich könnte nicht bis drei zählen?“ Ein verschmitztes Lächeln huschte über ihr Gesicht.
„Wie ich sehe, ist weder Ihr Sehvermögen noch Ihr Humor beeinträchtigt“, erwiderte Dr. Burger lächelnd. „Das ist ein gutes Zeichen.“
„Das hoffe ich auch sehr.“
„Wenn Sie sich unwohl fühlen, sagen Sie es mir bitte. Mein Name ist Martin Burger, ich bin Arzt in St. Christoph. Mein Begleiter ist der Salt-Dominikus. Er leitet die Bergwacht.“
„Grüß Gott. Ich heiße Reni. Reni Pirktl.“
„Sollen wir versuchen, Ihren Wagen wieder flottzumachen?“
„Das wäre schön. Ich fürchte, ich stecke hier fest.“
„Dann wollen wir versuchen, Sie aus dem Schnee zu holen.“
Dominikus kam heran. Er trat neben den Kleinwagen, stemmte die Füße in den Schnee und sah herüber.
„Ich hoffe, du hast heute Morgen ordentlich gefrühstückt, Martin.“
„Schon, und du?“
„Ich war zum Frühstück beim Althöfer. Muss ich mehr sagen?“
„Musst du net. Ich weiß Bescheid. Der Joschi ist berühmt für seine Portionen. Davon könnte eine ganze Legion satt werden. Wenn du bei ihm gefrühstückt hast, brauchst du mich gar net als Unterstützung.“
„Drücken gilt net. Reni? Auf mein Kommando geben Sie Gas! Verstanden? Also los!“ Sie stemmten sich gegen das Fahrzeug. Derweil ließ Reni den Motor an und gab Gas. Der Schnee wirbelte unter den Reifen hoch und vernebelte den Männern die Sicht, aber der Wagen rührte sich nicht vom Fleck.
„Kruzitürken aber auch, das gibt es ja net“, grummelte Dominikus. „Weniger Gas, Reni. Und noch mal!“
Sie schoben und stemmten – und dann rollte das Auto aus der Schneewehe.
„Na also!“, schnaufte Dominikus.
Reni stieg aus, umrundete ihr Fahrzeug und betrachtete es prüfend.
„Nix passiert. So ein Glück. Haben Sie vielen Dank. Ohne Sie würde ich jetzt noch im Schnee festsitzen.“
„Gern geschehen.“ Dr. Burger nickte ihr zu. „Wohin wollen Sie denn?“
„Nach St. Christoph. Bin ich dafür hier richtig?“
„Freilich. Fahren Sie weiter die Straße hinauf. In ein paar Minuten kommen Sie an ein Marterl, da teilt sich die Straße. Dort fahren Sie links weiter. Dann sehen Sie unsere Kirche mit dem Zwiebelturm schon bald vor sich.“
„Geradeaus. Dann links. Das merk ich mir. Haben Sie nochmals vielen, vielen Dank.“
„Wenn sich doch noch Beschwerden bei Ihnen einstellen sollten, finden Sie meine Praxis in der Kirchgasse.“
„Daran werde ich denken. Auf Wiederschauen!“ Reni stieg wieder in ihr Auto und fuhr langsam davon. Bald verrieten nur noch die Rutschspuren auf der verschneiten Fahrbahn, welche Aufregung es gerade gegeben hatte.
„Das ist ja gerade noch mal gut gegangen“, bemerkte Dominikus. „Könnte mir denken, dass das Madel heute Nacht von der Schlitterpartie träumt. Na, und ich werd jetzt mal schauen, dass ich zu meiner Verabredung komme.“
„Verabredung?“
„Mit meiner Badewanne. Muss mich unbedingt wieder auftauen.“
„Komm gut nach Hause, Dominikus. Und sieh zu, dass du dich net völlig auflöst im Wasser.“
„Versprechen kann ich nichts!“ Lachend schwang sich der Bergretter in seinen Wagen und fuhr davon.
Auch Dr. Burger stieg in sein Auto und machte sich auf den Heimweg. Vorsichtig steuerte er das Fahrzeug die gewundene Serpentinenstraße hinunter und hielt vor einem hübschen Haus im Alpenstil an. Das Dach war tief verschneit, und Rauch ringelte sich aus dem Schornstein in den blassen Winterhimmel. Auch auf dem Unterstand für sein Auto häufte sich der Schnee.
Das würde er nachher noch runterholen müssen, stellte er beim Aussteigen fest, ehe der Schnee zu schwer wurde und der ganze Carport einstürzte.
Der Schnee knirschte unter seinen Stiefeln, als er durch das Gartentor trat.
Hier bauten seine drei Kinder gerade einen Schneemann. Der weiße Geselle hatte einen kugelrunden Bauch und trug rosa Ohrenschützer aus Plüsch. Die drei Kinder waren warm eingemummelt in dicke Anoraks, Thermohosen und Stiefel. Alle drei hatten rosige Gesichter und leuchtende Augen.
Der Schneemann hielt ein Vogelhaus in der Hand, das Tessa gerade mit Sonnenblumenkernen bestückte. Klein-Laura half ihr dabei. Und Filli band dem Schneemann eine Schnur mit zwei Apfelhälften um den Hals.
„Für die Vögel“, sagte er. „Opa sagt, die finden im Winter net genug zum Fressen.“
„Das Vogelhaus ist eine gute Idee“, lobte Martin Burger den Buben. „Bei der Kälte wird euer Schneemann sicherlich auch lange halten.“
„Genau.“ Filli strahlte.
Tessa blickte sich um.
„Dürfen wir noch rodeln gehen, Papa?“
„Hast du deine Hausaufgaben erledigt, Spatzerl?“
„Freilich. Gleich nach der Schule. Hatte eh nur Rechnen auf.“
„Dann dürft ihr gehen. Seid aber zurück, ehe es dunkel wird.“
„Das machen wir.“ Die muntere Schar stob davon, um ihre Rodelschlitten zu holen.