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Einladung zur Zauberhütte
Doch plötzlich wird einer der Freunde vermisst!
Milena Stadler ist überglücklich! Zum Geburtstag hat sie von ihrem großzügigen Vater die Zauberhütte geschenkt bekommen. Sie liegt unterhalb vom Jochgrat im Bereich des Waldes am Tiefental, auch Zauberwald genannt. Nun will sie dort mit ihren besten Freunden und Freundinnen eine zünftige Winterparty feiern. Geplant sind eine Nachtwanderung im Schnee mit Fackeln, eine Feuerzangenbowle und ein Versteckspiel rund um die Hütte und im Wald. Wer zuletzt gefunden wird, hat natürlich das tollste Versteck und ist der Gewinner.
Die Gäste sind begeistert und schwirren in alle Richtungen aus. Schnell sind die ersten gefunden. Nur die Suche nach Julian Rosbacher ist auch nach Stunden nicht beendet. Wo, um Himmels willen, ist der Freund?
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Seitenzahl: 108
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Einladung zur Zauberhütte
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Lightwavemedia / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9043-8
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Einladung zur Zauberhütte
Doch plötzlich wird einer der Freunde vermisst!
Von Andreas Kufsteiner
Milena Stadler ist überglücklich! Zum Geburtstag hat sie von ihrem großzügigen Vater die Zauberhütte geschenkt bekommen. Sie liegt unterhalb vom Jochgrat im Bereich des Waldes am Tiefental, auch Zauberwald genannt. Nun will sie dort mit ihren besten Freunden und Freundinnen eine zünftige Winterparty feiern. Geplant sind eine Nachtwanderung im Schnee mit Fackeln, eine Feuerzangenbowle und ein Versteckspiel rund um die Hütte und im Wald. Wer zuletzt gefunden wird, hat natürlich das tollste Versteck und ist der Gewinner.
Die Gäste sind begeistert und schwirren in alle Richtungen aus. Schnell sind die ersten gefunden. Nur die Suche nach Julian Rosbacher ist auch nach Stunden nicht beendet. Wo, um Himmels willen, ist der Freund?
Für Milena Stadler aus dem Lindenhaus in St. Christoph war die Zeit zwischen den Jahren, wie die Tage nach Weihnachten bis Neujahr genannt wurden, von jeher fast so schön wie das Weihnachtsfest selbst. Ihr Geburtstag am 28. Dezember schloss sich den weihnachtlichen Überraschungen und Feierlichkeiten nahtlos an.
Obwohl ihre Geburtstags-Geschenke natürlich nicht unter dem Weihnachtsbaum lagen wie am Heiligen Abend, glitzerte und funkelte es noch im ganzen Haus. Die große, rot und golden geschmückte Tanne duftete genauso frisch wie am Tag vor dem Fest, als die Stadlers sie gemeinsam aus dem Wald geholt hatten – wie jedes Jahr mit der Genehmigung des Försters.
Ab dem ersten Advent achtete Förster Reckwitz sehr genau darauf, wer sich schon im Frühherbst eine Tanne reserviert hatte.
Auch später durfte man sich noch einen Baum aussuchen, der dann entsprechend gekennzeichnet wurde. Aber wehe, jemand fällte ohne Erlaubnis eine der Waldtannen, vielleicht sogar bei Nacht und Nebel und ohne einen Cent dafür zu bezahlen!
Auch das Abreißen von frischen Tannenzweigen war streng verboten. Für solche hinterhältigen Übeltaten gab es auch in der Weihnachtszeit keine mildernden Umstände, stattdessen jedoch eine Anzeige wegen „Waldfrevel“ samt Geldstrafe.
In dieser Hinsicht war mit dem Förster nicht zu spaßen. Und mit Gendarm Sirch erst recht nicht.
Die Stadlers gehörten zu denjenigen, die sich das ganze Jahr über auf Weihnachten und Silvester freuten.
Endlich hatte man die Gelegenheit, sich der Familie in Ruhe zu widmen. Alles war auch heuer bestens vorbereitet, Stress oder Hetze hatten keine Chance. Das tat besonders Klemens Stadler gut, der in Innsbruck eine Anwaltskanzlei besaß.
Milena wusste, dass ihr Vater seinen Beruf zwar mit viel Einsatz und Energie ausübte, aber er ging auf die sechzig zu und brauchte hin und wieder eine Auszeit. Bis zum 6. Januar wurde er von einem Kollegen vertreten.
Ihre Mutter, die mehrere Stunden täglich Nachhilfestunden in Deutsch und Englisch gab, achtete genau darauf, dass ihr Mann sich nicht überarbeitete.
„Lass gut sein“, sagte er dann immer, „ich bin doch kein kleiner Bub mehr, Luiserl. Ich schaff das schon.“
Aber Luise Stadler blieb hart, wenn es um die Gesundheit ihres Angetrauten ging. Im Grunde genommen war ihre Fürsorge ja auch nichts anderes als ein Liebesbeweis nach vielen, niemals langweiligen Ehejahren!
Milenas Geburtstag – sie wurde sechsundzwanzig Jahre alt – lief in gewohnter Harmonie ab.
Ihr vier Jahre älterer Bruder Thomas war schon einige Tage vor dem Weihnachtsfest aus Graz heim nach St. Christoph gekommen.
Tom, wie er genannt wurde, war in die Fußstapfen seines Vaters getreten und hatte sich als Anwalt mitten in der schönen Grazer Altstadt niedergelassen, allerdings vorerst als angestellter Fachanwalt für Familienrecht. Sobald sein Vater aus Altersgründen seine Innsbrucker Kanzlei aufgab, würde Tom sein Nachfolger werden.
Warum arbeitete er derzeit ausgerechnet in der Steiermark, obwohl ihm seine Tiroler Heimat sehr am Herzen lag?
Die Antwort war einfach: Er hatte sich in ein fesches „Steirer Madel“ namens Rosalie verliebt. Noch immer wartete er darauf, dass sie ihm ihr Jawort gab.
Aber sein hübsches Röserl war widerspenstig, wie es Rosen ja manchmal so an sich haben – man denke nur an die Dornen! Wer hatte eigentlich das geflügelte Wort „keine Rose ohne Dornen“ erfunden? Das war nicht bekannt, aber es entsprach der Wahrheit. Jedenfalls musste Tom diese Erfahrung machen.
Sein Mädchen ließ ihn zappeln. Rosalie eilte es nicht damit, unter die Haube zu kommen. Konnte man denn nicht auch ohne Standesamt und Hochzeitsglocken glücklich sein?
Tom stritt das zwar nicht ab, aber Hochzeit und Ehe waren ihm ungeheuer wichtig. Dennoch bewies er sehr viel Geduld. Sollte sie sich ruhig noch ein bisschen zieren, seine Angebetete! Er war dennoch guter Dinge. Früher oder später würde er sein „Grazer Röslein“ sowieso herumkriegen!
Rosalie feierte den Jahreswechsel daheim bei ihren Eltern und Geschwistern. Für Tom stand fest, dass er am 2. Januar zurückfahren würde. Aber das nächste Weihnachtsfest samt Neujahr würden sie zusammen verbringen. Dann wollte er sie mit nach St. Christoph nehmen, wenn es gut lief, bereits als seine Ehefrau. Oder wenigstens als seine Verlobte.
Milena dachte übers Heiraten nur dann nach, wenn ihre Freundinnen darüber sprachen. Anni, Sanna und Katrin hatten das Thema immer auf dem Plan.
Genauso wie Gerti, die momentan allerdings ständig am Rande eines Nervenzusammenbruchs balancierte und Ströme von Tränen vergoss, weil ihr Freund Steffen sie verlassen hatte. Einfach so, weil er angeblich frei sein wollte. Dabei wusste man im Dorf eh, dass er sich ein fesches „Skihaserl“ in Kitzbühel geangelt hatte.
Trennungen und Tränen waren in einer Beziehung manchmal nicht zu vermeiden. Aber was nützte es, hysterisch zu werden?
Gerti nahm einfach keine Vernunft an. Sie war am Ende und sprach allen Ernstes davon, ins Kloster zu gehen. Niemand schaffte es, sie zu trösten. Dabei war ihr Ex-Freund Steffen wirklich keine einzige Träne wert. Von Treue hielt er genauso wenig wie ein Bergsteiger vom Tiefsee-Tauchen, nämlich gar nichts.
Für Milena gab es nun erst einmal Kerzen und Geschenke auf dem Geburtstagstisch, dazu eine traumhafte Torte, die ihre Mutter wie immer selbst gebacken hatte.
Pascha, der Hauskater – er trug seinen Namen zu Recht, denn als echter Perserkater rührte er keine Pfote und ließ sich gern bedienen – beobachtete das Geschehen von seinem Körbchen aus.
Er liebte seine Familie und verließ das Haus nur, um durch den großen Garten zu streifen. Denn er legte Wert darauf, dass dort alles in Ordnung war. Mit anderen Worten: Keine Eindringlinge wie fremde Katzen oder lästige Mäuse.
Es wäre Pascha nicht in den Sinn gekommen, einer Maus nachzujagen wie eine ganz gewöhnliche Katze. So etwas war natürlich unter seiner Würde.
Perserkater benahmen sich königlich und gaben sich höchst ungern mit Mäusen ab. An diesem frechen Gesindel machte man sich nicht die Pfoten schmutzig!
Aber falls er doch mal eins dieser unnützen Viecherl entdeckte, nahm er es natürlich zur Kenntnis. Er vertrieb es dann auf elegante Weise, indem er sich leise anschlich und notfalls seine Krallen zeigte.
Das genügte. Die Krallen einer echten, adeligen Perserkatze schlugen nicht nur Mäuse in die Flucht, sondern alle möglichen Eindringlinge, die in Haus und Garten absolut nichts zu suchen hatten!
Im Moment war es sehr kalt draußen. Pascha hasste den Winter. Es grauste ihm davor, durch die Kälte zu tapsen. Schnee und Frost schadeten seinen gepflegten Pfötchen. Ganz abgesehen von seinem samtgrauen, üppigen Fell, das regelmäßig gebürstet werden musste. Auf keinen Fall durfte es verfilzen!
Nur aus Pflichtgefühl machte Pascha, der sich selbst gern ein goldenes Krönchen aufgesetzt hätte, zur Winterzeit täglich seinen Rundgang durch den Garten.
Er hielt sich nicht im Freien auf. Die Mäuse schliefen zum Glück irgendwo und wachten nur auf, um sich aus den drei gut gefüllten Vogelhäuschen Futter zu stehlen.
Sie kletterten erstaunlich geschickt hinauf und schwupp, schon versorgten sie sich mit Körnern und in Schmalz angerösteten Haferflocken, Nüssen und Rosinen. Diebisches Gesindel!
Auch Vögel interessierten Pascha nicht. Nun ja, hin und wieder warf er einen Blick auf diese fliegenden Nichtsnutze und überlegte ganz nebenbei, ob sie ihm entkommen würden, falls er doch mal mit der Pfote nach so einem Flattertier angeln würde – eventuell nur aus Versehen …
Ach was. Ein Perserkater auf Vogelfang? Und auch noch er, seine Majestät Pascha der Erste? Undenkbar!
***
Pascha liebte sein Frauchen Milena über alles. Für sie, und nur für sie, hatte er sich heute sogar eine hellblaue Schleife umbinden lassen.
„Willst du mir nicht gratulieren, du Faulpelz?“, rief sie. „Komm, ich will dich mal aus der Nähe betrachten. Du siehst umwerfend aus mit dem Schleiferl!“
Es genügte ihm, ihre Stimme zu hören. Wenn sie ihn rief, folgte er. Sofort erhob er sich würdevoll aus seinem Körbchen, um auf weichen Pfötchen lautlos zu ihr zu gehen. Milena war der Stern an seinem Himmel. War sie es nicht gewesen, die ihn als kleinen Baby-Kater einfühlsam betreut hatte?
Seine Ankunft im Haus der Familie Stadler lag fünf Jahre zurück, man hatte ihn als acht Wochen altes Kätzchen in der Innsbrucker Rassenkatzen-Zucht „Am Erlenberg“ gekauft.
Katzenbaby Pascha hatte sich vor allem und jedem gefürchtet. Aber dank Milenas liebevoller Fürsorge war der kleine Kater bald zu einem zufriedenen, anhänglichen und entspannten Hausgenossen herangewachsen.
Diese Liebe wollte er ihr auf seine Art zurückgeben. Sie durfte alles mit ihm machen, ihn streicheln und mit ihm „Bällchen“ fangen. Obendrein besaß sie sogar die Erlaubnis, sein kostbares Fell ein bisschen zu zausen. Und jetzt freute er sich, dass sie ihn hochhob und zu ihrem Geburtstagstisch trug. Von anderen ließ er sich auf keinen Fall durch die Gegend tragen.
„Schau“, sagte Milena, „da steht sogar ein Foto von dir. Vater hat es im Herbst gemacht. Pascha, unser Herrscher aus dem Morgenland in den goldenen Blättern, so hat er das Bild genannt.“
Ja, herbstliche Blätter waren lustig. Mit herumfliegendem Laub konnte man sich bestens amüsieren. Aber mit Schnee und Eis? Niemals!
„Er macht doch mit euch, was er will“, bemerkte Tom mit einem Blick auf den vierbeinigen „Herrscher“.
Milena lachte. „Ja, aber er ist so süß. Wir sind gerne seine Bediensteten. Du kannst ihm ja auch net widerstehen, Tom, gib’s zu.“
„Du hast das Wichtigste noch nicht ausgepackt, Spatzl“, meldete sich ihre Mutter zu Wort. Sie nannte ihre Tochter immer noch so wie in den längst vergangenen Kindertagen. Und ihr Sohn war und blieb der kleine „Tommy“. Proteste nützten nichts. Spatzl und Tommy fanden sich daher mit ihren Kosenamen ab.
„Was ist denn das Wichtigste?“, fragte Milena erstaunt. „Ich hab doch so viel bekommen! Sogar die tollen Winterstiefel, von denen ich die ganze Zeit über schon geschwärmt hab. Ich bin rundum glücklich, ihr verwöhnt mich immer wieder.“
„Hier!“ Klemens Stadler wedelte mit einem Umschlag. „Für dich, mein Zauberelfchen!“
„Was hast du denn da, Papa? Und seit wann bin ich eine Zauberelfe?“
„Das warst du schon immer“, schmunzelte ihr Vater. „Meistens eine Fee, zuweilen aber auch ein kleines Hexchen. Aber ein liebes.“
Milena blickte verblüfft in die geheimnisvoll lächelnden Gesichter ihrer Eltern. Und sogar Tom konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Das Geburtstagskind öffnete den Umschlag und las:
„Notariell beglaubigte Urkunde.
Hiermit geht die von Herrn Rechtsanwalt Stadler vor fünf Jahren gepachtete und nunmehr von ihm erworbene Blockhütte unterhalb vom Jochgrat im Bereich des Waldes am Tiefental, auch Zauberwald genannt, mit allem Inventar in den Besitz von Milena Stadler über.
Die Blockhütte wird ab sofort unter dem Namen Zauberhütte im gemeindlichen Register eingetragen. Die Hütte ist stabil gebaut, sie besitzt einen Strom- und Wasseranschluss und umfasst Räumlichkeiten von insgesamt 80 Quadratmetern. Dies ermöglicht eine Nutzung durch mehrere Personen. Ein durch einen Zaun begrenztes Waldgrundstück gehört zu dem Anwesen.
Gezeichnet, Notar Ruhsamer, Schwaz.
Bürgermeister Angerer, St. Christoph.
Die Urkunde wird erstellt im Auftrag vom vormaligen Pächter und jetzigen Käufer der Blockhütte, Herrn Rechtsanwalt Klemens Stadler, Lindenhaus, St. Christoph.“
Milena las das Ganze noch einmal und dann ein drittes Mal, bis ihr klar wurde, dass ihr Vater die auf einige Jahre angemietete Wochenend-Hütte der Familie tatsächlich gekauft und ihr überschrieben hatte. Ein tolles Geschenk, mit dem sie überhaupt nicht – nie! – gerechnet hätte!
„Das geht doch net“, stammelte sie. „Die Blockhütte geht an mich? Papa, das muss ein Scherz sein!“
„Im Gegenteil“, erwiderte Vater Stadler, der sich an der Überraschung seiner Tochter weidete. „Ich hätte den Mietvertrag zu Lichtmess um weitere fünf Jahre verlängern müssen. Aber ich wusste, wie sehr du an diesem wunderschönen Platz und an der Hütte hängst. Also, warum nicht den Versuch starten, die Hütte zu kaufen? Sie stand bisher im Besitz der Gemeinde, wie du ja weißt. Nach einigen Gesprächen mit dem Bürgermeister bekam ich grünes Licht für den Kauf. Und nun gehört sie dir – deine Zauberhütte! Die Einrichtung ist ja noch in Ordnung, wir haben letztes Jahr im Sommer eh vieles erneuert. Es ist unser Wunsch, dass du dort oben immer Kraft tanken und die Schönheit der Natur genießen kannst. Na ja, ich denke, hin und wieder wirst du uns auch mal einladen … ab jetzt sind wir nur noch Gäste auf deiner Hütte!“