Der Bergdoktor 2030 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2030 E-Book

Andreas Kufsteiner

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Jedes Jahr am 13. Juli holen den Bergdoktor unliebsame Erinnerungen ein: Just an diesem Tag starb vor fünfundzwanzig Jahren eine Braut in den Bergen. Die Kapferer-Fanny war auf dem Weg zur Kapelle, als ihre Kutsche von einer Mure erfasst und mitgerissen wurde. Martin Burger hat damals sein Leben riskiert, um zu Fanny zu gelangen, konnte ihr jedoch nicht mehr helfen. Das kann er nicht vergessen.
Ausgerechnet am 13. Juli wollen sich in diesem Jahr Nathalie Haslacher und Raphael Luxner das Jawort geben. Das ist ein Unglückstag, warnen die Dorfbewohner. Aber das verliebte Paar schlägt alle Bedenken in den Wind ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2020

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Das Glück ist zerbrechlich

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9773-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das Glück ist zerbrechlich

Was sieben Tage vor der Hochzeit geschah

Von Andreas Kufsteiner

Jedes Jahr am 13. Juli holen den Bergdoktor unliebsame Erinnerungen ein: Just an diesem Tag starb vor fünfundzwanzig Jahren eine Braut in den Bergen. Die Kapferer-Fanny war auf dem Weg zur Kapelle, als ihre Kutsche von einer Mure erfasst und mitgerissen wurde. Martin Burger hat damals sein Leben riskiert, um zu Fanny zu gelangen, konnte ihr jedoch nicht mehr helfen. Das kann er nicht vergessen.

Ausgerechnet am 13. Juli wollen sich in diesem Jahr Nathalie Haslacher und Raphael Luxner das Jawort geben. Das ist ein Unglückstag, warnen die Dorfbewohner. Aber das verliebte Paar schlägt alle Bedenken in den Wind …

Der Steinbock spähte argwöhnisch von seinem Felsen herüber.

Hat er mich bemerkt?

Martin Burger rührte sich nicht. Reglos verharrte er in der Wand und wagte kaum zu atmen, während er keinen Blick von dem imposanten Tier ließ. Das Gehörn war gut einen Meter lang und leicht gebogen, das Fell dunkelbraun. Noch lag der Steinbock auf dem Felsen und ruhte in der warmen Sommersonne.

Ein Pfad schlängelte sich den Berg hinauf. Er war so schmal, dass es ein geübtes Auge und einen festen Tritt brauchte, um ihn zu wagen. Nur das Zirpen der Insekten war in der Stille dieses sonnigen Sommertages zu hören. Hoch oben zeichnete ein Flugzeug einen weißen Streifen auf das Himmelsblau.

Der Steinbock stemmte sich auf seine Hufe, floh jedoch noch nicht. Er schien abzuwägen, ob von dem einsamen Wanderer eine Gefahr ausging oder nicht.

Ob er mich ein Foto von sich schießen lässt?

Der Gedanke war Martin Burger kaum durch den Sinn gegangen, als in der Nähe plötzlich ein dumpfes Grollen zu hören war. Es drang über eine Anhöhe und hörte sich an, als würde sich der Berg selbst in Bewegung setzen. Und es wurde lauter!

Das klingt net gut. Ganz und gar net gut!

Martin Burger wirbelte herum. Er überlegte nicht lange, sondern stürmte mit langen Schritten vorwärts. Wenn es sich um das handelte, was er vermutete, wurde womöglich seine Hilfe gebraucht! Er rannte schneller, überwand die Hügelkuppe und stockte jäh mitten im Schritt. Wie er es befürchtet hatte, wälzten sich Schlamm und Geröllmassen den Berg hinunter!

In den vergangenen Tagen hatte es ununterbrochen geregnet. Die Wassermassen hatten den Boden aufgeweicht. Heute war der erste schöne Sommertag, aber die wenigen Sonnenstunden hatten nicht ausgereicht, um das Unglück zu verhindern.

Eine Mure ging nieder! Und sie riss alles mit sich, was ihr in den Weg geriet!

Weiter unten raste eine Kutsche durch das Tal. Sie floh vor den Massen, die geradewegs auf sie zustürzten. Der Kutscher schwenkte seine Peitsche. Selbst über die Entfernung gellten die Rufe, mit denen er die beiden Gespannpferde antrieb. Die Tiere machten sich lang. Sie rasten vorwärts, so schnell sie es vermochten. Ihre Hufe wirbelten Erde auf. Schaum flog von ihren Mäulern. Ihr Geschirr war mit Blumen geschmückt.

Das muss die Hochzeitskutsche mit der Kapferer-Fanny und dem Loisl sein!, ging es Martin Burger durch den Kopf. Die beiden wollten heute heiraten. In der Kapelle am Hexenstein.

So weit war er gerade mit seinen Gedanken gekommen, als die Mure die Kutsche einholte. Das Gefährt wurde mitgerissen, stürzte um und wurde unter Tonnen von Geröll und Schlamm begraben. Binnen weniger Sekunden!

Martin Burger wollte hinuntereilen und die Verschütteten befreien, aber er konnte sich nicht bewegen. Konnte keinen Schritt tun. Wie gelähmt war er. Die Verzweiflung klemmte in seiner Kehle wie ein stummer Schrei …

„Nein!“ Mit einem Ruck fuhr Dr. Burger in seinem Bett in die Höhe. Seine Augen waren weit aufgerissen. Die Fetzen des Albtraums gaukelten ihm noch die Bilder des Schreckens vor.

Erst nach einigen tiefen Atemzügen fand er ins Hier und Jetzt zurück. Er stand nicht mehr auf dem Berg und musste hilflos mit ansehen, wie ein junges Paar verschüttet wurde. Nein, er war in seiner behaglichen Schlafkammer mit den liebevoll mit bäuerlichen Motiven bemalten Möbeln, während durch das Fenster das erste Morgenlicht hereinfiel.

Im Bett neben ihm schlief seine Frau. Sabine hatte ihre Zudecke irgendwann in der Nacht weggeschoben. Ein Arm ruhte unter ihrem Kopf. Sie sah so lieb und herzig aus, dass sein Herz vor lauter Liebe überfloss. Impulsiv beugte er sich zu ihr und drückte ihr ein Busserl auf die Wange.

Sabine stieß ein leises Brummeln aus, wachte jedoch nicht auf, sondern drehte sich nur um und schlief weiter. Seine geliebte Frau war kein Morgenmensch und würde erst in einigen Stunden wach werden.

Ihn selbst aber würde der Schlaf nun erst einmal meiden. Das war Martin Burger klar. Noch immer wummerte sein Herz heftig gegen seine Rippen, und die Reste seines Albtraums verfolgten ihn. Es war ja nicht nur ein Albtraum. Nein, Erinnerungen waren es, die ihn immer wieder heimsuchten. Vor allem um den dreizehnten Juli herum. Dabei war das Unglück nun beinahe fünfundzwanzig Jahre her!

Damals war er noch ein junger Medizinstudent gewesen und hatte auf seiner Bergtour hilflos zuschauen müssen, wie ein Brautpaar sein Leben verloren hatte. Vergessen würde er die Schreckensbilder sein Lebtag nicht mehr.

Energisch schob Dr. Burger seine Zudecke von sich und stand auf. Barfuß tappte er ins Badezimmer, duschte und zog sich an. Er wählte eine luftige Leinenhose und ein helles Hemd, weil der wolkenlose Himmel draußen einen heißen Sommertag versprach.

Dann stieg er leise die Treppe hinunter. Im Haus war noch alles still. Allerdings war er nicht der Einzige, der schon wach war, wie er geglaubt hatte. Als er die Küche betrat, saß Filli bereits auf der Eckbank. Ein Bein hatte er angewinkelt, das andere baumelte unter dem Küchentisch.

Mit seinen fünf Jahren war der Bub das mittlere der drei Burger-Kinder. Ein lieber Wirbelwind mit Sommersprossen, einem riesengroßen Herzen für Tiere und einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Sein kurzärmeliger Pyjama war mit Welpen bedruckt. Vor ihm stand ein Milchglas auf dem Tisch. Ein weißer Milchbart zierte seinen Mund.

Filli kritzelte in einem Malbuch herum.

„Guten Morgen, Filli.“ Dr. Burger füllte Wasser in die Kaffeemaschine. „Kannst du auch nimmer schlafen?“

„Ich könnte schon. Ich mag bloß net.“

„So? Warum denn net?“

„Weil draußen so schön die Sonne lacht. Nachher holt Gustl mich mit seinem Opa ab.“

„Richtig. Euer Ausflug zum Kuckuckssee ist ja heute.“

„Wir wollen Boote aus Rinde basteln und um die Wette schwimmen lassen. Und ein Picknick machen. Und Gustls Opa bringt seine Angel mit.“

„Das klingt nach einem tollen Tag. Willst du das Angeln auch einmal versuchen?“

„Och nö. Die armen Fische. Ich mag sie net aus dem Wasser holen.“

„Das musst du auch net. Vergiss nur deinen Schwimmreifen net. Falls du ins Wasser fällst.“

„Hab ich schon eingepackt.“ Filli blickte zu dem Rucksack hinüber, der neben der Tür stand, die hinaus in den Garten führte und offen stand. Er baumelte mit den Füßen und wäre offenbar am liebsten sofort zu seinem Ausflug aufgebrochen.

Da kündigten Schritte eine weitere Bewohnerin des Doktorhauses an: Zenzi! Die Wirtschafterin trug ein blaues Dirndl und wie immer einen strengen Haarknoten. Prüfend schaute sie zwischen ihnen hin und her, dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht.

„Guten Morgen, ihr zwei. Ihr seid aber früh wach. Treibt euch der Hunger an?“

„Net direkt“, erwiderte Dr. Burger.

„Net? Oh, ich verstehe. Wieder mal schlecht geträumt?“

„Woher weißt du denn das?“

„Weil sich das Unglück bald wieder jährt.“ Zenzi strich über ihre Schürze. „Ich musste auch daran denken. Das bleibt net aus. Damals war ich zu der Hochzeit eingeladen. Ich weiß noch, wie verzweifelt Fannys armer Vater war, als die Kutsche net kam. Und dann, als jemand etwas von einer Mure rief, da ist er zusammengebrochen. Er hat das Unglück nie verwunden, der Kapferer. Er ist fortgezogen in die Berge und haust jetzt irgendwo da oben.“

Ihr Blick schweifte aus dem Fenster auf die Berge, die der Morgendunst noch verschleierte.

„Kaum zu glauben, dass es heuer fünfundzwanzig Jahre werden.“

„Richtig. Am dreizehnten Juli.“ Zenzis Blick verdunkelte sich. „Auf diesem Tag lastet ein Fluch, Doktor.“

„Sag das net, Zenzi. In diesem Jahr will sich ein junges Paar aus dem Dorf just an diesem Tag das Jawort geben.“

„Ich weiß, aber eine gute Idee ist das net. Dieses Datum bringt Paaren kein Glück.“

„Seit wann bist du denn so abergläubisch, Zenzi?“

„Mit Aberglauben hat das nix zu tun. Es ist eine Tatsache.“

„Eine Tatsache?“

„Nathalie und ihr Verlobter hätten jedes andere Datum wählen können, bloß net dieses. Daraus kann nix Gutes erwachsen.“

„Aber Zenzi, dreizehn ist doch nur eine Zahl.“

„Nein, diese Hochzeit steht unter keinem guten Stern.“ Zenzi wiegte bedächtig den Kopf hin und her. „Ich wünschte, sie hätten sich für einen anderen Tag zum Heiraten entschieden.“

„Was glaubst du denn, was passieren wird?“

„Nix Gutes jedenfalls, Doktor. Nix Gutes.“

***

„Vorsicht!“

Einer der Umzugshelfer wuchtete das gläserne Terrarium vom Umzugswagen. Dabei glitt es ihm aus den Händen und drohte abzustürzen. Nathalie blieb fast das Herz stehen vor Schreck.

„Aufpassen!“, rief sie, riss die Arme in die Höhe und stemmte sich gegen das Glas. Im letzten Augenblick konnte sie verhindern, dass es abstürzte und zerbarst.

„Das war knapp, was?“ Ein breites Grinsen kerbte das Gesicht des Mittfünfzigers. Dann schleppte er das Terrarium ins Haus.

„In der Tat.“ Nathalie stieß den Atem aus. Ihr rasender Puls beruhigte sich nur langsam wieder.

Was würde wohl noch alles schiefgehen? Beim Einpacken war schon ihre Lieblingslampe zerbrochen. Dann war der Umzugswagen wegen einer Panne erst mitten in der Nacht aufgekreuzt.

Und zu allem Überfluss hatte sie sich Kaffee über ihr T-Shirt geschüttet und keine Ahnung, in welcher der Kisten ihre Garderobe verstaut war. So lief sie schon den ganzen Tag mit einem bekleckerten T-Shirt herum. Dieser Umzug würde ihr noch die ersten grauen Haare bescheren!

Aber das ist es wert, dachte sie, während sie die Reisebox mit ihrer Landschildkröte ins Haus trug. Herkules verschlief den ganzen Trubel, und beinahe beneidete sie ihren gepanzerten Mitbewohner darum.

Etliche ihrer Möbel hatte sie in München verschenkt, andere würden auf dem Dachboden ihres neuen Zuhauses eingelagert werden. Der Luxner-Hof war fix und fertig eingerichtet und so behaglich, dass sich Nathalie bereits wie zu Hause fühlte.

Das Bauernhaus stand an der Bergstraße, ein wenig außerhalb von St. Christoph. Die wunderbare Bergwelt des Zillertals breitete sich unmittelbar vor ihrer Haustür aus.

Der Bauernhof wurde von der Familie ihres Verlobten bewirtschaftet. Seine Eltern bewohnten die untere Etage, während das erste Stockwerk fortan das gemeinsame Reich von Nathalie und Raphael sein würde.

Ein Balkon führte um das Haus herum, und in jeder Richtung hatte man eine wunderbare Aussicht auf die Berge und den blauen Sommerhimmel.

Es war wie ein wahr gewordener Traum! Nathalie stellte die Tierbox in einer schattigen Ecke des Balkons ab und lehnte sich über das Geländer, um den Ausblick in sich aufzunehmen. Ihr Herz machte einen Hüpfer. Anstatt auf einen schattigen Münchner Hinterhof würde sie von nun an die Berge sehen!

„Herrschaftszeiten!“ Ihr Verlobter schleppte eine Kiste in die Schlafkammer und stellte sie neben dem Bett ab. Dann richtete er sich auf. „Was hast du da nur drin? Ziegelsteine?“

Nathalie beäugte die Aufschrift auf der Kiste. Harry, Frodo & Co. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.

„Bücher.“

„Ah, dann war ich ja ziemlich nah dran.“ Raphael erwiderte ihr Lächeln und legte die Arme um sie. „Ich bin so froh, dich von nun an immer bei mir zu haben. Keine Trennungen mehr am Sonntagabend. Keine endlos langen Arbeitswochen mehr ohne dich. Keine Fahrten mehr zwischen München und St. Christoph hin und her. Und kein Vermissen mehr.“

„Wer weiß. Vielleicht hast du mich bald satt, wenn du mich jeden Tag hast?“, neckte sie ihn.

„Schon möglich“, räumte er ein und wich lachend zur Seite aus, als sie nach ihm griff. „Hilfe, net kitzeln. Ich habe doch nur einen Scherz gemacht. Oh, na warte.“ Er begann sie nun seinerseits zu kitzeln, bis sie rücklings auf das Bett fiel und ihn mit sich zog. Lachend wälzten sie sich auf dem Lager, kamen schließlich Arm in Arm zu liegen, und Raphael blickte sie zärtlich an. „Ich liebe dich so sehr.“

„Ich liebe dich auch, Raphael.“ Nathalies Herz wurde weit. Raphael und sie hatten sich vor zweieinhalb Jahren auf der Skipiste kennengelernt. Sie war mit ihrer Freundin im Urlaub gewesen, der beinahe ein jähes Ende gefunden hätte, als sie gestürzt war. Zum Glück war nichts weiter passiert.

Raphael hatte ihr beim Aufstehen geholfen. Sie waren miteinander ins Gespräch gekommen und hatten entschieden, sich bei einem Glaserl Jagertee aufzuwärmen. Dabei waren die Stunden unbemerkt an ihnen vorübergeflossen. Sie hatten sich gar nicht trennen mögen. Und so war es bis zum heutigen Tag geblieben.

Beim vorigen Weihnachtsfest hatte Raphael sie gefragt, ob sie ihn heiraten wollte. Und sie hatte frohen Herzens Ja gesagt.

Mit seinem riesengroßen Herzen, seiner offenen Art und seinem unverbrüchlichen Glauben an das Gute war der Landwirt Nathalies Traummann. Sie liebte sein Lächeln, seine blitzenden Augen und seine braunen Haare, die immer zerzaust waren, weil er die Angewohnheit hatte, sich mit den Händen hindurchzufahren.

Raphael hörte beim Melken gern Mozart, ging Klettern und spielte Fernschach mit seinem Großvater, der in Salzburg lebte. Und er bewirtschaftete den großen Bauernhof mit seinen Eltern und der Hilfe einer Magd. Das war eine Menge Arbeit, und genau das bereitete Nathalie manchmal Kopfzerbrechen.

„Sag mal“, fragte sie ihn, „würdest du net lieber eine Bäuerin heiraten?“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Weil ich Erzieherin bin. Ich werde euch keine große Hilfe auf dem Hof sein. Von der Landwirtschaft weiß ich net viel mehr, als dass, nun ja, dass es sie eben gibt.“

„Das reicht mir vollkommen.“ Raphael strich ihr zärtlich über die Wange. „Ich will schließlich keine Frau für die Arbeit, sondern eine fürs Herz. Ich will dich, mein Liebling.“ Damit zog er sie wieder an sich und gab ihr ein inniges Busserl.

Wärme breitete sich in Nathalie aus.

„Mach dir um den Hof keine Sorgen. Den haben wir im Griff“, fuhr er fort. „Außerdem weiß ich aus sicherer Quelle, dass du im ‚Spatzennest’ schon sehnlichst erwartet wirst. Deine Vorgängerin hört als Erzieherin auf, weil sie ihr drittes Baby bekommt. Sie brauchen dich im Kindergarten, und ich brauche dich hier bei mir. Alles ist wunderbar, so wie es ist.“

„Mei, Raphael.“ Nathalie schmiegte sich an ihren Verlobten und spürte tief im Herzen, dass sie angekommen war. Vor ihnen lag eine Zukunft voller Liebe und Verheißungen. Sie würden sich ein Zuhause aufbauen. Und sie würde im Kindergarten des Dorfes als Erzieherin anfangen.

Das „Spatzennest“ war in der ehemaligen Wassermühle untergebracht und nur wenige Gehminuten vom Hof entfernt. Es war perfekt!

„Manchmal kommt mir unser Glück so unwirklich vor“, flüsterte sie. „Als wäre es nur ein schöner Traum.“

„Es ist ein Traum, aber einer, den wir wahr machen werden. Ich hab dich so lieb. So lieb wie nix auf der Welt.“

„Ich dich auch.“

Sie versanken in einem innigen Busserl – bis eine kühle, tadelnde Stimme ertönte.

„Sagt mal, könnt ihr damit net bis nach der Hochzeit warten?“

In der offenen Kammertür stand Kira. Die Magd trug einen Wäschekorb in der Hand. Ihre dunklen Haare ringelten sich in weichen Wellen auf ihre Schultern. Sie blies missbilligend die Wangen auf.

„Unten stapeln sich die Umzugskisten. Darum solltest du dich kümmern, Nathalie, und den Bauern net von der Arbeit abhalten.“

„Das darf sie“, erwiderte Raphael an Nathalies Stelle. „Jederzeit.“