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Loni freut sich auf den Abend und auf die Nacht mit Michael. Sie wollen am Kuckuckssee picknicken und dann zu seiner Hütte am Leitenwald aufsteigen. Endlich wieder einmal allein mit ihm! In den letzten Wochen hatten sie viel zu wenig Zeit für romantische Stunden.
Liebevoll beginnt Loni den Picknickkorb mit verschiedenen Köstlichkeiten zu füllen - als plötzlich ein schneidender Schmerz durch ihren Körper fährt und sich über den Bauch bis in die Beine ausbreitet.
Ehe Loni wirklich begreift, was mit ihr geschieht, ist es auch schon wieder vorbei. Zurück bleiben das Gefühl von Fassungslosigkeit und die Angst, dass es später droben am Berg noch einmal passiert ...
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Seitenzahl: 106
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Liebe geht einsame Pfade
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9884-7
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Liebe geht einsame Pfade
Loni war glücklich – doch dann kamen die Schmerzen
Von Andreas Kufsteiner
Loni freut sich auf den Abend und auf die Nacht mit Michael. Sie wollen am Kuckuckssee picknicken und dann zu seiner Hütte am Leitenwald aufsteigen. Endlich wieder einmal allein mit ihm! In den letzten Wochen hatten sie viel zu wenig Zeit für romantische Stunden.
Liebevoll beginnt Loni den Picknickkorb mit verschiedenen Köstlichkeiten zu füllen – als plötzlich ein schneidender Schmerz durch ihren Körper fährt und sich über den Bauch bis in die Beine ausbreitet.
Ehe Loni wirklich begreift, was mit ihr geschieht, ist es auch schon wieder vorbei. Zurück bleiben das Gefühl von Fassungslosigkeit und die Angst, dass es später droben am Berg noch einmal passiert …
„Und wie geht’s der Patientin heute?“ Dr. Burger reichte Loni mit einem freundlichen Lächeln die Hand. „Weiß sie, dass ich heute wieder mal bei ihr auftauche? Sie kommt ja nicht mehr besonders gut zurecht, was die Tage und Wochen angeht.“
Loni nickte. „Ja, sie wirft so einiges durcheinander, nur die Sonntage kann sie noch richtig einordnen – wegen der Glocken, die morgens zur Frühmesse, dann zum Zehn-Uhr-Gottesdienst und zur Abendandacht läuten.“
„Als ich vergangene Woche da war, behauptete sie steif und fest, dass wir heuer gar nicht ans Osterfest gedacht hätten und dass man sich unbedingt mit den Vorbereitungen sputen müsse“, ergänzte Dr. Burger. „Als ich ihr erklären wollte, dass wir Hochsommer haben und Ostern längst vorbei ist, wurde sie sogar ein bisserl grantig. Sie wusste noch ganz genau, dass man in ihrer Jugendzeit – und das ist wirklich lange her – ausgeblasene Eier mit kirchlichen Motiven bemalen musste und ja nicht mit albernem Zeug wie Häschen, Küken oder bunten Tupfen. Das hätte dann nämlich Ärger mit dem Pfarrer gegeben.“
„Ich hab ihr gesagt, dass Sie heute kommen“, erwiderte Loni. „Schon den ganzen Vormittag über: Ahnl, der Doktor schaut heute am frühen Nachmittag nach dir, denk dran. Aber sie vergisst es immer wieder. Dabei braucht sie ja wieder ihre Depot-Schmerzspritze. Und mit dem Blutdruck gibt es auch Probleme. Wir bringen sie kaum dazu, ihre Tabletten zu schlucken. Mutter und ich, wir müssen dauernd auf sie einreden. Meine Großmama ist sehr eigenwillig. Sie meint, dass ihr die Pillen im Hals stecken bleiben.“
„Na ja, sie malt sich richtige Schreckensbilder aus“, stellte Dr. Burger fest. „Zu mir hat sie gesagt, dass man ja auch keine Obstkerne schluckt, weil man daran ersticken könnte. Für sie sind Pillen und Aprikosenkerne anscheinend ähnlich gefährlich. Ich hab ihr daraufhin als Alternative Tropfen verordnet, die aber nicht ganz so intensiv wirken. Die Tabletten sind auf alle Fälle besser. Sie müsste von den Tropfen die doppelte Menge nehmen, das hab ich euch ja genau aufgeschrieben.“
Loni seufzte. „Ich weiß, wir richten uns genau nach dem Einnahmeplan, wenn wir ihr die Medikamente bringen. Aber die Tropfen mag sie erst recht net, weil sie angeblich nach Chemie schmecken und auf den Magen gehen. Sie kennen doch meine Ahnl, Herr Doktor! Wenn sie Bedenken hat, dann nützt alles Zureden nichts. Das heißt, eigentlich sind Sie der Einzige, dem sie in medizinischer Hinsicht vertraut. Am meisten schwört sie freilich auf die alten Hausmittel, mit denen man angeblich jede Krankheit ausmerzen kann. Vor allem, wenn man sie bei Vollmond einnimmt, dreimal ums Haus geht oder einen Rosenkranz betet – was weiß ich!“
„Nichts gegen die bewährten Traditionsmittel, ich halte eine ganze Menge davon, wenn man sie unterstützend anwendet“, antwortete Dr. Burger. „Im täglichen Leben und bei kleineren Wehwehchen oder Alltagsbeschwerden, wie sie jeder mal hat, sind sie durchaus nützlich. Aber wer wirklich krank ist oder merkt, dass es statt besser immer schlimmer mit ihm wird, der sollte sich schleunigst an einen Arzt wenden.“
„Freilich. Aber mit achtundachtzig – so alt ist die Ahnl ja inzwischen – ist man eben starrsinnig und blickt auch net mehr so recht durch. Gut, dass sie bei uns im Haus ist. Wir passen auf, meine Eltern und ich. Und mein Bruder auch, wenn er alle paar Wochen mal heimkommt.“
„Will der Andreas denn noch länger drüben im Karwendel bleiben?“, erkundigte sich Dr. Burger.
Loni zuckte die Schultern. „Etwas Genaueres sagt er uns net, aber ich denke, dass er das Jahr über noch dort bleiben wird, vielleicht noch länger bis Lichtmess im nächsten Jahr. Weihnachten kommt er natürlich heim. Ansonsten geht er ganz in seiner Arbeit auf dem großen Werdenfelser-Hof auf. Er lernt dort eine Menge über die praktische Arbeit der Bergbauern, und ich wette, er möchte irgendwann aus unserem kleinen Hollerbusch-Hof auch mal ein richtig stattliches Anwesen machen.“ Sie schaute sich um. „Platz wäre ja da, also vom Grundstück her. Man müsste allerdings die Nebengebäude renovieren und ausbauen. Das wäre nicht in zwei, drei Wochen gemacht, es müsste eine Baufirma her, die sich auf landwirtschaftliche Anlage versteht. Bisher haben wir ja keine Milchwirtschaft betrieben, unsere paar Kühe halten wir zur reinen Selbstversorgung.“
„Aber ihr habt eine gesunde und glückliche Hühnerschar, die euch fleißig Eier liefert, das Heu von euren Wiesen ist sehr begehrt, und vor allem euer Obst ist Gold wert“, entgegnete Dr. Burger. Schmunzelnd fügte er hinzu: „Vor allem, weil man es ja bei euch auch in flüssiger Form kaufen kann. Wenn ich an all diese herrlichen Säfte denke, die nicht nur gesund sind, sondern auch einmalig gut schmecken, möchte ich mal wieder einen Blick in euer Hollerstüberl werfen. Und dann eure Konfitüren … bei uns kann niemand widerstehen, wenn ein Marmeladenglas aus dem Hause Schaller auf dem Tisch steht. Habt ihr etwas Neues im Programm, deine Mutter und du?“
Loni nickte. „Klar, man muss sich öfter mal etwas einfallen lassen. Unsere diesjährige Sommer-Konfitüre nennen wir Tiroler Morgengold. Wir haben schöne, goldgelbe Marillen mit Mirabellen – die heißen bei uns Kracherl – kombiniert und alles mit einem Hauch Minze und Limettensaft verfeinert.“
„Das klingt, als ob du eine Schatztruhe öffnest, Loni.“
Sie lachte. „Wirklich? Sie haben eben ein Gespür für besondere Dinge, Herr Doktor. Sie kennen die feinen Unterschiede, die den wahren Wert des Lebens ausmachen.“
„Danke für das Kompliment, Loni. Von einem netten Madel hört man so etwas immer gern.“
Loni wurde ein bisschen verlegen.
Dr. Martin Burger war schließlich nicht irgendwer!
Sie hatte ihn schon als Teenager bewundert und davon geträumt, vielleicht auch mal so einen Mann wie ihn kennenzulernen, einen, der ihr Herz berührte und auch noch einfühlsam und verständnisvoll war.
Mädchenträume von einst, die davongeflogen waren wie bunte Paradiesvögel …
Den Märchenprinzen wünschte sich bestimmt jedes Madel herbei und jede Frau, egal, ob jung oder schon ein bisschen in die Jahre gekommen. Man hörte nie auf zu träumen. Aber Hauptsache, man war glücklich, auch wenn nicht alles immer perfekt sein konnte.
Mit Michael Heisinger vom Haldenhof war Loni nun schon seit einem Jahr verbandelt. Sie hätte sich gefreut, wenn er mehr Zeit für sie gehabt hätte. Aber vorläufig musste sie es hinnehmen, dass Michael alles daran setzte, den ohnehin beeindruckenden Haldenhof zu einem Vorzeige-Betrieb zu machen.
Seine Eltern hatten die Zügel ein wenig schleifen lassen. Besonders Vater Heisinger war nach langen Jahren unermüdlicher Arbeit zu dem Schluss gekommen, dass es nun genug war. Er ärgerte sich über manche Vorschriften, an die sich die Bergbauern heutzutage halten mussten. Und von dem digitalen „Wirrwarr“ hielt er gar nichts. Wenn man nichts davon verstand, musste man die Finger davon lassen.
Die alten Heisingers zogen sich zurück und überließen ihrem Sohn das Feld. Sie vertrauten ihm voll und ganz, er würde es schon richten. Weil er eine Menge vom „Digitalen“ verstand, sollte er getrost alles „vernetzen“, was nicht niet- und nagelfest war. Michael war ein gescheiter Bursch, er wusste bestimmt, was er tat.
Dem Michi kann so schnell keiner das Wasser reichen, dachte Loni. In diesem Moment war sie in Gedanken bei ihm und schickte ihm eine kleine Gedankenbotschaft: Ich hab dich lieb, sehr lieb. Spürst du das? Manchmal fühle ich mich so einsam ohne dich …
„Hoppla, Loni, so weit weg? Wo steckst du denn gerade? Mit dem Kopf in den Wolken?“
Himmel, sie hatte ja fast vergessen, dass Dr. Burger noch immer mit ihr in der guten Stube saß!
„Entschuldigung“, stammelte sie. „Das ist mir jetzt aber peinlich. Ich hab mich gedanklich kurz ausgeklinkt.“
„Das war anscheinend eine Reise zu einem anderen Stern“, scherzte Dr. Burger. „Ich hoffe, es hat sich gelohnt! Kann es sein, dass der Heisinger-Michael das Ziel der Reise war?“
„Ach, ein anderer Stern war’s net, Herr Doktor, ich bin im Hier und Jetzt geblieben“, stellte Loni klar. Sie errötete ein bisschen und gab zu, dass sie an ihren „Michi“ gedacht hatte: „Ich wünsche mir, dass wir uns öfter sehen, aber er hat ja dauernd irgendwelche Termine. Er hat mir versprochen, dass sich das ändern wird.“
„Er ist ziemlich ehrgeizig“, ergänzte Dr. Burger. „Aber das ist ja eigentlich kein Fehler, wenn man es net übertreibt.“
Loni nickte. „Michi ist zielstrebig, das muss man anerkennen. Ich bin ja stolz auf ihn, weil er genau weiß, was er will. Ein bisschen bin ich ja auch so. Aber zurück zu unserer Konfitüre. Dazu muss ich noch etwas sagen.“
„Aha – ein Geheimrezept?“, scherzte Dr. Burger.
„Nein, aber ein kleiner Trick. Die Minze und der Limettensaft gleichen die Süße der Marillen aus, sodass man nicht das Gefühl hat, jede Menge Zucker auf der Frühstückssemmel zu haben. In den meisten Marmeladen, die man im Supermarkt kaufen kann, ist viel zu viel Zucker enthalten, man schmeckt dann kaum noch die Früchte. Wir reduzieren grundsätzlich den Zuckergehalt unser Konfitüren und nutzen die natürliche Süßkraft der Früchte. Unsere feine Konfitüre kann man auch zu Desserts verwenden. Wer will, kann unser kleines Rezeptbüchlein durchlesen, das haben wir derzeit an jedes Glas gebunden. Wir mögen die Grießschaumspeise mit gerösteten Mandelblättchen und Konfitüre-Tupfen besonders gern. Ergänzend zur neuen Konfitüre gibt es jetzt bei uns den Morgengold-Saft. Er schmeckt pur sehr gut, aber er passt auch hervorragend in einen Cocktail oder in ein Gläschen Sekt, natürlich gut gekühlt. Für Kinder kann man den Saft mit Sprudel vermischen und vielleicht als verborgenen Goldschatz noch eine entkernte Mirabelle oder eine andere Frucht ins Glas hineingeben.“
„Grießschaumspeise! Morgengold-Saft! Herrlich. Ihr solltet ein kleines Lokal eröffnen“, fand Dr. Burger. „Aber das wäre zu aufwändig. Ihr habt eh genug zu tun. Immerhin habt ihr ja eurer Hollerstüberl, in dem man die Gaumengenüsse auch mal probieren kann.“
„Ja, eine Kostprobe ist bei uns selbstverständlich. Mit Hollersaft fing alles an“, erinnerte sich Loni. „Ich ging noch nicht zur Schule, als meine Mutter damit begann, sich Gedanken über die vielen Hollerbüsche am Haus und vor allem über die Holunderbeeren zu machen. Sie sagte immer zu Papa: Donat, ich kann vor lauter Hollerbeeren nachts schon nicht mehr schlafen.“
„Ich war früher kein Freund von Holundersaft“, erinnerte sich Dr. Burger. „Als Kind bekam ich ihn meistens nur dann, wenn ich erkältet war. Meine Mutter verdünnte ihn und mischte Orangensaft darunter, das schmeckte dann recht gut. Mein Vater meinte: Bub, Hauptsache, du trinkst genug, wenn du Fieber hast, egal, was es ist. Als Arzt wusste er ja, dass Flüssigkeit sehr wichtig ist. Und das natürlich nicht nur bei fieberhaften Erkrankungen. Wir hatten und haben auch zwei Hollerbüsche im Garten. Meine Frau findet, dass sie ausschauen wie ein altes Ehepaar, weil sie ganz dicht und ein bisschen krumm beisammen stehen. Niemand würde sie trennen oder ihnen ein Ästchen krümmen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Das Hollerbusch-Pärchen ist unverwüstlich. Die beiden Büsche würden auch dann noch stehen bleiben, wenn ein Orkan an ihnen rüttelt. Und wir schlagen uns jedes Jahr mit viel mehr Holunderbeeren herum, als uns lieb ist.“
Loni lachte. „Ja, manchmal ist es schlimm. Wenn es zu viele Hollerbeeren gibt, interessieren sich nicht einmal mehr die Vögel dafür. Aber meine Mutter hat noch nie etwas weggeworfen oder umkommen lassen. Also fing sie an, Hollersaft in Flaschen zu füllen, mit anderen Fruchtsäften zu vermischen und dann die Bio-Saftherstellung in größerem Stil ins Auge zu fassen.“
„Viel Arbeit, würde ich sagen“, warf Dr. Burger ein.
„Das stimmt, aber meine Mutter konnte eh nie die Hände still halten. Und sie liebte alles Natürliche, Unverfälschte, Naturhafte. Das ist immer noch so. Später kamen noch die Konfitüren hinzu, außerdem Kräutersud und Tinkturen. Sie stand manchmal auch bei hochsommerlichen Temperaturen in der Saftküche, und ich konnte sie in den süßen Schwaden kaum erkennen, wenn ich aus der Schule kam.“
„Hast du nur zugeschaut?“