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Wie ein Lauffeuer geht die Neuigkeit durch das Dorf: Für eine neue Fernsehfolge von "Soko Zillertal" wird ein Drehort in St. Christoph gesucht. Florentine Stockl gehört zum Filmteam und soll eine Vorauswahl infrage kommender Schauplätze treffen. Einige Bauern wollen nichts als ihre Ruhe, aber viele würden ihre Zuhause liebend gern einmal im Fernsehen sehen und setzen alles daran, ihre Höfe herauszuputzen und im rechten Licht zu zeigen.
Ein Wettbewerb um den üppigsten Garten und die schönsten Dekorationen entbrennt. So mancher Zank bricht aus, wenn versehentlich ein Zaun beim Nachbarn demoliert oder eine Fuhre Mist am falschen Ort abgeladen wird. Einmal muss der Bergdoktor sogar ein blaues Auge versorgen, das im hitzigen Zwist entstanden ist!
Aus all diesen Bemühungen hält sich Patrick Staudacher heraus. Seit einem schrecklichen Unglück meidet er die Menschen. Doch eines Tages taucht Florentine auch auf seinem Hof auf ...
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Seitenzahl: 123
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Dr. Burger und die kleine Wildkatze
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9886-1
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Dr. Burger und die kleine Wildkatze
Eine junge Frau hält das ganze Dorf in Atem
Von Andreas Kufsteiner
Wie ein Lauffeuer geht die Neuigkeit durch das Dorf: Für eine neue Fernsehfolge von „Soko Zillertal“ wird ein Drehort in St. Christoph gesucht. Florentine Stockl gehört zum Filmteam und soll eine Vorauswahl infrage kommender Schauplätze treffen. Einige Bauern wollen nichts als ihre Ruhe, aber viele würden ihr Zuhause liebend gern einmal im Fernsehen sehen und setzen alles daran, ihre Höfe herauszuputzen und im rechten Licht zu zeigen.
Ein Wettbewerb um den üppigsten Garten und die schönsten Dekorationen entbrennt. So mancher Zank bricht aus, wenn versehentlich ein Zaun beim Nachbarn demoliert oder eine Fuhre Mist am falschen Ort abgeladen wird. Einmal muss der Bergdoktor sogar ein blaues Auge versorgen, das im hitzigen Zwist entstanden ist!
Aus all diesen Bemühungen hält sich Patrick Staudacher heraus. Seit einem schrecklichen Unglück meidet er die Menschen. Doch eines Tages taucht Florentine auch auf seinem Hof auf …
Was nehme ich nur?
Unschlüssig stöberte Patrick in der pastellfarbenen Puppenkleidung, die sich auf dem Wühltisch häufte. Ein hellgelbes Kleid mit herzförmigen Knöpfen stach ihm ins Auge. Prüfend hielt er es in die Höhe.
„Ich fürchte, das haben wir net in Ihrer Größe vorrätig.“ Die Verkäuferin zwinkerte ihm verschmitzt zu. Sie war noch jung und hatte ihre blonden Haare zu einem Knoten aufgebauscht, in dem eine blassrote Blüte steckte. Das Namensschild an ihrem Kleid verriet, dass ihr Name Annie war. „Vielleicht kann ich Ihnen bei der Auswahl helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes?“
„Ja, nun …“ Er blickte sich um. Die Spielzeugabteilung des Warenhauses erschlug ihn beinahe mit ihrem Angebot. „Ich brauche ein Geschenk für den Geburtstag meiner Tochter.“
„Wie alt wird die kleine Maus denn?“
„Louisa wird morgen acht.“
„Morgen.“ Das Lächeln der Verkäuferin verblasste ein wenig.
Patrick konnte es ihr nicht verdenken. Den Titel „Vater des Jahres“ würde er sicher nicht gewinnen, wenn er erst kurz vor Ladenschluss losstürmte, um auf die Schnelle noch ein Geschenk zu besorgen. Das war auch keineswegs so geplant gewesen, aber die letzten Tage waren voll mit Arbeit gewesen, und auch seine Besprechung an diesem Nachmittag hatte sich hingezogen, sodass er erst vor zwanzig Minuten aus seinem Büro gekommen war.
„Vielleicht hat Ihre Frau schon ein Geschenk besorgt“, gab die Verkäuferin zu bedenken. „Sollten wir das berücksichtigen?“
„Nein, das müssen wir net. Sie … ist gestorben.“ Es fiel ihm immer noch unendlich schwer, es auszusprechen.
„Oh.“ Ihr Blick wurde weicher. „Welche Größe hat die Puppe Ihrer Tochter denn?“
„Wenn ich das nur wüsste.“ Er war nicht einmal sicher, welche Kleidergröße Louisa hatte. Sie wuchs schneller, als er schauen konnte.
Sein Blick schweifte umher und blieb an den Plüschtieren hängen. Eine orangefarbene Katze ließ ihn aufmerken. Das war es doch! Seine Tochter wünschte sich sehnlichst ein Haustier, und der plüschige Geselle war ein annehmbarer Ersatz.
„Das Katzerl da. Das nehme ich.“
„Eine gute Wahl. Es ist problemlos waschbar.“
„Können Sie mir vielleicht auch ein Spiel für meine Tochter empfehlen? Am besten eines, mit dem sie sich längere Zeit allein beschäftigen kann?“
Annies Augenbraue zuckte Richtung Haaransatz, aber sie kommentierte seine Bitte nicht, sondern verwies ihn auf die bunte Auswahl an Puzzles.
Patrick entschied sich für eines mit Kätzchen und bezahlte.
Annie wickelte ihm das Puzzle in pinkfarbenes Geschenkpapier ein und schob eine Tafel Schokolade unter die Schleife.
„Viel Freude beim Verschenken.“
„Haben Sie vielen Dank. Und einen schönen Feierabend.“ Patrick verstaute seine Einkäufe in seinem Rucksack, nickte Annie zu und machte sich auf den Heimweg.
Sein Fahrrad war vor dem Warenhaus angeschlossen. Er löste das Schloss, schwang sich in den Sattel und trat kräftig in die Pedale.
Um diese Uhrzeit waren die Straßen von München nicht mehr so voll, deshalb war er im Handumdrehen daheim. Obwohl die Sonne schon tief im Westen stand, war es immer noch drückend warm. Deshalb rann ihm der Schweiß zwischen den Schulterblättern hinab, als er die Doppelhaushälfte erreichte, in der er mit Louisa lebte.
Während sein Nachbar seinen Vorgarten im Lauf der Jahre in einen grünen Traum verwandelt hatte, fehlte Patrick die Zeit für Teiche, Grillplätze und raffiniert geschnittene Buchsbäume.
Im letzten Sommer hatte er einen Mähroboter angeschafft und eine Gartenbank aufgestellt, die zu seinem Lieblingsplatz geworden war. Zwischen den üppig blühenden Wicken lud sie zum Verweilen ein. Abends saß er gern hier draußen, las und trank dabei ein Glas Wein.
Patrick nahm die Ledermappe mit den Seminararbeiten seiner Studenten aus dem Lenkerkorb. An denen würde er vermutlich noch bis Mitternacht sitzen. Nun, das machte nichts. Er schlief ohnehin nicht besonders gut und war froh, wenn seine umherwandernden Gedanken beschäftigt waren.
Er lehrte Agrarwissenschaften mit dem Schwerpunkt Tierhaltung. Aufgewachsen auf einem Bauernhof hatte er von klein auf im Stall mitgeholfen, deshalb lag ihm die Landwirtschaft im Blut. Der Hof seiner Familie stand in den Bergen, und Patrick war immer davon ausgegangen, sein Leben dort zu verbringen. Doch das Leben hatte es anders geplant.
Nur net daran rühren, ermahnte er sich selbst und stapfte auf die Haustür zu.
Während Patrick in seinem Rucksack nach dem Schlüssel kramte, stieß er unversehens mit dem Fuß gegen eine Steingutschale, die am Rand der Treppe stand. Eine Schale mit Katzenfutter!
Net schon wieder!
Er öffnete die Haustür und brachte seine Tasche und den Rucksack ins Arbeitszimmer. Dann schaute er in die Küche.
Frau Orlowa saß am Küchentisch über einem Kreuzworträtsel. Bei seinem Eintreten blickte sie auf und lächelte.
„Guten Abend, Herr Staudacher“, begrüßte sie ihn.
Mit ihrem runden Gesicht und den rötlich getönten Haaren sah man ihr nicht an, dass sie die sechzig bereits überschritten hatte. Ihr Akzent verriet ihre russischen Wurzeln. Sie war ihrem Mann, einem Wissenschaftler, vor vielen Jahren nach München gefolgt. Ihre Stimme war dunkel, und wenn sie ein H oder ein Ch aussprach, klang es so, als würde sie gurgeln.
„Hatten Sie einen schönen Tag?“
„Lang war er. Ich wollte schon wieder daheim sein, aber meine Besprechung zog sich hin. Hat Louisa schon zu Abend gegessen?“
„Hat sie. Für Sie habe ich Suppe warmgestellt. Und frisches Brot dazu.“
Patrick schnupperte. Tatsächlich füllte ein wunderbarer Duft die Küche. Prompt meldete sich sein Magen mit einem vernehmlichen Knurren.
„Vielen Dank, Frau Orlowa. Machen Sie ruhig Feierabend. Und füttern Sie bitte net ständig das Nachbarskatzerl. Sonst werden wir es gar nimmer los.“
„Wäre das so schlimm? Louisa freut sich so, wenn es kommt.“
„Sie darf leider kein Haustier haben. Es könnte ihr Asthma verschlimmern. Das wissen Sie doch.“
Die Haushälterin machte eine Handbewegung, als wollte sie eine lästige Fliege vertreiben.
„Tiere sind gut für ein Kind. Sie lehren Verantwortung. Jedes Kind sollte Tiere haben.“
„Louisa ist net wie andere Kinder.“
„Sie können ihr ruhig mehr zutrauen. Und vergessen Sie Ihre Suppe nicht.“ Sie kannte ihn gut. Patrick brachte sich oft abends Arbeit mit nach Hause und vergaß darüber zu essen.
Frau Orlowa war die gute Seele in seinem Haushalt. Er hatte sie eingestellt, als er mit seiner Tochter nach München gezogen war. Für Louisa war sie wie eine Großmutter. Sie liebte Louisa und gab gut auf sie acht. Dafür nahm Patrick ihre kleinen Differenzen gern in Kauf.
„Ich habe einen Kuchen für morgen gebacken.“ Sie stemmte sich hoch und lüftete die Haube über einem liebevoll mit Schokoladenherzen und acht Kerzen verzierten Marillenkuchen.
„Der duftet herrlich. Ich danke Ihnen.“
Sie nickte und stülpte die Haube wieder über den Kuchen.
Patrick strebte hinüber ins Kinderzimmer.
„Papa! Papa!“ Louisa saß an ihrem Schreibtisch und malte. Nun sprang sie auf und fiel ihm um den Hals. „Du bist da! Ich freu mich so.“
Er wirbelte sie einmal im Kreis herum, ehe er sie wieder absetzte. Sie strahlte zu ihm hoch, und sein Herz floss über vor Liebe. Momente wie diese waren es, die all seine schlaflosen Nächte und alle neuen Sorgenfalten vertrieben.
„Na, Spatzerl? Hattest du einen schönen Tag?“
Louisa nickte so lebhaft, dass ihre braunen Zöpfe flogen.
„Hab ein Bienchen im Rechnen bekommen, weil ich alle Aufgaben richtig hatte.“
„Sehr schön. Mit Fleiß kannst du im Leben alles erreichen. Was malst du denn da Schönes?“
„Ein Kätzchen.“ Louisa ließ sich wieder auf ihren Schreibtischstuhl sinken.
Ihr Zimmer war in ihrer Lieblingsfarbe Hellgelb eingerichtet und wirkte selbst an trüben Tagen, als würde es in warmem Sonnenschein baden. Die gelben Vorhänge passten zu dem weiß-gelb gestreiften Fleckerlteppich. Die Bettwäsche war mit gelben Vögeln bedruckt, und auf der Schreibtischlampe wachte ein Kanarienvogel.
Tatsächlich leckte sich auf Louisas Zeichenblatt ein Kätzchen die rechte Vorderpfote. Das Talent zum Malen hatte sie von ihrer Mutter geerbt. Das Kätzchen wirkte beinahe lebendig.
„Ich hätte soooo gern ein Katzerl.“ Louisas Augen leuchteten sehnsüchtig, während sie das O in die Länge zog.
Patrick biss sich auf die Unterlippe. Manche Wünsche waren unerfüllbar, und der seiner Tochter nach einem Haustier gehörte leider dazu. Es war nicht erwiesen, dass sich ihr Zustand dadurch verschlechtern würde, aber riskieren wollte er das auf keinen Fall.
„Hast du deine Hausaufgaben erledigt?“
„Schon längst.“ Louisa deutete auf das Heft auf ihrem Schreibtisch. Es lag aufgeschlagen da, damit er es sich anschauen konnte. „Du, Papa?“
Oha! Diesen Tonfall kannte er. Dem folgten meist Wünsche wie der Besuch bei einer Fee oder ein Ritt auf einem Einhorn.
„Ja, Spatzerl?“
„Am letzten Schultag vor den Ferien veranstaltet meine Klasse ein Sommerfest an der Isar. Darf ich hingehen?“
„Am Wasser? Nein, Louisa, das kommt net infrage.“
„Aber alle aus meiner Klasse werden da sein.“
„Das ist viel zu gefährlich.“ Ein Schauder rieselte ihm über den Rücken. Eine Klassenfeier am Fluss? Was dachte sich der Lehrer nur? Wie wollte er die Schüler alle im Blick behalten?
„Bitte, Papa. Herr Grübling bringt seine Gitarre mit. Es wird tolle Spiele geben. Und Kuchen.“
„Den gibt es morgen zu deinem Geburtstag auch.“
„Das ist aber net dasselbe.“
„Es geht net, Louisa.“ Sein Herz brach in zahllose Scherben, als sich die Augen seiner Tochter mit Tränen füllten. Er umarmte sie, und sie ließ es geschehen wie eine Puppe. Als er sie losließ, ließ sie die Schultern hängen. „Mal schön weiter, ja?“ Seine Stimme klang rau.
Patrick verließ ihr Zimmer und fühlte sich hundeelend.
Seine Haushälterin hatte inzwischen den Fernseher eingeschaltet. Die Titelmelodie ihrer Lieblingsserie drang aus ihrem Zimmer. „Soko Zillertal.“ Frau Orlowa liebte die Kriminalfälle, die nie blutig, aber immer verzwickt waren.
Durch ihre offene Tür erhaschte er einen Blick auf den Fernseher. Vertraute Gipfel und Bergspitzen flimmerten über den Bildschirm. Seine Berge … Das Herz wurde ihm schwer.
Beinahe acht Jahre war es her, dass er seine Heimat verlassen hatte. Louisa war damals noch ein Baby gewesen. Sie wusste nicht, was sie entbehrte. Er jedoch vermisste sein Zuhause noch immer.
Jäh drang aus dem Kinderzimmer gequältes Keuchen und riss ihn zurück ins Hier und Jetzt.
„Louisa?“ Patrick fuhr herum und kehrte zu seiner Tochter zurück.
Sie saß vornübergebeugt auf ihrem Schreibtischstuhl. Das Asthmaspray hielt sie so fest umklammert, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
Ein Anfall! Schon wieder!
„Mach die Lippenbremse, Louisa.“ Er hockte sich neben sie. „Mit spitzen Lippen. Wie wir es geübt haben. Als würdest du eine Seifenblase machen.“
Louisas Atem rasselte. Wie tückisch das war. Sein kleines Madel konnte einatmen, aber nicht mehr aus!
Patrick starb jedes Mal tausend Tode mit ihr.
Die Sekunden dehnten sich zu Stunden. Es dauerte schier endlos, bis das Spray Wirkung zeigte und sich ihr Atem beruhigte. Schlaff sank sie gegen seine Brust.
„Alles ist gut, Spatzerl“, murmelte er und strich ihr das Haar aus der verschwitzten Stirn. „Alles ist gut.“
Ihre Anfälle kamen seit Monaten immer häufiger. Wie lange konnte er das noch vertreten? Die Kinderärztin hatte ihnen dringend zu einer Luftveränderung geraten. Louisa bekam die Großstadtluft nicht. Was sie brauchte, war etwas anderes.
Unwillkürlich sah Patrick die vertrauten Zillertaler Berge wieder vor sich. Die Luft in den Bergen seiner Heimat war so klar wie an keinem anderen Ort, den er kannte. Wo, wenn nicht dort, könnte sich Louisa erholen? Musste er eine Heimkehr nicht wenigstens erwägen? Aber wieder im Zillertal leben, wo er seine allerdunkelsten Stunden erlebt hatte?
Dafür musste er nicht nur über seinen Schatten springen, sondern mitten hinein!
***
Als Florentine auf den Auslöser drückte, wagte sie kaum, Luft zu holen, um die Murmeltiere nicht zu verschrecken. Die pelzigen Gesellen boten aber auch einen herzigen Anblick, wie sie einander über diese Wiese jagten, balgten und spielten. Nun kam noch ein Jungtier aus einem Erdbau und flitzte den anderen hinterher. Die Vierundzwanzigjährige war total verzückt.
Mit ihrer Kamera hielt sie das lebhafte Spiel fest.
Die Sonne schien über dem Zillertal. Schroffe Berggipfel reckten sich in den blauen Himmel. Die höchsten Spitzen waren sogar noch weiß. Hier im Tal war es dagegen so heiß, dass Florentine der Schweiß über den Rücken rann. Und das, obwohl sie nur ein luftiges Top, Shorts und Flipflops trug.
Ihre Heimatstadt München war nicht einmal zwei Stunden mit dem Auto entfernt, trotzdem war sie bisher noch nie im Zillertal gewesen. Nun hatte ihr Chef sie in eines der hoch gelegenen Seitentäler geschickt. Von Mayrhofen führte nur eine steil gewundene Straße herauf. Sie schlängelte sich vorbei an idyllischen Bauernhöfen und Weiden mit Milchkühen.
Florentine schaute den Murmeltieren noch eine Weile zu, dann stieg sie wieder ins Auto. Es stand am Straßenrand, wo sie rasch angehalten hatte, als sie die Murmeltiere entdeckt hatte. Sie drehte den Zündschlüssel und stutzte.
Nichts geschah. Der Wagen gab keinen Mucks von sich.
„Komm schon, Großer. Wir haben nur noch ein paar Kilometer vor uns.“ Sie versuchte es erneut. Wieder rührte sich der Motor nicht.
Florentine blies die Wangen auf und ließ die Luft entweichen.
Was sollte sie nun tun? Der Wagen sprang nicht an, und er gehörte ihr nicht einmal. Es war das Auto ihres Chefs. Wie brachte sie den SUV jetzt wieder zum Laufen? Sie wusste über Autos kaum mehr, als dass sie Benzin benötigten.
An einem leeren Tank konnte die mangelnde Bereitschaft des großen blauen Wagens jedoch nicht liegen. Sie hatte vorhin in Mayrhofen getankt.
Florentine suchte den Hebel, um die Motorhaube zu öffnen, und zog daran. Dann stieg sie aus und hoffte, wie durch ein Wunder würde das defekte Teil im Motorraum nicht nur blinken, sondern auch gleich anzeigen, wie es repariert werden konnte.
Sie klemmte sich erst einmal kräftig die Finger ein, als sie sie in den Spalt unter der Motorhaube schob. Dann stemmte sie das Blech in die Höhe, hakte es fest und spähte in den Motorraum. Oha! Wie konnte jemand in dem Durcheinander an Kabeln, Drähten und Bauteilen erkennen, wo der Fehler lag?
Für sie war das alles ein Buch mit sieben Siegeln. Genauso gut hätte sie versuchen können, ein Raumschiff zu bauen.