Der Bergdoktor 2047 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2047 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Zwei Regeln gibt es, an die sich jeder Erntehelfer auf dem Landeggerhof strikt halten muss: Kein Tropfen Alkohol während der Arbeitszeit! Fanny, die hinreißend schöne Hoftochter, ist tabu!
Ersteres fällt Niklas Mathaier absolut nicht schwer. Doch mit Fanny muss er sprechen! Er sucht seine unbekannte Schwester, die hier in St. Christoph leben soll. Viel weiß er nicht über sie, nur, dass sie als Baby adoptiert worden ist und genauso alt wie Fanny sein müsste. Was, wenn sie die Gesuchte vielleicht sogar ist?
Bei diesem Gedanken erschrickt Niklas jedoch zutiefst: Denn Fanny weckt Gefühle in ihm, die keineswegs geschwisterlich sind ...


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Seitenzahl: 131

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Dr. Burger und die schöne Fanny

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0268-3

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Dr. Burger und die schöne Fanny

Ihr treues Herz schlug nur für einen

Von Andreas Kufsteiner

Zwei Regeln gibt es, an die sich jeder Erntehelfer auf dem Landeggerhof strikt halten muss: Kein Tropfen Alkohol während der Arbeitszeit! Fanny, die hinreißend schöne Hoftochter, ist tabu!

Ersteres fällt Niklas Mathaier absolut nicht schwer. Doch mit Fanny muss er sprechen! Er sucht seine unbekannte Schwester, die hier in St. Christoph leben soll. Viel weiß er nicht über sie, nur, dass sie als Baby adoptiert worden ist und genauso alt wie Fanny sein müsste. Was, wenn sie die Gesuchte vielleicht sogar ist?

Bei diesem Gedanken erschrickt Niklas jedoch zutiefst: Denn Fanny weckt Gefühle in ihm, die keineswegs geschwisterlich sind ...

Niklas Mathaier schritt langsam durch die Räume der Villa seiner Großeltern, in der er seine Kindheit und frühe Jugend verbracht hatte. Alles war ihm noch so vertraut, als wäre er nur kurz weg gewesen. Dennoch hatten sich eine seltsame Ödnis und Fremdheit in das Gebäude eingeschlichen, die ihm ans Herz griffen.

Nun war auch, wenige Jahre nach dem Tod ihres Mannes, seine Großmutter gestorben, seine letzte noch lebende Verwandte.

An seine Eltern hatte er keinerlei Erinnerung, was auch, wie seine Großmutter einmal bitter bemerkt hatte, besser für ihn wäre. Denn ihre einzige Tochter, die eine sorgfältige Erziehung genossen hatte, war mit kaum sechzehn Jahren drogenabhängig geworden, verleitet von einem jungen Mann, der wie sie aus einer angesehenen Familie gestammt hatte. Beide waren weder voneinander noch von den Drogen losgekommen. Das war seiner Mutter nur einmal für eine kurze Zeit gelungen, nämlich, als sie festgestellt hatte, dass sie ein Kind erwartete.

Doch schon kurz nach der Geburt war sie wieder in ihr altes Muster verfallen. Die Situation hatte sie überfordert, und auch der Vater des Kindes war ihr keine Hilfe gewesen. Zuletzt war das Paar in einer völlig verwahrlosten Wohnung aufgefunden worden. Auf einem verschmutzten Sofa hatte ihr unterernährtes, weinendes Kind gelegen. So jedenfalls hatte es ihm seine Großmutter später geschildert, als er alt genug gewesen war.

Seine Großeltern hatten ihn adoptiert, und seine Eltern waren einer Gruppe gefolgt, die ihr Heil in einem indischen Ashram suchte. Danach hatte sich ihre Spur verloren.

Niklas hatte eine ungetrübte Kindheit bei seinen Großeltern verlebt. Sie waren keine warmherzigen oder besonders gefühlvollen Menschen gewesen, aber auf ihre Weise hatten sie ihn geliebt und es ihm an nichts fehlen lassen. Allerdings hatte er nur wenige Freiheiten genossen. Aber das war wohl ihrer Angst geschuldet gewesen, dass er wie seine Eltern auf die schiefe Bahn geraten könnte.

Zuletzt betrat Niklas einen kleinen Raum, der allein seiner Großmutter zur Verfügung gestanden hatte. Dorthin hatte sie sich immer gerne zurückgezogen, um zu lesen oder Briefe zu schreiben. Auf dem Sofa lagen die Seidenkissen, als hätte sie sich eben noch dagegen gelehnt. Daneben war ersichtlich, dass seine Großmutter an dem antiken Sekretär im Begriff gewesen war, einen Brief zu schreiben, ehe ein Herzanfall ihrem Leben jäh ein Ende bereitet hatte.

Niklas verspürte einen schmerzhaften Stich in der Herzgegend, als er daran dachte, dass er von ihrem Tod erst erfahren hatte, als sie schon lange neben ihrem Mann im Familiengrab ruhte.

»Ihr habt alles für mich getan, aber ich bin nicht bei euch gewesen, als ihr mich gebraucht habt«, murmelte er traurig.

Er war zusammen mit einer Gruppe aus Forschern in Südamerika unterwegs gewesen, teilweise in einem unerschlossenen Gebiet, zu dem keine Nachrichten durchdrangen. Nachdem sie endlich wieder in bewohnte Gegenden zurückgekehrt waren, war er sofort nach Österreich zurückgeflogen. Sein erster Weg hatte ihn zum Grab seiner Großeltern geführt, wo er Blumen niedergelegt und lange ihrer gedacht hatte. Dann hatte er den Nachlass geregelt. Abgesehen von einigen Spenden und Legaten an treue Angestellte, war er der alleinige Erbe.

Dass er nun die persönliche Habe seiner Großmutter durchsah, war gewissermaßen der Schlusspunkt und der endgültige Abschied von seinem Leben in diesem Haus. Denn er wusste, dass er es nicht bewohnen würde, auch wenn er sich noch nicht im Klaren darüber war, was mit dem Anwesen geschehen sollte.

Vorsichtig öffnete er die Schubladen des Sekretärs, fand darin aber nur Briefe an Jugendfreundinnen und vergilbte Fotografien, auf denen er niemanden erkannte. Als er sie wieder zurücklegte, musste er etwas ausgelöst haben, denn es gab ein knackendes Geräusch, und ein weiteres Fach öffnete sich.

Sein Herz begann heftig zu klopfen.

Ohne Zweifel war das ein Geheimfach!

Es enthielt nur eine Fotografie und einige dicht beschriebene Blätter, außerdem fand er im hinteren Teil eine kleine Schmuckschatulle. Ein Blick auf das Bild genügte, und er wusste sofort, dass es sich bei dem jungen Mädchen, das es zeigte, um seine Mutter handelte. Von ihr hatte er die dunklen Haare und die regelmäßigen Züge geerbt. Während sie jedoch helle Augen gehabt hatte, waren seine braun mit grünen Sprenkeln. Seine kräftige Statur hatte Niklas ohne Zweifel dem Großvater zu verdanken, worauf dieser immer sehr stolz gewesen war.

Seine Mutter Julia war dagegen sehr zierlich, geradezu schmächtig gewesen. Schüchtern lächelte sie in die Kamera. Ein Mädchen, das offensichtlich ängstlich war und wenig Selbstbewusstsein besaß. Kein Wunder, dass sie, um der Lieblosigkeit ihres Elternhauses zu entfliehen, zu Drogen gegriffen hatte.

Die Fotografie wirkte zerfasert, anscheinend hatte seine Großmutter häufig heimlich in ihrem Boudoir zu dem Bild gegriffen.

Im restlichen Haus jedoch, das reichlich mit Familienbildern ausgestattet war, gab es keine einzige Aufnahme von seiner Mutter. Selbst in den Fotoalben waren, wie er festgestellt hatte, einige Seiten sorgfältig herausgeschnitten.

Grund dafür war sein strenger Großvater. Immer schon war er sehr bedacht darauf gewesen, alle Erinnerungen an Julia im Haus zu beseitigen. Doch aus dem Herzen seiner Frau hatte er die Tochter niemals drängen können.

Eine Welle der Zuneigung für die Verstorbene stieg in Niklas empor. Gleichzeitig verspürte er aber auch Bedauern, weil sie so vereinsamt und ungetröstet aus der Welt gegangen war.

Dann ließ er die kleine Schatulle aufschnappen. Ein schlichter Ring mit einem kleinen Diamanten lag auf dem Boden. Niklas trat ans Fenster, hielt den Ring ins Licht und entdeckte darauf eine Inschrift. Mit einiger Mühe entzifferte er: In Liebe Charlotte und Achim.

Achim war nicht der Vorname seines Großvaters, was bedeutete, dass seine Großmutter schon an einen anderen Mann gebunden gewesen war, ehe sie schließlich Simon Mathaier geheiratet hatte. War ihr einstiger Geliebter früh gestorben, oder hatten ihre Eltern sie dazu gedrängt, einen reichen und angesehenen Mann zu heiraten? War das der Grund für die kühle Atmosphäre, die immer im Haus seiner Großeltern geherrscht hatte?

Wie wenig er im Grunde genommen doch von ihnen wusste!

Zuletzt wandte er sich den Briefen zu, die seine Großmutter hin und wieder von ihrer Tochter erhalten und vor ihrem Mann versteckt hatte. Julia hatte sich mit Niklas‹ Vater tatsächlich lange in Indien aufgehalten, immer wieder finanziell unterstützt von ihrer Mutter, um die beiden vor dem Betteln zu bewahren.

Dann jedoch erfuhr Niklas etwas, das ihm den Atem verschlug. Seine Mutter war noch einmal in ihre Heimat zurückgekehrt, weil sie erneut schwanger geworden war. Sie hatte einem Mädchen das Leben geschenkt.

Da sie dieses Kind nicht auch noch ihren Eltern aufbürden konnte und es auch nicht in einem Heim unterbringen wollte, hatte sie es in Pflege gegeben. Ein kinderloses Ehepaar, das in der Nähe von St. Christoph einen Hof besaß, hatte das Mädchen aufgenommen und später adoptiert.

Julia war danach wieder nach Indien zurückgekehrt. Anschließend war der Briefwechsel immer spärlicher geworden. Zuletzt hatte sie ihrer Mutter in dürren Worten mitgeteilt, dass ihr Gefährte an einer Überdosis gestorben sei. Dann hatte sie nicht mehr geschrieben.

Schließlich hatte Charlotte Mathaier die Nachricht von einer Behörde erhalten, dass ihre Tochter Julia unter ungeklärten Umständen in Indien verstorben und auch dort bestattet worden sei.

Niklas wagte kaum, sich vorzustellen, was diese Botschaft für seine Großmutter bedeutet haben musste. Sie hatte es allen verschwiegen, war allein mit ihrem Schmerz gewesen.

Er sank auf einem der Sessel nieder. Mehrmals las er den Brief, in dem seine Mutter die Geburt einer Tochter mitteilte, und langsam wurde ihm die Bedeutung dieser Nachricht klar. Er hatte eine Schwester, eine Blutsverwandte ...

Er musste sie finden! Das war der nächste Gedanke, der ihn durchzuckte. Eigentlich dürfte das nicht besonders schwierig sein. Schließlich kannte er den Ort, in dem die Familie lebte, die sie adoptiert hatte.

Eine große Unruhe erfüllte ihn jetzt. Niklas fasste Entschlüsse und verwarf sie wieder, ging in dem kleinen Raum auf und ab, um sich dann wieder auf das plüschige kleine Sofa fallen zu lassen.

Schließlich brachte er die Unterlagen wieder in dem Geheimfach unter und legte auch die anderen Briefe zusammengefaltet zurück. Die Schubladen auf der anderen Seite enthielten Schmuck, den er in einem Bankschließfach unterbringen wollte, da einige Teile recht kostbar erschienen.

Die Erinnerungsstücke aus der Kindheit seiner Großmutter, die in den beiden unteren Schrankfächern untergebracht waren, berührten ihn. Er betrachtete die teils albernen Einträge in Poesiealben, mit Bildern geschmückt. Eine Schachtel mit Fotografien aus ihrer Internatszeit und der Tanzstunde zeigten, dass seiner Großmutter die schönen Jugendjahre einer Tochter aus gutem Hause vergönnt gewesen waren.

Und eine erste Liebe.

Vorerst würde er das Haus nicht verkaufen. Zu dieser Überzeugung war er inzwischen gelangt. Wer weiß, welche Schätze er noch auf dem Speicher oder im Keller vorfand? Vielleicht würde er aber auch auf Beweise dafür stoßen, dass das Leben seiner Großeltern nicht dem äußeren Schein entsprochen hatte, den sie so hartnäckig aufrechtzuerhalten trachteten.

Inzwischen war es dunkel geworden, und Niklas verriegelte sorgfältig die tiefen Fenster und die Türen. Er war noch nie furchtsam gewesen, hatte manches Abenteuer bestanden, doch in diesem Haus fühlte er sich zunehmend unbehaglich. Als ob die Geister der Verstorbenen ihn beobachteten ...

»Du wirst ja abergläubisch, schon in jungen Jahren«, verspottete er sich selbst.

Eine plötzliche Erschöpfung übermannte ihn, und er beschloss, früh zu Bett zu gehen. Im Kühlschrank befanden sich noch spärliche Überreste des Mittagessens, die wärmte er sich auf und trank Quellwasser dazu.

Sein Zimmer war unverändert. Er hatte es lediglich oberflächlich gereinigt und das Bett frisch bezogen. Nachdenklich betrachtete er die Poster an der Wand und die aufgereihten Jugendbücher auf einem Regal, daneben ein Sammelsurium von Spielzeugautos. Das alles schien aus einem anderen Leben zu stammen.

Schließlich legte er sich hin und versuchte, zu lesen, doch er konnte sich nicht konzentrieren. Immer wieder flogen seine Gedanken zu seiner Schwester, von deren Existenz er bis heute nichts gewusst hatte.

Er löschte das Licht und schloss die Augen, und es dauerte nicht lange, bis er in tiefen Schlaf versank.

Dann aber fuhr er mit einem Ruck hoch. Es war ihm, als hätte ihn jemand am Arm gepackt. In Panik machte er die Lampe an, doch außer ihm war niemand im Raum. Es waren auch keine sich entfernenden Schritte zu hören. Langsam normalisierte sich sein Herzschlag wieder.

Das war ein Albtraum, beruhigte er sich selbst, nur ein Albtraum.

Hinter ihm lagen die Strapazen einer Forschungsreise, von der er schon angegriffen zurückgekehrt war. Dann der Tod seiner Großmutter und die Entdeckung, dass er eine Schwester hatte – das alles war nicht spurlos an ihm vorübergegangen und hatte an seiner Nervenkraft gezehrt.

Niklas legte sich wieder hin und versuchte, erneut Schlaf zu finden, doch vergebens. Als die Morgensonne durch die hölzernen Fensterläden sickerte, stand er auf, duschte ausgiebig und frühstückte. Später setzte er sich mit dem Hausmeister in Verbindung, der mit seiner Frau die Villa und den Garten in Ordnung hielt und absolut vertrauenswürdig war, um ihm mitzuteilen, dass er in den nächsten Tagen auf unbestimmte Zeit verreisen würde.

Anschließend steuerte er die Garage an, die versteckt neben dem Haus lag. Wie er vermutet hatte, war sie leer, denn seine Großeltern hatten das Autofahren früh aufgegeben und ihren Wagen verkauft. Nur in einer Ecke stand ein mit einer Plane abgedecktes Motorrad, das sich Niklas einst in jugendlichem Überschwang angeschafft hatte. Doch seitdem er sich meistens im Ausland aufhielt, war das teure Gefährt in Vergessenheit geraten. Nun stand es immer noch in der Garage seiner Großeltern.

Er entfernte die Plane und sah zu seinem Erstaunen, dass das Motorrad ausgezeichnet gewartet worden war. Anscheinend hatte sich der Hausmeister darum gekümmert. Es war sogar fahrbereit.

Niklas schob es heraus, setzte den Helm auf, der am Rücksitz befestigt war, schnürte sein Gepäck daran fest und schwang sich auf die schwere Maschine.

Die Straße war wenig belebt, und nach anfänglicher Unsicherheit fuhr er ruhig dahin. Er erhöhte sogar allmählich das Tempo, als er den Stadtbereich verlassen hatte. Die Straße war übersichtlich, der Fahrtwind weckte seine Lebensgeister, und er genoss den Anblick der sommerlichen Landschaft.

Jähe Abenteuerlust wallte in ihm empor. Er würde mit dem Motorrad von Salzburg nach St. Christoph fahren und sich wieder mit seiner Heimat vertraut machen.

Gegen Mittag kehrte er zurück, aß eine Kleinigkeit und unternahm einen Gang durch die Straßen und Gassen Salzburgs. Aber obwohl ihn sogar der Ober seines Lieblingskaffeehauses wiedererkannte und ihm freundlich zunickte, kam er sich doch eher wie ein Tourist denn wie ein Einheimischer vor, was Betroffenheit in ihm auslöste.

Doch er tröstete sich mit einer köstlichen Torte und einem herrlich duftenden Kaffee darüber hinweg und gab sich seiner Freude auf die bevorstehende Fahrt hin. Darunter mischten sich allmählich Gedanken an das bevorstehende Treffen mit seiner Schwester.

Wie sie wohl aussah? Ob sie ihm ähnelte? Vielleicht war sie dort zu einem richtigen Bauernmadl geworden ...

Er musste sie unbedingt ausfindig machen.

***

Dr. Martin Burger kehrte gutgelaunt von einem Patientenbesuch nach Hause zurück. Gemächlich lenkte er seinen Wagen über die Landstraße zwischen Mayrhofen und St. Christoph, um den Sonnenuntergang bewundern zu können.

Eine herrliche Berglandschaft umgab ihn, und der Feldkopfgletscher, der höchste der Wächterberge, die das Hochtal begrenzten, erglühte geradezu in abendlicher Röte. Sattgrüne Almen zogen sich zu der dunklen Wand des Bergwalds hin, hinter dem schroff die grauen Felsen aufstiegen.

Dr. Burger liebte diese Landschaft, die so viele Gegensätze in sich vereinte. Die unbarmherzigen Klüfte und Schluchten der Berge und die lieblichen Streuobstwiesen, die sich zu beiden Seiten der Landstraße ausbreiteten.

Der Arzt sang vor sich hin, was nur selten geschah, und nie, wenn es Zuhörer gab. Nicht nur die Schönheit der Naturlandschaft, die ihn umgab, hob seine Stimmung, sondern auch der Umstand, dass eine seiner älteren Patientinnen endlich von einer langwierigen Erkrankung genesen war. Nun stand ihr auf dem Hof, den sie mit Hilfe eines Nachbarn bewirtschaftete, doch noch eine lange Witwenzeit bevor. Und das hatte sie auch verdient, denn ihr Mann war ein unangenehmer Mensch gewesen, auch wenn man Toten nichts Schlechtes nachsagen sollte.

Häufig genug war Resi mit Gesichtsverletzungen und einmal sogar mit einem gebrochenen Arm in der Sprechstunde erschienen und hatte jedes Mal behauptet, entweder über etwas gestolpert oder in eine Tür gelaufen zu sein. Schließlich hatte es Dr. Martin Burger aufgegeben, sie zu bitten, Hilfe zu suchen, denn sie hatte eisern zu ihrem Mann gehalten. Von Kind an war ihr beigebracht worden, dass die Ehe untrennbar war und mit Demut ertragen werden musste.

Dann war ihr Mann so unglücklich die Treppe zum Wirtshaus, wohin er sein ganzes Geld zu tragen pflegte, hinuntergestürzt, dass er seinen Verletzungen noch an Ort und Stelle erlegen war. Seltsamerweise hatte Resi aufrichtig um ihren Mann getrauert, was viele in der Auffassung bestärkt hatte, dass Frauen schwer zu verstehende Wesen seien.

Martin Burger hing gerade diesem Gedanken weiter nach, als er von einem lauten Dröhnen aufgeschreckt wurde. Ein schweres rotes Motorrad überholte ihn in hohem Tempo, und er bremste schimpfend ab, da sie sich einer unübersichtlichen Kurve näherten.