Der Bergdoktor 2050 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2050 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Anna weiß: Es ist an der Zeit, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Sie ist krank, ein Tumor wächst in ihrem Kopf. Vielleicht bleibt ihr nicht mehr viel Zeit. Darum ist sie noch einmal dorthin zurückgekehrt, wo sie die glücklichsten Tage ihres Lebens verbracht hat: nach St. Christoph.
Mitgeteilt hat sie das niemandem. Wem auch? Es gibt keinen Menschen, der sie vermisst. Sie ist allein und wird es auch bleiben.
Diese Gedanken begleiten Anna auf ihrem Weg in die Berge. Immer höher steigt sie hinauf und erschrickt, als es plötzlich dunkel wird. Kaum noch sieht sie, wo sie hintritt. Und dann macht sie einen Schritt - ins Leere!


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Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Annas Sturz ins Nichts

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0535-6

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Annas Sturz ins Nichts

Orientierungslos irrt ein Madel in den Bergen umher

Von Andreas Kufsteiner

Anna weiß: Es ist an der Zeit, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Sie ist krank, ein Tumor wächst in ihrem Kopf. Vielleicht bleibt ihr nicht mehr viel Zeit. Darum ist sie noch einmal dorthin zurückgekehrt, wo sie die glücklichsten Tage ihres Lebens verbracht hat: nach St. Christoph.

Mitgeteilt hat sie das niemandem. Wem auch? Es gibt keinen Menschen, der sie vermisst. Sie ist allein und wird es auch bleiben.

Diese Gedanken begleiten Anna auf ihrem Weg in die Berge. Immer höher steigt sie hinauf und erschrickt, als es plötzlich dunkel wird. Kaum noch sieht sie, wo sie hintritt. Und dann macht sie einen Schritt – ins Leere!

Der Herbst zog leise und verstohlen ins Land, sodass man ihn zunächst kaum bemerkte. Vielleicht lag es daran, dass der Sommer sich nicht vertreiben lassen wollte.

Um des lieben Friedens willen kam es erst einmal zu einer Einigung. Während der Herbst in der Früh leichte Nebelschwaden und ein kühleres Lüftchen beisteuerte, hielt der Sommer mit Sonne und warmen Temperaturen dagegen, sodass vormittags der Himmel strahlte, bis am späten Nachmittag der Herbst wieder mit kleinen Dämpfern ins Spiel kam.

Denn es wurde früher dunkel, und der Wind konnte manchmal schon ein bisschen zulegen. Für diese noch sehr harmlosen »Minuspunkte« entschädigte der Herbst die Menschen mit einem wunderbaren Sternenhimmel.

Wer jetzt nicht schon mit den Hühnern zu Bett ging, sondern die Dunkelheit abwartete, konnte das Glitzern und Leuchten in den klaren Nächten bewundern.

Für jeden Einzelnen gab es einen Stern am Himmel, der nur für ihn funkelte. Schön, das zu wissen und darauf zu vertrauen, dass man ein Teil des großen Ganzen war und dass man seinen eigenen Stern hatte, der auch dann am Himmel stand, wenn man ihn hinter dichten Wolken nicht sehen konnte.

Zwischen dem ausgelassenen, vor Lebensfreude überschäumenden Sommer und seinem etwas ruhigeren »Kollegen« herrschte wie eh und je das bewährte Abkommen, gemeinsam die »goldene Zeit« einzuläuten.

Außer golden ging es auch sehr bunt zu, denn überall sah man rote Hagebutten und Vogelbeeren, Blätter in allen möglichen Schattierungen, gelbe Blüten und Strohblumen, blaue Zwetschgen, rotbackige Äpfel, leuchtend braune Kastanien und die köstlichen Maroni, die man über dem Feuer rösten konnte.

Nüsse luden zum Zugreifen ein, die purpurfarbenen Blätter des wilden Weins an den Hauswänden steuerten flammende Akzente bei, und kleine, süße (manchmal auch saure) Trauben warteten darauf, geerntet zu werden.

Sie kamen natürlich nicht an ihre saftigen Verwandten heran, die in dieser goldenen Zeit an den Reben in den Weinbergen reiften und von einer Karriere als »Jahrhundertwein« träumten.

Überall wurden vor dem Winter – der zum Glück noch Monate entfernt war und irgendwo in einer fernen Welt von Schnee und Eis träumte – traditionelle Feste gefeiert. Und wer von Tradition nichts hielt, erfreute sich stattdessen an Kerzenabenden, kulinarischen Genüssen oder musikalischen Veranstaltungen jeder Art. Das war in den Bergen genauso üblich wie an den Seen, in gemütlichen Dörfern ebenso wie in bekannten Orten, die als Treffpunkt der »High Society« galten.

Ein solcher Ort war Velden am Wörthersee.

Der offizielle Herbstanfang am 22. September wurde zwar zur Kenntnis genommen, aber an der Umtriebigkeit der Feriengäste änderte sich erst einmal wenig bis nichts.

Auch die großen und eleganten Hotels, in denen sich die »Schönen und Reichen« gern verwöhnen ließen, waren noch fast ausgebucht.

Den Gästen entging es, dass in den Morgenstunden nun doch schon eine stille Melancholie über dem See lag, ein kühler Hauch, der hier und da um ein Boot oder eine Seehütte wehte. Später am Tag bevölkerten dann wieder die Ausflugsschiffe, Jachten und Segler den See – jedenfalls so lange noch, bis der Sommer endgültig seinen »Sonnen«-Hut nahm und das Regiment ganz und gar dem Herbst überließ.

Dass diese Zeit kommen würde, stand außer Zweifel. Ein Glockenschlag genügte, und es war vorbei mit der ganzen Herrlichkeit. Niemand konnte das Wetter beeinflussen.

Wenn der Sommer ging, folgten manchmal nasse oder stürmische Tage. Dann begann die Saison für alle, denen die Stille und die Suche nach den verborgenen Schönheiten des Lebens wichtiger waren als Luxus und exzellente Party-Events im weit über Österreich hinaus bekannten Schloss-Hotel Velden.

Das »Parkhotel Seekrone« war erst vor zwei Jahren eröffnet worden und derzeit auf dem Weg, sich zu einem Geheimtipp zu mausern. Robert Seglitz, der junge Besitzer, konnte sich mit seinen vierunddreißig Jahren durchaus als Hotelexperte der Extraklasse bezeichnen.

Ohne Ehrgeiz ging gar nichts. Dass Robert stets nur engagiertes Personal einstellte, verstand sich von selbst. Um wirklich an die Spitze zu kommen und auch dauerhaft dort zu verbleiben, war allerdings noch viel Arbeit nötig.

Vor allem war es ihm wichtig, dass die Frau an seiner Seite kein Hascherl war, sondern eine gescheite, charmante und stilvolle junge Lady.

Robert (er nannte sich manchmal auch »von Seglitz« nach seinem Urgroßvater Freiherr Ulrich von Seglitz, der angeblich durch gewisse Verdienste zu dem Titel gekommen war) hatte zunächst eine renommierte Hotelfachschule in London besucht und in New York im »Waldorf Astoria« praktiziert.

Wenn jemand wusste, wie sich eine »junge Lady« zu benehmen hatte, insbesondere den Gästen gegenüber, dann war er es. Robert war über jeden Zweifel erhaben, ihm machte niemand etwas vor.

Gestelztes Getue, Arroganz und Ungeduld waren absolut verpönt. Außerdem hatten die Gäste Anspruch darauf, sich an jemanden wenden zu können, der eine fachlich einwandfreie Ausbildung vorweisen konnte.

In Anna Maria Fehmer hatte Robert vor anderthalb Jahren die »Lady« gefunden, mit der er auch bei den Gästen punkten konnte.

Anna stammte aus Klagenfurt. Robert liebte ihre Natürlichkeit, ihr lückenloses Fachwissen, ihren guten Geschmack und natürlich ihr bezauberndes Aussehen.

Sie stand immer hinter ihm und hielt ihm den Rücken frei, wenn er sich zu viel Arbeit aufgeladen hatte. Anna war nicht nur ein Sonnenstrahl im Hotel, sondern bestimmt auch die perfekte Ehefrau für ihn.

Robert wusste, dass er eine Frau wie Anna brauchte, die nicht schwächelte, sondern jeden Tag zur Stelle war und dann vollen Einsatz zeigte.

Hinzu kam, dass sie ihn wirklich liebte und ihm verzieh, dass sein Hotel ihn immer und überall ins Anspruch nahm. Immerhin war sie »nur« die Nummer zwei in seinem Leben. Es war nicht leicht für eine Frau, das zu akzeptieren.

Anna verzichtete auf vieles, zum Beispiel auf eigenen Urlaub, um den Gästen unbeschwerte Ferienwochen im Hotel zu ermöglichen. Ansonsten war sie immer an Roberts Seite. Weil sie ihn liebte, legte sie keinen Wert darauf, eigene Wege zu gehen.

Wohin hätte sie auch gehen sollen?

Freunde und Verwandte wohnten weit weg, in alle Winde verstreut, die Kontakte zueinander beschränkten sich auf Geburtstags-Glückwünsche und gelegentliche Telefonate. Annas Eltern waren schon vor Jahren nach Teneriffa gezogen und machten sich dort ein schönes Leben.

Ihre Tochter hatten sie mit Geld, guten Worten und einer kleinen Eigentumswohnung in Klagenfurt abgespeist, das genügte.

Von wirklicher Nähe zu ihrer Tochter hatten die Fehmers nicht viel gehalten, erst recht nicht von allzu viel Elternliebe. Ihre persönliche Freiheit war ihnen immer wichtiger gewesen als das kleine Madel, ein »Zufallsbaby« und kein Wunschkind.

Anna hatte freilich alles bekommen, was als Rüstzeug für ihr späteres Leben gedient hatte: Eine gute Schulausbildung und Erziehung in einer Ganztagsschule und Ferienaufenthalte in tadellos betreuten Einrichtungen. Immer dort, wo das Madel gern hingefahren war.

Vater und Mutter hatten sie nach ihren Wünschen gefragt und sich danach gerichtet. Wenn Anna gut untergebracht worden war, hatten sie sich auf eine ihrer vielen Auslandreisen begeben.

Mit ihren Eltern hatte Anna nur als Kleinkind einige Ferienwochen am Meer verbracht, als Schulmädel nie mehr. Auf dem Gymnasium waren Sprachferien in England und Frankreich gefolgt, nach der Matura verschiedene Kurse und eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin mit Schwerpunkt im Hotelfach.

Vor verschlossenen Türen hatte Anna jedenfalls nicht gestanden, sie hätte zum Beispiel sofort im »Bayerischen Hof« in München als Hotelsekretärin anfangen können, aber am Wörthersee hatte ihr eine Anstellung im Schlosshotel Velden gewinkt. Dort war sie aber nur kurze Zeit geblieben, weil sie Robert kennengelernt hatte und mit ihm zusammen in seinem Hotel arbeiten wollte.

Auch in finanzieller Hinsicht war Anna auf der sicheren Seite. Ihre Eltern hatten für Ordnung, ein ansehnliches Sparguthaben für ihre Tochter und somit für gesicherte Verhältnisse gesorgt, nicht aber für Wärme, Herzlichkeit und ein echtes Zuhause, in das man immer wieder gern heimkehrte und sich geborgen fühlte.

Liebe hatte Anna erst bei Robert kennengelernt. Jedenfalls glaubte sie das. Sie sahen sich fast jeden Tag und besprachen alles miteinander, was das Hotel betraf. Privates blieb derzeit leider oft auf der Strecke. Robert war einfach zu beschäftigt.

Aber wenn Anna einen Wunsch hatte, dann bekam sie von ihm, was sie wollte. Doch das Wichtigste fehlte: Zeit für ein zärtliches Miteinander. Das Hotel und die Gäste standen ganz oben auf der Liste. Man durfte die Zügel nicht schleifen lassen, die Arbeit ging vor.

Und das eigentlich immer.

***

Seit einiger Zeit fühlte sich Anna müde und erschöpft, sie litt unter krampfartigen Kopfschmerzen und hatte Angst davor, im Alltag zu versagen. Deshalb hatte sie heimlich in Klagenfurt ihren alten Hausarzt Dr. Reuter aufgesucht, der sie zunächst beruhigt (»Du arbeitest zu viel, liebe Anna«) und dann einige Stärkungsmittel vorgeschlagen hatte, vor allem aber Entspannungsmethoden.

Weil sie unter krampfartigen Kopfschmerzen und Ohrgeräuschen litt, war sie ziemlich verunsichert. Auf Veranlassung von Dr. Reuter war Anna vor zwei Tagen ohne Roberts Wissen bei einer Computertomographie gewesen.

Es war beängstigend, daran zu denken, dass man ihren Kopf Schicht für Schicht in dieser ungemütlichen Röhre durchsucht hatte, als habe sich irgendetwas Böses darin versteckt. Anna nahm sowieso an, dass nichts dabei herauskommen würde, was ihr gesundheitliches Problem lösen konnte.

Robert gegenüber gab sie sich die größte Mühe, auf keinen Fall irgendwelche Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Damit wäre sie bei ihm auf Unverständnis gestoßen. Er sollte weiterhin nicht erfahren, dass sie beim Arzt gewesen war.

Ihre Abwesenheit im Hotel hatte sie ihm mit wichtigen Erledigungen auf verschiedenen Ämtern erklärt. Das hatte er geschluckt. Robert gehörte eh nicht zu denjenigen, die unbequeme Fragen stellten. Auf die Idee, dass sie sich wie ausgebrannt fühlte, kam er nicht.

Er selbst war jeden Tag auf Höchstleistungen eingestellt und begriff nicht, wie jemand schon in der Früh nach dem Aufstehen lieber mit dem Rucksack auf Wanderschaft gegangen wäre, anstatt zu arbeiten.

Menschen, die morgens schon an den Feierabend dachten, machten ihn wütend. Wenn man etwas erreichen wollte, musste man sich eben eine gewisse Zeit richtig in die Arbeit hineinhängen – später, wenn man sein Schäfchen im Trockenen hatte, blieb dann genug Zeit zum Relaxen.

Es war ja nicht etwa so, dass Robert sich kaputt schuften wollte. Aber bevor er seine Ziele erreicht hatte – Punkt eins war die exakt geplante Erweiterung des Hotels samt Wellness-Bereich – musste er seine Freizeit drastisch einschränken.

Vor allem war es ihm wichtig, sich den Gästen als charmanter, gut gelaunter und kompetenter junger Hotelier zu präsentieren, kurz gesagt, als Experte für einen rundum geglückten Urlaub. Nur so konnte er damit rechnen, jedes Jahr wieder so viele Stammgäste wie nur möglich zu begrüßen und neue Gäste von den Vorzügen des Hotels zu überzeugen.

Anna kannte Roberts Ehrgeiz und seine Pläne. Vielleicht übertrieb er es manchmal ein wenig, aber im Grund genommen hatte er recht.

Rund um den Wörthersee gab es viele erstklassige Hotels und sehr gepflegte Pensionen, in denen die Gäste sich wohlfühlten.

Man musste den Leuten etwas bieten, sonst schaute man als Hotelier »mit dem Ofenrohr ins Gebirge«, wie Robert sich ausdrückte.

Oft gebrauchte er auch gängige Redewendungen wie »die Konkurrenz schläft nicht« oder »von nichts kommt nichts«. Abwarten und Tee trinken war nicht sein Ding.

»Sobald wir eins der besten Häuser am Platze sind, Annerl, gönnen wir uns selbst mal was richtig Tolles«, versprach er Anna immer wieder. »Dann machen wir grenzenlos Urlaub. Eine lange Auszeit, versprochen! Das haben wir uns dann wirklich verdient. Sechs Wochen Südsee-Paradies. Oder eine Kreuzfahrt. Von mir aus auch eine Reise nach Indien. Alles, was du willst. Bis dahin hab ich auch das Personal so weit geschult, dass hier alles wie am Schnürchen läuft, auch wenn wir beide nicht da sind.«

So ganz überzeugt war Anna nicht, dass es zu dieser paradiesischen Auszeit kommen würde. Sie war ja auch mit weniger zufrieden, mit viel weniger – zwei Wochen zu zweit irgendwo auf einer einsamen Insel mit Wind, Wellen und Möwen hätten ihr genügt.

Aber wenn Robert von einem fantastischen Südseeparadies träumte, dann gönnte sie ihm diesen Traum von ganzem Herzen. Weil sie ihn liebte, wollte sie für ihn da sein und ihn jeden Tag unterstützen.

Sie würden irgendwann in der nächsten Zeit heiraten, auch Nachwuchs war geplant.

Annas Sehnsucht nach einer eigenen, harmonischen Familie würde sich also erfüllen. Es war ihr größer Wunsch. Denn sie hatte in ihrem Elternhaus keine Harmonie erlebt. Es lag nahe, dass sie nachholen wollte, was sie früher so schmerzlich entbehrt hatte.