Der Bergdoktor 2054 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2054 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Willkommen im Advent! Die Wochen vor Weihnachten stecken voller Ideen und Überraschungen. In St. Christoph startet in diesem Jahr erstmals die Aktion Backengel. Ganz klar, dass auch im Doktorhaus fleißig gebacken, gebastelt und (heimlich) genascht wird. Die himmlischen Rezepte finden Sie in diesem Roman.
Die besinnliche Adventszeit bietet sich dazu an, wieder näher zusammenzurücken und sich Zeit für die Familie und die schönen Dinge des Lebens zu nehmen.
Umso bedrückender ist es für Dr. Burger, mitzuerleben, dass im Buchenhäusl der Reislers die Tränen nicht trocknen ...


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Seitenzahl: 106

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Beim Tanz der Schneeflocken

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Merla / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0635-3

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Beim Tanz der Schneeflocken

Was in den verschneiten Wäldern von St. Christoph passierte

Von Andreas Kufsteiner

Willkommen im Advent! Die Wochen vor Weihnachten stecken voller Ideen und Überraschungen. In St. Christoph startet in diesem Jahr erstmals die Aktion Backengel. Ganz klar, dass auch im Doktorhaus fleißig gebacken, gebastelt und (heimlich) genascht wird. Die himmlischen Rezepte finden Sie in diesem Roman.

Die besinnliche Adventszeit bietet sich dazu an, wieder näher zusammenzurücken und sich Zeit für die Familie und die schönen Dinge des Lebens zu nehmen.

Umso bedrückender ist es für Dr. Burger, mitzuerleben, dass im Buchenhäusl der Reislers die Tränen nicht trocknen ...

Dass es Mitte November feucht und kühl war, wunderte niemanden. Auch der Nebel gehörte dazu, genauso wie die stillen, melancholischen Friedhofsbesuche, bei denen man den Verstorbenen in aller Stille nah sein konnte.

Hin und wieder gab es noch einen Lichtblick, wenn die Sonne hervorkam und ein mildes Lüftchen an den goldenen Oktober erinnerte.

Aber wenn man es genau betrachtete, hatte auch der November seine schönen Seiten. Immerhin gab es hoch droben in den Bergen schon den ersten Schnee, an manchen Tagen waren frühmorgens die Wiesen rund um St. Christoph auch schon weiß überpudert. Nur ganz dünn allerdings, ungefähr so, als habe jemand über Nacht feinen Staubzucker verstreut.

Der »Zucker« verschwand dann meistens im Laufe der Morgenstunden wieder, aber man bekam einen Vorgeschmack auf die Winterfreuden – und natürlich auf den Advent und das Weih-nachtsfest.

In den Häusern machte man es sich gemütlich, im Kamin sorgte ein prasselndes Feuerchen für angenehme Wärme. Wenn man sich zurücklehnte und in die Glut schaute, wurde es einem richtig wohlig zumute.

Hier und da dampfte Tee mit Orangenscheiben oder Punsch in den Gläsern, während Weinkenner im November einen guten Rotwein aus dem benachbarten Südtirol bevorzugten.

Ein Schluck genügte, und schon sah man sie vor sich, die sonnigen Hänge rund um Kaltern, Meran, Lana und all die anderen Weindörfer, in denen die Trauben mit aller Sorgfalt bis zur Ernte gehegt und gepflegt wurden. Denn ein echter Winzer steckte immer Herz und Seele in seine Trauben und damit in den Wein – und das schmeckte man!

Was die junge Physiotherapeutin Jana Reisler am November gar nicht mochte, war die früh hereinbrechende Dunkelheit. Wenn sie gegen fünf Uhr nachmittags von Schwaz nach St. Christoph heimfuhr, wäre es ohne die Straßenbeleuchtung bereits recht finster gewesen. Manchmal fragte sie sich, wie sich wohl die Leute in früheren Zeiten gefühlt hatten, als an Straßenlaternen natürlich noch nicht zu denken gewesen war.

Sie hatten Fackeln entzündet oder Laternen mit Kerzen. Angeblich waren echte Wachskerzen sehr teuer gewesen und daher unerschwinglich für viele Leute, die sich wohl oder übel mit armseligen Talglichtern zufriedengegeben hatten. Ein angenehmer Geruch war das natürlich nicht gewesen, vom kargen Licht ganz zu schweigen.

Heutzutage geht es uns doch richtig gut, ging es Jana durch den Kopf.

Natürlich dachte kaum jemand noch daran, dass die sogenannten »guten alten Zeiten« wohl eher sehr beschwerlich gewesen waren. Man jammerte ja schon, wenn mal eine Stunde der Strom ausfiel. Kein Fernsehen, die Lampen blieben dunkel und der Herd kalt, die Waschmaschine stellte ihre Arbeit ein. Und das Schlimmste für viele Leute: kein Internet.

Es gab Menschen, die auch nach Feierabend nichts anderes taten, als auf Bildschirme zu starren und nach irgendetwas zu suchen, was sie im Netz nicht finden würden – Zufriedenheit und inneren Frieden.

Jana war froh, wenn sie am Nachmittag wieder daheim ankam.

Der Zwiebelturm der Pfarrkirche von St. Christoph war in der Dunkelheit erleuchtet und grüßte schon von weit her, sogar der Wetterhahn profitierte von dem Licht und glänzte wie frisch poliert.

Das Glänzen war ihm eh sehr wichtig, an sonnigen Tagen »manndelte« sich der Hahn richtig auf und war sich seiner Bedeutung als Wind- und Wettermelder durchaus bewusst.

Wie lange der Hahn schon den Kirchturm zierte, wusste man nicht mehr, jedenfalls war er bis jetzt völlig unbeschädigt und trotzte sogar den Herbststürmen.

Bei ungutem Wetter sah man ihn unerschütterlich durch Nebel und sintflutartigen Regen hervorschimmern. Wenn es schneite, blieb auf ihm kaum ein Flöckchen liegen. Er war zu glatt, und der Schnee rutschte daher wieder ab. Eigentlich schade, denn eine weiße Haube hätte ihm gut gestanden!

Das Einzige, was den Hahn (leider konnte er sich ja durch Krähen nicht bemerkbar machen!) wirklich ärgerte, waren respektlose Vögel, die irgendwie mit ihren Krallenfüßchen auf ihm Halt fanden und sich einen Spaß daraus machten, ihn zum Narren zu halten.

Scharen von frechen Bergdohlen, die vor allem in der kalten Jahreszeit regelmäßig ins Tal einfielen und um Futter bettelten, ließen sich in der Nähe des Wetterhahns, der natürlich jeden Sonntag Pfarrer Roseders Predigt lauschte, auf dem Kirchendach nieder und nervten ihn mit ihren schrillen Rufen.

Gottlose Gesellen, dieses Bettelvolk! Aber was hätte Pfarrer Roseder erwidert, wenn sich der Wetterhahn bei ihm beschwert hätte?

»Wir sind alle Geschöpfe des Herrn, und auch die Dohlen gehören dazu.«

Ja, das fehlte noch! Am Ende bekamen diese Bettler im schwarzen Federkleid mit ihren orangefarbenen Beinchen noch einen Ehrenplatz im Himmel!

Jana lächelte, als sie an all diese Geschichten dachte, die sie als Kind so gern gehört hatte. Zum Beispiel, dass der Wetterhahn weit ins Land oder hinauf zu den Bergen schauen konnte und vieles sah, wovon die Menschen drunten gar nichts ahnten. Oder dass er sich wünschte, wenigstens einmal fliegen zu können wie ein Adler, hinauf in die Lüfte, weg vom Kirchturm bis zur Sonne und bei Nacht zu den Sternen.

Wie sorglos war doch ihre Kinderzeit gewesen ...

***

»Du bist anscheinend schon gestiefelt und gespornt, um heimzufahren, Jana«, meinte Steffen Metzler, der gerade aus dem Fitness-Raum kam, wie immer tadellos in Weiß gekleidet, weil sich das für einen Physiotherapeuten so gehörte. »Setz dich doch noch einen Moment in unseren Aufenthaltsraum, ich komm gleich nach. Ein paar Worte sollten wir vor dem Wochenende noch miteinander reden. Hol erst mal tief Luft nach dem anstrengenden Tag, bevor du nach Hause fährst, und mach dir einen Kaffee. Du siehst wirklich müde aus.«

»Ich bin nur ein bisschen erschöpft, das ist net der Rede wert. Müde kann man das nicht nennen. Sei nicht so besorgt um mich«, erwiderte Jana.

»Doch. Wenn ich mich nicht um dich kümmere, wer dann?«

»Mir geht es wirklich gut, Steffen. Du musst mich nicht wie ein kleines Schulmadel behandeln, das mag ich net.«

Steffen runzelte kurz die Stirn, aber dann nahm er Jana in die Arme und küsste sie.

Niemand sah zu, also war auch noch ein zweiter Kuss erlaubt. Jedenfalls war das Steffens Meinung. Jana und er galten als Paar, auch wenn sie beide darauf achteten, dass alles Private während der Arbeit außen vor blieb.

Genau genommen war Steffen Metzler Janas Chef, die Physiotherapie-Praxis »Vitaform« gehörte ihm. Steffen hatte es nach einigen Jahren bereits sehr weit gebracht, man lobte seinen Einsatz und seine Fachkenntnis.

Ärzte empfahlen den jungen Physiotherapeuten samt Team ihren Patienten und stellten Rezepte aus, wenn eine Bewegungstherapie oder Krankengymnastik angebracht war. Man konnte aber auch jederzeit auf eigene Faust Termine vereinbaren und zum Beispiel bei Entspannungsübungen und entkrampfenden Massagen lernen, den Alltag besser zu bewältigen.

Jana war für eine gezielte Lockerung bei Muskelverspannungen und für Gymnastik zuständig. Sie beherrschte außerdem die gesamte Palette physiotherapeutischer Behandlungen. Schwierige Fälle, besonders Schmerzen und Lähmungen nach schweren Unfällen und Frakturen, waren natürlich Steffens Sache.

Insgesamt beschäftigte er neben Jana noch drei weitere Fachkräfte und mehrmals pro Woche eine Balneologin für Wasseranwendungen und medizinische Bäder.

Es herrschte ein angenehmes Betriebsklima im »Vitaform«, jeder wusste, was zu tun war. Gleitende Arbeitszeiten mit Rücksicht auf die anstehenden Termine waren kein Problem. Obwohl es viel zu tun gab, war Steffen strikt dagegen, dass sich jemand aus seinem Team überarbeitete. Hausbesuche waren ebenfalls allein seine Sache.

Dass Jana trotzdem kündigen wollte, hatte nichts mit der Arbeit zu tun und auch nicht mit der Physio-Praxis »Vitaform«. Steffen war ahnungslos, genau das war ein riesiges Problem für die junge Frau. Sie schob die Kündigung vor sich her, aber es war nun wirklich an der Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen.

Warum eigentlich, wenn doch eigentlich alles bestens aussah?

Weil Steffen ernsthafte Heiratspläne hatte. Jana und er, ein ideales Paar, außerdem sehr verliebt – was wollte man mehr?

Jedenfalls schien äußerlich eitel Freude und Sonnenschein zu herrschen. Aber das war ein Irrtum.

Steffen glaubte immer noch an das künftige Leben zu zweit, obwohl Jana sich immer mehr zurückzog. Das beunruhigte ihn allerdings nicht. Einen Besseren als ihn konnte sie ja nicht finden, das stand für ihn fest. Und wenn sie hin und wieder ihre Ruhe wollte, dann bitte sehr. Sie hatte es ja schließlich daheim nicht leicht, daher war es verständlich, dass sie manchmal ein bisserl launisch reagierte.

Steffen wusste, dass sie sich ständig um ihre Mutter Sorgen machte, die als schwierig galt und den Tod ihres Mannes, Janas Vater, auch nach drei Jahren noch als »böses Schicksal« und als »Speerspitze in ihrem Herzen« bezeichnete.

Gerda Reisler klagte jedem, dass sein Tod für sie völlig unverständlich war, eine »Ungerechtigkeit des Himmels«, die sie als trauernde Witwe nicht verdient hatte.

Insgeheim dachte sie anders darüber. Dass der Tod ihres Mannes ein tückischer Fingerzeig des Schicksals gewesen war oder gar eine böse Absicht des Himmels, durfte man so nicht stehen lassen.

***

Winfried Reisler war keineswegs unschuldig an seinem vorzeitigen Abschied aus dieser Welt.

Er war bei einem riskanten Klettermanöver am Großglockner ums Leben gekommen, einem Berg, mit dem in keiner Hinsicht zu spaßen war. Man kletterte nicht locker an den Wänden dieses gigantischen Bergmassivs umeinander wie vielleicht am Kreuzhang in St. Christoph, einem beliebten »Kraxel-Bergerl« für Anfänger.

Gut gemeinte Warnungen hatte Janas Vater in den Wind geschlagen: »Ich fürchte mich vor nichts, und wenn ich etwas durchziehen will, dann tue ich es auch.«

Es war gewiss kein Fehler, wenn man sich selbst und seiner eigenen Kraft vertraute. Aber jemand wie er, dem beim Bergsteigen leider die Übung fehlte, hätte sich nicht in Gefahr begeben dürfen. Obendrein hatte er es abgelehnt, einen erfahrenen Bergsteiger mitzunehmen.

Ein in die Jahre gekommenes Buch im Kircherl von Heiligenblut enthielt die Namen all jener, die nicht mehr lebend vom Großglockner heimgekommen waren.

Nun stand auch der Name »Winfried Reisler aus St. Christoph im Zillertal« dabei. Erst zwei Tage nach seinem Absturz in eine tiefe Felsschlucht war er von der Bergwacht gefunden worden.

Seine letzte Ruhe hatte Janas Vater daheim in St. Christoph gefunden.

Ein Kreuz mit einem schönen Motiv der aufgehenden Sonne zierte sein Grab. Die Sonne symbolisierte einen neuen Anfang, nicht das Ende des Lebens.

So und nicht anders hätte sich auch der Verstorbene sein Grabmal gewünscht.

Winfried Reisler hatte sich selbst nie etwas vorgemacht. Er hatte seine Fehler gekannt und fest daran geglaubt, dass der Herrgott ihm seinen Hang zum Abenteuer verzeihen würde. Und wer wusste schon, ob er nicht in seinen letzten Augenblicken noch einen herrlichen Sonnenaufgang gesehen hatte, vielleicht sogar einen hell erleuchteten Weg durch die Felsen und Klüfte mitten hinein ins Paradies?

Ein guter Mensch war er gewesen, voller Herzenswärme und mit einer großen Achtsamkeit gegenüber den Menschen und der Natur, daran zweifelte niemand in St. Christoph.

Deshalb hielt man im Dorf sein Andenken in Ehren. Wer an seinem Grab vorbeikam, blieb stehen, sprach ein stilles Gebet oder legte ein Sträußerl Blumen nieder.

Jana hatte bittere Tränen um ihren Vater geweint. Er fehlte ihr immer noch sehr. Manchmal fragte sie sich in einer schwierigen Situation, was er ihr raten würde. Vater und Tochter waren sich immer sehr nahe gewesen.

»Du bist ein richtiges Papakind«, hatte die Mutter ein bisschen spitz gemeint. »Dabei ist dein Vater doch ein richtiger Abenteurer. Immer mit dem Kopf durch die Wand. Passt das zu einem Madel?«

Aber so war er nun mal gewesen. Unerschrocken, bodenständig, stets hilfsbereit, wenn man ihn brauchte, aber leider zu waghalsig. Ein Mann, der keine Angst gekannt und bei jedem Wetter unterwegs im Wald den Pulsschlag der Natur gespürt hatte. In seiner Eigenschaft als Forstexperte und Wildmeister des Landkreises Schwaz war er unermüdlich im Einsatz gewesen.

Winfried Reisler war in jungen Jahren oft mit dem inzwischen pensionierten Oberförsters Hubert Treich auf die Pirsch gegangen, allerdings nicht, um zu jagen, sondern um mehr über das Wild und den Wald zu erfahren.

»Fauna und Flora darf man nur auf leisen Sohlen erkunden«, das war seine Devise gewesen.

Später hatte er sich mit dem jüngeren Förster Fabian Reckwitz angefreundet, Hubert Treichs Nachfolger, der inzwischen in St. Christoph dauerhaft im Amt war.

Zweifellos hatte Jana einige Eigenschaften ihres Vaters geerbt, nicht jedoch die ungebremste Abenteuerlust. Vorsicht war immer wichtig, erst recht im Gebirge.