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Anita trinkt gerade mit ihrer Freundin eine Tasse Kaffee im Laden der Jeggl-Alma, da stürmt ihr Kollege herein und ruft: "Der Florian ist wieder da!"
Anita kann ihr Glück kaum fassen. Endlich ist ihr geliebter Schatz zurückgekehrt, und sogar ein paar Tage früher als gehofft. Über ein Jahr hat er in England studiert, und nach seiner Rückkehr wollen sie nun so schnell wie möglich heiraten. Das haben sie sich damals versprochen, und an diese Hoffnung hat sie sich geklammert.
Anita springt auf und läuft los zum Hof seiner Eltern. "Florian!", ruft sie schon von Weitem. Die Freude zersprengt ihr fast die Brust. Doch im nächsten Moment stockt ihr der Atem. Eine bildschöne junge Frau tritt auf Florian zu, schlingt ihm die Arme zärtlich um den Nacken, und dann tauschen die beiden einen leidenschaftlichen Kuss ...
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Seitenzahl: 128
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Bevor das Jahr zu Ende geht ...
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Bastei Verlag / Wolf
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0638-4
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Bevor das Jahr zu Ende geht ...
Wird er sein Versprechen rechtzeitig erfüllen?
Von Andreas Kufsteiner
Anita trinkt gerade mit ihrer Freundin eine Tasse Kaffee im Laden der Jeggl-Alma, da stürmt ihr Kollege herein und ruft: »Der Florian ist wieder da!«
Anita kann ihr Glück kaum fassen. Endlich ist ihr geliebter Schatz zurückgekehrt, und sogar ein paar Tage früher als gehofft. Über ein Jahr hat er in England studiert, und nach seiner Rückkehr wollen sie nun so schnell wie möglich heiraten. Das haben sie sich damals versprochen, und an diese Hoffnung hat sie sich geklammert.
Anita springt auf und läuft los zum Hof seiner Eltern. »Florian!«, ruft sie schon von Weitem. Die Freude zersprengt ihr fast die Brust. Doch im nächsten Moment stockt ihr der Atem. Eine bildschöne junge Frau tritt auf Florian zu, schlingt ihm die Arme zärtlich um den Nacken, und dann tauschen die beiden einen leidenschaftlichen Kuss ...
»Grüß dich, Schneeprinzessin!« Mit einem Schwall eiskalter Winterluft stürmte Michi Kofler in das Kassenhäuschen des Sesselliftes. Schnaufend schob er die Tür hinter sich zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Weiß war er. Von der grob gestrickten Wollmütze über die wattierte Jacke bis hinunter zu den Stiefeln.
Anita drehte das Radio auf ihrem Schreibtisch leiser.
»Michi, ja, sag mal, bist du das unter all dem Schnee?«
»Wer wäre sonst so ein Schaf, bei diesem Schneetreiben freiwillig draußen herumzustapfen?« Ihr Kollege zerrte seine Mütze vom Kopf und strich glättend über seine blonden Haare. Ein aussichtsloses Unterfangen, weil die blonden Strähnen ein Eigenleben zu führen schienen und nach allen Seiten abstanden. Sein Gesicht war hochrot von der Kälte.
»Magst du einen Kaffee?« Sie schwenkte die Kanne und schenkte ihm einen Becher voll ein, als er bejahte.
»Danke dir, Lebensretterin.«
»Hab ihn extra für dich warmgehalten. Wie schaut es denn draußen aus?«
»Net gut. Hab die Schneefräse vorerst wieder hinbekommen, aber ich kann dir net sagen, wie lange sie halten wird. Sie hat halt ihr Alter. Allmählich wird sie nur noch von Klebeband, Spucke und gutem Willen zusammengehalten.«
»Mei, da wird der Chef bald eine neue spendieren müssen, sonst müssen wir die Zufahrt hierher bald von Hand freischaufeln.«
»Bei den Schneemengen? Da sind wir ja vor dem Frühling noch net fertig.«
»Eben. Ich werde gleich nachher einen Antrag beim Angerer stellen und um eine neue Fräse bitten.«
»Viel Glück. Eher kommt er selber rauf und schraubt an unserem alten Modell herum. Du kennst doch unseren Bürgermeister. Er ist so sparsam, dass sogar ein Schotte noch etwas von ihm lernen könnt'.«
»Das ist net das Schlechteste, aber eine neue Schneefräse wäre wirklich wichtig.« Anita schaute aus dem Fenster in das wirbelnde Weiß.
An anderen Tagen war der Hang voller Skifahrer, die im Schnee wie bunte Farbtupfer wirkten und die Abfahrten hinunterbrausten. An diesem Mittag wagten sich nur vereinzelte Wintersportler auf die Piste. Die Sicht war einfach zu schlecht. Nicht einmal den nahen Rautenstein konnte man erkennen. Ganz zu schweigen von St. Christoph!
Von dem idyllischen Bergdorf führte eine Kabinenbahn hierherauf. Bei schönem Wetter konnte man von ihrem Schreibtisch aus die Höfe unten im Tal erkennen. Jetzt verschwammen selbst die dicken Stahlseile der Bergbahn in dem schneeweißen Flockenwirbel.
»Vorhin haben sie im Wetterbericht durchgegeben, dass es bis in die Nacht weiterschneien soll«, sagte Anita nun seufzend.
»Dann werden heute nimmer viele Skifahrer raufkommen.«
»Na, aber ein paar reizt der Nervenkitzel schon.« Anita hatte mehrere Monitore vor sich. Zwei zeigten an, dass sämtliche Maschinen ordnungsgemäß funktionierten. Auf einem war nichts als ein weißes Wirbeln zu sehen. Das war die Kamera draußen am Lift.
Anita und ihr Kollege Michi kümmerten sich um den Betrieb des Sesselliftes oben am Feldkopf. Im Sommer standen die Räder still, dann arbeitete Anita bei der Kabinenbahn mit. Jedes Jahr im Herbst nahm sie ihren Posten am Lift ein. Zuerst musste alles gewartet und geputzt werden, damit mit dem ersten Schneefall der Betrieb beginnen konnte.
Schon als Kind hatte Anita gern an allem herumgeschraubt und gebastelt, und so war die Ausbildung zur Seilbahntechnikerin bei den Mayrhofener Bergbahnen genau das Richtige für sie gewesen. Sie hatte ihre Entscheidung für diese Laufbahn noch keine Sekunde bereut.
Ihr Kollege leerte den Kaffeebecher und stellte ihn auf seinem Schreibtisch ab. Dann spähte er sehnsüchtig in das Glas mit ihren Schokolinsen.
»Michi!« Anita warf ihm einen warnenden Blick zu.
»Ich weiß schon.« Er hob die Hände. »Finger weg. Sonst dräut Ärger. Wie viele Schokolinsen hast du eigentlich noch übrig?«
»Elf Stück.«
»Viele sind das aber nimmer.«
»Und das ist ein Glück.« Anitas Herz machte einen sehnsüchtigen Satz. Vor zwei Monaten war das Glas noch mit sechzig Schokolinsen gefüllt gewesen. Damals hatte ihr Schatz seine Heimkehr ein weiteres Mal verschoben, ihr jedoch versprochen, wieder daheim zu sein, sobald das Jahr zu Ende ging.
»Und dann wird geheiratet!«, hatte er gesagt. Seine Worte hallten noch in ihrem Herzen nach.
Nur noch elf Tage, dann sind wir wieder beisammen, dachte sie glücklich. Jeden Tag nahm sie eine Schokolinse heraus, und inzwischen war nur noch der Boden des Glases mit Schokolinsen bedeckt.
Anita konnte es kaum erwarten, ihren Freund endlich wieder in ihrer Nähe zu haben. Seit anderthalb Jahren studierte Florian in der Fremde. Zuerst in Berlin, nun in London. Umwelttechniker wollte er werden. Und für dieses Ziel arbeitete er hart.
Sie bewunderte ihn für seine Zielstrebigkeit, aber sie vermisste ihn auch ganz schrecklich. Wenn er wenigstens jeden Tag anrufen und kurze Nachrichten schicken würde, so wie früher, aber seine Anrufe wurden immer seltener.
»Ich muss halt viel lernen«, entschuldigte Florian sich jedes Mal.
Anita verstand das, aber dadurch wurde die Sehnsucht nicht geringer.
Bald ist er wieder daheim, ermutigte sie sich selbst, und dann fängt unser gemeinsames Leben an!
Ihr Kollege musterte sie zweifelnd.
»Bist du sicher, dass der Florian der Richtige für dich ist?«
»Ja freilich!«
»Der Florian nennt nix als einen Haufen Bücher und Studienschulden sein Eigen. Such dir lieber einen Mann mit Hof und Vermögen. Es schläft sich besser, wenn man ein sicheres Polster hat, glaub mir das.«
»Florian und ich wollen arbeiten und uns etwas aufbauen. Wir brauchen keine Reichtümer. Wir schaffen uns selbst etwas.«
»Stell dir das net zu leicht vor. Weißt du, was mein Großvater immer gesagt hat? ›Liebe vergeht, Hektar besteht!‹«
»Geh, wir werden auch ohne einen Hof unser Auskommen haben. Wir brauchen nur eins zum Glücklichsein: einander!«
»Mei, schon so manche große Liebe ist am Geld gescheitert.«
»Das wird uns bestimmt net passieren.«
»Wenn du meinst.« Michi streckte den Arm nach der Kaffeekanne aus und goss seinen Becher ein zweites Mal voll. Dann fasste er in seine Jackentasche, holte ein braunes Fläschchen hervor und träufelte etwas von seinem Inhalt in den Becher.
»Sag bloß, dein Rücken plagt dich wieder?«
»Freilich. Bei dieser Kälte zwackt er alleweil.«
»Magst du heimgehen und dich in die warme Badewanne legen? Ich schaffe den Rest der Schicht auch allein. Viel dürfte heute ohnehin nimmer passieren.«
»Nein, kein Problem. Die Arbeit lenkt mich von dem Zwacken ab. Außerdem gibt es daheim net so einen guten Kaffee wie hier. Ich bin nur heilfroh, dass der Kartenleser bei dem Schnee so gut funktioniert, sonst müssten wir draußen in der Kälte die Tickets kontrollieren.«
Anita nickte. Die Wintersportler hatten Skipässe und Tagestickets, die am Automaten gescannt wurden, worauf die Leute dann Zugang erhielten. Das klappte reibungslos, auch wenn es so viel schneite wie heuer.
Ihr Handy lag neben ihrem Computer. Auf einer zerlesenen Ausgabe eines Liebesromans, der in den schottischen Highlands spielte. Dorthin träumte sie sich für ihr Leben gern.
Nun zog sie ihr Telefon zu sich heran und spähte auf das Display. Keine neuen Nachrichten.
Ein Klumpen bildete sich in ihrem Magen.
Na schön, dachte sie, wenn der Prophet dem Berg keine Mitteilung sandte, musste der Berg das eben selber übernehmen!
Kurz entschlossen aktivierte sie die Kamera, warf eine Kusshand in die Linse und machte ein Foto. Warm eingemummelt wie sie war, in ihrem rot-weiß getupften Rollkragenpullover, der roten wattierten Weste und den passenden Hosen. Ihre kurzen braunen Haare waren fransig in die Stirn gezupft und betonten ihre braunen Augen.
Sommersprossen sprenkelten ihren Nasenrücken. Mit denen hatte sie früher gehadert und sich eine makellose weiße Haut gewünscht, aber inzwischen hatte sie sie als Teil von sich akzeptiert.
Damit du net ganz vergisst, wie ich ausschau, schrieb sie unter das Foto, fügte einen zwinkernden Smiley ein und schickte die Nachricht an ihren Freund ab.
Dann wartete sie auf seine Antwort. Es kam jedoch keine.
Vermutlich sitzt er um diese Zeit in einer Vorlesung und schaut überhaupt net auf sein Handy, dachte sie und verbiss sich ein Seufzen.
Dann besann Anita sich auf ihre Aufgaben, schaute prüfend auf die Monitore und nickte beruhigt.
Alle Maschinen arbeiteten im grünen Bereich.
Ein Dutzend Skifahrer tummelte sich draußen am Hang. Bunte Farbkleckse, die nach wenigen Metern im winterlichen Weiß verschwanden. Der Flockenwirbel war für viele Wintersportler ein zusätzlicher Reiz. Bei der Abfahrt musste man bei schlechter Sicht doppelt aufpassen, Buckel und Hindernisse rechtzeitig erkennen und umfahren.
Anita kribbelte es in den Füßen, ihre Skier anzuschnallen und sich selbst auf die Piste zu stürzen, aber daran war noch nicht zu denken. Sie hatte gleich einen Skikurs, außerdem musste sie den Betrieb des Liftes protokollieren, auf die Gäste aufpassen, nach der Technik schauen und auf den Sitzen vergessene Sachen sichern.
»Man glaubt net, was die Leute alles im Lift liegen lassen«, murmelte sie. »Handys und Skistöcke sind ja net weiter ungewöhnlich, auch eine Tüte mit Zimtschnecken lasse ich mir gefallen. Aber ich kann mir bis heute net erklären, warum jemand einen Bierkrug mit auf den Berg bringt.«
»Als eiserne Reserve vielleicht«, mutmaßte Michi und grinste. »Zu schade, dass er leer war, als wir ihn gefunden haben.«
Anita rollte mit den Augen.
Zu ihren Aufgaben gehörte es auch, kurz vor dem Ende der Betriebszeit die Nummer des letzten Sesselliftes zu notieren, damit am Ende niemand am Berg vergessen wurde und womöglich stundenlang in der Kälte ausharren musste. An diesem Tag würde ihr Kollege das jedoch übernehmen, weil auf ihrem Plan noch ein Skikurs für die kleinsten Pistenstürmer stand.
In ihrem Heimatdorf wurde Anita liebevoll »Schneeprinzessin« genannt, weil der Winter ihr Element war. Für sie gab es nichts Schöneres, als sich nach ein paar Stunden auf den Brettln daheim am knisternden Kaminfeuer bei heißer Schokolade und einem Buch wieder aufzuwärmen. Sie liebte den Schnee heiß und innig.
Nun griff sie nach ihrer Winterjacke, stülpte eine Mütze über und band sich einen Schal um.
»Kommst du hier zurecht, Michi?«
»Sicher. Geh ruhig. Deine kleinen Fans werden schon sehnsüchtig auf dich warten.« Michi nickte ihr zu.
Tatsächlich hatten sich bereits etliche Kinder im Schutz des Vordachs versammelt. Unmittelbar neben dem mannshohen, liebevoll bemalten Eichhörnchen, das ein Künstler aus dem Dorf aus Holz gefertigt hatte. Ein Schild wies es als Treffpunkt für die »Skizwerge« aus.
Einige Eltern waren mitgekommen und traten nun wegen der Kälte von einem Skistiefel auf den anderen.
Die anderen Kinder waren mit Greta vom Kindergarten gekommen. Zu ihnen zählte auch Filli Burger, der Sohn des Bergdoktors. Insgesamt waren es elf Kinder, die unter Anitas Anleitung das Skifahren lernen wollten.
Anitas Herz machte einen Satz. Sie liebte Kinder und konnte es kaum erwarten, eigene zu haben.
»Können wir losfahren?«, wurde sie von allen Seiten bestürmt.
»Heute net, Kinder«, erklärte sie bedauernd. »Bei dem dichten Schneetreiben kann ich euch net alle im Blick behalten, und wir wollen doch net, dass jemand verloren geht.«
»Och.« Enttäuschung zeichnete sich auf den von der Kälte geröteten Gesichtern der Kinder ab.
»Beim nächsten Mal fahren wir ein Stück auf unseren Skiern. Versprochen. Heute werden wir etwas noch viel Wichtigeres üben. Wer kann sich denken, was das ist?«
Die Kinder sahen sich ratlos an.
»Hinfallen vielleicht?«, fragte die kleine Elsa unsicher.
»Richtig, Elsa. Sehr gut.«
»Das kann ich schon«, murmelte Filli trübe.
»Dann weißt du bestimmt, wie schwierig es ist, mit den Brettln an den Füßen wieder hochzukommen. Sie wollen weiter und rutschen unter einem weg. Wir werden heute üben, wie man aufsteht, nachdem man mit den Skiern in den Schnee gefallen ist. Also schnallt eure Skier an, Kinder, und dann ...« Weiter kam Anita nicht, denn in diesem Augenblick gellte ein Hilferuf. Ganz in ihrer Nähe!
»Hilfe! Hiiilfeee!«
Anita wirbelte herum und riss im nächsten Moment bestürzt die Augen auf.
»Jessas, Maria und Josef! Da oben hängt jemand am Lift!«
***
Im Doktorhaus ahnte noch niemand etwas von dem Unheil, das auf dem Berg drohte. Dr. Burger kam gerade von seinen Hausbesuchen zurück. Ein Landwirt war bös beim Schneeräumen gestürzt, hatte sich am Rücken verletzt und musste mit Blaulicht in die Klinik gebracht werden.
Und eine Bäuerin plagte eine Operationswunde, die auch zwei Tage nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus nicht recht heilen wollte. Dr. Burger hatte sich vorgemerkt, morgen früh wieder bei ihr vorbeizuschauen. Falls sich Fieber einstellte, würde sie um einen weiteren Aufenthalt im Krankenhaus wohl nicht herumkommen.
Aufatmend schloss er nun die Haustür hinter sich, zog seine dicke Jacke und die Stiefel aus und lächelte, als aus der oberen Etage das fröhliche Lachen seiner beiden Madeln kam. Tessa und das Mauserl spielten. Ihm wurde ganz warm ums Herz.
Noch vor einigen Jahren war es furchtbar still in seinem Haus gewesen. Nach dem bitteren Verlust seiner ersten Frau hatte Dr. Burger sich lange auf keine neue Beziehung einlassen können. Doch dann war er Sabine begegnet, einer Kollegin aus Wien. Mit ihr war das Glück in sein Leben zurückgekehrt.
Der Duft von warmen Äpfeln und Zimt lockte ihn in die Küche.
Hier holte seine Wirtschafterin gerade ein Blech mit einem Strudel aus dem Herd.
»Das riecht aber gut, Zenzi«, schwärmte er.
»Jesses, Martin!« Sie stellte das Backblech auf dem Tisch ab und schlug sich eine Hand vor die Brust. »Hast du mich erschreckt. Fast hätte ich einen Herzkasper bekommen.«
»Entschuldige, das wollte ich net.«
Zenzi strich ihre Hände an der weißen Schürze ab, die sie über ihr veilchenblaues Dirndl gebunden hatte.
»Ich hab dich gar net heimkommen hören. Magst du eine Tasse Kaffee?«
»Gern. Der wird mich hoffentlich aufwärmen nach der Kälte draußen.«
Zenzi schenkte ihm eine Tasse ein.
»Mit dem Strudel sollten wir noch warten. Er muss erst ein bisserl abkühlen, ehe ich ihn anschneiden kann.«
»Dann warte ich. Er duftet ganz wunderbar.« Dr. Burger ließ sich mit seiner Tasse auf der Eckbank nieder.
In der Küche war es behaglich warm. Hinter den Fenstern wirbelten dichte Flocken vom Himmel. Man sah kaum noch das Vogelhaus, das am Gartenzaun aufgestellt war und jeden Morgen von seinen Kindern mit Körnern gefüllt wurde.
Zenzi nahm ihm gegenüber Platz und tippte auf die Morgenzeitung.
»Hast du das schon gelesen, Martin?«
»Was denn?« Er beugte sich vor und las die Überschrift des Artikels. Der Hercule Poirot von Innsbruck, lautete sie. »Na, den kenne ich net. Ich bin heute noch gar net zum Zeitunglesen gekommen. Worum geht es denn in dem Artikel?«
»Um einen jungen Mann, der sehr erfolgreich als privater Ermittler arbeitet.«
»Ein Privatdetektiv?«