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Ein Rodelausflug mit seiner Familie nimmt eine dramatische Wendung, als Dr. Burger einen umgestürzten Pferdeschlitten entdeckt. Beim Holzholen ist Josef Stockhammer verunglückt. Er wurde unter dem Schlitten eingeklemmt und ist dem Tode näher als dem Leben. Der Bergdoktor setzt alles daran, um ihn zu retten.
Der Bauer überlebt, aber sein rechtes Bein wird steif bleiben. Daran droht er zu verzweifeln. Seine Frau ist schon vor vielen Jahren gestorben, und seine beiden erwachsenen Söhne haben die Arbeit nicht erfunden.
Während er im Krankenhaus liegt, versorgen sie den Hof mehr schlecht als recht. Daniel ist jähzornig und behandelt die Tiere nicht gut. Elias vergrault eine Magd nach der anderen mit seinen Nachstellungen. Als der Bauer heimkommt, erkennt er seinen Hof kaum wieder. Wie soll er mit dem steifen Bein die Arbeit schaffen?
Ihm bleibt nur ein Ausweg - und der verspricht jede Menge Ärger!
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Impressum
Die Kraft, die aus der Liebe kommt
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Michael Wolf
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0796-1
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Die Kraft, die aus der Liebe kommt
Ihr Schicksal lag in seiner Hand
Von Andreas Kufsteiner
Ein Rodelausflug mit seiner Familie nimmt eine dramatische Wendung, als Dr. Burger einen umgestürzten Pferdeschlitten entdeckt. Beim Holzholen ist Josef Stockhammer verunglückt. Er wurde unter dem Schlitten eingeklemmt und ist dem Tode näher als dem Leben. Der Bergdoktor setzt alles daran, um ihn zu retten.
Der Bauer überlebt, aber sein rechtes Bein wird steif bleiben. Daran droht er zu verzweifeln. Seine Frau ist schon vor vielen Jahren gestorben, und seine beiden erwachsenen Söhne haben die Arbeit nicht erfunden.
Während er im Krankenhaus liegt, versorgen sie den Hof mehr schlecht als recht. Daniel ist jähzornig und behandelt die Tiere nicht gut. Elias vergrault eine Magd nach der anderen mit seinen Nachstellungen. Als der Bauer heimkommt, erkennt er seinen Hof kaum wieder. Wie soll er mit dem steifen Bein die Arbeit schaffen?
Ihm bleibt nur ein Ausweg – und der verspricht jede Menge Ärger!
»Ist das wirklich eine gute Idee?« Sorgenvoll richtete Dr. Burger den Blick zum Himmel. Über den Bergen ballten sich bleigraue Wolkentürme zusammen und verhießen Neuschnee. Und zwar jede Menge davon!
Ein kräftiger Wind fegte von Nordwesten durch das Zillertal. Er wirbelte weiße Schwaden auf den bewaldeten Hängen auf und rüttelte an der Gondel, die den Bergdoktor mit seiner Familie an kräftigen Stahlseilen auf den Berg trug.
»Womöglich hätten wir den Rodelausflug verschieben sollen«, murmelte er. »Wir könnten mitten in das Wetter geraten.«
»Es soll noch ein paar Stunden halten, haben sie im Radio gesagt«, begütigte seine Frau. »Bis es richtig losschneit, sind wir längst wieder im Tal und wärmen uns am Kamin auf.«
»Hoffentlich. Dieser Wind gefällt mir net. Er bringt den Schnee schneller als gedacht.« Martin Burger legte einen Arm um seine Frau. Sabine legte den Kopf in den Nacken und lächelte zu ihm hoch. Ihre blauen Augen leuchteten so innig, dass er seine Sorgen sekundenlang vergaß.
Da legten sich zwei kleine Hände von hinten auf seine Ohren. Ein fröhliches Quietschen verriet, dass Laura aufgewacht war. Er trug seine Jüngste in einer Kraxe auf dem Rücken. Das Mauserl war ebenso warm eingepackt wie seine älteren Kinder, die sich die Nase an der Scheibe der Gondel platt drückten und sich kaum sattsehen konnten an der verschneiten Bergwelt.
Während St. Christoph allmählich unter ihnen zurückblieb, schwebten sie sanft dem Gipfelkreuz entgegen.
Die Kabinenbahn führte in einer achtminütigen Fahrt auf den Feldkopf. Der Berg war ein beliebtes Ausflugsziel. Im Sommer war er Ausgangspunkt für Wanderungen, und jetzt im Winter lockte er zum Rodeln und Skifahren.
Während der zerklüftete Nordhang selbst bei geübten Wintersportlern als Herausforderung galt, gelangte man über die westliche Seite gemütlich über sanfte Serpentinen zurück ins Tal.
Die Gondel näherte sich der Bergstation und verlangsamte ihre Fahrt. Lautlos schwang die Tür auf, und die Familie kletterte ins Freie.
»Wir sind da!« Filli deutete auf eine verschneite Hütte, vor der Rodelschlitten aufgestellt waren, und machte vor lauter Freude einen Luftsprung. Mit seinen fünf Jahren war er ein lieber Wirbelwind, der Tiere liebte und es kaum erwarten konnte, endlich in die Schule zu kommen.
Seine Schwester knuffte ihn in die Seite.
»Wer zuerst da ist, darf sich den Schlitten aussuchen.« Damit sprintete sie los.
»Warte auf mich!« Filli folgte ihr so schnell, dass der Schnee unter seinem Stiefeln aufstob.
Am Rodelverleih herrschte erstaunlich wenig Betrieb. Offenbar waren die dunklen Wolken nicht unbemerkt geblieben.
»Net viel los heute, was?« Dr. Burger bezahlte die Leihgebühr für die Schlitten beim Stadler-Carl. Der Mittsechziger trug seine dunkle Wollmütze tief in die Stirn gezogen. In seinem Bart glitzerten Schneekristalle.
»Na, der kalte Wind hält viele von einem Abstecher auf den Berg ab.« Carl reichte ihm das Wechselgeld. »Ihr solltet euch net lange aufhalten. Es wird heute noch ein Wetter geben.«
Der Bergdoktor nickte bedächtig. Sein erster freier Nachmittag seit Wochen, und ausgerechnet heute drohte ein Unwetter!
Seine Kinder störte der Wind nicht. Freudige Erwartung zauberte eine rosige Farbe auf ihre Wangen, als sie alle einen Rodelschlitten auswählten.
»Fahrt vorsichtig«, mahnte der Vater. »Keine wilden Kurven. Habt ihr gehört?«
»Versprochen.« Filli zog seinen Schlitten zur Kuppe und drehte sich nach seiner Schwester um. »Wer zuletzt unten ist, muss eine Woche beim Abwasch helfen.« Damit warf er sich bäuchlings auf seinen Rodelschlitten und sauste davon!
»Hey!« Tessa stürmte zum Startpunkt, setzte sich auf ihren Schlitten und stieß sich ab. »Bahn frei! Ich koooommeeee!«
Und schon verschwanden die Kinder aus der Sicht ihrer Eltern.
»Na schön. Folgen wir den beiden.« Martin Burger blickte seine Frau an. »Bist du bereit?«
»Sind wir net zu alt für eine Rodelpartie?«
»Für ein bisserl Spaß ist man nie zu alt. Oder hast du Angst, ich könnte dich schlagen?«, neckte er sie, was ihm einen liebevollen Knuff in die Seite einbrachte.
»Ich werde daheim schon einmal die Milch für die heiße Schokolade warm machen, bis du kommst«, konterte sie.
»Schauen wir mal«, erwiderte ihr Mann. Er wählte einen der Rodelschlitten und zog ihn auf die Anhöhe, von der aus die sanft geschwungene Rodelbahn ins Tal führte.
Sabine tat es ihm gleich.
»Und los!« Sie stießen sich ab und rodelten los.
Von einer Wettfahrt konnte allerdings keine Rede sein. Gemütlich glitten sie auf ihren Schlitten talwärts und bremsten mit den Fersen, wenn die Schlitten zu viel Fahrt aufnahmen. Dabei erfreuten sie sich an dem Blick auf ihr Heimatdorf, das hin und wieder zwischen den Bäumen durchblitzte.
Sogar das Doktorhaus mit dem Praxisanbau konnte man von hier oben aus erkennen. Die Rodelstrecke führte durch dichten Kiefernwald. Die Bäume hielten einiges von dem bitterkalten Wind ab, und das war ein Glück, denn auch so schnitt er in die Wangen wie Nadelspitzen.
Die ersten Schneeflocken rieselten vom Himmel, legten sich auf die Mützen und Schultern der Rodler wie Puderzucker auf Zimtplätzchen.
Die kleine Laura quietschte selig in ihrer Rückentrage.
»Das gefällt dir wohl, Mauserl?«, fragte Dr. Burger. Der Ausflug war wohl doch keine so üble Idee gewesen.
In diesem Augenblick erklang vor ihnen ein lauter Ruf. Der Schreck fuhr ihm durch Mark und Bein.
»Filli?« Er tauschte einen Blick mit seiner Frau, die neben ihm rodelte.
Wie auf ein stummes Kommando beugten sie sich auf ihren Schlitten vor, beschleunigten das Tempo und sahen wenig später ihre Kinder vor sich.
Filli und Tessa hatten mitten auf der Strecke gestoppt und ihre Schlitten quer gestellt. Sie blickten beide zu einem tief verschneiten Gestrüpp.
»Was ist denn passiert? Warum habt ihr angehalten?« Dr. Burger stoppte und stellte seinen Schlitten auf.
»Da!« Filli streckte einen Arm aus und deutete nach vorn.
Zunächst sah der Bergdoktor nichts Ungewöhnliches, aber dann entdeckte er die spitzen Ohren und die Knopfaugen, die hinter dem Gebüsch hervorblitzten. Ein Fuchs! Ein Jungtier vermutlich. Die Beine schienen viel zu lang und zu dünn zu sein.
»Vorsicht, Kinder. Geht net näher heran. Er könnte krank sein.«
»Ich glaube, er hat nur Hunger.« Filli nahm einen Schokoladenkeks aus seiner Tasche und warf ihn dem Fuchs hin. Der Keks landete ein Stück vor dem Gebüsch im Schnee. »Och.«
Filli machte einen Schritt nach vorn, aber ehe er den Keks aufheben und noch einmal werfen konnte, stürmte der Fuchs aus seiner Deckung und machte sich hungrig darüber her.
»Er hat wirklich Hunger. Und ich hab nix mehr für ihn.« Filli legte die Stirn in traurige Falten. »Können wir ihn net mitnehmen und füttern? Er friert bestimmt ganz arg in der Kälte. Und er findet nix zum Fressen im Schnee.«
»Gegen die Kälte hat er seinen schönen roten Pelz. Und Füchse haben ausgezeichnete Ohren. Sie hören Mäuse unter dem Schnee und springen dann los, um sie zu jagen.«
»Er sieht net so aus, als hätte er schon eine Maus erwischt.«
Das stimmte allerdings. Der Fuchs war so schmal, dass sich die Rippen unter seinem Fell abzeichneten.
»Es ist gar net die Zeit für Jungtiere«, murmelte Sabine. »Ich dachte, die Jungen verlassen den elterlichen Bau net vor dem Frühjahr.«
»Der Kleine scheint ein bisserl früher dran zu sein.«
»Glaubst du, er hat seine Mutter verloren?«
»Womöglich ist sie nur auf der Jagd, und er stromert derweil umher.« Dr. Burger rieb sich das Kinn. »Allerdings sieht er wirklich recht dünn aus ...« Bevor er es aussprechen konnte, wirbelte der Fuchs mit einem Mal wie ein roter Blitz herum und verschwand mit langen Sätzen im Unterholz.
»Warte!«, rief Filli, aber da war der Fuchs schon fort.
»Ich werde dem Förster Bescheid sagen, damit er die Augen nach dem Kleinen offen hält«, beschloss Dr. Burger. »Er wird wissen, ob unser neuer Freund Hilfe braucht.«
»Das ist eine gute ...« Sabine wandte sich zu ihrem Schlitten um, und plötzlich schrie sie laut auf.
»Was ist denn?« Martin drehte den Kopf und spähte in dieselbe Richtung wie sie. Ein Waldweg kreuzte die Rodelbahn. Verschneite Äste hingen tief über dem Weg.
Und da, ungefähr zweihundert Meter entfernt, lag ein umgestürzter Pferdeschlitten! Halb verdeckt von verschneitem Grün, das über den Weg wucherte. Sie hatten ihn bis jetzt nicht entdeckt, weil sie ihre Aufmerksamkeit auf den Fuchs gerichtet hatten.
Ein Transportschlitten war das. Beladen war er nicht, aber Schlitten wie dieser dienten Landwirten oft dazu, Holz aus dem Wald zu holen. Das Gefährt lag auf der Seite. Ein brauner Wallach war davor eingespannt. Er wirkte unverletzt, stampfte nur unruhig im Schnee. Hinter ihm machte der Weg eine Biegung.
»Der Schlitten muss zu schnell unterwegs gewesen sein. In der Kurve ist er umgestürzt. Herrschaftszeiten, hoffentlich ist dem Schlittenlenker nix zugestoßen!« Dr. Burger strebte mit langen Schritten los. Hinter sich hörte er Schritte knirschen. Seine Familie folgte ihm.
Er erreichte den Transportschlitten und fand seine schlimmste Befürchtung bestätigt: Unter dem Gefährt lag ein Mann! Er steckte fest! Blut färbte den Schnee um ihn herum dunkelrot. Offenbar war das Holz des Schlittens gesplittert und hatte sich in seinen Körper gebohrt.
»Der Stockhammer-Josef!« Dr. Burger kniete sich neben den Landwirt. Der war dem Tode näher als dem Leben. Sein Gesicht war so fahl wie der frisch gefallene Schnee. Seine bläulich verfärbten Lippen verhießen nichts Gutes. Bart und Augenbrauen glitzerten weiß vom Eis. Und seine Wangen fühlen sich eiskalt an. »Josef? Kannst du mich hören?«
Der Bauer stöhnte, ließ die Augen jedoch geschlossen. Die Anstrengung, sie zu öffnen, schien zu groß für ihn zu sein.
Wie lange mochte hier schon liegen?
Josef Stockhammer bewirtschaftete einen Hof auf einem Hügel am Rande von St. Christoph. Bei ihm lebten seine beiden erwachsenen Söhne. Eine Frau hatte er nicht mehr. Die Gundi war schon vor vielen Jahren bei einem Lawinenunglück ums Leben gekommen.
Würde sich der Winter nun auch noch den Bauern holen?
Net, wenn ich es verhindern kann, dachte Dr. Burger entschlossen. Er drehte sich zu seiner Frau um.
»Ruf die Rettung an«, bat er. »Sag, wir brauchen hier Hilfe. Ein stark unterkühlter Patient. Vermutlich mit inneren Verletzungen.«
»Willst du versuchen, Josef hervorzuziehen?«
»Ohne Ausrüstung? Zu gefährlich«, erwiderte er. »Die Gefahr ist groß, dass er uns unter den Händen verblutet. Noch steckt das Holz in seinem Körper und verschließt die Wunde halbwegs. Sobald wir den Schlitten anheben, wird sie weiter aufreißen. Das wäre sein Ende. Es gefällt mir net, aber wir müssen warten.«
Er stellte die Trage ab und zog seine wattierte Jacke aus. Dann breitete er sie schützend über dem Bauern aus und wünschte sich, er hätte seinen Einsatzkoffer bei sich. Ohne den konnte er nicht viel mehr tun, als die Lebenszeichen des Landwirts zu überwachen. Und die wurden immer schwächer!
Der Puls des Verletzten flatterte wie ein verletzter Vogel gegen seine Fingerspitzen.
»Net einschlafen, Josef«, mahnte er. »Hilfe ist unterwegs. Halt noch ein bisserl durch. Hörst du mich? Halt durch!«
***
Dichtes Schneegestöber hüllte das Dorf ein. Die Sicht reichte nur wenige Meter weit, dahinter verschwammen die Berge im Wirbel der tanzenden Eiskristalle.
Das Zillertal versank im Schnee!
Martin Burger war in St. Christoph aufgewachsen und kannte jeden Pfad. Trotzdem schien ihm der Weg zum Stockhammer-Hof an diesem Nachmittag länger als sonst zu sein.
Mühsam kämpfte er sich die verschneite Anhöhe hinauf, wusste kaum mehr, ob er auf der Straße, dem Gehweg oder schon auf der Wiese lief, weil die Schneedecke alles bedeckte. Bei jedem Schritt versank er bis zu den Knien im Schnee, und er schwitzte vor Anstrengung trotz des bitterkalten Windes.
Seine Familie hatte er sicher heimgebracht. Seine Frau würde die Kinder zum Aufwärmen in die Badewanne setzen. Er führte derweil den Wallach zum Hof seines Patienten. Das arme Tier musste unbedingt ins Warme und versorgt werden.
Der Transportschlitten war geborsten und nicht mehr zu retten. Die Einsatzkräfte hatten ihn mit Hilfe einer Seilwinde gehoben und Josef Stockhammer geborgen. Wie der Bergdoktor es befürchtet hatte, war das Blut schwallartig aufgespritzt.
Die Splitter hatten eine Arterie verletzt!
Es war Dr. Burger gelungen, die Blutung aufzuhalten. Seine Kollegen vom Rettungsdienst hatten übernommen und den verletzten Landwirt ins Bezirkskrankenhaus nach Schwaz gebracht.
Josefs Leben hing am seidenen Faden. Die Kälte hatte ihm zugesetzt, aber auch die Blutung verzögert. Nun lag es in den Händen der Chirurgen ...
Der Bergdoktor schlug den Kragen höher und beschleunigte seine Schritte. Der Wind nahm noch an Stärke zu und fauchte ihm entgegen, sodass er sich vorbeugte und das Gesicht senkte, um der Naturgewalt so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten.
Der Stockhammer-Hof wurde seit fünf Generationen von der Familie bewirtschaftet. Im Laufe der Zeit waren Anbauten dazugekommen, auch ein Teil des angrenzenden Kiefernwaldes gehörte zu dem Gehöft.
Die Zufahrt war unter dem Neuschnee verschwunden. Eine leichte Ahnung der Schlittenspuren konnte man noch erkennen, aber auch die waren beinahe zugeweht.
Das Haus lag im Dunkeln. Lediglich hinter einem Fenster im Erdgeschoss brannte Licht. In das Fauchen des Windes mischte sich das Stampfen und Muhen der Kühe, die im Stall standen.
Seit wann machten die Tiere denn so einen Lärm?
Dr. Burger band den Wallach unter dem Vordach an und wollte gerade an der Haustür klopfen, als diese aufschwang und die Jellinger-Marie herausstürmte. Die junge Magd trug einen Koffer in der Hand und rauschte mit hochroten Wangen an dem Arzt vorbei.
»Marie? Ist alles in Ordnung?«
»Fragen Sie net, Herr Doktor. Fragen Sie net.« Ein Schluchzen mischte sich in ihre Stimme, dann zog sie ihre Kapuze über den Kopf und stürmte davon.
Seltsam! Was war hier los?
Die Tür stand noch offen, aber der Bergdoktor mochte nicht ohne Ankündigung ins Haus platzen, deshalb presste er den Daumen auf die Türklingel.
Wenige Augenblicke später bog ein hagerer Mann mit zerzausten blonden Haaren in den Flur. Es war Elias, der jüngere Sohn von Josef Stockhammer.
»Wusste ich doch, du würdest es dir noch einmal überlegen, Marie, du ... Oh! Herr Doktor?« Der junge Bauer spähte an ihm vorbei. »Was machen Sie denn hier?«
»Es hat einen Unfall gegeben ...« Weiter kam Dr. Burger nicht, weil hinter Elias ein weiterer Mann in den Flur trat. Groß, kräftig, mit dunklen Haaren und einem finsteren Blick, der verriet, dass er nur das Schlimmste vom Leben erwartete. Galt Elias als der unbekümmerte Sonnenschein der Familie, so war sein älterer Bruder Thomas eher eine mondlose Winternacht.
»Du bist heute mit Schneeschaufeln an der Reihe«, grollte er. »Also mach dich an die Arbeit, ehe der Molkereiwagen morgen früh gar nimmer zu uns durchkommt.«
»Ich hab eine Verabredung. Kannst du das net übernehmen?«
»Nein. Du kannst dich net immer vor der Arbeit drücken.«
»Mach ich ja gar net. Komm schon, lass mich net hängen.«