Der Bergdoktor 2075 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2075 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem Bruder verbringt Bettina Zeller den Sommerurlaub im "Berghotel" in St. Christoph. An diesem Tag beschließt sie allerdings, allein einen Ausflug zur Feldkopfhütte zu machen, um ein wenig Abstand zu ihrer anstrengenden Mutter zu gewinnen. Ständig hat sie etwas an ihr herumzumäkeln, und den passenden Ehemann hat sie für ihre Tochter auch schon ausgesucht. Als würden sie noch im Mittelalter leben!
Daran denkt Bettina, als sie mit der Kabinenbahn hoch zur Feldkopfhütte fährt. Die Aussicht hier ist grandios, und der Gletscher oberhalb der Hütte funkelt herrlich in der Sonne. Das Madel beschließt, ein wenig über die glitzernde Eisfläche zu spazieren, doch das Eis ist tückisch. Und ehe sie sich’s versieht, stürzt Bettina in eine tiefe Gletscherspalte, und dunkle Nacht senkt sich auf sie nieder ...


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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Es geschehen noch Zeichen und Wunder

Vorschau

Impressum

Es geschehen noch Zeichen und Wunder

Wenn ein Traum plötzlich Wirklichkeit wird

Von Andreas Kufsteiner

Gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem Bruder verbringt Bettina Zeller den Sommerurlaub im »Berghotel« in St. Christoph. An diesem Tag beschließt sie allerdings, allein einen Ausflug zur Feldkopfhütte zu machen, um ein wenig Abstand zu ihrer anstrengenden Mutter zu gewinnen. Ständig hat sie etwas an ihr herumzumäkeln, und den passenden Ehemann hat sie für ihre Tochter auch schon ausgesucht. Als würden sie noch im Mittelalter leben!

Daran denkt Bettina, als sie mit der Kabinenbahn hoch zur Feldkopfhütte fährt. Die Aussicht hier ist grandios, und der Gletscher oberhalb der Hütte funkelt herrlich in der Sonne. Das Madel beschließt, ein wenig über die glitzernde Eisfläche zu spazieren, doch das Eis ist tückisch. Und ehe sie sich's versieht, stürzt Bettina in eine tiefe Gletscherspalte, und dunkle Nacht senkt sich auf sie nieder ...

»Hast du gehört, was ich eben gesagt habe?«

Die Stimme ihrer Mutter klang so gereizt, dass Bettina Zeller zusammenzuckte.

»Es tut mir leid, aber ich war mit den Gedanken woanders«, entschuldigte sich das Madel schnell.

»Das ist keine Seltenheit bei dir«, erwiderte ihre Mutter kühl. »Ich wünschte, du hättest etwas mehr Sinn für die Wirklichkeit, anstatt dich dauernd deinen Träumereien hinzugeben. Wahrscheinlich haben wir dich zu sehr verwöhnt.«

Cordula Zellers Missbilligung gegenüber ihrer Tochter, aus der sie nie ein Hehl gemacht hatte, schmerzte Bettina immer noch, obwohl sie eigentlich daran gewöhnt sein müsste. Während ihre Mutter immer voll des Lobes über ihren älteren Sohn war, der bereits in der elterlichen Firma mitarbeitete, hatte es ihr die Tochter nie recht machen können.

Und dass Bettina ausgerechnet Bildende Kunst studiert hatte, anstatt in den Betrieb einzutreten oder zu heiraten, hatte genügt, um Cordula endgültig gegen ihre Tochter einzunehmen.

Sie warf Bettina sogar vor, ein »unmoralisches Leben als Künstlerin« führen zu wollen und eine Schande für die ganze Familie zu sein. Seitdem war die Beziehung zwischen Mutter und Tochter sehr angespannt, und Bettina bereute es bitter, dass sie sich dem alljährlichen Aufenthalt im Zillertal nicht entzogen hatte.

Doch hauptsächlich ihrem Vater zuliebe hatte sie nachgegeben und hielt sich mit der Familie im Berghotel »Am Sonnenhang« auf, zur Sommerfrische, wie ihre Mutter sich ausdrückte. Albin Zeller hatte im Frühjahr einen schweren Herzanfall erlitten, von dem er sich immer noch nicht ganz erholt hatte.

»Die reine Bergluft wird mir helfen. In St. Christoph im Zillertal habe ich mich immer wohlgefühlt. Ich war nach jedem Aufenthalt fast wie neu geboren«, beteuerte er immer wieder.

Und tatsächlich sah er bereits viel besser aus. Das kalkige Grau seiner Gesichtsfarbe war endlich gewichen, und da er sich nun wieder mehr im Freien aufhielt, war er sogar schon leicht gebräunt.

Die Familie hatte gerade ihr Frühstück beendet, das ihr in der prächtigen Suite serviert worden war, die Bettinas Eltern bewohnten. Ihre Mutter legte größten Wert auf vornehme Zurückgezogenheit, lediglich zu den feierlichen Abendessen oder zu Veranstaltungen ließ sie sich in aufwändiger Garderobe blicken. Nun besprach man wie jeden Morgen den Tagesablauf.

»Der Vater und ich werden einen Spaziergang unternehmen und anschließend im Rosengarten sitzen. Mittags muss er ja ruhen, und ich möchte Tennis spielen. In der letzten Zeit hatte ich zu wenig Bewegung«, begann Cordula.

Bettina wusste, dass ihr Vater lieber im Biergarten gesessen hätte, doch Cordula duldete nicht, dass er sich »unter das Volk mischte«. Allerdings hatte sie die seltsame Beobachtung gemacht, dass ihre Mutter ganz unverblümt mit dem forschen Tennislehrer Lukas Einrieder geflirtet hatte, was sich kaum mit ihrem sonstigen Benehmen in Einklang bringen ließ.

Ihre Cousine Blanka meldete sich danach zu Wort.

»Ich will nach Mayrhofen fahren, dort kann ich ...«

»Gut«, unterbrach Cordula sie. »Ich gebe dir eine Liste von den Sachen mit, die du für mich dort besorgen kannst.«

Blanka nickte ergeben. Sie war ein stilles, in sich gekehrtes Madel, das sich offenbar nichts aus Äußerlichkeiten machte. Ihr kastanienbraunes Haar war straff zurückgekämmt, und sie trug ein formloses, dunkel geblümtes Kleid, das ihr nicht stand.

Ihre Eltern waren beide bei einem Unfall umgekommen, und so hatten die Zellers die Waise aufgenommen und hielten sie wie ihr eigenes Kind. Jedenfalls Albin bemühte sich darum.

Es fehlte ihr an nichts, auch dann nicht, als das eher bescheidene Erbe ihrer Eltern aufgebraucht gewesen war. Sie durfte eine gute Schule besuchen und hatte nun ein Sprachstudium begonnen, denn man hoffte, oder besser gesagt, man erwartete, dass sie in der Firma der Zellers als Auslandskorrespondentin tätig sein würde.

»Und du, Bettina? Hast du auch Pläne, oder willst du den Tag wieder einmal verträumen?«, fragte Cordula mit beißendem Spott.

»Ich will mit der Kabinenbahn zur Feldkopfhütte fahren«, erwiderte Bettina, was Cordula erstaunte.

»Unglaublich! Aber vergiss nicht, dir ein Lunchpaket mitgeben zu lassen, und komm rechtzeitig vor der Dunkelheit nach Hause.«

»Wie schön, dass du dich so um mich sorgst.«

Dieses Mal klang Bettinas Stimme ausgesprochen spöttisch, was ihre Mutter geflissentlich überhörte.

»Und eh ich es vergesse – der Siggi will ein paar Tage zu Besuch kommen«, eröffnete ihr Cordula.

»Das ist doch einmal eine gute Nachricht«, meinte Bettina ehrlich erfreut.

Obwohl ihre Mutter ihren Sohn Siggi immer der Tochter vorgezogen und Bettina immer in dessen Schatten gestanden hatte, liebte sie ihren stets gut gelaunten Bruder aufrichtig. Er hatte sie auch von Kind an gegen die dominante Mutter in Schutz genommen, auf ihn war immer Verlass gewesen.

»Er bringt auch den Linus mit, die beiden sind halt unzertrennlich«, fügte Cordula lächelnd hinzu.

»Das hätte ich mir ja denken können«, gab Bettina kühl zurück.

»Ich habe immer geglaubt, du magst den Linus. Er jedenfalls ist schon lange in dich verliebt, einen Besseren könntest du nicht finden. Er ist tüchtig, angenehm im Umgang, und er sieht außerdem noch gut aus. Auf Händen wird er dich tragen.«

»Ich kann den Linus gut leiden, das stimmt. Aber nicht so, dass ich ihn heiraten möchte. Er ist ein Freund, nicht mehr.«

Cordula seufzte theatralisch auf.

»Du machst dir einfach Illusionen über die Ehe, Bettina. Es ist immer besser, der Mann ist in die Frau, mit der er verheiratet ist, vernarrt als umgekehrt. Und mit der Ehe, glaube mir, kommt auch die Liebe.«

»Aber in vielen Fällen geht sie auch«, fiel ihr Bettina ins Wort.

Davon wollte ihre Mutter nichts hören, und sie ließ sich weiter darüber aus, dass junge Frauen eine vernünftige Einstellung zur Ehe haben sollten.

Bettina war es plötzlich, als ob ihr die Luft zum Atmen fehle, und sie hatte nur noch den Wunsch, der bedrückenden Gegenwart ihrer Mutter zu entrinnen.

»Ich geh dann«, brachte sie mühsam hervor und verließ fluchtartig den Raum.

Noch auf dem Flur glaubte sie die Ermahnungen ihrer Mutter nachhallen zu hören.

Es war sommerlich warm draußen, und so zog sie in ihrem Zimmer gegenüber der Suite ihrer Eltern, das sie mit ihrer Cousine Blanka teilte, nur eine kurze Hose und leichte Schuhe an. Schließlich hatte sie keine Bergwanderung vor sich, sondern sie wollte von der Feldkopfhütte aus die Aussicht bewundern. Auch auf ein Lunchpaket verzichtete sie und nahm nur ihre Börse mit, die sie in die Hosentasche steckte.

Als Bettina auf der Feldkopfhütte angelangt war, stellte sie fest, dass sie völlig überlaufen von Menschen war, die keineswegs die Stille suchten. Lärmende Großfamilien drängten sich auf der Aussichtsterrasse, ein Männerverein hatte zwei Tische in Beschlag genommen und sang zweideutige Lieder.

Die Aussicht war wirklich herrlich, aber unter solchen Umständen kaum zu genießen. Dann entdeckte sie eine Gruppe, die abseits von der Hütte lagerte.

Heiß brannte die Sonne auf das Gletschereis nieder. Warum sollte sie nicht auch einen Gang über den Gletscher wagen? Sie würde sich nur so weit von der Hütte entfernen, bis sie den Lärm der Besucher nicht mehr hören könnte.

Zuerst zögerte sie, doch dann zog sie diese schimmernde weiße Fläche magisch an. Und so machte sie sich auf den Weg, bis dieses Glitzern und Funkeln sie mit seiner kalten, stillen Pracht umschloss.

***

Als Bettina abends nicht in das Hotel zurückkehrte, war ihre Familie nicht übermäßig besorgt.

»Sie wird zu ihrer Freundin Irene nach Schwaz gefahren sein«, meinte Blanka, die immer darum bemüht war, die Wogen zu glätten

Besagte Irene war eine Studienfreundin von Bettina, die sie meistens dann besuchte, wenn es wieder einmal eine Auseinandersetzung mit ihrer Mutter gegeben hatte. Wahrscheinlich war sie mittags ungesehen noch einmal in das Hotel zurückgekehrt, hatte ein paar Sachen zusammengepackt und war dann nach Schwaz gefahren.

Allerdings machte sich keiner die Mühe nachzuprüfen, ob diese Vermutung auch den Tatsachen entsprach.

Am Tag darauf traf ihr Bruder Sigmund, genannt Siggi, mit seinem Freund Linus ein, und das nahm Cordulas ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Sie verschwendete keinen Gedanken mehr an ihre Tochter, sondern goss das Füllhorn ihrer Mutterliebe über Siggi aus.

Ja, Siggi war ein wohlgeratener Sohn, ihr ganzer Stolz.

Nie hatte es Schwierigkeiten mit ihm gegeben, und er sah in der Firma seine Lebensaufgabe, ganz wie seine Eltern es von ihm erhofft hatten. Darüber hinaus strahlte er Selbstbewusstsein und Lebensfreude aus.

Als er sich nach seiner Schwester erkundigte und von ihrem überstürzten Aufbruch erfuhr, trat Bedauern in seine Augen. Er ahnte, dass es wieder einmal zu einem Konflikt zwischen seiner Mutter und Bettina gekommen war, hütete sich aber davor, seinen Verdacht auszusprechen. Denn sonst hätte seine Mutter wieder eine ihrer Tiraden angestimmt, die ihm inzwischen so verhasst geworden waren.

»Vielleicht ist sie nur zu einem Kurzbesuch bei ihrer Freundin«, sagte er daher leichthin und ging rasch zu einem anderen Thema über.

Auch sein Vater belebte sich sichtlich, und man verbrachte einen angenehmen Mittag auf der Terrasse des Sporthotels. Sogar der zurückhaltende Linus lachte mehrmals amüsiert auf, als Albin, der ein guter Unterhalter war, eine seiner Anekdoten erzählte.

Niemand bemerkte, dass Blankas Blicke lange auf Linus verweilten, und sie wäre sehr beschämt gewesen, wenn man es entdeckt hätte. Linus verkörperte in ihren Augen alles, was sie sich von einem Mann ersehnte. Gleichzeitig aber glaubte sie zu wissen, dass er für sie, die verarmte, geduldete Waise, nicht bestimmt war.

Blanka war davon überzeugt, dass Bettina zu guter Letzt nachgeben und Linus doch heiraten würde. So war es nämlich in der Wirklichkeit, denn kein Aschenputtel auf dieser Welt bekam den Prinzen.

Später, als die beiden jungen Männer allein auf ihrem Zimmer waren, fiel alle Heiterkeit von Linus ab.

»Wie deine Mutter dich vergöttert, Siggi, so etwas kenne ich überhaupt nicht«, sagte er nachdenklich.

Er war in einer großen Familie aufgewachsen, in der oft Schmalhans Küchenmeister geherrscht hatte. Seine Mutter hatte genug damit zu tun gehabt, alle durchzubringen, wenn der Vater wieder einmal auf Wanderschaft gewesen war, wie sie sich ausgedrückt hatte.

»Ja, es ist einerseits schön, sich als Kind geliebt zu wissen. Doch man kann es auch als sehr erdrückend empfinden, jedenfalls nachdem man erwachsen geworden ist. Und meine Mutter wird keine Frau einmal als gut genug für mich empfinden. Du siehst, was mir noch alles an Schwierigkeiten bevorsteht.«

»Du wirst dich schon durchsetzen. Kann es sein, dass ich deine Schwester in die Flucht geschlagen habe?«, fragte Linus dann.

»Nur indirekt. Wahrscheinlich hat meine Mutter wieder auf Bettina eingeredet, dass sie dich heiraten soll.«

»Und das fordert natürlich Bettinas Widerspruch heraus«, meinte Linus, »was man einerseits auch verstehen kann.«

»Und da sie nicht verkuppelt werden will, geht sie dir weiterhin aus dem Weg, sodass ihr keine Gelegenheit habt, euch richtig kennenzulernen.«

»So ist es«, erwiderte Linus betrübt.

»Dabei, und damit bin ich sogar ausnahmsweise mit meiner Mutter einig, passt ihr, meine Schwester und du, ganz wunderbar zusammen. Ich könnte mir keinen besseren Schwager vorstellen als dich.«

Siggi umarmte seinen Freund kurz.

»Was ist, wollen wir nicht doch noch an der Hotelbar einen Absacker ...«

»Nein, das ist gut gemeint, Siggi, aber ich bin ziemlich müde und möchte gleich zu Bett gehen. Die Gebirgsluft macht mir anfangs immer etwas zu schaffen.«

***

Die Zellers lagen in ehelicher Vertrautheit schon nebeneinander in dem prächtigen Doppelbett, fanden jedoch keinen Schlaf.

»Findest du nicht, dass du zu streng mit Bettina umgehst? Sie ist doch noch so jung und für vieles noch gar nicht bereit«, sagte Albin.

Es kam nur selten vor, dass Albin am Verhalten seiner Frau Kritik übte, wenn es aber geschah, traf es Cordula tief.

»Väter glauben immer, dass ihre Töchter noch Kinder wären, sogar wenn sie schon auf eigenen Beinen stehen. Ich liebe Bettina genauso, wie du sie liebst, und will nur ihr Bestes. Warum sträubst sie sich nur immer so dagegen?«

»Gegenüber Bettina verbirgst du es sehr gut, dass du sie liebst. Und was ihr Bestes sein soll, muss sie selbst bestimmen.«

»Bei Bettina habe ich immer das Gefühl, dass sie zu den Madeln gehört, die in ihr Unglück laufen, da hilft auch die beste Ausbildung nichts. Es sind ja gerade die besonders begabten jungen Frauen, die scheitern, weil sie blind für die Wirklichkeit sind«, gab Cordula zu bedenken.

»Bettina ist eine selbstbewusste junge Frau, die ihren Weg machen wird, vorausgesetzt, du lässt es zu. Ich bin auch der Meinung, dass der Linus der Richtige für sie wäre, aber wenn du sie weiter zu der Heirat drängst, kann nichts daraus werden. Du hättest früher ganz genau wie sie reagiert.«

Es war ein gut gehütetes Geheimnis, dass die oft so anmaßend auftretende Cordula Zeller aus mehr als bescheidenen Verhältnissen stammte. Sie war in einem Wiener Zinshaus als das jüngste von sechs Kindern aufgewachsen, und noch jetzt verfolgten sie Albträume, in denen sie sich in dieses beengte Leben zurückversetzt sah.

Ihr Vater war ein Trinker gewesen, unfähig einer geregelten Arbeit nachzugehen, und so musste die Mutter Stiegenhäuser putzen oder manchmal sogar mit den kleineren Kindern auf den Ämtern betteln gehen, um die Miete bezahlen zu können.

Cordula würde nie vergessen, wie ihre Mutter auf den Stiegen gekniet und die verdreckten Stufen geputzt hatte. Ihre Hände waren so schrundig gewesen, dass sie geblutet hatten, und vor Erschöpfung waren ihr die Tränen über die Wangen gelaufen.

Von all ihren Geschwistern hatte es allein Cordula geschafft, diesen Verhältnissen zu entkommen. Sie war sehr begabt, was ihren Lehrern bald aufgefallen war, und sie ließ sich nie etwas zuschulden kommen.

So war das ehrgeizige Mädchen gefördert worden, und Cordula hatte einen ausnehmend guten Schulabschluss erlangt, der ihr nach ihrer Ausbildung die Anstellung in den renommierten Zeller-Werken in Salzburg ermöglicht hatte.

Cordula hatte ihre Herkunft sorgsam verheimlicht, obwohl das bald nicht mehr notwendig gewesen war. Der Vater war unter ungeklärten Umständen verschwunden und die Mutter an Herzversagen gestorben, wahrscheinlich aus Entkräftung.

Nach dem Tod der Mutter hatten sich die Geschwister zerstreut. Zwei der Brüder waren auf die schiefe Bahn geraten. Einer war seiner Drogensucht zum Opfer gefallen, der andere war nach Verbüßung einer Gefängnisstrafe im Ausland untergetaucht.

Die Schwestern waren nach Amerika ausgewandert, hatten dort geheiratet und Familien gegründet, aber bald war die Verbindung zu ihnen abgerissen.

Albin Zeller war verwitwet und kinderlos gewesen, als Cordula ihn kennengelernt hatte. Seine Trauer um seine geliebte Frau war so stark gewesen, dass er sich nicht mehr binden wollte. Doch bald hatte Cordula seine Aufmerksamkeit erregt, und es hatte nicht lange gedauert, bis er sich in das junge Madel, das nicht nur bildschön, sondern auch tüchtig war, verliebt hatte.

Lange hatte er gezögert, sich ihr zu erklären, denn er war um einiges älter als sie, doch dann hatte er Mut gefasst und ihr einen Heiratsantrag gemacht.

Cordula hatte keinen Augenblick gezögert. Albin bot ihr ein Leben in Wohlstand und Sicherheit, wonach sie sich immer gesehnt hatte. Außerdem schätzte sie ihn. Er war verständnisvoll und niemals respektlos gegenüber seinen Angestellten, die ihn geradezu verehrten.