Der Bergdoktor 2085 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2085 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

"Ich hab ja schon viel Unfassbares gehört", gibt Dr. Burger sichtlich betroffen zu, nachdem seine Patientin Ella ihm unter Tränen ihre Geschichte erzählt hat, "aber so etwas nicht."
Passiert ist folgendes: Vor zwei Jahren haben Ella und ihr Mann die kleine Marisa aus dem Kinderheim "Rosenbrunn" adoptiert. Leider dauerte das Familienglück nur kurz, denn Leon verunglückte kurz nach der Adoption tödlich. Dieser Schicksalsschlag hat Ella und Isi, wie sie ihre Kleine liebevoll nennt, noch enger zusammengeschweißt. Und nun hat sie einen Brief vom Amt bekommen, dass man ihr damals das "falsche Kind" vermittelt hat. Isi hat noch einen Vater, der sich aus beruflichen Gründen eine Zeit lang nicht um seine Tochter kümmern konnte - aber jetzt will er "sein Kind" zurück!
Es scheint sich ein furchtbares Dilemma anzubahnen, bei dem es nur Verlierer gibt. Oder kann Dr. Burger vermitteln?


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Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Uns trennt niemand!

Vorschau

Impressum

Uns trennt niemand!

Ergreifender Roman um ein vertauschtes Kind

Von Andreas Kufsteiner

»Ich hab ja schon viel Unfassbares gehört«, gibt Dr. Burger sichtlich betroffen zu, nachdem seine Patientin Ella ihm unter Tränen ihre Geschichte erzählt hat, »aber so etwas nicht.«

Passiert ist folgendes: Vor zwei Jahren haben Ella und ihr Mann die kleine Marisa aus dem Kinderheim »Rosenbrunn« adoptiert. Leider dauerte das Familienglück nur kurz, denn Leon verunglückte kurz nach der Adoption tödlich. Dieser Schicksalsschlag hat Ella und Isi, wie sie ihre Kleine liebevoll nennt, noch enger zusammengeschweißt. Und nun hat sie einen Brief vom Amt bekommen, dass man ihr damals das »falsche Kind« vermittelt hat. Isi hat noch einen Vater, der sich allerdings aus beruflichen Gründen eine Zeit lang nicht um seine Tochter kümmern konnte – aber jetzt will er »sein Kind« zurück!

Es scheint sich ein furchtbares Dilemma anzubahnen, bei dem es nur Verlierer gibt. Oder kann Dr. Burger vermitteln?

Ella liebte die ruhigen, friedlichen Abende nach einem heißen Sommertag. Wenn nach Sonnenuntergang ein kühleres Lüftchen aus dem Bergwald herüberwehte, konnte sie durchatmen und sich entspannen. Und später, unter dem Sternenhimmel, wurden Träume wach, die vielleicht nie in Erfüllung gehen würden.

Natürlich waren die Sommerabende in St. Christoph keineswegs immer nur so still, dass man die Mäuschen im Garten trippeln hörte.

Es war die Zeit der Feste im Dorf, auf den Almen und Berghütten. Private Feiern hatten Hochsaison, und die Zillertaler Urlaubsgäste wollten neben den üblichen Sommerfreuden auch die traditionellen Bräuche kennenlernen.

Aber einfach mal die Seele baumeln zu lassen und zwischen Traum und Tag dem Rauschen der Wasserfälle zu lauschen, Sternschnuppen zu beobachten und dem Mond einen Gruß nach oben zu schicken, das war wie eine erholsame Reise zu fernen Welten, in denen sich auch die geheimsten Wünsche ganz von selbst erfüllten.

Die Leuchtkäfer in Ellas Garten waren schon zu Beginn der warmen Julitage ausgeschwärmt.

Zwischen den Sträuchern, an denen die süß duftenden Himbeeren reiften, fühlten sich die Glühwürmchen besonders wohl und reihten sich sogar manchmal zu einer flimmernden Lichterkette auf – ein hübscher Anblick, der Ella ein Lächeln entlockte.

Vielleicht wollten die kleinen Käferchen sich dafür bedanken, dass sie im Garten niemals gestört wurden und dass auch Lola, die Hauskatze, keine Anstalten machte, mit der Pfote nach ihnen zu haschen.

Lola unternahm zwar hin und wieder abendliche Streifzüge, aber lange war sie nie unterwegs. Daheim unter der Hausbank war es urgemütlich, und Lola, das etwas schüchterne Katzerl (erst ein Jahr alt und eh ziemlich vorsichtig), konnte sich hier sicher fühlen. Was einer kleinen Samtpfote unterwegs passieren konnte und womit man es in der Dunkelheit zu tun hatte, war ungewiss und abenteuerlich. Und von Abenteuern hielt Lola vorläufig nicht allzu viel. Nun ja, vielleicht später, mit einem netten und feschen Kater an ihrer Seite, einem guten Freund, würde es eventuell lustig werden, auf »Streife« zu gehen.

Die hübsche, junge Schneidermeisterin – neunundzwanzig Jahre alt, mit langen, blonden Haaren und blauen Augen – fand es herrlich, an diesem späten Sommerabend einfach nur dazusitzen und sich auszuruhen.

In ihrem »Zauberkastl« hatte sie jeden Tag viel zu tun – und wenn Pia nicht immer pünktlich zur Stelle gewesen wäre, hätte es mit der Freizeit nicht gut ausgesehen. Aber zusammen mit der Zirner-Pia, die sehr geschickt war und eine abgeschlossene Schneiderlehre vorzuweisen hatte, lief alles gelassen und ohne Hast ab.

Ella war stolz auf ihr schmuckes Nähatelier, in dem sie gern alle Kundenwünsche erfüllte, selbst dann, wenn es sich um einen sehr ausgefallenen Auftrag handelte. Unter anderem besaß sie das Geschick, kostbare, alte Zillertaler Trachten und Hochzeitskleider wieder aufzuarbeiten.

So manche junge Braut hatte auf diese Weise das wunderschöne Hochzeitskleid ihrer Mutter oder gar Großmutter am ihrem schönsten Tag im Leben tragen können.

Ella nähte auch Stoffpuppen und Kinderkleidung und bezaubernde Dirndl sowie Kleider jeder Art. Sie entwarf unter anderem Vorhänge und Gardinen für jeden Geschmack, verspielt oder schlicht, wobei sie ihre Kunden fachgerecht beriet und ihnen auch eine große Auswahl an Stoffmustern zeigen konnte. In St. Christoph war sie nicht die einzige »Nähkünstlerin«. Aber ihr Einfallsreichtum und ihr Können überzeugten jeden, der etwas Besonderes wollte und Wert auf Qualität legte.

Eigentlich hatte die vielseitig begabte Schneidermeisterin vorgehabt, in Innsbruck ein eigenes Modegeschäft zu eröffnen und ihre Entwürfe auf Modemessen vorzustellen, um einen festen Kundenstamm zu gewinnen. Aber dann war, wie so oft im Leben, die Liebe dazwischengekommen, und Ella hatte dem Forstwirt Leon Heider aus Mautz das Jawort gegeben. Zusammen waren sie ins »Fasanenhaus« eingezogen, ein schönes, geräumiges Alpenhaus in Hochbrunn oberhalb von St. Christoph, nah am Wald und doch nicht zu abgelegen.

Es war herrlich grün und idyllisch hier droben. Der große Vorteil war, dass man trotzdem rasch drunten im Dorf war. Zu Fuß spazierte man auf einem von Hecken gesäumten, malerischen Weg zwanzig Minuten ganz gemütlich bis zum Kirchplatz. Wenn man ein flotteres Tempo vorlegte, schaffte man es in natürlich auch noch schneller.

Mit dem Auto »sauste« man einfach mal kurz über die schmale, aber gut ausgebaute Straße, die gleichzeitig auch eine Abkürzung war. Wenn man sportlicher unterwegs sein wollte, bot es sich an, das Fahrrad zu benutzen. Eine kleine Radltour durch die frische Bergluft tat immer gut.

Ella fühlte sich wohl im »Fasanenhaus«. Den Wunsch nach einem Modegeschäft in Innsbruck gab es längst nicht mehr. St. Christoph war ja eh ihr Heimatdorf. Sie wollte nichts an ihrem Leben ändern.

Dass sie keine derzeit keine Pläne im Kopf hatte, lag allerdings daran, dass Leon nicht mehr da war. Das Schicksal hatte ihn jäh und unbarmherzig aus dem Leben gerissen.

Vielleicht ging er nun in der Ewigkeit durch die Wälder, die ihm so viel bedeutet hatten ...

Bei Wind und Wetter, wirklich an jedem Tag, war er durch sein grünes Paradies gestreift, beruflich genauso wie auch in seiner Freizeit.

Ella hatte schon vor der Hochzeit gewusst, dass sie ihren Mann nicht ganz für sich allein haben würde.

»Der Wald und ich, wir gehören zusammen«, hatte er ihr gesagt, »das wird immer so sein. Aber du bist meine große Liebe, Ella. Du verstehst mich.«

Dass ihn im Sturm eine umstürzende Bergbuche unter sich begraben hatte, ausgerechnet im Achenwald, in dem er fast jeden Baum gekannt hatte, war ein schreckliches Unglück gewesen und für Ella der Beginn einer schweren Zeit. Täglich unter Tränen ohne ihn aufzustehen und eine Leere auszuhalten, die sich in Worten auch heute noch nicht beschreiben ließ – die pure Qual.

Ohne Marisa, ihr Engerl mit den blonden Locken, hätte Ella die Trauerzeit nicht ausgehalten. Marisa, die kürzlich ihren fünften Geburtstag gefeiert hatte, war manchmal mit einem ihrer Stofftiere am Abend zur Schlafenszeit treuherzig in die Stube gekommen, damit die Mama nicht allein war.

Leon hatte vor seinem plötzlichen Tod nur ein paar Wochen mit seiner kleinen, damals knapp dreijährigen Adoptivtochter verbringen dürfen, ehe er viel zu früh seine kleine Familie für immer verlassen hatte. Niemand hätte damit rechnen können, im Dorf war man erschüttert gewesen.

Jetzt schlief »Isi«, wie Marisa genannt wurde, drinnen in ihrem »Waldbettchen«. Weil sie rundherum selbstgemalte Bilder vom grünen Wald an die Wand geklebt hatte, war dieser Name durchaus passend. Marisas Erinnerung an den Mann, der für sie ihr Papa gewesen war, beschränkte sich auf flüchtige Eindrücke. Sie war noch zu klein gewesen, um wirklich zu verstehen, was geschehen war. Die Zusammenhänge hatte sie nicht verstanden.

Ella stand auf und ging ein Stück durch den Garten, in dem die Glühwürmchen wieder Ringelreigen spielten.

Sie spürte immer noch einen brennenden Schmerz, wenn sie an Leon dachte und an die Tragödie, dass sie ihn kurz nach Isis Adoption für immer verloren hatte. Endlich ein Kind nach all der Zeit, in der Ella vergebens gehofft hatte, schwanger zu werden ... sie und Leon hatten sich so sehr ein kleines Madel gewünscht.

Ella erinnerte sich an die Worte ihres Gynäkologen, die sie damals mehrfach gehört hatte: »Wenn Sie ein Kind haben wollen, dann müssen Sie nach derzeitigem Befund eine Hormontherapie machen, Frau Heider. Und dann wahrscheinlich noch eine und noch eine. Bei Ihnen wird eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg nicht möglich sein. Überlegen Sie noch einmal zusammen mit Ihrem Mann, ob Sie die Strapazen auf sich nehmen wollen, die viele Monate dauern und vielleicht umsonst sein werden. Eine künstlich herbeigeführte Schwangerschaft endet leider in vielen Fällen schon nach ein paar Wochen. Und dann versuchen Sie es noch mal und ein weiteres Mal und so weiter. Man braucht sehr viel Durchhaltevermögen. Trauen Sie sich das zu? Sie können versuchen, diesen Weg zu gehen, aber denken Sie genau darüber nach. Ich bin als Arzt an Ihrer Seite, wenn Sie mir Ihren Entschluss mitteilen.«

Leon hatte abgewinkt. »Ella, das kommt nicht infrage, ich will nicht, dass du dir das antust. Wir werden ein Kind adoptieren. Und wer weiß, ob du nicht später doch noch auf ganz natürlichem Weg schwanger wirst.«

Das hatte auch Dr. Burger gemeint, den Ella mehrmals um Rat gefragt hatte.

»Du darfst dich nicht unter Druck setzen«, hatte der Bergdoktor ihr geraten. »Oft spielt die Psyche eine große Rolle, wenn man einen dringenden Kinderwunsch hat. Man will es unbedingt, und dann schiebt der Körper einen Riegel vor. Am besten, man nimmt sich irgendetwas vor, zum Beispiel eine Reise, und grübelt nicht mehr so viel über ein Baby nach. Meistens klappt es dann ganz spontan.«

Allerdings hatte er auch gemeint: »Gegen eine Adoption ist natürlich nichts einzuwenden. Unsere Tessa haben wir auch adoptiert, als sie zwei Jahre war. Das kleine, elternlose Madel haben wir zu uns genommen, nachdem man es allein in einem abgestellten Auto ohne Kennzeichen gefunden hatte. Von den vermissten Eltern fehlte trotz intensiver Suche jede Spur – und so wurden meine Frau und ich Tessas Mama und Papa.«

Ella hatte also die gynäkologischen Maßnahmen erst einmal abgesagt, vor allem auch aufs Leons Drängen.

Es war dann alles überraschend schnell gegangen.

Marisa Perlauer, die kleine elternlose Isi aus dem Innsbrucker Heim »Rosenbrunn«, war zu ihnen nach St. Christoph gekommen und hatte Ella und Leon nach kurzer Zeit bewiesen, wie schön das Leben mit einem Kind sein konnte.

Ein herziges Lachen, blaue Strahleaugen, ein Engelchen, das ein ganzes Jahr im Heim auf ein Zuhause gewartet hatte – das war Isi.

Es war ihr gut gegangen, man hatte sich liebevoll und einfühlsam um sie gekümmert. Das außerhalb der Stadt gelegene Kinderheim »Rosenbrunn« galt als vorbildlich. Isi hatte aber ganz bestimmt gespürt, dass etwas fehlte und dass es bei ihr nicht so war wie bei den anderen Kindern außerhalb von Rosenbrunn. Und so hatte sie darauf gewartet, dass ihre Mama und ihr Papa sie abholen würden.

Dass Ella nicht ihre leibliche Mutter war, hatte Isi gar nicht begriffen, und sie wusste es auch immer noch nicht.

Irgendwann würde der Tag kommen, an dem man ihr genau erklären musste, wie es zustande gekommen war, dass sie »Heider« hieß, obwohl ihr Geburtsname Perlauer lautete.

Man würde ihr behutsam beibringen müssen, dass ihre leiblichen Eltern bei einem Verkehrsunfall verstorben waren. So war es jedenfalls Ella und ihrem Mann im Rahmen der Adoption mitgeteilt worden.

Bis jetzt ahnte Isi nichts. Das sollte auch noch eine ganze Weile so bleiben. Sie war ein fröhliches Kind. Nur dann, wenn Ella an Leon dachte und traurig wurde, fiel ein Schatten auf das sonnige Gemüt der Kleinen. Sie wollte auf keinen Fall, dass ihre Mama weinte. Denn dann ließ auch sie den Kopf hängen.

Lange dauerte das aber nicht, denn Ella gab sich Mühe, vor dem Kind nicht in Tränen auszubrechen. Sie wollte auf keinen Fall, dass die Lebensfreude des kleinen Madels durch die Ereignisse in der Vergangenheit getrübt wurde.

***

Inzwischen gab es im Fasanenhaus viele schöne, heitere Tage. Isi freute sich unbändig, wenn sie mit ihrer Mama etwas unternehmen konnte.

Die Kleine liebte Ausflüge und Feste, ziemlich oft wurden die beiden auch eingeladen. Besonders toll war es, wenn Mama und sie ähnliche Kleider trugen oder die feschen Strohhüte aufsetzten, die ihnen Jonas Winger, ihr Nachbar vom Petershof, aus Wörgl mitgebracht hatte. Er hatte die Hüte auf einem Korbmarkt gesehen und sofort daran gedacht, dass sie Ella und ihrem Töchterchen gefallen würden.

Die Strohhüte hingen übrigens draußen am Haken neben der Gartenharke, denn das sah richtig zünftig aus. Natürlich ging das nur so lange, wie es das Wetter erlaubte. Regennasse Hüte aus geflochtenem Stroh hätten schnell ihre Form verloren oder sich vielleicht sogar aufgelöst.

Jonas kommt immer wieder mit Geschenken herüber, dachte Ella.

Na ja, es waren kleine Dinge, die nicht die Welt kosteten. Aber er machte sich Mühe, packte alles hübsch ein und kümmerte sich überhaupt sehr viel um die beiden »Heider-Mädels«, wie er sagte.

Ein bisserl zu viel, grübelte Ella.

Eigentlich gab es gegen Jonas nichts einzuwenden. Sie kannte ihn ja schon seit dem Tag, an dem sie und Leon ins Fasanenhaus eingezogen waren.

Er tat alles, um seinen Petershof, den ihm die in Niederösterreich lebenden Eltern vererbt hatten, in allerbestem Zustand zu erhalten. Der einzige Mangel: Ihm fehlte die passende Frau. Mit seiner Wirtschafterin Magda war er zwar in punkto Haushaltsführung zufrieden, aber was nützte das, wenn Herz und Gemüt zu kurz kamen?

Manchmal tauchte Jonas abends – auch spät, wenn er merkte, dass Ella noch draußen war – in ihrem Garten auf, um »Gute Nacht« zu sagen. Und dann ging er nicht so schnell wieder.