Der Bergdoktor 2090 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2090 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Seit Monaten planen Maja und Alexander ihre Hochzeit. Im idyllischen St. Christoph, dem Heimatdorf des Bräutigams, soll ein rauschendes Fest gefeiert werden. Glücklich sind darüber besonders Alexanders Großeltern. Für die fleißigen Bauern erfüllt sich damit ein langgehegter Wunsch: Das junge Paar, das in Kürze ein Kind erwartet, wird ihren geliebten Hof übernehmen und so das Familienerbe weiterführen. Etwas Schöneres können sich die alten Leute nicht vorstellen.
Aber je näher der ersehnte Tag rückt, desto bedrückter wirkt die Braut. Eigentlich sollte Maja im siebten Himmel schweben, doch ein dunkles Geheimnis macht ihr das Herz schwer. Sie weiß, dass sie ihre Ehe auf einer Lüge aufbaut, wenn sie vorher nicht reinen Tisch macht. Und sie ist sich gar nicht mehr sicher, ob Alexander wirklich der Mann ist, den sie so lange in ihm gesehen hat. Will sie ihn wirklich heiraten, weil sie ihn liebt, oder sieht sie bloß keinen Ausweg mehr, weil sie sein Kind unter ihrem Herzen trägt und alles für die Hochzeit vorbereitet ist?
In ihrer Not wendet sich Maja an den Bergdoktor. Kann Martin Burger ihr in dieser verzwickten Lage helfen?


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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Probe für den großen Tag

Vorschau

Impressum

Probe für den großen Tag

Nur Dr. Burger ahnt, wie schwer der Braut das Jawort fällt

Von Andreas Kufsteiner

Seit Monaten planen Maja und Alexander ihre Hochzeit. Im idyllischen St. Christoph, dem Heimatdorf des Bräutigams, soll ein rauschendes Fest gefeiert werden. Glücklich sind darüber besonders Alexanders Großeltern. Für die fleißigen Bauern erfüllt sich damit ein langgehegter Wunsch: Das junge Paar, das in Kürze ein Kind erwartet, wird ihren geliebten Hof übernehmen und so das Familienerbe weiterführen. Etwas Schöneres können sich die alten Leute nicht vorstellen.

Aber je näher der ersehnte Tag rückt, desto bedrückter wirkt die Braut. Eigentlich sollte Maja im siebten Himmel schweben, doch ein dunkles Geheimnis macht ihr das Herz schwer. Sie weiß, dass sie ihre Ehe auf einer Lüge aufbaut, wenn sie vorher nicht reinen Tisch macht. Und sie ist sich gar nicht mehr sicher, ob Alexander wirklich der Mann ist, den sie so lange in ihm gesehen hat. Will sie ihn wirklich heiraten, weil sie ihn liebt, oder sieht sie bloß keinen Ausweg mehr, weil sie sein Kind unter ihrem Herzen trägt und alles für die Hochzeit vorbereitet ist?

In ihrer Not wendet sich Maja an den Bergdoktor. Kann Martin Burger ihr in dieser verzwickten Lage helfen?

Katzenflüsterer.

So hatten ihn seine Schulfreunde früher genannt. Dabei hatte er wirklich nichts Besonderes getan. Sie war auf den Grill der Familie gesprungen und hatte sich die Pfoten verbrannt. Vor Schmerz rasend, hatte sie gekratzt und gefaucht und niemanden an sich herangelassen.

Niemanden – bis auf Fabian.

Er hatte sie gestreichelt und leise mit ihr gesprochen, sodass seine Familie sie verbinden und ihr etwas gegen die Schmerzen geben konnte.

Damals war ihm bewusst geworden, dass er eine besondere Verbindung zu Tieren besaß. Er vertraute ihnen, und sie vertrauten ihm. Und so hatte ihn sein Weg letztlich hierher geführt: in die Kleintierpraxis Rebenschmidt an der Hofburg.

Er arbeitete hier seit seinem Abschluss, oft bis weit über den Feierabend hinaus. Wenn er gebraucht wurde, schaute er nicht auf die Uhr. Auch an diesem Abend war es wieder später geworden, weil die Tierrettung mehrmals Notfälle gebracht hatte. Nun versorgte Fabian gerade seinen letzten Patienten für heute: eine neun Jahre alte Vierzehenschildkröte. Sie – oder vielmehr er, denn es war ein männliches Tier – saß in einer Plastikschüssel auf einem Handtuch.

»Wie heißt dein kleiner Freund?« Fabian beugte sich vor und nahm seinen neuen Patienten in Augenschein.

»Rasputin.« Das ebenfalls neunjährige Mädchen blickte in die Schüssel. »Papa sagt, er kommt aus Russland.«

»Da hat dein Papa recht. Diese Schildkrötenart ist dort heimisch. Was führt euch denn heute zu mir, Lilly?«

»Rasputin frisst nicht mehr, Dr. Riedel«, meldete sich der Vater des Mädchens zu Wort.

»Sein Schnabel ist zu lang. Vermutlich bereitet der ihm Beschwerden. Wir werden ihn kürzen, dann schmeckt es eurem Rasputin wieder.«

»Gut.« Mit großen Augen schaute Lilly zu, als Fabian Riedel ihre Schildkröte untersuchte und sich vergewisserte, dass keine andere Ursache die Fressunlust verursachte. Ja, Rasputin war fit, allerdings ähnelte sein Schnabel dem eines Papageis, da mussten sie dringend handeln.

Fabian griff zur Zange und sah seine Tierarzthelferin an.

»Halten Sie ihren Kopf, bitte, damit ich den Schnabel kürzen kann?«

Iris nickte und versuchte, den Kopf des Tieres mit zwei Fingern zu fassen. Es gelang jedoch nicht. Rasputin zog den Kopf nicht nur blitzschnell ein, sondern ruderte auch mit den Beinchen, als wollte er die Prozedur abblasen.

»Verflixt«, murmelte sie. »Schildkröten sollten mit Dosenöffner geliefert werden. Ich bekomme sie net raus.«

»Sie müssen sie am Hintern kraulen.«

»Äh, was muss ich?« Irritiert blickte Iris auf.

»Haben Sie das noch nie probiert?« Fabian kitzelte seinen kleinen Patienten am rechten Hinterbeinchen. Prompt fuhr Rasputin den Kopf heraus. Darauf hatte Fabian nur gewartet. Er fasste das Köpfchen zwischen zwei Fingern, führte mit der anderen Hand die Zange und schnipp und schnapp hatte Rasputin gekürzte Hornschneiden.

Fabian setzte ihn wieder in die Schüssel.

»Ein zu langer Schnabel kommt häufig von zu weichem Futter. Wildkräuter und Sepiaschale sollten für ihn täglich verfügbar sein, dann dürfte der Schnabel nimmer zu lang werden.«

»Darum kümmern wir uns«, versprach Lillys Vater.

»Dein Rasputin liebt frisches Grün, Lilly. Und wenn du rote Kleeblüten findest, hast du einen ganz besonderen Leckerbissen für deinen gepanzerten Freund.«

»Danke schön.« Lilly strahlte ihn an und drückte die Schüssel mit ihrer Schildkröte an sich. Ihr Vater legte den Arm um sie und verabschiedete sich dankbar.

Wenig später fiel die Tür hinter ihnen zu.

Rasputin hatte während der Prozedur eine kleine Pfütze auf den metallenen Behandlungstisch gemacht. Die putzte Iris flink weg.

»Wenn Sie mich dann nimmer brauchen, bin ich weg«, sagte sie. »Mein Schatz hat Karten für ein Freiluftkonzert ergattert. Die Karten waren blitzschnell ausverkauft. Wenn wir net ganz hinten sitzen wollen, muss ich los.«

»Gehen Sie ruhig, Iris. Ich schließe nachher hier ab.«

»Vielen Dank. Heute Abend tritt Anna-Mae Wong auf, die Stargeigerin. Ich kann es kaum erwarten, sie live zu hören.«

»Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Abend.«

»Vielen Dank. Haben Sie auch etwas vor, Chef?«

»Freilich. Ich bin mit meinem Heimtrainer verabredet. Beim Radeln schaue ich mir eine neue Folge meiner Lieblingsserie an.«

»Das hört sich einsam an.« Iris bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick.

»Ja, nun ...« Er rieb sich das Kinn. Er war nicht der Typ zum Ausgehen. Allein machte es ihm keine Freude, und eine Partnerin hatte er nicht. Nicht mehr. Seine große Liebe war vor fünfeinhalb Jahren im Urlaub ums Leben gekommen. Seitdem lebte er für seinen Beruf. Der gab ihm Halt – und morgens einen Grund zum Aufstehen.

»Sie sollten ab und zu ausgehen«, meinte Iris sanft. »Es könnte Ihnen guttun.«

»Ein anderes Mal vielleicht.«

»Nun ... dann bis morgen!« Iris räumte Desinfektionsmittel und Kittel fort, und weg war sie.

Fabian tippte Rasputins Diagnose noch in den Computer ein, als sich Schritte dem Behandlungszimmer näherten.

»Dachte ich es mir doch, dass ich dich hier finde.« Lars Rebenschmidt kam herein. Er war fünf Jahre älter als Fabian und hatte die Praxis gegründet und ihn nach der Uni dazugeholt. Er war ein stämmiger Mann mit dunklen Haaren, einem gepflegten Kinnbart und einer Vorliebe für schnelle Motorräder. Ein einzelner, silberner Ohrring in Form einer Viper kniff ihn ins Ohrläppchen.

Er stemmte die Hände in die Taschen seines Kittels und schien nicht recht zu wissen, wo er hinschauen sollte, denn sein Blick irrte durch das Behandlungszimmer, als sähe er es zum ersten Mal.

»Ist etwas net in Ordnung?« Fabian nahm die Hände von der Tastatur. »Haben wir noch einen Notfall hereinbekommen? Ich kann noch bleiben, das ist kein Problem.«

»Nein. Nein, darum geht es mir net. Es ist ... Oh, verflixt, so schwierig hatte ich mir das net vorgestellt.«

»Schwierig? Was denn? Will der Mooshammer dich etwa doch verklagen? Ich kann mit ihm reden. Du hast seine Bulldogge richtig behandelt. Ihre Verletzungen waren einfach zu schwer.«

»Es ist net wegen dem Mooshammer.« Der Praxisgründer schnaufte hörbar. »Also, du kennst doch die Kerstin, richtig?«

»Deine neue Freundin? Natürlich kenne ich sie. Sie hat doch während ihres Studiums hier ihr Praktikum absolviert.«

»Richtig. Also, sie ... sie hat nun ihren Abschluss geschafft und würde gern mit in die Praxis einsteigen.«

»Eine neue Kollegin? Das finde ich gut. Arbeit haben wir genug. Allerdings net genügend Behandlungsräume. Wie soll das denn gehen?«

»Sie ... sie braucht dein Zimmer, Fabian. Es tut mir leid, du weißt selbst, wie rar die Stellen gerade für Neulinge gesät sind. Ich will Kerstin beim Start in ihr Berufsleben helfen, das musst du verstehen.«

»Ich glaube, ich verstehe dich gerade nicht.« Die Worte seines Kollegen und Chefs kreisten durch seinen Kopf wie aufgeschreckte Tauben. »Soll das heißen ... schmeißt du mich aus der Praxis? Damit deine neue Freundin hier arbeiten kann?«

»Ganz so ist das net. Obwohl, bei Lichte betrachtet doch. Ja, also die Kerstin wird deinen Posten übernehmen. Es tut mir leid, aber ich bin mir sicher, mit deiner Erfahrung und deinem Können findest du ganz schnell etwas Neues. Für Kerstin wäre das net so einfach. Sie hat ja noch nichts vorzuweisen.«

»Einfach«, echote Fabian. Mit einem Mal schien um ihn herum alles dunkel zu werden. Als würde er in ein bodenloses Loch fallen.

Seine Arbeit war sein Lebensinhalt. Was blieb ihm, wenn er die verlor? Die Antwort auf diese Frage war ebenso einfach wie frustrierend: nichts!

»Ich weiß, das ist ein Schock.« Sein Chef strich ein nicht vorhandenes Stäubchen von seinem Kittel. »Du hast noch reichlich Urlaub übrig. Warum nimmst du ihn net und schaust dich in aller Ruhe nach etwas Neuem um?«

»Du meinst, warum gewöhne ich mich net schon mal daran, net gebraucht zu werden?«

»Das hab ich net gemeint, und das weißt du.«

»Im Augenblick weiß ich gar nix mehr.« Fabian presste die Lippen fest aufeinander.

Sein Chef murmelte noch etwas, was nicht zu verstehen war, dann verließ er das Behandlungszimmer und überließ Fabian dem Durcheinander in seinem Kopf. Seine Gedanken schienen in einem Sandsturm festzustecken – alles war verschwommen und wirr.

Er wusste später kaum, wie er die Praxis verlassen hatte oder wie lange er wie ein Schlafwandler durch die Straßen von Innsbruck gelaufen war. Nichts von seiner Umgebung nahm er wahr, bis, ja, bis er einem Fahrradfahrer vor das Radl lief.

»Obacht!« Eine Klingel schrillte. Bremsen knirschten.

Fabian fuhr hoch und starrte in das blasse Gesicht des Radfahrers, der ihn unter seinem blau-grünen Helm erschrocken ansah. Dann schlich sich so etwas wie Erkennen auf die Züge seines Gegenübers.

»Fabian?«

»Ulrich?« Fabian stieß den Atem aus, als er Ulrich Steiger erkannte. Sie hatten zusammen studiert.

»Himmel, wie lange ist das her?« Sein früherer Kommilitone stieg vom Fahrrad und schob es ein Stück vom Radweg herunter. Dann wandte er sich wieder Fabian zu. »Die Uni scheint ein halbes Leben zurückzuliegen, was?«

»Manchmal kommt es einem wirklich so vor.«

»Aber du hast dich überhaupt net verändert.«

»Du schon.«

»Ja, ich hab ein bisserl zugelegt.« Sein Gegenüber brummte gutmütig. »Mei, ich weiß noch, wie neidisch ich auf dich war, weil dir alles so leichtgefallen ist. Während uns Normalsterblichen der Kopf beim Lernen rauchte, hattest du den Lernstoff nach einmal Anschauen im Kopf.«

»Schön wär's gewesen. Ich hab oft genug auf Schlaf verzichtet, um durchzukommen. Manchmal hatte ich mehr Kaffee als Blut im Körper.«

»Wie wir alle, schätze ich.«

»Stimmt. Was machst du denn hier in Innsbruck? Wohnst du nimmer in den Bergen?«

»Doch, aber ich hatte einen Termin beim Arzt ...«

»Das klingt ja net so gut. Hoffentlich ist es nichts Ernstes?«

Sein Studienfreund schwieg sekundenlang, dann legte er Fabian eine Hand auf den Arm.

»Hast du ein bisserl Zeit für mich? Wollen wir etwas essen gehen? Ich könnte jemanden zum Reden brauchen, weißt du?«

Fabian seufzte. »Damit stehst du net allein da.«

»Wenn das so ist ...« Ulrich nickte ihm zu. »Gehen wir.«

Gemeinsam steuerten sie die Pizzeria an der nächsten Ecke an. Und dort machte ihm sein Studienfreund einen Vorschlag, der Fabians Leben von Grund auf ändern sollte ...

***

Mei, so idyllisch hatte ich es mir gar net vorgestellt.

Fabian steuerte seinen klapprigen braunen SUV die steile, gewundene Serpentinenstraße hinauf. Rechts ging es eine steile Bergwiese hinab. Kein Zaun und kein Graben trennte die Straße davon ab. Nur die Aufmerksamkeit des Fahrers. Links ragten schroffe Felsspitzen und Gipfel in den blauen Sommerhimmel.

Ein Schwarm Schwalben jagte in großer Höhe über das Tal, ein Zeichen, dass das schöne Wetter noch eine Weile halten würde.

Wenig später zeichneten sich vor ihm die Umrisse eines kleinen Bergdorfs ab. Hübsche Bauernhöfe scharten sich um eine weiße Kirche mit Zwiebelturm.

St. Christoph, verriet das Schild am Ortseingang. Sehr viel weiter ging es vorerst auch nicht, denn eine Herde Kühe trottete vor ihm über die Straße. In Innsbruck undenkbar. Aber hier?

»Ja, sag einmal ...« Fabian konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.

Die Tiere ließen sich Zeit, zockelten über die Fahrbahn und zupften am Straßenrand erst einmal einige Stängel Klee, ehe sie den Asphalt freigaben.

Vorsichtig gab er Gas.

Der Sommer zeigte sich hier oben von seiner besten Seite. Obwohl nicht eine Wolke den Himmel trübte, zeigte das Außenthermometer angenehme vierundzwanzig Grad an. In seiner Heimatstadt war die Hitze dagegen vermutlich unerträglich.

Er fuhr an einem kleinen Laden vorbei, über dessen Tür Almas Einkaufsparadies stand. In Gedanken machte er sich eine Notiz. Falls er etwas beim Einpacken vergessen hatte, würde er hier sicherlich fündig werden.

Vor der Kirche sprudelte Wasser in einen Brunnen aus Sandstein. Hohe Berge umgaben das Dorf, als würden sie es vor allzu rauen Winden beschützen. Fabian fuhr auf eine Kreuzung zu und registrierte gerade, dass er Vorfahr hatte, als von rechts ein schneeweißes Cabriolet heranschoss und sie ihm nahm. Ein Innsbrucker Kennzeichen. Auch noch ein Landsmann.

»Idiot«, schimpfte Fabian leise, während sich sein wild schlagendes Herz beruhigte. Doch von diesem Schrecken würde er sich die Vorfreude auf die kommenden Wochen nicht rauben lassen.

Ulrich Steiger hatte ihm beim Essen erzählt, dass sein Hausarzt einen Bandscheibenvorfall bei ihm festgestellt hatte. Zerknirscht hatte er zugegeben, die Beschwerden mit Schmerzmitteln betäubt und verschleppt zu haben, bis es wirklich nicht mehr ging. Inzwischen war sein rechtes Bein taub bis in den Fuß hinein, und die Schmerzen im Rücken waren so schlimm, dass er handeln musste.

Sein Hausarzt, ein Dr. Burger, den er freundlich Bergdoktor nannte, hatte ihn nach Innsbruck zum Orthopäden geschickt. Der hatte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, eine Reihe von Therapien aufgeschrieben und ihm nahegelegt, ein paar Wochen kürzerzutreten und sich ganz auf seine Genesung zu konzentrieren.

Dabei hatte er doch eine Tierarztpraxis im Zillertal zu führen! Die Dorfbewohner verließen sich auf ihn.

Er war verzweifelt. Und er hatte Fabian um Hilfe gebeten. Ein Wink des Schicksals? Oder nur ein glücklicher Zufall? So oder so, Fabian hatte sogleich zugesagt.

Er hatte noch genug Urlaub, um die alte Stelle sofort verlassen zu können und in St. Christoph einzuspringen. Sie hatten vereinbart, dass er seinen Freund für sechs bis acht Wochen vertreten würde. Ein Posten, für den er dankbar war.

Das hübsche, helle Alpenhaus von Dr. Steiger und seiner Frau befand sich in einer ruhigen Seitengasse. Fabian stellte sein Auto davor ab und war kaum ausgestiegen, als sein Freund neben einer hübschen Frau aus dem Haus kam, um ihn herzlich zu begrüßen. Carmen Steiger schloss sich dem Willkommen an.

»Ich bin so froh, dass du meinem Mann die Arbeit abnimmst, sonst würde er sich wohl sogar mit seinem kaputten Rücken in die Ställe schleppen. Wir sind dir sehr dankbar, Fabian.«

»Ich muss euch danken für die Gelegenheit, mich nützlich zu machen und mir zu überlegen, was ich in Zukunft tun will.«

»So ist uns allen geholfen.« Ulrich Steiger deutete zu dem Anbau mit seiner Praxis. »Nach dem Essen führe ich dich ein bisserl herum und zeige dir alles. Carmen macht einen Kaiserschmarrn, danach wirst du dir alle Finger lecken. Vorher schaust du dir am besten deine Unterkunft an und richtest dich ein bisserl ein. Sag es gern, wenn dir etwas an deiner Behaglichkeit fehlt, dann kümmern wir uns darum.«

»Das ist sehr freundlich von euch.« Fabian folgte seinem Freund und dessen Frau ins Haus und eine gewundene Treppe nach oben.

Sein Reich lag unter dem Dach des Tierarzthauses. Er hatte zwei gemütliche Zimmer mit schrägen Wänden, ein eigenes Bad und sogar einen Balkon für sich allein. Die Räume waren im ländlichen Stil eingerichtet und gefielen ihm gleich.

Er trug seine beiden Koffer nach oben.

»Mehr hast du net mitgebracht?« Ulrich Steiger sah seine Frau an. »Schau, so geht es auch. Wenn wir übers Wochenende verreisen, haben wir doppelt so viel Gepäck.«

»Du übertreibst, mein Lieber.« Sie drohte ihm spielerisch mit dem Finger.