1,99 €
Über ein Jahr ist es her, dass sich an der Feldkopfwand der tragische Bergunfall ereignete, bei dem Florian Hellmoser ums Leben kam. Sein Bruder Sebastian überlebte zwar, erlitt aber bei dem Sturz in die Tiefe diverse Knochenbrüche, eine schwere Gehirnerschütterung und einen Gedächtnisverlust.
Nun kehrt er nach monatelanger Behandlung im Krankenhaus und in der Rehaklinik nach St. Christoph zurück und muss feststellen, dass er einer Mauer aus Ablehnung gegenübersteht. Niemand will etwas mit ihm zu tun haben, denn angeblich hat er seinen Bruder aus Feigheit abstürzen lassen, um sein eigenes Leben zu retten.
Einzig Dr. Burger will ihm helfen, den Unfall zu rekonstruieren und seine Unschuld zu beweisen. Er kennt Sebastian gut und ist sicher, dass dieser niemals feige handeln würde. Schließlich erinnert sich Sebastian, dass es einen Zeugen des Unfalls geben muss. Doch warum meldet der sich nicht und sorgt dafür, dass die Wahrheit ans Licht kommt?
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Der Feigheit beschuldigt
Vorschau
Impressum
Der Feigheit beschuldigt
Er versucht alles, um sich von dem Verdacht zu befreien
Von Andreas Kufsteiner
Über ein Jahr ist es her, dass sich an der Feldkopfwand der tragische Bergunfall ereignete, bei dem Florian Hellmoser ums Leben kam. Sein Bruder Sebastian überlebte zwar, erlitt aber bei dem Sturz in die Tiefe diverse Knochenbrüche, eine schwere Gehirnerschütterung und einen Gedächtnisverlust.
Nun kehrt er nach monatelanger Behandlung im Krankenhaus und in der Rehaklinik nach St. Christoph zurück und muss feststellen, dass er einer Mauer aus Ablehnung gegenübersteht. Niemand will etwas mit ihm zu tun haben, denn angeblich hat er seinen Bruder aus Feigheit abstürzen lassen, um sein eigenes Leben zu retten.
Einzig Dr. Burger will ihm helfen, den Unfall zu rekonstruieren und seine Unschuld zu beweisen. Er kennt Sebastian gut und ist sicher, dass dieser niemals feige handeln würde. Schließlich erinnert sich Sebastian, dass es einen Zeugen des Unfalls geben muss. Doch warum meldet der sich nicht und sorgt dafür, dass die Wahrheit ans Licht kommt?
»Bastian! Bastian! Bastian ...«
Das Rufen verhallte in immer leiseren Echos. Sebastian Hellmoser schaute sich um, doch da war nur Finsternis, die ihn umgab. Woher war die Stimme gekommen? Wo ...
»Hilf mir!«
Da war sie wieder. Und diesmal näher und ganz klar.
»Flori? Bist du das? Warte, ich komme, ich ...«
»Zu spät, Bastian, zu spät ...«
»Nein!« Hektisch blickte er sich um, versuchte mit eiserner Willenskraft, die Dunkelheit zu durchdringen. Sein Bruder brauchte ihn, er war in Gefahr, vielleicht sogar in Lebensgefahr. Er musste Florian unbedingt helfen, bevor es zu spät war.
Endlich fiel ein schwacher Lichtschein in die Düsternis, erhellte zumindest einen kleinen Radius um die Stelle, wo der Bauer stand. Er erkannte den felsigen Untergrund, sah die Haken in der Wand des Feldkopfs, das Seil, das leicht im Wind hin und her schwang. Es war zerrissen, zerfasert und sein Bruder ...
»Bastian, ich bin hier unten!«
»Ich komme zu dir, ich komme«, flüsterte er und trat einen Schritt nach vorne. Hier war der steile Abbruch, dahinter gähnte die Klamm. Dort unten, wo sein jüngerer Bruder mit zerschmetterten Knochen lag, weil er versagt hatte, weil er ...
Ein Geräusch direkt hinter ihm ließ den Bauern herumfahren. Für den Bruchteil einer Sekunde starrte er in ein verzerrtes Gesicht. Er kannte es, er kannte den Burschen, der sich vor ihm aufgebaut hatte. Doch er war ihm zugleich auch fremd. In seinen kalten Augen schimmerte die Mordlust. Ein kurzes Ratschen, das Sebastian durch Mark und Bein ging. Dieses Geräusch ...
»Warum? Was habe ich dir getan? Warum nur?«
Seine Worte blieben unbeantwortet. Und im nächsten Moment stürzte auch er ins Bodenlose. Es war das Ende. Er konnte Florian nicht mehr helfen, nicht einmal sich selbst. Er hatte verloren, endgültig.
Während Sebastian fiel, öffnete er den Mund und schrie. Und von diesem Schrei erwachte er. Schweißgebadet, mit jagendem Puls und weit aufgerissenen Augen starrte er in das wattige Grau der späten Nacht.
»Nur ein Traum«, murmelte er matt, während er sich wieder in die Kissen gleiten ließ. Kurz schloss er die Augen, dann aber vernahm er rasche Schritte, die sich über den Flur des Krankenhauses näherten. Und im nächsten Moment wurde das Licht eingeschaltet.
»Alles in Ordnung, Herr Hellmoser?«
Er schaute in das vertraute Gesicht der Nachtschwester, die ihm diese Frage schon so oft gestellt hatte in den vergangenen Monaten. Und immer hatte sie die gleiche Antwort erhalten.
»Ja, alles gut. Ich hab nur schlecht geträumt.«
»Möchten Sie was zum Einschlafen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Geht schon, dank schön.«
Sie maß seinen Puls, warf einen knappen Blick auf seine Vitalzeichen und lächelte ihm zu.
»Gute Nacht.«
Als das Licht ausging und die Tür klappte, atmete Sebastian auf. Nun musste er sich nicht mehr verstellen. Ein Zittern durchlief seinen Körper, ein schweres Seufzen entrang sich ihm. Jede Nacht überfielen ihn die Erinnerungen in schrecklichen Albträumen, an die er sich später nicht mehr erinnern konnte.
Doch er wusste auch so, wovon er träumte. Es war der Unfall, der sein Leben zerstört hatte, über ein Jahr war das nun her ...
***
Damals hatte Sebastian Hellmoser zusammen mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder Florian den elterlichen Erbhof in St. Christoph geführt. Die Mutter war bereits verstorben, sie hatte zeitlebens unter einem schwachen Herzen gelitten.
Der Vater war nach einem leichten Infarkt vorzeitig in den Austrag gegangen, denn Dr. Martin Burger, der Bergdoktor vom Zillertal, hatte ihm geraten, sich zu schonen und die Verantwortung weiterzugeben.
Sepp Hellmoser hatte diesen Schritt bis dahin nicht bereuen müssen. Seine Söhne waren tüchtige Bauern, fleißig, umsichtig und fest verwurzelt mit dem Land, das schon seit Generationen ihrer Familie gehörte.
Mit Bitterkeit dachte Sebastian an diese Zeit zurück. An die Unbekümmertheit, mit der er sein Leben gelebt und alles, was da gewesen war, für selbstverständlich genommen hatte. Wie schnell sich das ändern und wie ein einziger Tag ein Leben um hundertachtzig Grad drehen und zerstören konnte, das hatte er damals noch nicht geahnt. Nun war es für ihn zur bitteren, allgegenwärtigen Gewissheit geworden.
Gemeinsam mit dem Großknecht Max Gabler hatten die Brüder eine Seilschaft gebildet, denn das Klettern hatte ihnen von klein auf im Blut gelegen. Die Hellmosers waren Bergfexe, auch der Vater war in seiner Jugend ein passionierter Bergsteiger gewesen.
Sie hatten sich immer blind aufeinander verlassen können. Aber sie hatten den Fehler begangen, auch Max ihr uneingeschränktes Vertrauen zu schenken. Es war ja auch immer gut gegangen. Bis zu jener letzten Tour vor etwas mehr als einem Jahr ...
Sebastian stöhnte gequält bei der Erinnerung an jenen schwarzen Tag, der nur noch in verblassten Bruchstücken durch seinen Kopf geisterte. Er konnte sich nicht wirklich an das erinnern, was am Feldkopf vorgefallen war. Er wusste eigentlich nur das, was Max behauptet hatte. Und was nicht stimmen konnte, dessen war er sich aber ganz sicher.
Die drei Bergsteiger waren an der Westwand des Feldkopfs, St. Christophs höchstem Berg, unterwegs gewesen. Es war eine ihrer ausgedehnten Wochenendtouren gewesen, manchmal etwas gewagt, aber immer schön und auch erholsam inmitten der großartigen Bergwelt der Zillertaler Alpen.
Die Brüder und Max hatten sich an eine senkrecht abfallende Felswand gewagt, die sehr schwer zu besteigen war. Denn hier gab es überhängende Stellen, Abbruch und auch Verwerfungen, die nicht immer richtig einzuschätzen waren.
Trotzdem waren die drei gut vorangekommen und hatten am frühen Sonntagmorgen den Abstieg angetreten. Dann hatte das Wetter plötzlich und ohne jede Vorwarnung umgeschlagen. Sozusagen aus heiterem Himmel war das lichte Blau des Horizonts hinter schwarzen Wolken verschwunden, aus denen Blitz, Donner und Sturm auf die Bergsteiger eingedrungen waren, bis diese in Bergnot geraten waren.
Was dann geschehen war, das verschwamm in Sebastians Erinnerung hinter diffusen Schatten. Er hörte Schreie, seltsame Geräusche, er verspürte Angst, Todesangst. Und er sah und hörte Dinge, die er nicht mehr richtig einordnen konnte. Sosehr er es auch versuchte, es ging nicht.
Und dann hatte er sich im Krankenhaus von Schwaz wiedergefunden, mit diversen Knochenbrüchen und einer schweren Gehirnerschütterung. Der Hergang des Unfalls aber lag im Dunkeln.
Es schien logisch, dass sie wegen des Unwetters abgestürzt waren. Doch wie es geschehen war, blieb ein Geheimnis, wollte er nicht das glauben, was Max Gabler überall herumerzählt hatte.
»Der Bastian hat seinen Bruder geopfert, um sein eigenes Leben zu retten.«
Dieser eine Satz war wie ein Messer mitten in sein Herz gedrungen. Sebastian konnte ihn nicht vergessen. Und er konnte ihn auch nicht glauben. Dass er das Sicherungsseil durchgeschnitten hatte, als Florian drohte, auch ihn in die Tiefe zu reißen, war schlicht unmöglich. Er wusste mit völliger Sicherheit, dass er dazu niemals in der Lage gewesen wäre.
Schon als kleine Buben waren die Brüder eine eingeschworene Gemeinschaft gewesen. Immer war es Sebastians Aufgabe gewesen, Florian zu beschützen, dafür zu sorgen, dass es ihm gut ging.
Er wäre ohne Zögern für seinen Bruder gestorben, das war für ihn niemals eine Frage gewesen. Und dann sollte er sich plötzlich wie ein gemeiner Feigling verhalten haben?
Der Bauer stöhnte gepeinigt auf. Nein, das konnte nicht sein! Wenn er sich nur hätte erinnern können. Doch der Unfall war wie ausgelöscht aus seinem Kopf.
Alles, was kam, wenn er sich lange und entschieden konzentrierte, waren Bruchstücke. Sturm, Blitz und Donner, Starkregen. Ein Unwetter, wie es in den Bergen nicht selten auftrat. Dazu eine eisige Kälte, die dafür gesorgt hatte, dass sich Schneeflocken in den Regen gemischt hatten. Das zerrissene Seil. Oder war es zerschnitten gewesen? Aber wer hatte das getan? Wer?
Sebastian schlug sich gegen die Stirn und presste die Lippen fest zusammen. Nach fast einem Jahr im Krankenhaus und in der Rehaklinik und einer psychologischen Aufarbeitung des traumatischen Erlebnisses hatte er das Gefühl, nichts erreicht zu haben. Er konnte wieder gehen, wenn er auch stark hinkte, seine Brüche waren verheilt.
Manchmal versagte sein rechter Arm, hing dann einfach an seiner Schulter wie ein nutzloses Stück Fleisch. Und er litt beständig unter Schmerzen. Sie zogen behäbig ihre Bahnen in seinem gesamten Körper, wie eine Mahnung an das, was er nicht vergessen sollte und konnte.
Sein Leben ebenso zerbrochen wie seine Knochen nach dem Sturz von der Feldkopfwand.
Die Erinnerung kam nicht zurück, sosehr er sich auch bemüht hatte. Weder Hypnose noch lange Gespräche, weder Medikamente noch seine eigene Recherche waren erfolgreich gewesen. Sebastian hatte nur wenige Artikel in der lokalen Presse gefunden, die sich mit dem Unfall befasst hatten.
Abstürze kamen zur Bergsteiger-Saison immer wieder vor. Das war nichts Besonderes. Und es schien niemanden zu interessieren. Außer ihn. Und Dr. Burger.
Dr. Martin Burger, der Landarzt von St. Christoph, hatte direkt nach Sebastians Absturz die Erstversorgung übernommen. Der passionierte Kraxler war neben Dominikus Salt, dem Leiter der Bergwacht, der Erste vor Ort gewesen. Und er war auch der Einzige, der seinen Patienten in den vergangenen Monaten im Spital und in der Rehaklinik regelmäßig besucht hatte.
Er hatte zu ihm gehalten, denn er glaubte die Version von Max Gabler ebenso wenig, wie der Bauer es tat. Martin Burger war vielleicht seine einzige Chance, die Wahrheit herauszufinden. Wenn er die Rehaklinik verlassen konnte, würde der Bergdoktor ihm helfen, davon war er fest überzeugt. Denn auf Dr. Burger konnte man sich verlassen.
***
»Ich muss nachher noch zum Bergdoktor. Fährst du mich?« Maria Gabler schaute ihren Mann fragend an, denn der schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein.
Offensichtlich hatte er ihr nicht zugehört. Seit ein paar Tagen benahm Max sich anders als sonst. Der zupackende Großknecht, der es zum Erbhofbauern gebracht hatte, das Mannsbild, das sie über die große Enttäuschung mit Sebastian hinweggetröstet und dann behutsam ihr Herz erobert hatte, der tüchtige Macher war zu einem in sich gekehrten, schweigsamen Grübler geworden.
Lag es vielleicht daran, dass Sebastian dieser Tage nach St. Christoph zurückkehren sollte? Hatte Max ein schlechtes Gewissen?
Maria erschien das nicht mehr abwegig. Immerhin war Max für die Brüder Hellmoser mehr als ein Großknecht gewesen, nämlich ein echter Spezl und Bergkamerad. Sie hatten ihm ihr Leben anvertraut. Hatte er versagt? Sie verraten?
Damals, nach dem Unfall, hatte Max es verstanden, jeden von seiner Version der Geschichte zu überzeugen. Er hatte so lange auf den Altbauern eingeredet, bis dieser geglaubt hatte, keinen Sohn mehr zu haben. Einen auf dem Friedhof, den anderen im Spital, schuldig geworden an seinem eigenen Bruder wie Kain an Abel.
Sepp Hellmoser hatte diese Gewissheit das Herz gebrochen. Ein Vierteljahr nach dem Bergunfall war der Altbauer an einem zweiten Infarkt verstorben. Vorher hatte er Max aber noch als Erben eingesetzt und ihn zum Erbhofbauern gemacht.
Damals hatte Maria in ihm eine treue Seele gesehen, die den Hof weiterführte und sich ihrer angenommen hatte. Doch so selbstlos, wie es ausgesehen hatte, war Max keineswegs.
Jetzt, über ein Jahr später, fragte sich die Bäuerin, die einst mit Sebastian Hellmoser im Wort gestanden hatte, ob hinter Max' Verhalten nicht vielmehr kalte Berechnung gesteckt hatte. Ob er den Unfall nicht, ohne zu zögern, zu seinem Vorteil genutzt hatte. Keine schöne Vorstellung.
Maria war bei Dr. Burger in Behandlung, seit sie in der Hoffnung stand. Vom Bergdoktor wusste sie, wie es Sebastian ging und dass er die Rehamaßnahme fast beendet hatte.
War es dieser Umstand, der Max nun zu schaffen machte? Fürchtete er das Wiedersehen mit seinem ehemaligen Spezl, dem er alles genommen hatte, den Hof und das Madel? Oder beschäftigte ihn etwas ganz anderes?
Die Bäuerin wusste es nicht. Doch sie spürte, dass Max sich veränderte, und das nicht zu seinem Vorteil.
Auch jetzt brütete er schweigsam vor sich hin. Sie musste ihre Frage wiederholen, bevor er reagierte. Und dann war er nicht gerade die Freundlichkeit in Person.
»Muss das sein? Ich hab keine Zeit«, knurrte er. »Oder ist's was Wichtiges?«
»Ultraschall. Ich dachte, du magst einen Blick auf unser Butzerl werfen. Aber wenn du net willst, fahr ich halt allein.«
»Also schön, ich komm mit«, brummte er schließlich.
»Muss net sein.« Maria erhob sich und begann, den Tisch abzuräumen.
Schweigsam schaute Max ihr zu.
»Wann kommt der Bastian zurück?«, fragte er unvermittelt, als sie fast fertig war. »Hat der Bergdoktor was verlauten lassen?«
»Dieser Tage. So genau weiß ich es net«, kam es gleichmütig von ihr. »Warum willst du das wissen?«
Max schnaubte verächtlich.
»Du kannst Fragen stellen. Gewiss wird er hier auftauchen. Darauf sollten wir vorbereitet sein.«
Maria schüttelte leicht den Kopf.
»Und wenn schon. Es ist sein Elternhaus. Meinst du net, dass er ein Recht hat ...«
»Der? Ein Brudermörder?«, fuhr Max da zornig auf. »Der kommt mir net auf den Hof, dass du es nur weißt!«
»Reg dich net auf. Wahrscheinlich wird er eh net ...«
»Man weiß es nie!«, unterbrach er sie hastig. »Wenn ich net da bin, wirst du ihm auf keinen Fall die Tür aufmachen, hast mich? Auf keinen Fall! Am besten rufst du den Sirch und lässt ihn abholen.«
»Aber warum denn? Er hat uns doch nix getan.«
»Sei net so naiv. Der Bauer selig hat mir den Hof überschrieben, weil er gewusst hat, dass es die einzige Lösung ist. Aber der Bastian wird das gewiss net einsehen. Er wird Ansprüche stellen und versuchen, uns den Hof abzunehmen.«
»Das würde er gewiss net tun.«
»Da kennst du ihn aber schlecht. Der ist doch jetzt völlig enthemmt. Was der auf dem Kerbholz hat, da kommt's auf weitere Untaten fei net an. Wir müssen sehr vorsichtig sein!«
Maria musterte ihren Mann beklommen.
»Ich glaub, du übertreibst. Schließlich kenne ich den Bastian gut. Er würde nie was Unrechtes tun, das ginge ihm wider die Natur.«
»Ach ja? Und was ist vor einem Jahr am Feldkopf geschehen? War das vielleicht kein Unrecht? Es war sogar eine Untat!«
»Lass das doch«, bat Maria. »Wir wollen net allerweil wieder die alte Geschichte ...«
»Er hat seinen Bruder auf dem Gewissen!«, unterbrach Max sie. »Einer, der so weit geht, schreckt vor nix zurück. Er wird versuchen, uns den Hof zu stehlen, denk an meine Worte. Deshalb müssen wir vorbereitet sein, hörst du?«
Maria seufzte leise.
»Wie du meinst. Ich fahr jetzt zum Doktor. Bis später.«