Der Bergdoktor 2094 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2094 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Es ist eine bittere Erkenntnis, die verdammt weh tut. Doch Mona will nicht länger die Augen verschließen und so tun, als sei zwischen Achim und ihr alles in Ordnung. Sie spürt, dass ihn irgendetwas schwer belastet. Doch anstatt mit ihr zu reden und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, zieht er sich immer mehr zurück und lässt sie links liegen.
Nachdem auch der letzte Versuch gescheitert ist, Achims Vertrauen zu erringen, beschließt Mona schweren Herzens, ihn zu verlassen. Tränenblind packt sie ihren Koffer - und findet dabei im Schrank Fotos mit einer verstörenden Botschaft ...


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Seitenzahl: 107

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Sie blieben sich fremd

Vorschau

Impressum

Sie blieben sich fremd

Darum packte sie eines Nachts den Koffer und verschwand

Von Andreas Kufsteiner

Es ist eine bittere Erkenntnis, die verdammt weh tut. Doch Mona will nicht länger die Augen verschließen und so tun, als sei zwischen Achim und ihr alles in Ordnung. Sie spürt, dass ihn irgendetwas schwer belastet. Aber anstatt mit ihr zu reden und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, zieht er sich immer mehr zurück und lässt sie links liegen.

Nachdem auch der letzte Versuch gescheitert ist, Achims Vertrauen zu erringen, beschließt Mona schweren Herzens, ihn zu verlassen. Tränenblind packt sie ihren Koffer – und geht. Doch nur wenige Tage später meldet sich Dr. Burger bei ihr und bittet sie eindringlich, zurückzukommen!

»Alles in Ordnung, Mona«, sagte Dr. Burger. »Du bist kerngesund. Das stellt man als Arzt natürlich immer gern fest. Ich hab dich gründlich durchgecheckt und erfreulicherweise festgestellt, dass deine Laborwerte perfekt sind. Nicht nur das – Herz, Lunge und alle anderen wichtigen Organe funktionieren tadellos.«

»Danke, Herr Doktor.« Mona Peitler strahlte, ihre Augen leuchteten. »Dann kann ich der Frau Gimpel also eine entsprechende Bescheinigung mitbringen.«

»Das Attest ist schon vorbereitet. Ich weiß, dass die Erzieherinnen in unserem Kindergarten ein Gesundheitszeugnis vorlegen müssen. Im Moment wird sowieso überall sehr viel Genauigkeit verlangt«, erklärte Dr. Burger. »Mein Sohn Filli besucht derzeit die Vorschulgruppe.«

»Das weiß ich, Herr Doktor. Ich übernehme die Vorschulkinder für eine Weile«, erwiderte Mona. »Frau Gimpel, die Leiterin unseres Kindergartens, kennen Sie ja ganz bestimmt persönlich. Sie ist noch net lang im ›Spatzennest‹. Einigen Leuten ist sie ein bisserl zu pedantisch. Wehe, jemand hustet, dann wird sie sofort misstrauisch. Aber das ist andererseits verständlich. Sie trägt schließlich die Verantwortung. Aber wie gesagt, sie übertreibt sie es mit ihrer Vorsicht, ein kleiner Spielraum muss einem ja bleiben. Eine Erzieherin, die mal Kopfschmerzen, Husten oder Schnupfen hat, brütet ja net gleich eine schwere Erkrankung aus oder ist chronisch krank. Aber ich hatte eh vor, mich mal gründlich untersuchen zu lassen. Deshalb kam mir Frau Gimpels Vorsichtswahn sogar gelegen.«

»Ich bin davon überzeugt, dass sie es nur gut meint, Mona. Und wenn irgendetwas wirklich ernst ist, dann ruft sie mich eh an, das ist so ausgemacht. Wie lange wirst du die Hanni vertreten? Filli denkt, dass sie gar nicht mehr wiederkommt. Er ist ein bisserl traurig deswegen.«

Mona lachte. »Ich glaube, dass einige der Vorschulkinder sehr an der Winkler-Hanni hängen. Nicht nur Filli! Hanni hat ein sehr herzliches Wesen und ist sehr geduldig. Sie ist aber wirklich nur für ein paar Wochen weg, weil ihre Zwillingsschwester in Amerika mit allem Drum und Dran heiratet, drei Tage Feiern ohne Ende. Und ein Flug in die USA nur für die Hochzeitfeierlichkeiten lohnt sich nicht. Also ist die ganze Familie Winkler mit viel Aufwand für einige Zeit nach Florida geflogen.«

»Verstehe«, meinte der Bergdoktor. »Das macht ja auch Sinn.«

»In dem Fall ganz besonders«, bestätigte Mona. »Denn die Hanni und ihre Zwillingsschwester Gitti waren stets ein Herz und eine Seele, und nun sind sie für immer so weit voneinander entfernt ... aber so ist das eben, wenn die Liebe ins Spiel kommt. Gitti ist ja hier vor Sehnsucht nach ihrem Verlobten fast vergangen. Sie musste sich entscheiden. Entweder daheim im Zillertal bleiben oder zu ihrem Steven in die USA auswandern und ihn heiraten. Wir hoffen alle, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat.«

»Ich denke schon«, erwiderte Dr. Burger. »Hin und wieder wird Gitti sicher zu Besuch kommen, heutzutage ist man ja nicht mehr aus der Welt, nur weil man in den USA lebt. Und du, Mona? Wie geht es für dich weiter? Du bist doch eigentlich Lehrerin.«

»Ja, für die Grundschule. In Klagenfurt hab ich Lehramt studiert und viele Freundschaften geschlossen«, erzählte Mona. »Es war eine wirklich schöne Zeit in Kärnten, ich denke gern daran zurück. Aber ich bin nun mal sehr heimatverbunden und hab eh gewusst, dass ich im Zillertal am besten aufgehoben bin.«

»Hast du schon Zukunftspläne?«, erkundigte sich Dr. Burger.

»Ja. Im Spätherbst könnte ich in Mayrhofen oder in Schwaz eine Stelle als Lehrerin für die ersten Klassen antreten, ich habe sogar noch weitere Angebote. Nach Möglichkeit bleibe ich aber hier im Dorf, da wird auch eine Stelle frei. In den nächsten Wochen übernehme ich vormittags Hannis Vertretung im Vorschul-Kindergarten und helfe außerdem daheim auf dem Hof mit. Na ja, und natürlich genieße ich unseren schönen Zillertaler Sommer.«

»Dann wünsche ich dir eine gute Zeit, Mona – und viele erholsame Stunden in den Bergen und an den Seen.«

»Das wünsche ich Ihnen auch, Herr Doktor!«

Er lachte. »Vielleicht kann ich meine Sprechstunden ins Freie verlegen und die Patienten mitnehmen! Aber Scherz beiseite, natürlich werd ich mir auch die einen oder anderen Sommerfreuden gönnen, zusammen mit meiner Familie wird es allerdings manchmal recht turbulent zugehen. Und das, obwohl meine Frau ja immer versucht, mich mal aus dem Alltag loszueisen.«

»Ich weiß«, nickte Mona. »Ein bisserl Abstand brauchen Sie unbedingt, Herr Doktor.«

»Richtig, aber ich muss gestehen, dass ich absolut zufrieden bin«, versicherte Dr. Burger. »Ich hab zum Glück nie das Gefühl, dass mir die Zeit davonläuft. Natürlich ist es bei uns nie langweilig, das Wort kenne ich gar nicht. Drei Kinder, unser vierbeiniger Freund Poldi – Dackel sind eigensinnig, aber unglaublich treu – und dazu noch mein Vater, der erstaunlich viele Ideen zum Thema Freizeitgestaltung hat, obwohl er inzwischen siebenundsiebzig ist. Die Kinder wollen den Opa am liebsten immer dabei haben und möglichst auch noch die Zenzi, die schließlich auch zur Familie gehört.«

»Hoppla!« Mona lachte. »Das klingt nicht gerade nach Ruhe, eher nach dem Gegenteil. Dabei haben Sie doch in der Praxis eh schon ein volles Programm!«

»Womit du recht hast, Mona.«

»Ich wette, Sie schaffen es trotzdem, mit Ihrer Frau mal auf eine einsame Insel zu entkommen. So eine Insel muss nicht mitten in der blauen Südsee liegen, obwohl das natürlich paradiesisch wäre. Es gibt wunderbare Waldinseln oder traumhaft schöne Ruhe-Inseln auf unseren Bergwiesen inmitten von wildem Thymian, Sonnenröschen, Minze, Glockenblumen und Kamille. Und wie das duftet – herrlich!«

»Wenn ich dich so reden höre, möchte ich mich sofort auf den Weg zu so einer Ruhe-Insel machen und ein Schild an die Praxistür hängen mit der Aufschrift IM SOMMER GESCHLOSSEN«, scherzte Dr. Burger. »Aber nur, wenn ich sicher sein könnte, dass meine Patienten mich wirklich nicht brauchen. Und das ist garantiert nicht der Fall.«

»Falls Sie sich mit Ihrer Frau mal droben am Berg auf einer Alm erholen wollen, Herr Doktor, dann wüsste ich etwas für Sie«, warf Mona ein. »Sagen Sie mir einfach Bescheid.«

»Gut, ich komme gern darauf zurück.«

***

Vorläufig war an Freizeit nicht zu denken, denn nachdem Mona gegangen war, hatte der Doktor es sofort mit zwei Notfällen zu tun, die keinen Aufschub duldeten:

Ein Wespenstich in den Hals eines nach Luft ringenden Buben, der allergisch gegen Insektenstiche war, und ein so heftiger Cluster-Kopfschmerz bei einem Urlauber, dass der Betreffende fast ohnmächtig wurde und sofort mit Sauerstoff-Inhalationen versorgt werden musste. Außerdem war eine Prednison-Therapie nötig.

Obendrein hielt es der Dr. Burger für nötig, dass der Kranke zur Beobachtung zunächst in einem der beiden Krankenzimmer versorgt wurde, die den Patienten in der »Mini-Klinik« zu Verfügung standen.

Der schneidende, chronisch wiederkehrende Schmerz, von dem der Feriengast – er stammte aus einer Kleinstadt in Niederbayern – ab und an heimgesucht wurde und für den es keine dauerhafte Heilung gab, verschwand nach einer Weile wieder, hinterließ jedoch neben großer Müdigkeit auch ein Gefühl tiefer Erschöpfung.

Immerhin konnte man mit Medikamenten vorbeugen, die der Patient allerdings noch nie eingenommen hatte – er wusste gar nicht, dass es die Möglichkeit gab, dem Cluster-Schmerz durch vorbeugende Maßnahmen wenigstens halbwegs die Stirn zu bieten.

Der Bergdoktor stellte einen Therapieplan auf und empfahl dem Feriengast, nach seiner Rückkehr aus dem Zillertal daheim einen Facharzt seines Vertrauens aufzusuchen, um die Therapie weiterhin durchzuführen.

Dass Dr. Burgers Praxis anders war als übliche Praxen, wusste jeder im Dorf und in der Umgebung – es gab nämlich viele Extras wie ein eigenes Labor, Röntgen, Ultraschall und die sogenannte Doppler-Sonografie, Bestrahlungs- und Behandlungsräume und einen kleinen, perfekt eingerichteten Operationssaal.

Als Facharzt für Chirurgie konnte Dr. Burger dringend notwendige Eingriffe direkt an Ort und Stelle vornehmen. Für die Narkose und die damit verbundene intensive Überwachung sorgte seine Frau Sabine, ebenfalls Dr. med. und Fachärztin für Anästhesie.

Mona Peitler war nicht die Einzige, die all diese Vorzüge schätzte. Im Dorf hatte man ein sicheres Gefühl und die Gewissheit, dass man in den besten Händen war, wenn man medizinische Hilfe benötigte.

***

Eigentlich hab ich alles, was ich brauche, dachte Mona – und noch viel mehr!

Vergnügt und gut gelaunt machte sie sich auf den Heimweg zum elterlichen Severins-Hof im Weiler Bergfelden.

Hier hatte sie ihre Kindheit zusammen mit den Eltern und ihrem Bruder Niklas verbracht, im Austragshäusl waren die Großeltern noch ein paar Jahr beieinander gewesen, bis sich zuerst der Ahnl in die Ewigkeit verabschiedet hatte und ein Jahr später die Großmutter.

Beide hatten bis zuletzt ihren Humor bewahrt und nie daran gezweifelt, dass sie im Jenseits wieder vereint sein würden.

Auf dem Severinshof gab es jene trüben Tage nicht, an denen graue Schatten das Gemüt verdunkelten. In manchen Häusern und Stuben gehörten diese Schatten, die sich ganz von selbst auf die Seele legten, mit zum Leben. Schlimm, wenn man in der Früh aufwachte und wusste, dass man auch an diesem neuen Tag schwer an der Last seiner Probleme tragen musste.

Ganz ohne Stolpersteinchen ging es bei der Familie Peitler freilich auch nicht immer zu, aber es waren beileibe keine Felsbrocken, die aus dem Weg geräumt werden mussten. Man setzte sich zusammen, besprach alles und machte sich dann gemeinsam daran, Unstimmigkeiten zu klären und zu beseitigen.

Es waren so schöne Dinge wie Heiterkeit, Zufriedenheit und liebevolle Wärme, die aus der kleinen, blonden Mona eine ausgeglichene und herzliche junge Frau gemacht hatten.

Ihre Eltern hatten ihr und ihrem Bruder immer den Rücken gestärkt und beide in jeder Hinsicht gefördert, damit sie mit beiden Beinen fest im Leben standen.

»Ein bisserl lernen müsst ihr schon, ihr zwei«, das hatte Vater Peitler gesagt, wenn die Schulaufgaben allzu lästig und der Sonnenschein umso schöner gewesen war. Warum musste man zuerst büffeln, wenn im Winter der Rodelhang und im Sommer das Schwimmbad und der See winkten?

Mona war ihren Eltern heute dankbar dafür, dass sie ihr und Niklas ein gutes Rüstzeug für das weitere Leben mitgegeben hatten. Der Severins-Hof war ein Platz zum Wohlfühlen, obwohl natürlich die Arbeit erledigt werden musste. Aber war es nicht schön, zu einer Familie zu gehören, die nun schon seit Generationen mit dem Alpenhof in Bergfelden eng verbunden war?

Mona beschloss, einen Umweg zu machen. Sie fühlte sich frei und glücklich, die Sonne tat ihr Bestes, und der blaue, wolkenlose Julihimmel schien nur für sie gemacht zu sein.

Herrlich! Das Gebirge sah immer ein bisschen anders aus, je nachdem, wie das Licht auf die Gipfel, die Felsen, die Almen und den tiefgrünen Bergwald fiel.

Es gab immer etwas zu beobachten – kleine, vorwitzige Bergfinken oder Sperber, Bussarde und Falken, manchmal auch ein Steinadler-Paar: Könige der Lüfte und der schroffen Felsen, die nicht dazu gedacht waren, von Menschen bestiegen zu werden. Wenn allzu waghalsige Abenteurer dennoch glaubten, die majestätische Einsamkeit der Welt dort oben stören zu müssen, dann konnte es sein, dass sie nie mehr zurückkamen.

Die Ehrfurcht vor der Natur und vor den Bergen, die seit Urzeiten in ihren Verstecken nicht nur Mineralien, Silber und edle Steine gespeichert hatten, sondern auch das Wissen um den Ursprung der Welt, war leider vielen Menschen abhanden gekommen.

Skihänge – immer noch einer und noch einer – durchkreuzten Bergwiesen und Hänge, Felsen wurden gesprengt. Man versuchte, um jeden Preis und mit schwerem Gerät in geheimnisvolle Höhlen einzudringen und regte sich auf, wenn jemand den Weg hinaus nicht mehr fand.

Die Berge boten denjenigen Schutz, der sie nicht zerstörten. Aber die anderen, die nur kamen, um sich die Natur untertan zu machen, mussten früher oder später ihre Lektion lernen.

Mona war ein echtes Kind der Berge, geboren und aufgewachsen im Zillertal. Daheim ist daheim, dieses kleine Sprichwort sagte mehr aus, als man zunächst merkte. Man musste nur ein bisschen darüber nachdenken.

Sie kannte die meisten Wege und Pfade, die rund um St. Christoph dazu geeignet waren, sich mit der Bergwelt vertraut zu machen.

Niemals hätte sie die Tiere und Pflanzen der Alpen gestört oder Blumen und Zweige abgerissen, wie es trotz aller Verbote immer wieder vorkam. Zwar waren Förster Reckwitz, Forstaufseher, Wildhüter und engagierte Bergwachtler ständig auf der Hut, aber dennoch konnten sie nicht überall zugleich sein.

Unterwegs kam Mona auf ihrem Sommerspaziergang im idyllisch gelegenen Weiler Hochbrunn am »Kirschgarten« vorbei.

Das Haus hatte einige Zeit leer gestanden, nachdem der Eigentümer weggezogen war. Dem freundlichen Egger-Konrad, einem früheren Forstwirt, hatte der Umzug schwer zu schaffen gemacht. Aber weil er wegen seiner Erkrankung, einer Spondylitis1