Der Bergdoktor 2095 - Andreas Kufsteiner - E-Book

Der Bergdoktor 2095 E-Book

Andreas Kufsteiner

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Beschreibung

Zwischen den Bewohnern vom Moosbruggerhof und denen vom Salfelderhof besteht seit ewigen Zeiten eine unüberbrückbare Feindschaft. In St. Christoph weiß niemand mehr, wie das eigentlich einmal angefangen hat. Aber als Marie Salfelder nun zu Grabe getragen wird, wird der Hass von Josef Moosbrugger auf Gedeon Salfelder neu entfacht. Noch auf dem Friedhof eskaliert die Situation, und es kommt zum Eklat. Sein Erzfeind kann sich jetzt eine neue jüngere Bäuerin ins Haus holen, während Josef mit einer kränkelnden Frau geschlagen ist. Der Wunsch, auch noch einmal neu anzufangen, wird übermächtig. Und schon bald schmiedet Josef Moosbrugger einen perfiden Plan, um seine Frau und den verhassten Nachbarn aus dem Weg zu räumen ...


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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Am Ende gibt es nur Verlierer

Vorschau

Impressum

Am Ende gibt es nur Verlierer

Als der Streit zwischen zwei Höfen eskalierte

Von Andreas Kufsteiner

Zwischen den Bewohnern vom Moosbruggerhof und denen vom Salfelderhof besteht seit ewigen Zeiten eine unüberbrückbare Feindschaft. In St. Christoph weiß niemand mehr, wie das eigentlich einmal angefangen hat. Aber als Marie Salfelder nun zu Grabe getragen wird, wird der Hass von Josef Moosbrugger auf Gedeon Salfelder neu entfacht. Noch auf dem Friedhof eskaliert die Situation, und es kommt zum Eklat. Sein Erzfeind kann sich jetzt eine neue jüngere Bäuerin ins Haus holen, während Josef mit einer kränkelnden Frau geschlagen ist. Der Wunsch, auch noch einmal neu anzufangen, wird übermächtig. Und schon bald schmiedet Josef Moosbrugger einen perfiden Plan, um seine Frau und den verhassten Nachbarn aus dem Weg zu räumen ...

Als Marie Salfelder zu Grabe getragen wurde, hatte sich der Himmel, der am Morgen noch wolkenlos gewesen war, bezogen. Ein kalter Wind ließ die Trauergäste frösteln, die sich auf dem kleinen Dorffriedhof versammelt hatten, um Marie die letzte Ehre zu erweisen.

»Das sind jetzt wohl schon die Eisheiligen«, ließ sich die Leitnerbäuerin vernehmen, der es einmal wieder gelungen war, sich ganz nach vorne zu drängen, obwohl sie nicht mit den Salfelders verwandt war.

Dann verstummten alle, denn der Sarg wurde herangetragen, und Hochwürden segnete ihn, ehe der Kirchenchor ein schwermütiges Kirchenlied anstimmte. Gedeon Salfelder stand mit erstarrtem Gesicht da, während Jonas, der Hoferbe, mit den Tränen kämpfte.

Vater und Sohn waren sich sehr ähnlich, beide waren hochgewachsen und mit ihren rotbraunen Haaren und den dunklen Augen auffallend gut aussehend. Jonas wirkte noch kraftvoller als sein Vater, hatte jedoch Mühe, seine Gefühle zu beherrschen, was auch seiner Jugend geschuldet war. Er war erst vierundzwanzig.

Dann wurde der Sarg hinabgesenkt, und dem Witwer wurde dabei der Vortritt gelassen, ihn mit einer Schaufel Erde zu bedecken. Das übernahm er auch für seinen Sohn, der zitternd dastand und einen Rosenstrauß aus seinen Händen gleiten ließ. Dann wandte er sich ab, sodass es seinem Vater überlassen blieb, die Beileidsbezeugungen entgegenzunehmen.

»Er hat seine Mutter halt sehr geliebt«, meinte die Leitnerin, bekam aber von den Umstehenden keine Antwort.

Nur die Jeggl-Alma, die Besitzerin des Gemischtwarenladens in der Ortsmitte von St. Christoph, stieß einen tiefen Seufzer aus, und ihre Freundin Zenzi Bachhuber nickte dazu gedankenschwer.

Viel zu früh war die Bäuerin vom Salfelderhof dahingeschieden.

In einem Landgasthof unweit von Mayrhofen war für die Trauergesellschaft ein Leichenschmaus, so wie es hier Sitte war, ausgerichtet. Doch Vater und Sohn schlossen sich, als die Versammlung sich auflöste, nicht an. Denn nur allzu oft schlug dabei unter dem Einfluss der Tafelweine, die großzügig gereicht wurden, die Stimmung ins Heitere um, eine Vorstellung, die die Salfelders nicht ertragen konnten.

Als Vater und Sohn den Friedhof verließen, kam ihnen auf dem Vorplatz eine massige Männergestalt entgegen. Es war ihr Nachbar Josef Moosbrugger, der sichtlich nicht mehr nüchtern war. Seine geröteten Augen funkelten angriffslustig.

»Jessas, der Moosbrugger«, murmelte die Zenzi.

»Dass der sich net schämt«, kam es ergrimmt von Almas Lippen.

»Geh heim und schlaf deinen Rausch aus, Moosbrugger«, rief einer der Männer, die Maries Sarg getragen hatten, dem Bauern zu, »du hast hier nichts verloren.«

Doch Josef Moosbrugger achtete nicht auf ihn, sondern trat noch näher an die beiden Salfelders heran.

»Jetzt bist du sie endlich los, deine Alte! Ohne die wärst von deinem Hof gejagt worden, wenn du sie net geheiratet hättest. Jetzt hast du scheinheilig an ihrem Grab gestanden, dabei gibt es sicher schon eine Junge, die du dir ins Haus holen wirst.«

Jonas war erblasst und drang auf den Moosbrugger ein: »Red net so über meine Eltern!«

Der Moosbrugger, der zwar nicht kräftiger, aber brutaler als Jonas war, versetzte ihm einen heftigen Stoß vor die Brust, sodass der junge Mann zurücktaumelte und gestürzt wäre, wenn sein Vater ihm nicht zu Hilfe gekommen wäre.

»Komm, Bub, leg dich net mit dem an. Eine Schand ist es, Moosbrugger, dass du uns sogar an diesem Tag net in Ruh lässt«, fügte er, an seinen Nachbarn gewandt, hinzu.

Hochwürden Andreas Roseder, dem der laute Wortwechsel nicht entgangen war, kam an die Friedhofspforte. Sofort erfasste er die Situation, und ein strenger Ausdruck erschien auf seinem ansonsten so gütigen Gesicht.

»Moosbrugger«, schallte Hochwürdens Stimme mahnend über den Vorplatz, »du störst hier den Frieden!«

Das immerhin blieb nicht ohne Eindruck auf Josef. Er murmelte noch einige Verwünschungen vor sich hin, dann entfernte er sich mit wankenden Schritten. Kurz darauf war deutlich zu hören, wie ein Motor angelassen wurde.

»Da fährt er wieder mal betrunken Auto, der Hundling«, bemerkte einer der Männer kopfschüttelnd.

»Er hat angeblich mal gesagt, dass er nüchtern überhaupt net richtig fahren kann«, warf ein anderer ein.

»Irgendwann wird ihn der Sirch-Ludwig sicher noch erwischen. Der hat es schon länger auf ihn abgesehen. Und dem Ludwig entkommt keiner«, sagte einer der Trauergäste grinsend.

Ludwig Sirch, der Gendarm von St. Christoph, war allgemein gefürchtet. Trotz seiner Leibesfülle schwang er sich auf sein Motorrad, verfolgte unnachgiebig Verkehrssünder, vor allem jugendliche Raser. Aber er war auch angesehen, weil er sich nicht von reichen Touristen und deren Anwälten beeindrucken ließ, sondern sie genauso behandelte wie die Gebirgler, die am Stammtisch einiges über den Durst getrunken hatten.

Inzwischen hatten sich die Anwesenden zerstreut, auch Alma und Zenzi steuerten den klapprigen Lieferwagen an, den Alma dazu benutzte, um Eier und frisches Gemüse von den Hofläden einzukaufen. An dem Leichenschmaus wollten sie nicht teilnehmen, denn sie waren der Meinung, dass das nur den nächsten Anverwandten zustand.

Schließlich brachte Alma den Motor in Gang und fuhr die kurze Strecke zu ihrem Laden.

»Kommst du noch auf ein Likörchen mit rein?«, fragte sie ihre Busenfreundin.

Dieser Einladung konnte Zenzi nicht widerstehen. Und so betraten die beiden Frauen das gemütliche Wohnzimmer, das an den Ladenraum grenzte. Aufseufzend sank Zenzi in einen der tiefen plüschigen Sessel, während Alma eine Flasche Eierlikör holte und ihnen beiden großzügig eingoss.

»Aber nur ein Stamperl. Du weißt ja, wie der Martin dazu steht«, sagte Zenzi und nahm einen genießerischen Schluck.

»Das weiß ich. Aber es ist ja net so, dass wir hier jeden Tag wilde Gelage feiern«, gab Alma trocken zurück.

»Er meint es halt gut«, verteidigte Zenzi »ihren Martin« sofort, was Alma nicht anders erwartet hatte.

Denn Zenzi hatte ein ganz besonderes Verhältnis zu Dr. Martin Burger, der im Alter von elf Jahren seine Mutter verloren hatte. Zenzi hatte ihn mit großgezogen und liebte ihn, als wäre er ihr eigener Sohn.

Die streng wirkende Frau Anfang sechzig, deren Knoten meist unverrückbar an ihrem Hinterkopf saß, gehörte untrennbar zu der Familie Burger und galt als der gute Geist des Doktorhauses.

Zenzi war unverheiratet geblieben, und für die drei Kinder der Burgers war sie so etwas wie eine Großmutter. Sie ging in dieser Rolle völlig auf, nichts lag ihr mehr am Herzen als das Wohl »ihrer« Familie.

»Das war ein trauriger Tag heut. Dass die Marie schon so früh von uns hat gehen müssen«, sagte Zenzi wehmütig.

»Und dann noch der Auftritt vom Moosbrugger«, setzte Alma hinzu.

Dann dachten sie schweigend an Marie Salfelder und an die seltsame Ehe, die sie mit ihrem Mann Gedeon geführt hatte.

***

Auch im Doktorhaus wurde an diesem Tag viel über die Salfelders gesprochen. Dr. Burger hatte Marie während ihrer Krankheit betreut und vorgehabt, zu ihrer Beerdigung zu gehen, doch dann war ein Notruf eingegangen. Eine Bäuerin hatte in den Wehen gelegen, und das hatte Vorrang. Aber er würde Vater und Sohn Salfelder demnächst einen Kondolenzbesuch abstatten, das stand für ihn fest.

Zenzi war mit verdächtig roten Bäckchen ins Doktorhaus zurückgekehrt, zum Glück vor Martin, was ihr nur recht war. Sie wärmte den Erbseneintopf mit Würstln vom Mittag auf und schnitt Scheiben von ihrem selbst gebackenen Brot ab, während die beiden älteren Kinder im Esszimmer den Tisch deckten.

Die achtjährige Tessa mit ihren Brombeeraugen und den dunklen Locken, denen sie den Kosenamen »Schneckerl« verdankte, faltete gerade kunstvoll die Servietten, behielt aber ihren Bruder im Auge.

»Du hast schon wieder die Löffel auf die falsche Seite gelegt, Filli. Irgendwann musst du doch verstehen, wo rechts und links ist«, tadelte sie ihn.

Filli, der eigentlich Philipp hieß, aber Filli genannt wurde, errötete und brachte schnell alles in Ordnung. Er war ein sehr wissbegieriges Kind und konnte es kaum erwarten, im nächsten Jahr in die Schule zu kommen.

Die kleine Laura, die jüngste Tochter, war gerade von ihrer Mutter ins Bett gebracht worden und bekam eine Geschichte vorgelesen. Eine Aufgabe, die sonst der Großvater Pankraz Burger gern übernahm, wie er sich überhaupt sehr für die Enkel einbrachte.

Als vom Flur her Geräusche kamen, die die Ankunft von Martin Burger ankündigten, eilte Tessa sofort hinaus und hängte sich an ihren geliebten Vater.

»Gut, dass du endlich da bist. Grad' rechtzeitig zum Essen.«

Dr. Burger wirkte müde und abgekämpft, doch als er seine Lieben sah, fiel die Erschöpfung jäh von ihm ab. Der ärztliche Alltag war nicht immer leicht, aber seine Familie entschädigte ihn für alles.

»Endlich bist du zurück, Liebling! Ist alles gut gegangen?«, wollte seine Frau Sabine wissen, die gerade die Treppe heruntergekommen war.

»Ja, es ist zuletzt alles gut gegangen, aber es war eine langwierige, schwere Geburt«, gab er Auskunft.

Sabine umarmte ihn zärtlich und küsste ihn auf die Wange.

Wie sehr er seine schöne Frau mit dem leuchtend blonden Haar, das Filli von ihr geerbt hatte, und den warmen braunen Augen liebte! Als sie ihn zum ersten Mal angelacht hatte, hatten goldenen Fünkchen in ihnen getanzt, und da war es um ihn geschehen gewesen.

Zenzi kam mit der altmodischen Suppenterrine herein und setzte sie auf dem Tisch ab. Man nahm Platz, auch Pankraz fand sich ein. Er war ein stattlicher Mann von siebenundsiebzig Jahren, der wesentlich jünger wirkte. Allerdings neigte er leicht zur Körperfülle, denn er war leiblichen Genüssen keineswegs abgeneigt.

Poldi, der Rauhaardackel, hatte seinen Lieblingsplatz unter dem Tisch zu Füßen seines Herrchens eingenommen, der ihm verlässlich immer ein Leckerchen hinunterreichte. Sehr zum Leidwesen von Sabine, die um die Gesundheit von Herrchen und Hund besorgt war.

»Ich geb ihm nur ein kleineres Würstl«, beteuerte er sofort, denn Sabine hatte ihn »unter Beobachtung«, wie er sich scherzhaft ausdrückte.

Nach dem Abendessen war Schlafenszeit für die Kinder, und erst als Pankraz ihnen versprach, eine besonders aufregende Geschichte vorzulesen, trotteten sie gehorsam nach oben, wo sich die Kinderzimmer befanden. Ihr Großvater verstand es, so eindringlich vorzulesen, dass sie gespannt lauschten und dann schließlich in den Schlaf hinüberglitten.

Pankraz Burger verfasste eine Chronik des Zillertals und sammelte Märchen und Legenden, die er in Kirchenbüchern und Archiven vorfand. Manchmal auch erzählte ihm ein altes Mütterchen eine längst vergessene Geschichte, die immer nur mündlich überliefert worden war.

Oft reichten die Schilderungen bis ins Mittelalter zurück und waren sehr grausam, sodass es schon vorgekommen war, dass die Kinder aus Albträumen hochgeschreckt und in das Bett der Eltern gekrochen waren.

Daher war Pankraz gebeten worden, nur noch Geschichten vorzulesen, die Tessa und Filli nicht in Angst und Schrecken versetzten. Und daran hielt er sich auch.

Als die Kinder eingeschlafen waren, erhob der Großvater sich. Er zog Fillis Decke zurecht und hob dessen Lieblingsauto vom Boden auf, das ihm beim Einschlafen aus der Hand gefallen war. Tessa lag auf dem Rücken und atmete ruhig, ihre schwarzen Locken umgaben ihren Kopf wie ein Fächer.

***

Im Wohnzimmer hatten die Burgers schon auf dem gemütlichen Sofa Platz genommen, Zenzi saß ihnen auf einem Sessel gegenüber.

»Gibt es auch ein Glaserl Wein für mich?«, fragte Pankraz, als er die Gläser auf dem Sofatisch erspähte.

»Heut gibt es einen guten Roten«, verkündete Martin Burger gut gelaunt und goss seiner Frau und Zenzi ein.

»Aber nur ein Glaserl«, ließ sich Sabine sofort vernehmen.

»Das hab ich befürchtet«, gab Pankraz mit dumpfer Stimme anklagend zurück.

Aber das war nur gespielt. Er wusste, dass seine Schwiegertochter es nur gut mit ihm meinte, und insgeheim war er ihr dankbar für ihre Fürsorge, auch wenn er sich hin und wieder darüber beschwerte.

Nachdem Zenzi einen tiefen Schluck genommen hatte, rückte sie sich in dem Sessel zurecht und schilderte die Beerdigung von Marie Salfelder, die so früh hatte gehen und Mann und Sohn zurücklassen müssen.

»Hochwürden hat eine schöne Predigt gehalten und Marie gewürdigt. Überhaupt war alles sehr feierlich. Die Kirche war mit Rosen geschmückt, die Lieblingsblumen der Marie, und der Chor hat die Lieder gesungen, die ihr am liebsten waren.«

»Und wie haben es denn ihr Mann und der Sohn getragen?«, wollte Sabine voller Mitgefühl wissen.

»Der Gedeon war wie erstarrt, aber äußerlich gefasst. Der Jonas hat geweint, er hat ja sehr an seiner Mutter gehangen.«

Zenzi trank hastig ein paar Schlucke Wein und setzte wieder zum Reden an. Dann aber stockte sie.

»Und was war anschließend? Du wolltest uns doch eben noch etwas erzählen, Zenzi«, drang Martin in sie.

»Ach, es will mir kaum über die Lippen, weil es so eine Schand ist. So etwas hat es noch nie auf einem Friedhof gegeben ...«

»Nun, es gibt da eine Geschichte, dass sich die Hinterbliebenen auf dem Friedhof so über das Erbe gestritten haben, dass einer von ihnen ins offene Grab gestoßen wurde. Er soll vor Schreck einen Herzschlag erlitten haben«, erzählte Pankraz.

»Du und deine Schauergeschichten, Vater«, tadelte ihn Martin, aber er hatte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken.

»Ganz so schlimm war's net, aber schlimm genug«, meinte Zenzi.

»Nun spann uns net so auf die Folter«, forderte Martin sie auf.

»Nun ja. Also, nach der Beerdigung ist auf dem Friedhofsvorplatz der Moosbrugger aufgetaucht.«

»Ist das net dieser Nachbar, der den Salfelders seit Jahren das Leben zur Hölle macht?«, wurde Zenzi von Sabine unterbrochen.

»Das ist noch milde ausgedrückt. Die Moosbruggers haben sogar Gedeons Vater in den Ruin getrieben«, erklärte Zenzi.

»Aber was ist denn der Grund für eine derartige Feindschaft?«, wollte Sabine wissen. »Da muss doch etwas Furchtbares vorgefallen sein.«

»Das Seltsame daran ist, dass man das einfach net weiß. Es gibt daher die sonderbarsten Vermutungen, die von einem Streit um einen Grenzstein bis zum Ehebruch reichen. Teilweise waren die Gerüchte, die in die Welt gesetzt wurden, sehr ehrenrührig und haben gerade den Salfelders sehr geschadet«, erläuterte Pankraz, der sich mit Dorfgeschichten auskannte wie kein anderer.

»Und als der Gedeon die Marie geheiratet hat, fing alles noch einmal an, denn damit konnte die Versteigerung des Hofs abgewendet werden. Gedeons Vater war ein tüchtiger Bauer, doch über seinem Hof schien ein Unstern zu stehen. Die Kühe rissen den Weidezaun ein und liefen auf die Landstraße, wo sie einen schweren Unfall verursachten. Dann wurde eine neu gekaufte teure Landmaschine aus der Scheune gestohlen, als die Salfelders auf einer landwirtschaftlichen Ausstellung waren, und zuletzt gerieten die Heuballen in Brand«, fasste Martin zusammen.

»Natürlich hatte man die Moosbruggers in Verdacht, doch es ließ sich einfach nichts nachweisen«, fuhr nun Pankraz fort. »Der Josef drohte sogar mit Anzeigen wegen falscher Beschuldigung, und so verstummten die Gerüchte allmählich. Aber die Salfelders standen vor dem Ruin, und als Gedeons Vater versuchte, sich das Leben zu nehmen, fasste er einen Entschluss. Die reiche Witwe eines Immobilienmaklers aus Mayrhofen bekundete Interesse daran, den verschuldeten Hof zu kaufen, denn sie selbst war eine Bauerntochter, die sich in ihr früheres Leben zurücksehnte.«

Der Senior atmete tief durch, trank einen Schluck Wein und sprach dann weiter.

»Dann erfasste sie eine große Leidenschaft für den schönen jungen Gedeon. Er heiratete die Witwe, und auch wenn er seitdem mit Hohn und Spott zu kämpfen hatte, denn er war zwanzig und seine Braut doppelt so alt, war doch der Familienbesitz gerettet. Der junge Moosbrugger dagegen heiratete eine Frau, die er liebte, aber auf dieser Ehe lag kein Segen. Während Marie noch spät den Jonas bekam, starb der einzige Sohn und Erbe der Moosbruggers an einer unheilbaren Krankheit. Aber das wisst ihr ja. Nun bist du wieder an der Reihe«, wandte er sich an Zenzi.