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Annie leidet seit ihrer Geburt an einer Herzkrankheit. Ausgerechnet jetzt, wo sie gerade geheiratet hat und die Zukunft in goldenen Farben vor ihr liegen sollte, verschlechtert sich ihr Zustand rapide. Und das Schlimmste: Ihr Mann Jakob hat keine Ahnung, wie es um sie steht. Um ihn vor Sorgen zu schützen, hat sie nie ein Wort über ihre Krankheit verloren. Hinter ihm liegt eine schwere Zeit, er soll endlich einmal unbeschwert sein.
Dr. Martin Burger redet mit Engelszungen auf seine Patientin ein, um ihre Meinung zu ändern. Er hält ihren Entschluss für fatal. Ohne passendes Spenderherz hängt das Leben des Madels am seidenen Faden. Wenn sie sich nicht schont, kann dies jederzeit zu einem Herzstillstand führen. Aber wie soll sie sich schonen, wenn ihr eigener Mann nichts von ihrer schweren Krankheit weiß? Es dauert lange, bis Annie endlich einwilligt, mit Jakob zu reden. Sie will nur erst den passenden Zeitpunkt abwarten. Doch dann kommt der Moment, in dem klar wird, dass sie zu lange gezögert hat ...
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Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Zeit für die Liebe
Vorschau
Impressum
Zeit für die Liebe
Heute will Annie ihrem Mann sagen, dass sie schwer krank ist
Von Andreas Kufsteiner
Annie leidet seit ihrer Geburt an einer Herzkrankheit. Ausgerechnet jetzt, wo sie gerade geheiratet hat und die Zukunft in goldenen Farben vor ihr liegen sollte, verschlechtert sich ihr Zustand rapide. Und das Schlimmste: Ihr Mann Jakob hat keine Ahnung, wie es um sie steht. Um ihn vor Sorgen zu schützen, hat sie nie ein Wort über ihre Krankheit verloren. Hinter ihm liegt eine schwere Zeit, er soll endlich einmal unbeschwert sein.
Dr. Martin Burger redet mit Engelszungen auf seine Patientin ein, um ihre Meinung zu ändern. Er hält ihren Entschluss für fatal. Ohne passendes Spenderherz hängt das Leben des Madels am seidenen Faden. Wenn sie sich nicht schont, kann dies jederzeit zu einem Herzstillstand führen. Aber wie soll sie sich schonen, wenn ihr eigener Mann nichts von ihrer schweren Krankheit weiß? Es dauert lange, bis Annie endlich einwilligt, mit Jakob zu reden. Sie will nur erst den passenden Zeitpunkt abwarten. Doch dann kommt der Moment, in dem klar wird, dass sie zu lange gezögert hat ...
»Es wird wohl bald den ersten Schnee geben.«
Jakob Schultheiß nickte. »Schaut so aus. Zum Glück sind die Außenarbeiten seit letzter Woche abgeschlossen. Was drinnen noch zu tun ist, sollte bis zur Hochzeit fertig werden.«
Martha Schultheiß, Jakobs Großmutter, lächelte vielsagend.
»Ja, euer großer Tag, gelt? Endlich wieder etwas, worauf man sich aus ehrlichem Herzen freuen kann.« Die schlanke Altbäuerin mit dem silbernen Schopf und den lichtblauen Augen klopfte ihrem Enkel behutsam auf die Schulter. »Wann kommt die Annie denn?«
»Schon bald. Und am Nachmittag wird noch die restliche Vertäfelung in der guten Stube ausgebessert. Der Schreiner hat endlich das rechte Zirbelholz besorgen können, damit die Maserung zum Rest passt.«
»Dann bist du ja beschäftigt mit den Handwerkern. Die Annie und ich müssen nämlich noch mal in Ruhe übers Hochzeitsmenü reden.«
Der hochgewachsene, sportliche Bursche mit dem dichten, dunkelblonden Haar und den tiefblauen Augen seufzte.
»Nur gut, dass ich mich net darum kümmern muss. Ich geh rüber in den Stall. Bis zum Mittagsmahl, Oma.«
»Ist schon recht.« Kurz blieb Martha noch hinter dem Küchenfenster stehen und blickte über den Wirtschaftshof hinüber zum Stall, wo Jakob gleich darauf verschwand.
Dass der Stall wieder stand, dass dort das Vieh untergebracht war, dass alles auf dem traditionsreichen Erbhof in Altenacker, nahe dem Kuckuckssee einen so normalen Eindruck machte, das war freilich nicht selbstverständlich. Nicht mal ein Jahr war es her, da war über den Schultheiß-Hof das Verderben gekommen. Martha schauderte bei der Erinnerung an jenen grausamen Tag, der Jakob und ihr alles genommen und die beiden verstört zurückgelassen hatte.
Damals, zum Ausgang eines langen und harten Winters, war der Fön über die Berge gekommen. Fallwinde von Süd, schnell und unberechenbar, hatten meterhohen Schnee geschmolzen, der in frostigen Nächten wieder erstarrt war, um mit der aufgehenden Sonne zu reißen, sich in großen Brettern von Firn und Eis zu verschieben, zu arbeiten und schließlich zu einer gigantischen weißen Wand zu formieren, die talwärts Fahrt aufnahm. Lawinengefahr!
Das war das Wort, das man in Marthas Jugend nur flüsternd ausgesprochen hatte, mit Angst in den Augen und im Herzen. Doch in den letzten Jahrzehnten hatten neu angepflanzte Bergwälder, Lawinenbrecher und flacher modellierte Skihänge diesem grausigen Spuk scheinbar ein Ende bereitet.
Lange hatte es keine schweren Lawinenabgänge mehr gegeben. Und wenn der Wetterdienst warnte, schaute man heutzutage nur noch mit einem leichten Stirnrunzeln zum grauen Schneehimmel.
Im letzten Winter aber war alles anders gewesen. Durch den intensiven Fön, die großen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht und spätem, starkem Schneefall war noch einmal der Fall eingetreten, vor dem man sich überall in den Bergen, auch im Zillertal, seit jeher gefürchtet hatte.
Die Altbäuerin vom Erbhof seufzte schwer bei der Erinnerung. Sie war in der Unglückswoche bei ihrer Schwester in Schwaz zu Besuch gewesen. Als sie von der Lawine gehört hatte, die halb Altenacker unter sich begraben hatte, war sie sofort heimgefahren, nur um dort einen zerstörten Hof vorzufinden.
Dort, wo ihr Zuhause gewesen war, hatten Trümmer aus den Massen von Schnee, Eis und Geröll herausgeragt. Nichts hatte sich mehr geregt, nicht Mensch, nicht Tier.
Martha war mit einem schweren Schock ins Spital gebracht worden. Tagelang hatte sie nur apathisch dagelegen und kein Wort gesprochen. Das Herz war ihr wie ein Stein in der Brust gewesen, Verzweiflung, Schmerz und Trauer hatten sie beinahe um den Verstand gebracht.
Dann aber war Jakob erschienen, der Jüngste der drei Schultheiß-Brüder, und bei ihm war Dr. Martin Burger gewesen, der Bergdoktor vom Zillertal. Die beiden hatten sich um Martha bemüht, bis sie anfing, den Schock zu verwinden und zu begreifen, was geschehen war.
Ihr Sohn, der Sepp, seine Frau Evi und die beiden älteren Brüder Markus und Fred waren der Lawine zum Opfer gefallen. Wie ein Wunder war es Martha erschienen, dass Jakob noch am Leben war. Die Remise war über ihm zusammengebrochen, doch die Bergwacht hatte ihn befreien können. Die Balken, die der Schneelast zumindest ein wenig Widerstand entgegengesetzt hatten, waren so gestürzt, dass ein kleiner Hohlraum entstanden war, in dem Jakob hatte überleben können.
Doch die erste Freude darüber war bald der Erkenntnis gewichen, dass es für sie beide ein sehr, sehr langer Weg zurück ins Leben sein würde. Jakob war schwer verletzt worden. Die äußerlichen Wunden hatte Dr. Burger geheilt, die inneren aber waren weitaus schwerer und langwieriger zu behandeln. Deshalb hatte Martin Burger dafür gesorgt, dass der Bursche eine Therapie bei einem Psychologen in Schwaz beginnen konnte.
Dr. Paul Schäfer war ein guter Freund des Bergdoktors und ein einfühlsamer Therapeut. Er hatte Jakob in den letzten Monaten geholfen, auch wenn die Albträume den Burschen nach wie vor heimsuchten und die Erinnerung an das Unglück schwer auf ihm lastete.
Jakob machte Fortschritte. Der Wiederaufbau des Erbhofes war nach der Auszahlung der Versicherung gut angelaufen. Der Jungbauer kümmerte sich um alles und fand so Stück für Stück ins Leben zurück.
Aber es war nicht nur die Arbeit, die ihm dabei half, sein inneres Gleichgewicht wiederzufinden. Im Ärztehaus in Mayrhofen, wo Dr. Schäfer praktizierte, war ihm die bildsaubere Annie Hallhuber über den Weg gelaufen. Das schöne Madel hatte sein Herz berührt und wieder Licht und Freude in sein Leben gebracht.
Im Sommer hatte das junge Paar sich verlobt, und nun sollte Anfang Dezember Hochzeit gefeiert werden, wenn der Erbhof hoffentlich wieder im alten Glanz erstrahlte.
Martha wandte sich vom Küchenfenster ab und begann, das Mittagessen zu kochen. Während sie die Erdäpfel für den deftigen Wintereintopf schälte, wanderte ihr Blick ab und an in den Herrgottswinkel über der Eckbank.
Neben dem Kruzifix und einer Figur vom Heiligen Florian stand da ein Foto der Bauersleute und eines der beiden älteren Brüder, davor brannte ein ewiges Licht. Die Erinnerung an die Verstorbenen war hellwach in ihrem Herzen, eine große Wunde, die längst nicht verheilt war.
Oft ertappte Martha sich dabei, dass sie viel zu viele Teller aufdecken wollte, dass sie auf den leichten Schritt ihrer Schwiegertochter auf der Stiege lauschte und dem Sepp, ihrem einzigen Kind, etwas sagen wollte.
Dann brannte der Schmerz wieder in ihrem Herzen wie eine helle Flamme, und sie fragte sich mit großer Bitterkeit, warum es so hatte kommen müssen. Warum war ihr Hof zerstört worden, warum hatte sie ihre Familie verlieren müssen? Warum?
Die Altbäuerin dachte an das, was Hochwürden Roseder ihr auf diese Frage geantwortet hatte. Es stehe uns nicht zu, so etwas zu fragen, denn die Wege des Herrn seien unergründlich, und in allem liege ein Sinn, den wir nur nicht erfassen könnten.
Doch welcher Sinn sollte in all dem Schmerz, der Verzweiflung und Trauer verborgen sein? Martha wollte sich nicht in diesen düsteren Gedanken verirren und schob sie deshalb entschieden beiseite. Sie dachte an Jakob, der ihr geblieben war, und an Annie. Das liebe Madel, das ihr bereits fest ans Herz gewachsen war und das ihren Enkel so glücklich machte.
Ein feines Lächeln legte sich um ihre Mundwinkel, und ein wenig Trost strömte warm in ihr wehes Herz. Und als habe sie mit ihren Gedanken Annie herbeigerufen, hielt nun auch schon deren Kleinwagen im Wirtschaftshof. Kurz darauf betrat das hübsche Madel mit den warmen, rehbraunen Augen das Haus.
***
»Du bist schon da? Mei, das ist nett, dann kannst du mit uns zu Mittag essen«, freute Martha sich, nachdem sie Annie herzlich begrüßt hatte.
Das Madel mit dem herzförmigen Gesicht und den glänzenden Locken lächelte erfreut.
»Gern! Aber vorher helfe ich dir freilich noch beim Kochen.«
Praktisch veranlagt, wie sie war, griff Annie nach einer Schürze und begann, das Gemüse zu putzen.
»Wie war's auf der Arbeit?«, fragte Martha interessiert.
Das Madel war Arzthelferin und arbeitete bei einem Internisten in Schwaz, der im gleichen Ärztehaus praktizierte wie Dr. Schäfer, Jakobs Therapeut. Annie liebte ihren Beruf und war immer mit ganzem Herzen dabei. An diesem grauen Novembertag aber hatte sie nicht viel Gutes zu berichten.
»Ich hab früher Feierabend machen müssen, weil ich mich schon den ganzen Morgen net gut fühle«, musste sie zugeben.
»Was fehlt dir denn? Bist doch noch jung. Wieder das Herz?«
Die Altbäuerin wusste, dass Jakobs Verlobte öfter unter Herzbeschwerden litt, die aber angeblich keine organische Ursache hatten. Es waren wohl nervöse Symptome, die hoffentlich bald wieder verschwanden. Schaute Martha das Madel nun aber genauer an, fiel ihr auf, dass Annie tatsächlich blasser als sonst war und auch recht müde und erschöpft wirkte. War sie etwa krank?
»Mei, du wirst doch so kurz vor der Hochzeit net ausfallen. Das wär' fei eine schwere Enttäuschung für den Jakob.«
Annie lachte leise. »Für mich aber auch ... Nein, im Ernst, es ist nur der Kreislauf. Ich komm net recht in Schwung. Zum Glück ist bald Wochenende, dann kann ich mich bei euch hier ein bisserl regenerieren.«
»Ob's damit viel wird? Wir haben noch einiges zu planen. Und am Samstag sind gewiss auch noch Handwerker da.«
»Ja, aber das macht nix. Allein die gute Luft hier heraußen ist wie Balsam für die Seele«, schwärmte sie. »Und wenn der Jakob ein bisserl Zeit hat, machen wir vielleicht noch einen Spaziergang zum See.« Sie lächelte versonnen.
Annie war besonders gerne am Kuckuckssee, und das zu jeder Jahreszeit. Denn hier, am alten Holzsteg, hatte Jakob ihr einen Heiratsantrag gemacht. Oft dachte sie an diesen romantischen Sommerabend zurück und meinte dann, noch das Konzert der Grillen zu hören und den Duft der Heumahd zu riechen, der in der klaren Gebirgsluft gelegen hatte. Sie war zwar in Schwaz geboren und aufgewachsen, aber das Landleben gefiel ihr außerordentlich gut. Sie fühlte sich rundum wohl im Zillertal.
»Dafür findet er gewiss Zeit«, war Martha überzeugt. »Du weißt gar net, wie sehr du sein Leben verändert hast. Ich möchte fast sagen, du hast ihn gerettet.« Sie seufzte leise. »Gewiss hat ihm die Therapie auch geholfen. Aber erst seit er dich kennt, geht es ihm langsam wieder besser.«
»Er hat noch immer Albträume. Die werden wohl auch net so schnell vergehen«, sagte Annie. »Aber was ich tun kann, um ihm zu helfen, das tu ich gern. Ich hab ihn wirklich von Herzen lieb. Der Jakob ist ein besonderer Mensch. So viel Schweres hat er durchmachen müssen, und trotzdem hat er net den Lebensmut verloren. Aber von jetzt an soll es in seinem Leben keine dunklen Stunden mehr geben, nur noch helle und glückliche.«
»Wenn du bei ihm bist, gewiss«, sagte Martha lächelnd.
»Ich bemühe mich, alles Schwere von ihm fernzuhalten. Ein bisserl wie ein Schutzengel, gelt?«
»Sei nur du selbst, dann ist für den Jakob alles gut.«
Beim gemeinsamen Mittagsmahl plauderte Annie entspannt und fröhlich drauflos, wie es ihre Art war. Ihre Wangen hatten sich ein wenig gerötet, und immer, wenn ihr Blick dem ihres Verlobten begegnete, strahlten ihre Augen wie zwei Sterne.
Martha wunderte sich ein wenig über diese plötzliche Veränderung. Als das Madel am Vormittag auf den Erbhof gekommen war, hatte es schlapp und abgekämpft gewirkt, so, als fühle es sich wirklich nicht gut. Nun aber konnte davon keine Rede mehr sein.
Spielte Annie Jakob nur etwas vor? Oder sorgte seine Nähe dafür, dass es ihr einfach gut ging? Die Altbäuerin wusste nicht recht, was sie davon halten sollte.
»Wennst magst, machen wir nach dem Essen noch einen kurzen Spaziergang zum See«, schlug Jakob seiner Verlobten vor. »Ich weiß doch, wie gern du dort bist. Und mir gefällt's auch recht gut.«
»Gern, ich bin dabei. Aber hast du denn überhaupt Zeit dafür?«
»Die nehme ich mir.« Er lächelte sie liebevoll an. »Und vergiss net, dass du morgen einen Termin beim Bergdoktor hast. Wenn es dir recht ist, begleite ich dich.«
»Ach, daran hab ich gar nimmer gedacht«, behauptete sie leichthin. »Ist denn das wirklich nötig? Wegen der paar Beschwerden ab und an. Ich fühl mich doch eigentlich gut.«
»Wir waren uns einig, dass der Dr. Burger dich einmal gründlich untersuchen soll. Er ist Marthas und mein Hausarzt. Und wenn wir zwei verheiratet sind und du hier wohnst, wird er auch deiner sein. Ich mein, da wäre es sinnvoll, wenn ihr euch schon kennt, oder?«
»Du hast doch heute auch Beschwerden gehabt«, warf Martha ein und fing sich damit einen fragenden Blick ihres Enkels ein. »Als sie hergekommen ist, hat sie es mir erzählt«, fügte sie erklärend hinzu.
»Warum hast du mir denn nix gesagt, Schatzerl?«, fragte Jakob verwundert. »War's schlimm? Geht's dir jetzt wieder gut?«
»Freilich. Ich hab es der Martha auch schon gesagt. Es war nur der Kreislauf. Und nach dem guten Essen fühle ich mich jetzt wieder ganz wunderbar, ehrlich!«
Der Jungbauer schien das nicht so ganz zu glauben, er machte sich Sorgen um seine Liebste. Doch der Gedanke, dass Dr. Burger Annie am nächsten Tag gründlich untersuchen würde, beruhigte ihn ein wenig. Wenn ihr etwas Ernsthaftes fehlte, würde der Doktor es herausfinden. Jakob hatte, wie die meisten Menschen im Zillertal, uneingeschränktes Vertrauen zum Bergdoktor.
»Also, wollen wir ein bisserl aussi gehen?«, wechselte das Madel nun geschickt das Thema. »Oder soll ich dir erst noch beim Abwasch helfen, Martha?«
»Schmarrn, das schaffe ich schon allein. Geht nur, ihr beiden, und genießt eure Zweisamkeit. Bis später.«
Hand in Hand verließ das junge Paar gleich darauf das Haus und steuerte über einen schmalen Fußweg den Kuckuckssee an. Es war empfindlich kühl und die Luft feucht.
Über dem Feldkopf, der höchsten Erhebung im Tal, ballten sich graue Schneewolken. Typisches Novemberwetter eben, das zwei verliebten Menschen aber nichts anhaben konnte. Für Annie und Jakob schien die Sonne warm in ihren Herzen. Ab und an blieben sie stehen, tauschten ein verliebtes Busserl und waren einander genug.
Am Seeufer stoben einige Enten auf, als sie näher kamen. Leichter Dunst lag über dem Wasser, die Rohrkolben hatten ihr goldenes Herbstkleid angelegt, und eine nahe Weide schimmerte wie Messing. Es war völlig still und beinahe so, als ob der See ihnen ganz allein gehören würde.
»Ich hab dich lieb, mein Herzerl«, flüsterte Jakob Annie ins Ohr, und dann schenkte er ihr ein Busserl, wie es inniger und zärtlicher nicht hätte sein können.
»Ich hab dich auch lieb«, erwiderte sie sanft und schmiegte sich selig in seine starken Arme.